Kapitel 7: Die Verheißung des letzten Helden (Teil 3)
Und als der Tag herangekommen war, den Herkules für die Versammlung ausersehen hatte, strömten die Menschen wahrhaft in Scharen zuhauf und versammelten sich rund um den Felsen, auf welchem das Hause des Herkules stand. Und es waren nicht nur Menschen aus der Stadt und der Umgebung darunter, sondern auch viele Fremde waren erschienen, welche dorthin gekommen, zu sehen nach dem trauernden Herkules.
Und Herkules stand vor seinem Haus auf dem Felsen und blickte unruhig auf die große Menschenmenge herab.
Sie konnten aber nicht zu ihm, denn der Fels war scharfkantig und erhob sich in gerader Weise aus der Erde, so dass man ihn nicht konnte besteigen, und Herkules selbst aber war auf den Felsen gekommen, weil er mit der Götterrune Macht konnte auf diesen hinaufschweben.
Und es war auch keine Leiter lang genug, dass man sie konnte zum Erklimmen des Felsens nutzen, und dennoch aber war der Fels nicht zu hoch, so dass die Menschen Herkules dennoch von unten her konnten sehen und mit ihm sprechen konnten.
Nachdem Herkules aber um Ruhe hatte gebeten, sagte er ihnen von seinem Vorhaben, dass er sich fortan zurückziehen werde, ein ruhiges Leben zu führen.
Da aber gab es ein Gemurmel und eine Unruhe unter den Versammelten und man konnte erkennen, dass sie damit nicht zufrieden waren, und viele riefen durcheinander und fragten gleichermaßen Herkules um den Grund seines Handelns.
Da aber redete Herkules ihnen zu und sprach: „Wohl kann ich euren Unmut verstehen, dass ich euch nicht mehr helfen will bei euren Belangen, doch denke ich, dass es nun an der Zeit ist, dass der Mensch fortan ohne die Macht der Götter auskommen muss, auf dass er wieder erlernt sein Schicksal selbstständig in die Hände zu nehmen und er wieder in Eifer und Verantwortung seinen Lebensweg führt!"
Da aber war wiederum ein lautes Murmeln und Rufen in der Menge und die Menschen gaben also Herkules dadurch zu erkennen, dass sie seine Gedanken nicht teilten und ihn also nicht verstanden.
Unter den Versammelten aber war auch der weise Zarlion mit vielen Runenmeistern zugegen, diese aber redeten nicht alle durcheinander oder riefen zu Herkules hinauf, gleich die Anderen es taten, und waren also nicht in der gleichen Weise aufgebracht denn diese, obgleich ihnen das Vorhaben des Herkules in der gleichen Weise unverständlich erschien.
Und sie boten laut um Ruhe und baten Zarlion als den weisesten aller bekannten Runenmeister, für sie alle zu sprechen, auf dass er Herkules wieder abbringen würde von seinem Vorhaben. Und als die vielen Menschen um die Gegenwart des weisen Zarlion merkten, da wollten auch sie, dass er für sie spreche, und wurden wahrhaftig ruhiger.
Und Zarlion rief zu Herkules hinauf und sprach:
„Höre uns an, o Herkules! Wie viele Jahre wohl wanderst du schon herum und hast uns geholfen in vielerlei Belangen! Überall, wohin du kamest, hast du Frieden und Freude bereitet, hast Schwierigkeiten von Manchen genommen, hast manche Zwiste zerschlagen und warst allezeit auf der Seite des einfachen Volkes und hast mancher Obrigkeit die Stirn geboten! Dies alles soll nun zu Ende sein? Wurde nicht auch dein Herz erfreut, als du uns halfest?"
Und die Menschenmenge murmelte zustimmend ob dieser Worte, doch Herkules antwortete ihnen und sprach: „Wohl wahr sind deine Worte, Zarlion! Doch wie steht es denn mit eurem Dank für all die guten Taten? Wo ist er geblieben?! Mehr und mehr ist er geschwunden in all der Zeit, denn meine Hilfe ist euch eine Gewohnheit geworden, so dass ihr sie nicht mehr so recht zu schätzen wisst!
Wahrhaftig hatte ich immer Freude gehabt euch zu helfen! Nun aber, wo ihr in solch angewohnter Weise mit so vielen Dingen zugleich an mich herantretet, ist mir diese Freude euch zu helfen geschwunden!"
Da aber entstand wiederum eine Unruhe und ein unzufriedenes Gemurmel unter der Menschenmenge.
Herkules aber redete ihnen weiter zu und sprach: „Doch was beklaget ihr euch denn, dass ich mich zurückziehen wolle? Wandeln heute nicht die Runenmeister unter euch, welche gleichermaßen allerorts Frieden und Freude bereiten? Gibt es heute nicht Runenmeister, die Dinge bewegen können durch der Natur Kräfte, gleich ich es stets getan habe?
Sind heute nicht Runenmeister unter uns, welche mit der Weisheit Macht wichtige Geistesfragen zu lösen wissen, gleich ich es stets getan habe? Gibt es heute nicht Runenmeister, welche gleich mir Zwiste zerschlagen und Schwierigkeiten bereinigen?! Was brauchet ihr also noch die Macht der Götter und jammert nach ihr? Warum seid ihr also gegen meinen Willen, dass ich fortan leben will in ruhiger Weise?!"
Und die Menschen murmelten weiter unzufrieden vor sich her, und warteten aber auch der Antwort Zarlions. Dieser aber antwortete und sprach: „Wohl ist es wahr, was du sprichst Herkules, doch sind wir Runenmeister nur einfache Menschen und können nicht alles bewirken! Desgleichen haben auch wir verschiedene Sorgen und Schwierigkeiten denn alle Anderen.
Du aber, Herkules, bist von göttlicher Natur und bist tausendmal mächtiger denn der Mächtigste von uns! Und so bitten wir dich, bleib auch weiterhin in unserer Mitte und helfe uns mit deiner göttlichen Macht gegen alles Übel und nehme dich weiterhin der Sorgen von uns Menschen an!"
Da aber antwortete Herkules und sprach mit lauter Stimme: „Du redest von den Sorgen der Menschen, Zarlion, so frage ich dich: Woher kommen denn all eure Sorgen, all die Schwierigkeiten und Zwiste, die du erwähntest?! Seid ihr es nicht selbst, die ihr euch immer wieder Schwierigkeiten verschafft, aufgrund eures hochmütigen, leichtsinnigen und neidischen Handelns?! Sind all die Zwiste unter euch nicht von euch selbst gesät und genährt worden?!
Wohl bin ich gewillt, euch in besonderen Notlagen zu helfen, in denen ihr ohne eigenes Zutun geraten oder in die ihr durch der Obrigkeit Hand gebracht werdet, doch soll der Mensch all die Schwierigkeiten, die er sich selbst aufbürdet, auch in eigenem Streben zum Besseren führen!
Ihr aber tretet mit vielen einfachen Dingen an mich heran, die ihr selbst könntet vollbringen, doch habt ihr kein Bemühen mehr in solcher Weise zu handeln, sondern kommt ihr lieber zu mir, auf dass ich für euch alle diese Dinge tue und ihr euch nicht mehr darum mühen braucht!
Und ihr lasset mir daher keine Ruhe mehr für irgendwelche eigene Dinge, sondern kaum dass ich euch geholfen habe, lasst ihr wieder nach mir ausschicken, auf dass ich euch wiederum helfe! Und also wisset ihr nicht mehr die Macht der Götter zu heiligen, denn für solche einfachen Dinge ist die Macht der Götter nicht gegeben, ja es ist ihrer gar unwürdig! Doch ihr aber wollt all dieses nicht einsehen und verstehen und also verdienet ihr fernerhin nicht mehr das Wirken der Götterrune!
Denn ihr seid verwöhnt um ihretwillen und meinetwillen und lasset euch alle Dinge verrichten und habt vergessen wie es ist selbst Hand anzulegen! Und also ist es nicht eure Sorge ums tägliche Brot, dass ich euch nicht mehr helfe, sondern eure Faulheit!"
Da aber ward die Menge wahrhaft empört ob der schneidenden Worte des Herkules und es war ein lautes Gebaren und Rufen unter ihnen, doch nicht, weil Herkules hatte ihnen etwas Unrechtes gesagt, sondern weil er in allem hatte die Wahrheit gesagt, und sie wussten darum und fühlten sich erkannt und dies aber war der Grund für ihr unruhiges Verhalten, denn sie wollten diese ihre eigene Wahrheit nicht hören, noch zugeben.
Und sie waren also nicht mehr zu beruhigen und redeten alle durcheinander und ließen auch Zarlion nicht mehr zu Wort kommen und viele riefen allerlei böse Dinge zu Herkules hinauf und es war aber solch eine Unruhe geworden, dass kein Wort mehr vernünftig zu verstehen war, und Herkules, der dieses alles besah, stand auf seinen Felsen schüttelnden Kopfes.
Und Zarlion und die Runenmeister wollten die Anderen beruhigen, auf dass Zarlion würde weiter mit Herkules sprechen können, aber es war ihnen nicht möglich, gegen diese alle anzukommen, und also war es Zarlion nicht mehr gegeben, mit seiner Weisheit in allem weiteren Geschehen einzulenken.
Die Menschen aber, die sich erkannt fühlten, waren wütend darum und riefen zu Herkules hinauf: „Wie kannst du es wagen, uns Solches zu sagen, der du doch so göttlich bist! Bist du nicht der Gesandte mit der Macht der Götter, und ist es also nicht deine Aufgabe uns in allem zu helfen?
Wenn du uns aber nicht mehr helfen willst, was willst du dann noch mit der Macht der Götter, die dir gegeben wurde?! Wozu willst du sie denn fernerhin gebrauchen? Nur für dich selbst?! Warum sollst aber nur du allein von ihr gebrauchen, wo sie dir doch gegeben wurde für alle Menschen!
Wenn d u uns aber fernerhin nicht mehr abgeben willst von dieser Macht, dann gib die Götterrune in u n s e r e Hände, denn ihre Macht steht uns zu!"
Da aber ward Herkules zornig ob solch unheiliges Verlangen der Menschen und er streckte seine Hand nach oben und im selben Augenblicke wurde der Himmel dunkler und ein starker Sturm hob an zu wehen und das Meer, welches hinter seinem Felsen brandete, ging auf in lautes Tosen und bedrohliches Rauschen und trat also über die Ufer und ein mächtiger Windstoß fegte mit einem Male durch die Menschenmenge und stieß alle Versammelten zu Boden, so dass sie hilflos auf dem Rücken lagen.
Und der Sturm hielt auch weiterhin an, doch die Stimme des zornigen Herkules, die gleich darauf in tiefdunklem Gebrause ertönte, ward dennoch zu vernehmen: „Schweigt, all ihr Unwürdigen!! Ihr habt mir hier und heute mit all eurem Gebaren und Verhalten in aller Deutlichkeit gezeigt, dass ihr wahrhaftig der Götterrune unwürdig seid! Das ihr aber gar von mir verlanget euch die Götterrune zu überlassen, ist die Krone aller Unwürdigkeit!
Damit aber habt ihr euer wahres Gesicht gezeigt, so dass ich nun erkenne das ganze Ausmaß eurer schändlichen Gier nach der Macht der Götter! Und also weiß ich nun darum, dass es richtig ist, euch fernerhin nicht mehr zu helfen, doch erkenne ich nun auch, dass ihr mir niemals würdet Ruhe gönnen, bis dass ihr mich erweicht habt euch wiederum zu helfen oder bis dass es euch gar gelinget, mir die Götterrune zu nehmen!
Und also würde es mir nichts nützen, mich zurückzuziehen, denn ihr würdet alle Weile kommen und mich bedrängen und mich beschimpfen und würdet mir immer wieder verlangen, euch die Götterrune zu vererben! Und also wäre ich im ewigen Streite mit euch der Götterrune wegen, und die Menschen würden niemals Ruhe und Rast geben, so lange sie darum wissen, dass in mir die Götterrune ist!
Wenn es aber so weit kommen soll wegen all der Gier und Sucht nach der Götterrune Macht, dann reicht es nicht aus, dass ich mich zurückziehe und die Macht der Götter von euch fern halte, sondern dann soll die Götterrune selbst verdammt werden und den Menschen vollends genommen werden, auf dass niemand mehr gelangen kann an ihre Macht und sich kein Streit ihretwegen mehr erhebt!"
Und die Menschen waren starr vor Schrecken ob des Sturmes und der Donnerstimme des Herkules und sie bekamen es mit der Angst zu tun.
Und auch Zarlion war verschreckt ob des ganzen Geschehens, doch als Herkules einen Moment in Stille verharrte, da fasste er all seinen Mut zusammen, und rief so laut er konnte in den Sturm hinein und zu Herkules hinauf: „Du kannst die Götterrune nicht verdammen, o Herkules, denn du bist mit ihr verwurzelt und bist ein Teil ihrer selbst!"
Herkules aber erkannte die Absicht hinter seinen Worte und antwortete mit lauter Donnerstimme: „Dein Bedenken ehrt dich, Zarlion, doch wirst auch d u mich nicht abbringen können von diesem Vorhaben! Denn mit der Götterrune bleibt kein Ding unmöglich und also kann durch ihre Macht selbst das voneinander getrennt werden, was vorher als untrennbar erschien!"
Und sobald er dies gesagt hatte, drehte Herkules sich um zu seinem Hause und hob beide Arme so, als wollte er sein Haus packen, und er bewegte seine Arme in die Höhe und da geschah es, dass das gesamte Haus aus seiner Verwurzelung mit dem Felsen herausbrach und über dem Boden schwebte.
Und hernach aber drückte Herkules seine Arme angestrengt zusammen, und mit einem Male war ein lautes Krachen und Bersten zu vernehmen und man konnte erkennen, wie die Wände des Hauses einrissen und das ganze Haus wie von unsichtbaren Riesenhänden zusammengedrückt wurde und es währte nicht lange, da war es zu einem riesengroßen Felsbrocken zusammengedrückt, an dem nicht mehr zu erkennen war, dass er aus einem Hause geschaffen worden war.
Und die Menschen hatten sich wieder gefasst trotz all des Sturms und Getöses um ihnen und hatten sich von der Erde erhoben und sie raunten und murmelten sich untereinander zu ob all dieses Geschehens und wunderten sich also, was dies alles nun werden sollte.
Herkules aber packte den übergrossen Felsbrocken mit beiden Händen und hob ihn in die Höhe und machte sich daran, zu verbannen die Götterrune in den Felsbrocken und drückte angestrengt diese mächtige Rune von sich und er musste sich aber in solch starker Weise anstrengen, wie er es in all seinen Taten zuvor noch nicht getan hatte, und dies aber war der Grund, dass er musste zum ersten Male gleich einem Menschen Schweiß absondern.
Und mit einem Male war ein sehr lautes unnachahmlich schellendes Geräusch zu vernehmen, gleich tausender Gongschläge von Engeln, und der Sturm brauste wieder auf und die Luft um den gesamten Felsen hob zu summen an und mit einem Male zuckten helle blaue Blitze den Felsen hinauf und um Herkules herum und im selben Augenblicke erklang nochmals dies überirdische Geräusch und Herkules und der Felsbrocken hoben an zu leuchten.
Und der Wind nahm noch mehr zu und die Erde begann stark zu beben, ohne dass aber etwas einstürzte, und die Menschen aber legten sich allesamt auf den Boden und stöhnten und seufzten laut vor Angst und Schrecken.
Und bald darauf leuchteten Herkules und der Felsbrocken sehr stark in gleicher Weise, so dass sie nicht mehr zu erkennen waren und man auch nicht mehr ins Licht sehen konnte, und die ganze Luft summte laut und das leuchtende Bildnis war über und über mit blauen Blitzen umhüllt.
Und das Meer brach über die Brandung hinaus in die Menschenmenge und die Menschen schrien laut auf und lagen angsterfüllt auf dem stark bebenden Boden. Und inmitten all diesen Getöses aber suchte Herkules, die Götterrune angestrengt in den Felsbrocken zu bannen, und es schien ihm wahrhaftig nicht möglich zu sein, sich von dieser zu trennen, und zum ersten Male schien seine Kraft nicht auszureichen.
Da aber schrie Herkules schmerzerfüllt auf und drückte den Felsbrocken mit einem allerletzten starken Kraftstoß nochmals nach oben und rief laut aus: „So nimm denn hin, meine Unsterblichkeit und all meine Kraft, als ein Opfer deiner Verbannung!" Da aber geschah es, dass ein weiteres Male dies überirdische, laut schellende Geräusch erklang, als eine Antwort, und das Licht und alles andere Getöse nahm nochmals zu und wurde alsbald aber immer weniger.
Und schließlich geschah es, dass das Beben aufhörte und der Sturm nachließ und die Menschen richteten sich wieder auf mit aller Vorsicht und waren sprachlos all dessen und als sie zu dem Felsen hinaufblickten, da sahen sie Herkules, der den Felsbrocken über sich in der Höhe hielt.
Und Herkules leuchtete nicht mehr und sah auch ein wenig schwächer aus denn bisher und der Felsbrocken aber, den er hielt, war nicht mehr als Felsgestein zu erkennen, sondern hatte einen glitzernden und leuchtenden weißen Schimmer, welcher aber nicht blendete sondern angenehm wirkte. Da begriffen die Menschen, dass Herkules sein Haus hatte zu einem übergroßen Runenstein gewandelt, in welchem nun die Götterrune hauste.
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