Kapitel 42 - Gedanken - Teil 2
„Ich... ich wollte einen alten Bekannten meines Vaters aufsuchen. Er war Polizist und ich dachte, wenn uns jemand helfen kann, dann er..."
Wenn es doch bloß so einfach wäre, dachte Lin betrübt.
„Und? Hattest du Erfolg?"
„Leider nicht, er ist wohl angeblich mit seiner Familie nach Dazu gezogen. Da wollte ich Morgen hin..."
„Ich habe auch schon...", setzte Lin an.
„Ja?", fragte Bahe.
„Ach, vergiss es", winkte sie ab. Sie wollte ihm nicht die Hoffnung nehmen, indem sie ihm erzählte, dass sie es mit der Polizei bereits versucht hätte. „Aber wie willst du denn in Dazu vorgehen? Er könnte doch überall stecken... Das ist ja noch schlimmer als eine Nadel im Heuhaufen zu suchen..."
„Na ja, ich gehe davon aus, dass er immer noch als Polizist arbeitet. Sofern ich die ganzen Polizeireviere abklappere, sollte ich doch eine Chance haben ihn zu finden."
„Dir ist schon klar, dass du niemals an einem Tag ganz Dazu durchkämmen kannst?"
„Ähm, ja...?", fragte Bahe verunsichert.
„Hast du dir mal darum Gedanken gemacht, wie das Ganze ablaufen soll? Wo schläfst du? Und was ist mit deinen Geschwistern und deiner Mutter?", erklärte Lin fragend.
Bahe schwieg darauf, offensichtlich ertappt.
Lin fasste sich seufzend an den Kopf und schloss kurz die Augen. Ach, bei allen Himmeln... wenn der Junge damit seinen Frieden finden würde, dann soll er eben nach Dazu fahren...
„Ich erlaube es dir Morgen nach Dazu zu reisen unter einer Bedingung", setzte Lin schließlich an.
„Und die wäre...?", horchte Bahe auf.
„Du kommst jeden Abend zurück und isst mit deinen Geschwistern und Großeltern zu Abend", erklärte Lin.
„Aber dann brauche ich ewig!", versuchte es Bahe.
„Nichts da! Entweder du kommst nach Hause oder ich erzähle deiner Mutter davon. Ich bin mir sicher, dass sie sogar die Klinik verlässt, um nach dir suchen zu können."
„Oma, das ist unfair...", lamentierte Bahe.
Lin grinste: „Das sollte es ja auch sein."
„..." Bahe schien sprachlos zu sein.
Setzte nach einigen Augenblicken aber doch nochmal an: „Was machen wir denn, wenn wir den Verkauf nicht aufhalten können? Was, wenn wir wirklich nicht genug Geld für die Operation bekommen, Oma?"
„Für den absoluten Notfall, haben dein Großvater und ich noch etwas angespart. Sollte es nicht anders gehen, werden wir unser letztes Konto plündern. Das Geld reicht gerade aus, um die Operation zu bezahlen. Die Reha-Behandlungen werden dann halt hier zu Hause stattfinden müssen", sagte sie.
„..." Bahe schwieg zunächst und schaute sie skeptisch an.
Lin lächelte und erklärte: „Eigentlich solltest du davon noch nichts erfahren, aber wir haben für dein Studium an einer Universität gespart und dafür ein Konto angelegt. Das Geld wollten wir jedoch nicht anrühren, solange es nicht notwendig ist..."
Bei der Nachricht machte Bahe ungläubig große Augen und kaum einen Moment später stahl sich ein echtes Lächeln auf sein Gesicht.
„Das ist ja super! Wieso habt ihr das nicht schon viel eher erzählt?", fragte Bahe freudestrahlend.
„Es sollte halt ein Geheimnis bleiben!", antwortete Lin gespielt genervt und fuhr fort. „Jetzt iss erst mal in Ruhe und dann leg dich schlafen, wenn du wirklich Morgen nach Dazu willst. Du wirst lange unterwegs sein."
Bahe nickte nur noch und schaufelte sich noch mehr Essen auf seinen Teller.
Zehn Minuten später verließ Bahe eifrig die Küche, unter dem Vorsatz, alles für Morgen vorbereiten zu wollen.
Lin sah ihm nach und räumte den Tisch ab. Als Bahe Anstalten gemacht hatte, sein Geschirr wegzuräumen, hatte sie ihn gebeten einfach alles liegen zu lassen.
Hätte er sich noch länger in der Küche aufgehalten, wäre ihm vielleicht doch noch etwas aufgefallen. Nur mit Mühe hatte Lin sich die ganze Zeit nichts anmerken lassen.
Natürlich verfügten sie gerade nicht über dieses besagte Konto, auf dem noch Geld vorhanden sein sollte... Ihr war nur schlicht weg keine bessere Notlüge eingefallen.
Feitong hatte nie genug verdient, um auch nur Geld für die Universitätsgebühren der eigenen Tochter ansparen zu können, ganz zu schweigen für die der Enkelkinder...
In dieser Verzweiflung hatte es Bahe kaum in Frage gestellt...
Lin hasste sich selbst für diese Lüge. Morgen würde sie als erstes sämtliche Banken der Umgebung, um einen Kredit anbetteln. Es musste irgendeine Möglichkeit geben Sulin zu retten, aber es war nicht Bahes Pflicht eine Lösung zu finden.
Feitong und sie selbst mussten sich darum kümmern. Schließlich hatten sie diese Situation erst heraufbeschworen. Würde ihr Mann sich nicht solche Vorwürfe machen, wäre sie vermutlich wütend auf ihn gewesen. So aber, konnte sie sich nur eingestehen, dass sie beide blind im Angesicht von Shangs Niederträchtigkeit gewesen waren.
Ihre Augen wurden für einen Moment feucht und die Mundwinkel zuckten, ehe sie ihre Gefühle wieder unter Kontrolle zwang und erneut die Maske aufsetze, mit der sie Bahe in den letzten Minuten begegnet war.
Trauer oder Verzweiflung konnte sie sich nicht leisten, nicht mehr. Sie hatte mit Feitong gesprochen, sobald er entlassen wurde, würde er sich an der Suche nach einem bezahlbaren Kredit beteiligen.
Hoffnung... sie war winzig... aber noch nicht vollends gestorben.
Mit einem tiefen Atemzug und angespannter Miene spülte sie noch den Teller und machte sich danach Bett fertig. Morgen musste sie schließlich früh raus.
Sooo... wie versprochen zwei Teile bzw. ein ganzes Kapitel :)
Viel Spaß beim Lesen! Und denkt doch mal drüber nach mir einen Kommentar da zu lassen, wenn es euch gefallen hat.
RiBBoN
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