21 - Jahrhunderte alte Fehde
Also wurden wir doch bewusst in die Irre geführt...
Erstaunt und erleichtert zugleich beobachtet Violene, wie die Bäume sich öffnen und der ihr so vertraute finale Weg zum geheimen Pokémondorf sich endlich offenbart. Von nun an sind es tatsächlich nur noch wenige Schritte, welche Brigaron und sie von dem Dorf und ... Ihm trennen. Ein letztes Mal strafft sie die Schultern und nickt ihrem Partner zu, bevor sie den Durchgang durchqueren.
Kaum haben die beiden das Dorf betreten, werden sie auch schon vom warmen Sonnenschein begrüßt. Wie als wenn nichts weiter wäre, scheint die Sonne klar am strahlend blauen Himmel. Nur wenige weiße Wolken lassen sich am Himmel entdecken. Und doch stimmt etwas ganz und gar nicht im geheimen Dorf.
Auf dem ersten Blick würde man sagen, es sehe alles ganz normal aus. Keinerlei Spuren eines Angriffs oder von Zerstörungen. Die kleinen Zelte, aber auch die Natur im und um Dorf sehen aus wie immer. Und doch fehlt hier etwas Entscheidendes.
Da fällt es ihr wie Karpadorschuppen von den Augen! Die geflohenen Pokémon, die hier sonst in Ruhe leben, sind verschwunden. Und das ausnahmslos. Weder die Coiffwaffs noch das Datiri oder Psiau sind zu sehen.
Ich bin doch zu spät gewesen... Hat er sie etwa alle entführt...? Oder... noch Schlimmeres getan?
„Sieh einer an", durchbricht da plötzlich eine tiefe Stimme die Stille im kleinen Dorf.
Eine Stimme, die ihr nur zu gut vertraut ist.
Angespannt fährt sie herum, sieht hektisch zu verschiedenen Stellen im geheimen Dorf, um den Ursprung der Stimme ausfindig zu machen. Bis ihr Blick stoppt, an ihm hängenbleibt, wie er mit einem amüsierten Lächeln auf sie zukommt. Gelassen.
Kampfbereit geht Brigaron neben seiner Trainerin in Stellung, bereit sie und die hier lebenden Pokémon zu verteidigen. Immerhin haben sie schon einmal gegen Flordelis gewonnen.
„Du hast aber lange gebraucht, um hierher zu finden", bemerkt der hochgewachsene Mann mit kühler Stimme, als er nur wenige Schritte vor den beiden stehenbleibt.
Dankbar nimmt der junge Champ die Anwesenheit ihres Partners neben sich wahr. Brigaron war als Igamaro ihr allererstes Pokémon und hat sie seitdem in allen Herausforderungen begleitet. Mutiger als sie sich fühlt, reckt sie das Kinn nach vorne: „... du solltest eigentlich tot sein. Wie kann es sein... wie... wie konntest du die Explosion damals überleben?"
„Bitte versteh, dass ich dir dieses Geheimnis nicht verraten werde", mit leicht amüsierter Stimme zucken seine Mundwinkel kurz, bevor er sich wieder fängt, „Siehe es als einen Freundschaftsdienst unserer früheren Zeit an, das ich dir trotz alledem geantwortet habe. Im Übrigen wollte ich dir hiermit ebenso mitteilen, das ich nicht der Feind bin, den du suchst. Damit du deine Zeit nicht unnötigerweise mit mir verschwendest. Immerhin haben die Nachrichten gezeigt, dass der Champ anderswo gerade dringender benötigt wird."
„Und das soll ich dir einfach so glauben? Dass du es irgendwie geschafft hast, die Explosion deiner Basis zu überleben und dann natürlich nichts mit den aktuellen Diebstahlvorfällen in Kalos zu tun hast?", Unglaube schwingt in Violenes Stimme mit, „Und die Pokémon aus dem Dorf hier? Hast du mit ihrem Verschwinden etwa auch nichts zu tun?"
Sich von ihren Worten nicht aus der Ruhe bringen lassend, beginnt Flordelis mit langsamen Schritten die junge Trainerin zu umkreisen. Bis er zwischen ihr und dem Weg Richtung Irrwald steht, ihr so den direkten Fluchtweg blockierend. Gefährlich ruhig lächelnd geht er dann direkt auf sie zu, zwingt sie so mit langsamen Schritten rückwärts immer mehr zur Mitte des Dorfes zu gehen.
„Du und deine Freunde, ihr hättet mit zu den Auserwählten gehören können. Ihr hättet das neue Zeitalter miterleben dürfen, hättet aufwachsen können in einer Welt, wie sie schöner und makelloser nicht sein könnte! Und doch hattet ihr euch dagegen entschieden. Wie du weißt, bin ich der Nachfahre vom großen König Azett. Aber weißt du auch, welche Fehde seitdem existiert?", abwartend mustert er die junge Trainerin vor sich und ignoriert das Brigaron neben ihr dabei, welcher das Gespräch mit Misstrauen verfolgt, „Eine Fehde zwischen der Königslinie und euch Aurahütern." Amüsiert beobachtet Flordelis, wie bei den Worten ''euch Aurahütern'' Violenes eben noch so gefasste Mimik sich plötzlich zu Entsetzen wandelt.
„Oh, wusstest du dies noch gar nicht?", lächelnd lässt der Team Flare Anführer seinen Blick über die Landschaft schweifen, „Aber keine Sorge. Dieses Wissen wird dich nicht lange quälen müssen. Dafür werde ich schon sorgen. Immerhin wird es Zeit, dass die sogenannten Aurahüter ein für alle Mal endgültig ausgelöscht werden."
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, dreht Flordelis sich um und geht Richtung Irrwald.
Verwirrt und vielleicht auch ein bisschen empört über dieses ... Verhalten sieht Violene ihm nach, als sie den ersten Schritt geht, um ihm zu folgen. Ihn festzuhalten. Aufzuhalten. Innerhalb weniger Millisekunden diesen Entschluss gefasst, will sie gerade den zweiten Schritt machen, als sich plötzlich etwas zwischen Sie und Flordelis stellt.
Mit einem letzten Blick sieht dieser noch einmal zu ihr, kühl lächelnd, bevor die Schatten des Irrwalds ihn schon verschluckt haben. Widerwillig muss Violene stehenbleiben und dies tatenlos beobachten, während das fremde Wesen vor ihr seinen Arm ihr entgegenstreckt. Sie so davon abhält ihm hinterherzurennen.
Sich das nicht gefallen lassen wollen, schiebt Brigaron sich im nächsten Moment vor seine Trainerin und attackiert das fremde Wesen mit einer großen blauen Klaue. Die Attacke Drachenklaue, schießt es dem Champ da durch den Kopf, aber was ist das fremde Wesen? Es ist größer als Brigaron... Das Wesen selbst hat einen humanoiden Körperbau, während der Großteil des Körpers von einer Art Rüstung bedeckt ist. Die nicht von der Rüstung bedeckte Haut wiederum besitzt einen hellvioletten bis hin zu lilanen Farbton. Es muss ein Pokémon sein, aber was für eins?
Aus Reflex hält sie schützend einen Arm vor ihr Gesicht, als Brigaron sich schon mit dem Bauch zu ihr dreht, um so eine Psychoattacke des Gegners abzufangen. So aus den Gedanken gerissen, hebt sie den Blick und will zu einem weiteren Pokéball greifen, während Brigaron den Gegner im nächsten Moment wiederum mit Pflanzsäulen attackiert. Noch bevor sie die Bewegung vollendet hat, öffnen sich ein paar der Bälle von selbst. Worauf Lucario, Glurak und Fiaro sich vor ihr materialisieren.
„Ich seh schon", ist Lucarios erste Reaktion, als die drei den fremden Gegner vor Brigaron und ihrer Trainerin entdecken, „Lasst uns loslegen."
Worauf Glurak nur zustimmend schnaubt und Fiaro seine Flügel ausbreitet, im nächsten Moment mit dem anderen Feuerpokémon hochfliegend. Den fremden Gegner so abwechselnd umkreisend, welcher für einen Moment innehält. Die neue Lage einschätzt und zu analysieren scheint.
„Wir wollen ihm nicht schaden, aber wir müssen seine Angriffe eindämmen. Das Dorf sollte am besten nicht zerstört werden!", durch ihr Team mit neuer Entschlossenheit gefüllt, nickt sie ihren Pokémon zu. Etwas Unverständliches knurrend geht auch das fremdartige Pokémon in Position, als es seine Arme ausstreckt und als Reaktion weitere Psychoattacken auf Brigaron und Lucario loslässt.
Tief durchatmend versucht Violene sich auf die Auren zu konzentrieren.
Und für einen Moment hat sie das Gefühl, als würde Raum und Zeit stillstehen.
Zuerst ist es ihre eigene Aura, welche sie bläulich schimmern sieht. Dann die ihrer Teampartner, die sich entweder auf dem Boden oder in der Luft mit Attacken zur Wehr setzen. Bis sie die Aura des unbekannten Pokémon entdeckt und erreicht. Mit behutsamen Bewegungen streckt sie ihren Arm aus, versucht, dessen Aura zu berühren und so seine Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Angriffslustig knurrend sieht das Pokémon aus dem Augenwinkel zu ihr, während sich seine Aura unter Schmerzen zu krümmen scheint. Die Mimik scheinbar ebenso schmerzverzerrt, ist es die Auraform des Pokémon ohne Rüstung, die ihr in dieser Ebene gegenübersteht.
„Wie... wie machst du das, Mensch? Wie ... kannst du mit mir reden?", hört sie dabei seine kräftige donnernde Stimme, ohne dass das Pokémon die Lippen bewegte.
„Mein Name ist Violene", antwortet diese wiederum, wobei ihre Stimme leicht zittert, „Ich bin Aurahüterin, von Arceus dazu berufen meinem Erbe zu folgen. Aber was ist mit dir? Wer bist du? Du scheinst... Schmerzen zu haben."
„Die Rüstung... mein Name... lautet Mewtu", ist von dem fremden Pokémon daraufhin zu hören, worauf seine Auraform sie direkt ansieht, „Arceus also... und deine Aufgabe... aber die Befehle sind laut und deutlich."
Kaum hatte Mewtu seinen Satz beendet, wird Violene aus der Aurenebene rausgerissen und befindet sich wieder im Hier und Jetzt. Einen kurzen Moment brauchend, sieht der junge Champ sich um. Entdeckt ihre noch immer kämpfenden Pokémon und das ebenso kämpfende Mewtu, das ihrem Team keine ruhige Minute lässt. Keinen einzigen Moment nur einmal durchzuschnaufen.
Bis Mewtus Blick unter den ganzen Rüstungsteilen plötzlich ihren trifft.
Erneut wird Violene das Gefühl nicht los, als würde in diesem Augenblick die Zeit stillstehen. Wenige Millisekunden vergehen so, als Mewtu plötzlich seine beiden Arme von sich streckt und so eine erneute Druckwelle loslässt, welche auch ihre Pokémon miterfasst. Noch bevor jemand von ihnen sich wehren kann, landen sie auch schon zwischen den hohen Gräsern und Blumen des geheimen Dorfes.
Benommen und leise ächzend versucht Violene sich aufzurichten.
Erst mit der einen, dann mit der anderen Hand, wobei ihr Blick suchend über den Platz wandert. Ausschau haltend nach Mewtu und ihren Teamkameraden. Doch ist von Mewtu nichts mehr zu sehen, keine einzige Spur, während ihre Pokémon selbst versuchen, sich wieder aufzurichten.
Erleichterung durchströmt sie, als sie sieht, wie Brigaron, Fiaro, Glurak und Lucario langsam wieder auf die Beine kommen. Wobei deren Körper deutliche Spuren vom Kampf gegen Mewtu davongetragen haben. „Euch geht es gut...", schafft Violene, mit wispernder Stimme zu sagen, als sie zu ihren Teamkameraden kommt, „Danke für euren Einsatz. Ihr habt sehr gut gekämpft. Ruht euch nun aus."
Mit sanftem Blick nimmt sie abwechselnd die Pokébälle ihrer Pokémon in die Hand und ruft sie so nacheinander zurück, die Pokébälle selbst wieder an ihrem Gürtel befestigend.
„Was war das nur für ein Kampf...?", leise vor sich hin murmelnd, betrachtet sie erneut das Dorf und geht einige Schritte herum, „Dieses Pokémon... Mewtu. Die ganze Begegnung hat nur noch mehr Fragen aufgeworfen... Aber immerhin ist das Dorf heil geblieben."
Plötzliches Rascheln lässt sie aufhorchen, als die vermissten Pokémon des Dorfes aus den hinteren Teilen des Geländes auftauchen. Ihnen geht es gut! Und sie sind noch alle hier... Arceus sei Dank.
Das Lächeln nicht mehr zurückhalten können, kniet sie sich vorsichtig hin und begrüßt die Bewohner vorsichtig nacheinander. Bis eines der Coiffwaff sie innehalten lässt.
Zögernd und skeptisch streckt sie ihm ihre Hand entgegen, um den gräulichen Stofffetzen aus seinem Maul entgegenzunehmen.
„Was hat das alles nur zu bedeuten...?"
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