Kapitel 92 - Kopfzerbrechen - Teil 2
An anderer Stelle, tief im Höhlensystem, befand sich Bahe panisch auf dem Rückweg zu den Felsgnomen. Doch wie er zu seiner Bestürzung feststellen musste, warteten die Knilche nicht auf ihn, sondern hatten schon längst die Beine in die Hand genommen und waren im angrenzenden Gang verschwunden.
„War ja klar...", schnaufte Bahe wütend, während er hektisch atmend weiter rannte und dabei den Tarstein so gut es ging unter seinem Arm einklemmte. Er wäre viel schneller, wenn er den Stein einfach fallen lassen würde. Aber verdammt noch mal, es kam gar nicht in Frage, dass er seine Quest auf solche Art gefährdete.
Es fehlten noch fünfzehn Meter, bis er das Ende des Ganges erreichte, als einer der anwesenden Goblins plötzlich aufschrie: „Eindringling!"
Verdattert blickte Bahe sich um. Es war doch tatsächlich einer der rammelnden Goblins, der auf ihn zeigte und lauthals seine Artgenossen auf ihn aufmerksam machte, während er in keinster Weise davon absah, seiner Partnerin es weiterhin zu besorgen.
„So ne Scheiße... diese Bilder... kriege ich nie wieder aus dem... Kopf...", stieß Bahe außer Atem gepresst hervor, während er trotz allem noch einmal versuchte etwas an Geschwindigkeit zu zulegen.
Er war sich nicht einmal sicher, ob es sich bei der so genannten Partnerin wirklich um ein weibliches Gegenstück handelte... Nicht, dass sie es nicht vorher schon willkürlich untereinander getrieben hätten...
Uäh... diese Bilder...
Angewidert schüttelte er trotz aller Hektik den Kopf und lief Brocken entgegen, der im Gegensatz zu den Felsgnomen geblieben war und ihn immer stürmischer heran winkte.
Hinter ihm war inzwischen längst das Chaos ausgebrochen, als die Mehrheit der Goblins seine Anwesenheit bemerkte. Wütende Aufschreie vermischten sich mit dem geilen Stöhnen einiger weniger Goblins, während Bahe im Eiltempo weiter hastete.
Kurz bevor Bahe Brocken erreichte, setzte sich dieser erstaunlich schnell in Bewegung und führte Bahe in wahnsinniger Geschwindigkeit durch die Höhlengänge, durch die sie gekommen waren.
So sehr Bahe sich auch wunderte, wie flink Brocken war... im Moment lagen seine Prioritäten viel mehr im Entkommen dieses Horrorszenarios.
Seine Seite schmerzte zunehmend. Der plötzliche Sprint in Höchstgeschwindigkeit und ohne Rücksicht auf Verluste, hatte ihm enorme Seitenstiche beschert, die es ihm immer schwerer machten voran zu kommen.
Trotz einer Vielzahl von schreienden Goblins, die ihm offensichtlich auf den Fersen waren, kam Bahe nach einer gefühlten Ewigkeit endlich in dem Höhlengang an, wo die Medizinfrau der Felsgnome ihnen ursprünglich einen Zugang verschafft hatte. Doch zu Bahes großem Entsetzen kam er zu spät.
Von der anderen Seite des Ganges stürmten gerade drei Goblins mit lautem Kampfgeschrei an ihn heran und sie würden definitiv früher an der Felsöffnung sein, als Bahe. Zwei trugen primitive Speere, dessen Holz aus krummen Ästen geschnitzt schien, während der letzte Goblin einen Holzschild samt Axt zur Schau trug.
„Überprüfen!", befahl Bahe im Rennen, nur um festzustellen, dass er die Fähigkeit aufgrund seines neuen Levels nicht mehr einsetzen konnte. Da freute man sich mal kurzzeitig über den plötzlichen Levelaufstieg und bekam prompt die Quittung!
„Scheiße...", stöhnte er gereizt und überlegte fieberhaft, wie er am besten mit der Situation umgehen sollte.
Soweit er es von ihrem äußeren Erscheinungsbild beurteilen konnte, handelte es sich bei ihnen um normale Goblins. Solange er mit seiner Vermutung richtig lag, würde er sich ihrer wahrscheinlich erwehren können. Die Frage war nur, ob er schnell genug mit ihnen fertig werden würde, bevor Verstärkung eintraf...
Bevor er sich für eine mögliche Vorgehensweise entscheiden konnte, zog die Medizinfrau jedoch plötzlich seine Aufmerksamkeit auf sich. Sie war aus dem Loch der Felswand gesprungen, welches in die Freiheit führte und gab nun ebenfalls lauthals wütende Schreie von sich: „Huuuuschuuu! Huuuuschuuu!"
Kurz darauf folgten der Medizinfrau die vier männlichen Felsgnome, die sich zu Bahes Erstaunen hinter ein paar nahe stehenden Felsen versteckten und dabei sorgsam darauf achteten, dass ihre kleinen Speere ebenfalls nicht zu sehen waren.
Mit großen Augen beobachtete Bahe, wie die Goblins den Verstecken der Felsgnome immer näher kamen, bis diese blitzschnell hervor sprangen und ihre kleinen Speere so in Anschlag brachten, dass sich die überraschten Goblins vor lauter Schwung tatsächlich selbst aufspießten. Die vier Felsgnome beließen es jedoch nicht dabei und nutzten den Restschwung der Goblins, um diese zu Boden zu werfen.
Vollkommen desorientiert schrien die Goblins vor Schmerzen auf, während sich die Felsgnome daran machten ihre Speere schleunigst aus den Körpern ihrer Opfer zu ziehen. Danach stießen sie mit aller Macht immer und immer weiter zu, obwohl das Blut der Goblins nur so spritzte und ihre Schmerzensschreie längst versiegt waren.
Es war ein solch brutales Schauspiel, dass Bahe kurzzeitig einen Brechreiz unterdrücken musste und lieber schnell den Blick abwandte.
So perplex wie Bahe, ob der grausigen Situation auch war, er lief Brocken weiter hinterher, der wie ein Irrer auf die Öffnung in der Felswand zuhielt.
Im Nu krabbelte er mitsamt des Tarsteins durch die Felsöffnung und bemerkte wie die Medizinfrau den Durchgang wenig später unter einem Aufleuchten des Gesteins verschloss.
Das Geschrei der wütenden Goblins kam unterdessen immer näher und hallte schließlich lautstark durch den Höhlengang, der sich unmittelbar auf der anderen Seite der Felswand befand.
Bahe ignorierte das Gezeter so gut es ging und robbte so schnell er konnte vorwärts, um möglichst viel Abstand zwischen sich und die schreiende Meute von Goblins zu bringen. Umso schneller er von hier weg kam, umso besser.
Nach und nach wurde der Gang wieder breiter, während die Höhlendecke nach oben wanderte, bis Bahe wieder krabbeln und sich wenig später aufrichten konnte.
Ein felsiges Grölen Felsurs begrüßte sie freudig und Bahe ließ sich erschöpft an einer Felswand zu Boden sinken.
„Wir haben es... geschafft!", grinste Brocken stolz und auch Bahe konnte nicht anders als einem aufrichtigen Lächeln freien Lauf zu lassen.
Wenig später folgten die vier Blut überströmten Felsgnome samt ihrer Medizinfrau und traten nervös an ihn heran.
Bahe brauchte nicht lange, um zu erkennen, worum es den Felsgnomen ging, denn all ihre Blicke waren auf den Tarstein in Bahes Händen gerichtet.
Mit einem Grinsen und gutmütigen Nicken reichte den Tarstein der Medizinfrau, welche ihn unter jubelnden Huschu-Rufen der restlichen vier Felsgnome entgegen nahm.
Die Medizinfrau brachte ihre Artgenossen jedoch recht schnell wieder zur Ruhe und wandte sich zum Gehen, während sie Bahe aufforderte es ihr gleich zu tun.
Müde stand Bahe auf und wollte ihr schon folgen, als sich ein Benachrichtigungsfenster mit einer Nachricht öffnete, an die er so gar nicht mehr gedacht hatte:
„Brocken, ich bin zu erschöpft für den Rückweg", sagte er schnell zu seinem Elementar. „Geh schon mal mit Felsur und den Felsgnomen vor. Ich folge euch, nachdem ich mich schlafend ausreichend erholt habe."
„Bist du nicht ungeschützt, wenn du hier... mit der Natur verschmilzt?", fragte Brocken unsicher.
„Nein, keine Sorge. Diese Finsternis, die dieses Ungleichgewicht hervorruft, kann mir hier nichts antun", versuchte Bahe möglichst plausibel zu klingen.
Obwohl Brocken keineswegs beruhigter schien, nickte er schließlich und lief mit Felsur den Felsgnomen nach.
Glücklich darüber seufzend, dass ihm schnell genug eine Ausrede eingefallen war, streckte Bahe sich und ließ anschließend in den letzten Spielsekunden seine Gedanken wandern.
Die ersten beiden Teilquesten seiner großen Berufsquest waren bisher schon unfassbar knapp gewesen. Dabei hatten diese lediglich den Schwierigkeitsgrad [F] gehabt. Seine dritte Teilquest wies nun jedoch den Schwierigkeitsgrad [B] auf...
Als ob diese Tatsache allein nicht schon reichen würde, um ihm Kopfzerbrechen zu bereiten...
Doch als er die Beschreibung seiner dritten Teilquest gelesen hatte, musste er sich eingestehen, dass er keine Ahnung hatte wie er das Geforderte vollbringen sollte...
Dann wurde es schwarz um ihn und er wurde ausgeloggt.
Teil 2/2!
Bis Donnerstag!
RiBBoN
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