Kapitel 88 - "Huschu!" - Teil 2
Mit schmerzenden Hintern wurde Bahe letztlich in ein Lager der Gnome getragen. Überall wuselten die kleinen Gestalten durch die Gegend und grüßten Ihresgleichen immer mit einem kräftigen Huschu.
Im Grunde schien es irgendwie das einzige Wort zu sein, zu dem sie fähig waren. Zumindest hatte er bislang noch keinen anderen Laut bei den Felsgnomen vernommen.
In Anbetracht der Einsilbigkeit ihrer Sprache und Bahes geringer Hoffnung die Felsgnome alsbald zu verstehen, entschied er sich stattdessen aufmerksamer die Umgebung zu untersuchen.
Das Lager war nur sehr spärlich eingerichtet. Es gab nicht mal Zelte oder dergleichen. Die meisten Behausungen bestanden nur aus großen Ästen überzogen mit Blätterwerk und Fellen, die mehr schlecht als recht vor den Gezeiten schützten. Alle Behausungen waren an den umgebenden Felswänden errichtet worden, um ihnen so scheinbar eine gewisse Stabilität zu verleihen. Die Ergebnisse waren jedoch mehr als fragwürdig...
Inzwischen steuerten sie die Mitte des Felsgnomlagers an, wie Bahe mit einer schmerzenden Kopfverrenkung erkannte. Die enge Schlucht, die den Felsgnomen als Unterschlupf diente, weitete sich hier und ermöglichte sogar das Anlegen mehrerer Feuerstellen. Bei ihrem Anblick beschlich Bahe jedoch sofort ein ungutes Gefühl...
Diese zwei senkrecht stehenden, dicken Äste, links und rechts neben dem aufgeschichteten Holz...
Wieso schien der Ast, an den er angebunden war, genau so lang zu sein, wie die Astgabeln, am oberen Ende dieser senkrecht stehenden Äste, auseinander standen?
Ohne größere Umschweife trugen ihn die Felsgnome genau zum Ursprung seines unguten Gefühls und hingen Bahe über das aufgeschichtete Holz.
„Oh... das sieht... nicht gut aus...", bemerkte Brocken, der mit Limona neben Bahe her gelaufen war. Die Felsgnome schienen sie noch immer nicht zu bemerken, ließen Bahe alleine über dem Holz hängen und wuselten unter lauten Huschu-Rufen weiter zum anderen Ende ihres Lagers.
„Ach, echt?", zischte Bahe im Flüsterton, um ja nicht erneut Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
„Ich muss Brocken tatsächlich zustimmen, Anael", nickte Limona ernsthaft.
„Wieso glaube ich überhaupt, dass ihr beide Ironie versteht...", murmelte Bahe leise vor sich hin und überlegte, wie er entkommen könnte.
Balu hatten die Felsgnome ebenfalls über einer kleinen Feuerstelle unweit von ihm aufgehängt. Das Pet seines Elementars schied damit schon mal als Unterstützung aus und seine Elementare blieben nutzlos, wie so oft...
Zumindest hatten sich die Fesseln an seinen Handgelenken schon etwas gelockert. Mit ein wenig Mühe, sollte er sich über kurz oder lang befreien können. Fragte sich nur, ob ihn die Felsgnome lange genug unbeobachtet ließen.
Eifrig machte sich Bahe daraufhin an den Fesseln zu schaffen und zog und rüttelte so gut er konnte an den Seilen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
„Es ist aber... eigentlich ganz... gut, dass wir hierhin geführt... wurden...", sagte Brocken nachdenklich.
„Hä?", gab Bahe irritiert von sich, während er weiter versuchte seine Fesseln zu lockern.
„Ich meine... wir sind hier... richtig. Hier spüre ich... überall... das Ungleichgewicht. Aber... ich verstehe noch nicht ganz... wieso hier...", erwiderte Brocken.
„Bitte was?!", entfuhr es Bahe lautstark vor lauter Erstaunen.
„Verdammt...", ging er kaum einen Moment später hart mich sich ins Gericht. Wieso konnte er sich auch nicht beherrschen...?
Mit zwei schnellen Blicken zur Seite stellte er jedoch erleichtert fest, dass die wenigen Felsgnome in seiner Nähe ihn weiter ignorierten.
„Ich spüre das Ungleichgewicht...", erklärte Brocken. „Aber irgendwie... kann ich noch... nicht sagen... wo das... Problem liegt..."
„Natürlich...", nickte Bahe und verzog grimmig den Mund. „Sonst wäre es auch zu einfach gewesen."
„Huschu! Huschu! Huschu!", kündigte sich plötzlich eine ganze Horde von Felsgnomen an und Bahe verfluchte innerlich seine Fesseln, die ihn immer noch wie ein abgestochenes Beutetier am Grillspieß hängen ließen.
Als Bahe sich nach der Felsgnommeute umsah, kam er jedoch nicht umhin vorne weg einen anders gekleideten Felsgnom zu bemerken. Nun, genau genommen war es eine Felsgnomin, wenn Bahe sich nicht täuschte.
Sie war reich an Medaillons aus kleinen Knochen und Zweigen, die ihr in einer Vielzahl überall an der Kleidung hingen. Außerdem trug sie eine Kutte aus zusammengewürfelten Fällen, die ganze zwei Felsgnomkörperlängen hinter ihr über den dreckigen Boden schleifte. Lange lockige Haare wellten sich über ihre Schultern und verschwanden alsbald unter ihrer Kutte. Zusammen mit ihrem eher gehobenen Alter schrie alles an ihr nach einer Art Medizinfrau, wie man es aus Spielfilmen über Urvölker kannte.
Die Felsgnome steigerten sich dabei gegenseitig in einen Singsang, bei dem weiter ihren bereits bekannten Slogan riefen: „Huschu! Huschu! Huschu!"
Dabei hüpften sie auf und ab und wedelten mit ihren einfachen Keulen oder Speeren in der Luft herum.
Als sich die Horde Bahe schließlich näherte, drehte sich die Medizinfrau der Felsgnome plötzlich um und erhob ihren rechten Arm, während sie ehrfurchtsgebietend rief: „Huschu!"
Können die Knirpse echt nichts anderes sagen?
Fragte sich Bahe amüsiert, riss sich jedoch zusammen und blieb still.
Die Medizinfrau trat an Bahe und der Feuerstelle vorbei und bewegte sich auf die Felswand der Schlucht zu. Alle anderen Felsgnome folgten ihr auf einmal merkwürdig still und stellten sich hinter der Medizinfrau auf.
Dann erklang die Stimme der Medizinfrau erneut: „Huschu... Huschu... Huschu..."
Zum ersten Mal klang dieser fremdartige Ausdruck tatsächlich wie ein Mantra, welches in zunehmender Geschwindigkeit immer wieder von der Medizinfrau ausgerufen wurde. Dabei schwang sie ihren Oberkörper ebenfalls immer schneller hin und her und wedelte passend dazu mit den Armen.
Nachdenklich runzelte Bahe die Stirn. Es sah wie ein religiöses Ritual aus... als wolle sie irgendeiner Gottheit huldigen...
Doch da war nichts... Über der Medizinfrau ragte einzig die Felswand der Schlucht auf... Etwa fünf Meter weiter oben gab es zwar einige Bruchstellen, an der große Felsbereiche herausgebrochen waren, aber weiter war nichts Außergewöhnliches festzustellen.
„Was treiben die da?", fragte Bahe leise.
„Sieht so aus, als ob sie irgendeiner Gottheit Ehre erweisen wollen...", zuckte Limona die Schultern.
„Aber da ist doch überhaupt nichts...?" meinte Bahe zögerlich.
„Pah! Nur ihr Menschen braucht immer ein Abbild eurer Götter, um sich die überhaupt vorstellen zu können. Naturverbundene Wesen Raoies können auch problemlos darauf verzichten", erklärte Limona hochtrabend.
„Sehr witz-", setzte Bahe an, wurde jedoch durch einen Aufschrei Brockens unterbrochen.
„Da sitzt ja ein Erdelementar!", rief Brocken daraufhin begeistert.
„Hä, wo?", fragten Bahe und Limona gleichzeitig und starrten die Felswand an.
„Ein paar Meter weiter oben, Limona. Siehst du ihn denn nicht?", zeigte Brocken freudestrahlend auf die Felswand.
„Tatsächlich...", entfuhr es Limona ehrfürchtig. „Und es ist einer der Uralten..."
Wo zum Henker, hatten seine Elementare denn einen Erdelementar entdeckt? So sehr sich Bahe auch anstrengte... Er konnte solch ein Wesen nirgends ausmachen...
„Ich verstehe...", sagte Brocken plötzlich nachdenklich. „Ja... ich verstehe..."
„Was verstehst du?", verlangte Bahe zu wissen, doch Brocken schien in einer Trance zu sein. Denn er reagierte nicht.
Na, toll, dachte Bahe, auch das noch...
Die Medizinfrau hob plötzlich beide Arme und vollführte an die anderen Felsgnome gerichtet eine Geste, worauf diese allesamt auf die Knie fielen und immer wieder ihren Oberkörper samt lang gestreckter Arme empor streckten und in Anbetungshaltung auf den Boden niederfahren ließen. Dabei stimmten sie in den Mantragesang ihrer Medizinfrau ein und riefen aus Leibeskräften: „Huschu! Huschu!..."
Kaum einen Moment später kam der Tumult jedoch zu einem abrupten Ende, als die Medizinfrau erneut ehrfurchtsgebietend ein lautstarkes Huschu ausrief und danach verstummte.
Die anderen Felsgnome ließen sich augenblicklich zu Boden fallen und verharrten dort still, während die Medizinfrau langsam die Arme hob.
Anfangs konnte Bahe nichts erkennen, da sie mit dem Rücken zu ihm stand. Doch dann waren die Hände der Medizinfrau über ihren Kopf angekommen und Bahe hatte auf einmal einen ganz üblen Verdacht.
Die Felsgnomin trug in ihren Händen eine brennende Fackel und streckte sie zum Himmel empor. Danach drehte sie sich um und lief auf Bahe zu.
Die übrigen Felsgnome standen derweil auf und stampften in einem gemeinsamen Rhythmus immer wieder gleichzeitig auf den Boden. In der engen Schlucht hallte alsbald ein kräftiges Donnern über die Felsen hinweg, das mit jedem Schritt der Medizinfrau erneuert wurde.
Verdammte Scheiße, fluchte Bahe innerlich. Er hatte sich geirrt! Die Felsgnome hatten ihn nicht als Mahlzeit gefangen genommen, sondern als verdammte Opfergabe!
„Limona, Brocken, jetzt macht doch irgendwas!", rief Bahe panisch und sah zu seinem Erschrecken, wie die Medizinfrau die brennende Fackel an das aufgestapelte Feuerholz unter Bahes Hintern hielt.
Wenig später hatten die ersten Scheite Feuer gefangen und Bahe hätte schwören können, bereits die ersten Flammenzungen zu spüren.
„So eine verdammte Scheeeeiiiißeeeee!", schrie er aus Leibeskräften.
Sorry, dass es Sontag kein Kapitel gab und ich im Grunde auch für den Donnerstag ca. 17 Minuten zu spät bin... Was soll ich sagen... das reale Leben hat mich vorübergehend in Beschlag genommen... :(
Ich versuche bis Sonntag das fehlende Kapitel nachzuholen. Und jetzt darf ich erstmal eine Unmenge an Kommentaren beantworten. Man Leute... ich wisst gar nicht wie dankbar ich darüber bin. :-) Es freut mich sehr, dass euch diese Geschichte so gut gefällt!
Kapitel 1/2!
Bis Sonntag!
RiBBoN
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