Kapitel 110 - Wer ist blöd genug geradeaus zu laufen? - Teil 1
Erst als er zu Hause ankam, begann Bahe so richtig zu begreifen, welche Auswirkungen die Vermarktung seines Avatars durch Hall of Fame für ihn haben könnte. Denn so schnell er Munings Angebot, ihm in finanziellen Dingen auszuhelfen, auch ablehnte, so war er sich doch keinesfalls sicher, dass seine Familie in den kommenden Wochen und Monaten nicht in arge Geldprobleme geraten würde.
Dieses Angebot, welches er in Kürze erhalten würde, könnte seine Sorgen erheblich reduzieren. Die ungewollte Aufmerksamkeit in Raoie, war dafür ein Preis den er nur zu gern zu zahlen bereit war.
Als Bahe durch die Haustür herein kam, machte sich sein Großvater gerade für die Nachtschicht fertig. Bildete er es sich nur ein, oder wirkte sein Großvater seltsam grimmig, während er sich die Schuhe zu band?
Bei der Verabschiedung wirkte er vollkommen normal und so verwarf Bahe schnell wieder seinen paranoiden Gedankengang und setzte sich stattdessen für die wenigen Nachmittagstunden an die Unterrichtsfächer, in denen er Stoff aufholen musste.
Nach dem Abendessen loggte er sich schnell wieder in Raoie ein und fand Sin of Birth in der Dunkelheit an ihrem gemeinsamen Lagerplatz vor ihm sitzend.
Natürlich durfte er daraufhin im flackernden Feuerschein zunächst einige Beschwerdesätze von Sin lesen, weshalb er denn so spät online käme und das er sich etwas dergleichen besser nicht noch einmal erlaube.
Genauso konnte Bahe vergessen sich schnell wieder auf dem Weg zu den Belungaminen zu machen, da Sin direkt zu Spielbeginn auf einer weiteren Mahlzeit bestand und ihn nicht mal alleine ziehen lassen wollte.
Zu diesem Zeitpunkt wäre es fast zu einer Auseinandersetzung zwischen Limona und Sin gekommen, da ausgerechnet seine Wasserelementarin die Allüren dieses fremden Spielers nicht mehr länger ertragen konnte und Balu auf ihn hetzen wollte.
Nur mit Mühe und ordentlich Kopfschütteln von Sins Seite, der immer mehr am Geisteszustand seines Gegenübers zweifelte, schaffte Bahe es seine Elementarin zu beruhigen.
Als sich knappe drei Stunden später das erste Sonnenlicht des Tages ankündigte und Sin of Birth inzwischen gesättigt war, überraschte dieser Bahe damit, dass er ihn einen Teil seiner Reise begleiten wollte.
Selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass Bahe sich um die täglichen Mahlzeiten kümmern würde.
Ein Angebot, welches Bahe nur zu gerne annahm.
Neun Tage später kämpfte Bahe sich allein durch das letzte Waldgebiet am Fuße des Belungagebirges. Die ersten Gipfel waren schon länger über den Baumkronen ersichtlich, aber Bahe vermutete, dass er noch mindestens einen halben Tag im Tempo seines üblichen Fußmarsches brauchen würde.
„Hah...", seufzte Bahe und wischte sich den Schweiß von der Stirn, während er sich auf den Stamm eines umgefallenen Baumes setzte.
„Willst du schon wieder Pause machen?", fragte Limona genervt.
„Nicht nur ich, Limona. Schau dir mal Balu an", meinte Bahe kopfschüttelnd und wies auf den jungen Bergbären, der vollkommen erschöpft zu Boden gesackt war und mit seinen Gliedmaßen, in X-Form von sich gestreckt, auf dem Bauch lag. Seine Zunge hing zur Seite hin heraus und zeugte zusammen mit der stoßartigen Atmung von den Strapazen der letzten Stunden.
„Tch...", nahm Limona Balus Anblick unzufrieden zur Kenntnis, setzte sich auf den Boden und murrte: „Hier ist nicht mal Wasser in der Nähe..."
„Ich mag es dafür hier", sagte Brocken provozierend und streckte trotzig das Kinn in die Luft, während er sich mit dem Rücken an den stämmigen Körper Balus lehnte.
„Ist ja klar, schließlich bist du hier voll in deinem Element", blaffte Limona zurück. „Aber von meinem habe ich eine Ewigkeit nichts mehr gesehen. Ganz zu schweigen davon, dass wir diesen irren Baumrindentyp die ganze Zeit ertragen mussten..."
Brockens und Limonas Gezeter ging noch eine ganze Weile weiter, doch Bahe verdrängte es so gut es ging und versuchte sich lieber an einer kurzen Meditation, um seine Manareserven aufzufüllen.
Vorher nutzte er aber noch die beiden neuen Fähigkeiten, die er Sin verdankte und scannte die unmittelbare Umgebung. Fast im gleichen Augenblick wie er eine fremdartige Aurasignatur hinter sich erspürte, ertönte ein Fauchen direkt hinter seinem Rücken und ließ ihn ruckartig nach vorne springen.
Blitzschnell rollte Bahe sich über seine linke Schulter ab, steckte die Hand in seinen Speichergegenstand und riss sein Schwert heraus noch während er herum wirbelte.
Dann stand er Auge in Auge mit einer Art Luchskreatur da, die gut einen Meter groß war und ihn Zähne fletschend ansah.
Vorsichtig verlagerte Bahe seinen Schwerpunkt nach unten, indem er leicht in die Knie ging und machte sich bereit jeder möglichen Attacke standhalten zu können. Doch die Luchskreatur baute sich nur vor ihm auf und zeigte keinerlei weiteren Anstalten sich ihm zu nähern. Vielleicht lag es an dem erschöpften Bergbären hinter ihm, da war sich Bahe nicht sicher, aber zumindest bekam er so eine Atempause, die er nutzen konnte.
„Konzentration... Konzentration... Konzentration...", murmelte er vor sich hin, nur um wenig später die nächsten Kommandos zu geben: „auf Wahrnehmung... auf Wahrnehmung... auf Wahrnehmung..."
Es dauerte keine drei Sekunden mehr, da stieg seine Wahrnehmung auf einmal exponentiell an, während sein Mana regelrecht aus seinem Körper gesaugt wurde.
Dann flüsterte Bahe schnell: „Aura scannen!"
Und bekam fast augenblicklich eine Rückmeldung über den Bedrohungsgrad der Kreatur vor ihm. Alles in allem sollte er mit diesem gigantischen Luchs fertig werden können, vorausgesetzt er vermasselte seine Verteidigung nicht.
Hastig unterbrach er die Mana hungrige Fähigkeit zur Wahrnehmungserhöhung und wich einer der Pranken des Luchses zur Seite hin aus, als dieser an ihn heran springen wollte.
Im gleichen Moment vollführte Bahe eine Drehung um sich selbst und nutzte den Schwung, um sein Schwert in einem Oberhau dem Kopf der Kreatur entgegen zu schmettern.
Der Luchs reagierte sofort und setzte schon zum Sprung an, als Balus Pranke ihn an der Seite erwischte und ihnen so genug Zeit verschaffte, damit Bahes Schwert sein Ziel finden konnte.
Mit einem knackenden Geräusch bahnte sich die schwarze Klinge in den Schädel der wilden Kreatur, woraufhin sie kurz erstarrte, ehe sie tot zu Boden fiel.
„Puh...", gab Bahe hektisch atmend von sich, während er erneut seine Wahrnehmung künstlich hochschraubte, um nach weiteren fremdartigen Auren in der Umgebung suchen zu können.
So... hat lange genug gedauert. Ich schulde euch noch 4 Kapitel. Mit der nächsten Woche sogar 6... Mal schauen, was ich schaffen kann ;-)
Teil 1/1!
Bis Morgen!
RiBBoN
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