Kapitel 63 - Ein lukrativer Job - Teil 2
Ein riesengroßes Dankeschön an @Lars_vom_Mars ! Absolut jedes meiner Kapitel hat in den letzten 2 Tagen tatsächlich ein Vote von dir bekommen! Der Wahnsinn! :-)
Ying rieb sich den Schweiß von der Stirn, während er die Putzhandschuhe von den Fingern zog und betrachtete zufrieden das nun saubere Badezimmer.
Mit einem Blick auf seine Armbanduhr wandte er sich schließlich ab und begab sich in die Küche, um noch sein Abendessen für die Arbeit vorzubereiten. Vorher stellte er aber noch die Putzutensilien in die Abstellkammer.
Mit ein paar schnellen Handgriffen brachte er den Reis im Reiskocher zum köcheln und widmete sich anschließend dem Fleisch, das er noch am frühen Morgen gekauft hatte.
„Ying?", erklang eine fragende Stimme aus dem Wohnzimmer, als er gerade das Fleischmesser zur Seite legte.
„Ja, Oma?", antwortete er und lauschte aufmerksam.
„Ying?", erklang die fragende Stimme seiner Großmutter ein weiteres Mal.
„...", seufzend wusch er sich schnell die Hände ab und schritt danach zum Wohnzimmer.
Seine Großmutter saß in ihrem großen Sessel, der zum großen Fenster ausgerichtet war, welches den Blick auf den kleinen Garten samt Teich ebnete. So sah sie ihren Enkel nicht, der bereits in der Tür stand und fragte erneut nach ihm: „Ying?"
„Was gibt es denn?", fragte er sanft und trat in ihr Blickfeld.
„Ah, da bist du ja", meinte sie lächelnd und tätschelte seine Hand, die er an ihren Oberarm gelegt hatte. „Ich habe mich gefragt, wann es Mittagessen gibt. Dauert es noch lange?"
„Aber nein, Oma. Ich bereite gerade das Abendessen vor und direkt im Anschluss zaubere ich uns eine wundervolle Mahlzeit."
„Das hört sich doch gut an", meinte sie lächelnd und nahm wieder ihr Buch zur Hand. Ein altes Märchenbuch mit besonders großer Schrift. Mehr schafften ihre Augen nicht mehr.
Ying trat leise zurück und beobachtete seine Großmutter noch einen Moment.
So lange er sich erinnern konnte, waren es immer nur er und seine Großmutter gewesen. Sie hatte ihn ganz allein groß gezogen. War ihm eine Mutter und ein Vater gleichermaßen gewesen und stets darum bemüht, für ihren Enkel nur das beste Essen aufzutischen. Trotz all der Arbeit, die sie Tag ein Tag aus geleistet hatte, um ihm den Besuch der Oberstufe finanzieren zu können.
Als sie vor einigen Jahren immer vergesslicher wurde, hatte Ying schon Böses geahnt, bevor sie überhaupt beim Arzt gewesen waren. Innerlich hatte er sich bereits gewappnet und dennoch... als ihnen die Diagnose Alzheimer mitgeteilt worden war, hatte er sich gefühlt, als ob ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen hatte.
Seine Großmutter war diejenige gewesen, die stark geblieben war und ihn in seiner Trostlosigkeit aufgefangen hatte.
„So ist eben der Lauf der Dinge, mein Schatz", hatte sie gesagt. „Viele Jahre habe ich für dich gesorgt und bald wirst du halt an der Reihe sein, dich um mich zu kümmern. Es ist vielleicht ein wenig früher als mir lieb ist, aber letztlich kommt alles so, wie es sein soll. Du wirst auch ohne mich klar kommen. Ich habe dich doch zu einem selbstständigen jungen Mann erzogen."
Sie hatte geseufzt und danach noch hinzugefügt: „Ach, wenn doch nur deine Eltern sehen könnten, was ich jetzt sehe. Sie wären genauso stolz wie ich."
Das Lächeln, das sie damals auf ihren Lippen trug, während ihr die Tränen über die Wangen liefen hatte er bis heute nicht vergessen.
Die Krankheit war zunächst nicht allzu offensichtlich. Doch vor einem Jahr war es dann soweit gewesen, dass sie sich permanent verlief und plötzlich nicht mehr wusste wo sie war, geschweige denn, wie sie nach Hause kommen sollte. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie beide erkannt, dass es so nicht mehr weitergehen konnte und Ying hatte einen Pflegedienst engagiert, der sich in den Zeiten, in denen er nicht da sein konnte, um seine Großmutter kümmerte.
So gern er die Pflege seines einzigen Familienmitgliedes auch bezahlte, der Pflegedienst war teuer.
Für den Notfall besaßen sie immer noch einige Rücklagen. Früher waren sie mal für Yings Hochschulbesuch gedacht gewesen. Doch dafür waren sie eh viel zu knapp, wie Ying nur zu gut wusste. Bis auf das kleine Haus samt Garten im Außenbereich der Stadt, war ihnen nichts mehr aus den besseren Tagen seiner Familie geblieben.
Über kurz oder lang hatte er sich einen Job suchen müssen und schließlich in einem Internetcafé angeheuert. Die Bezahlung war für jemanden ohne Hochschulabschluss zwar in Ordnung, reichte aber kaum um Beides, den Pflegedienst und die Lebenserhaltungskosten tragen zu können. Die Gründe, weshalb er sich dennoch entschlossen hatte dort zu arbeiten, lagen darin, dass sein Chef sehr mit sich reden ließ, was die Organisation der Arbeitsschichten betraf und ihm zudem eins der Dimensional Leap-Systeme in einem Vertrag mit zinsfreien Raten verkaufte!
Klar, die Absicht seines Chefs war damals gewesen, dass Ying im Anschluss an der Ladentheke so viel Werbung wie nur möglich für die neuen Systeme, inklusive Spiel machte, aber Ying war ihm noch heute dafür dankbar.
Seitdem er Raoie zu Beginn einfach aus Neugierde ausprobiert hatte, war er von einem Moment auf den Anderen völlig hin und weg gewesen. Eine Welt so voller Wunder...
Dass er schon immer gerne in den exotischen Welten der Computer- und Konsolenspielen versunken war, steigerte seine Euphorie beim Spielerlebnis in Raoie nur noch mehr.
In kürzester Zeit war Raoie zu seinem Ventil geworden. Hier konnte er für wenige nächtliche Stunden einfach mal alles um ihn herum vergessen, sich im wahrsten Sinne in einer völlig neuen Welt verlieren.
Mit der Zeit hatte er allerdings auch erkannt, dass man mit Raoie durchaus Geld verdienen konnte. Sein Level war inzwischen hoch genug, um einträgliche Quests anzunehmen und entsprechende Missionen für eine gute Bezahlung im realen Leben erfolgreich abschließen zu können. Anfangs hatte er noch gedacht, dass TNL sich dagegen wehren würde, dass spielinterne Artefakte an Spieler verkauft wurden, die in der realen Welt mit Geld um sich warfen, doch es geschah nichts.
TNL begründete die eigene Entscheidung mit der Argumentation, dass selbst ein Spieler mit den besten Ausrüstungsgegenständen, im Zweikampf immer noch gegen einen wahren Bewohner Raoies verlieren würde.
Nun... Ying war sich da nicht so sicher. Aber andererseits war es nicht sein Problem.
Vielmehr hatte er dadurch eine Möglichkeit legales Geld zu verdienen, wieso sich also beschweren?
Natürlich nahm er nie die schwersten Quests an. Er suchte immer einen Schwierigkeitsgrad aus, der für ihn immer noch machbar war. Einmal war er bisher bei seinen Missionen verreckt, ansonsten konnte er aber mit sich zufrieden sein.
Wieder in der Küche, marinierte er noch schnell das Fleisch und begann das Gemüse anzubraten. Da er noch ein paar Minuten warten musste, ehe er das Fleisch dazu geben konnte, nutzte er stattdessen die Möglichkeit, um an seinem Visualisierungssystem in der Küche in einschlägigen Raoie-Onlineforen nach Missionsangeboten zu suchen.
Natürlich gab es auch im Spiel Orte, an denen man nach Missionsangeboten suchen konnte, aber Raoie war letztendlich eine mittelalterliche Fantasy-Welt. Die Reichweite von Aufträgen und Auftragssuchenden war einfach zu begrenzt. Deshalb hatten sich mit der Zeit ein paar Internetseiten auch außerhalb des Spiels herauskristallisiert, auf denen man die meisten Angebote fand.
Neben dem gelegentlichen Umrühren des Gemüses, stöberte Ying so durch die Anfragen verschiedenster Spieler, bis er schließlich bei einem Angebot hängen blieb.
„Gesucht wird ein Spieler mit einer Berufsklasse, die über die Fähigkeit Weitsicht verfügt oder über andere Mittel zur Beobachtung und Überwachung eines weiter entfernten gegnerischen Spielers. Zu beachten ist hierbei, dass es sich um eine langfristige Mission handelt und man eventuell mehrere Wochen mit einer langweiligen und stupiden Tätigkeit beschäftigt sein wird. Als Kompensation für die verlorene Spielzeit, wird pro aufgewendete Stunde ein Betrag von 150 Yuan angeboten...", murmelte er vor sich hin und rief danach freudig aus: „Na, wenn das nicht perfekt für mich ist! 150 Yuan mal zwölf Stunden... das sind 1.800 Yuan pro Spieleinheit! Auf den Monat gerechnet sind das... äh... verdammt mein Mathe... äh... 50... 54.000 Yuan! Verdammt!"
Begeistert ließ er den Kochlöffel liegen, loggte sich ein und schrieb dem Auftraggeber schnell eine Privatnachricht.
Ein gewisser Alucard...
Er hatte noch nie von ihm gehört... aber solange er spendabel war?
Ying hatte kaum den Kochlöffel wieder in der Hand, als sein Visualisierungssystem sich mit dem Signalton einer Antwort meldete.
Hatte der Typ etwa schon geantwortet?!
Mit einem Blick zurück checkte er seine Vermutung kurz und entdeckte tatsächlich eine private Nachricht in seinem Postfach mit Treffpunkt und Uhrzeit in Raoie. Verdammt war der Typ auf zack!
Aber umso schneller umso besser für ihn. Bald würde es reales Geld regnen!
Mit bester Laune widmete er sich wieder dem Kochen undstimmte ein leises Lied an, zudem er im Takt mitschwang.
Teil 2 von 3 ;-)
RiBBoN
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