9 - Der freie Fall
Plötzlich rauscht ein schwarzer Schatten an den beiden vorbei.
Für einen Moment knurrt Fighter ungehalten und will dem Schatten sofort folgen oder ihm wenigstens einen seiner explosiven Feuerbälle hinterherschicken, doch sein Reiter stoppt ihn davor. „Nein, Fighter", bestimmt schüttelt er den Kopf und hält Ausschau nach dem undefinierbaren schwarzen Etwas, „Es hat mich genauso überrascht, aber ein Angriff wäre nicht richtig."
Eine dumpfe Ahnung jedenfalls hält ihn davon ab, so zu reagieren.
Und tatsächlich, nur wenige Sekunden später und mit einigen mehreren Metern Abstand tauchen Hicks und Ohnezahn in ihrem Sichtfeld in der Luft auf. „Entschuldigt Neo, wir wollten euch nicht so scharf schneiden beim Sturzflug aus den Wolken", mit einem dazu passenden entschuldigenden Grinsen sieht Hicks zu den beiden rüber.
Kurz hebt Neo die Hand, um abzuwinken: „Kein Problem, Fighter hat sich schon wieder beruhigt. Es war nur die erste Sekunde."
„Ich hätte nicht gedacht, um die frühe Zeit noch jemanden hier draußen anzutreffen", erzählt Hicks weiter, wobei er seinen Blick schweifen lässt und sich im nächsten Moment unmerklich anspannt.
Das skeptisch bemerkend folgt Neo seinem Blick kurzerhand, nur um es ihm dann gleichzutun.
„Hol du die anderen, Hicks. Fighter und ich kontrollieren, dass noch keiner zu nah an Berk ist."
Ein kurzes Nicken als Antwort von Hicks, worauf dieser dann augenblicklich Richtung Dorf verschwindet. Kurz sieht Neo ihm aus dem Augenwinkel nach, bevor er das Bild am Horizont mustert. Schiffe. Und Drachen. Und von beidem nicht gerade wenig.
Die Verbannten greifen an.
„Los Fighter, lass uns das Meer direkt um Berk nach weiteren Schiffen von denen kontrollieren!"
Gesagt, getan. Ein Grollen aus seiner Kehle erwidernd, macht Fighter sich direkt wieder auf und steuert den Rand der Insel Berk an, um von dort aus dann die Insel an sich großflächig mehrfach zu umfliegen und zu kontrollieren.
Dabei schauen sie regelmäßig zum Wasser, um sich nähernde Schiffe schnell entdecken zu können. Zugleich aber auch an die Küsten und Kliffs der Insel, falls Schiffe schon angelegt haben oder in der angrenzenden Natur, für den Fall, das einige Verbannte schon auf der Insel selbst unterwegs sind. Tatsächlich aber scheinen die Götter diesmal auf ihrer Seite zu sein. Jedenfalls entdeckt er keine Schiffe, die sich gerade nähern, geschweige denn angelegt haben oder schon freilaufende Verbannte. Immerhin etwas Gutes in dieser Situation.
Währenddessen ist der Nachtschattenreiter dank Ohnezahn innerhalb weniger Augenblicke wieder zurück in Berk. So wecken sie zuerst Astrid und Sturmpfeil, bevor sie dann wiederum die anderen aus dem Schlaf reißen. Während Rotzbacke im ersten Moment wie gewohnt mosert und Fischbein und Fleischklops noch am tiefsten am Schlafen waren, so waren die Zwillinge erstaunlicherweise schon längst wach. Kurzerhand erklärt Hicks ihnen dabei die Situation, als die Gruppe sich gefunden hat und den Himmel vor Berk ansteuern, um dort zu Neo aufzuschließen.
„Die Verbannten nähern sich am Horizont! Noch haben sie Berk nicht erreicht, weder mit den Schiffen oder den Drachen. Aber wir müssen uns beeilen!", ruft Hicks dabei zu den anderen gegen den Flugwind rüber.
Erleichtert atmet Neo etwas auf, als er die nahenden Drachenreiter entdeckt. „Keine Schiffe entdeckt. Keine haben an Berk angelegt, geschweige denn nähern sich aktuell. Auch auf Berk konnte ich keine Verbannten sehen. Wir scheinen noch Zeit zu haben", gibt er der Gruppe kurzerhand Bericht.
„Dann sollten wir die Chance nutzen und sie am Horizont abfangen, bevor sie sich Berk noch mehr nähern können und im schlimmsten Fall das Dorf mit angreifen!", bringt Astrid sich mit ein, wobei man ihr die Entschlossenheit direkt ansieht.
„Aber wir können sie nicht direkt angreifen!", erwidert Fischbein, mit dem angestrengten Versuch seine Stimme nicht zittern zu lassen, „Mit den wilden Drachen wäre ein direkter Angriff für uns viel zu gefährlich! Sie dürfen nicht merken, dass wir kommen."
„Fischnase hat Recht. Wenn wir nicht aufpassen, sind wir ganz schnell Yakfutter! Und ich habe weitaus Besseres zu tun, also so zu enden", mischt sich Rotzbacke wiederum ein.
„Dann können wir doch die Wolken nutzen!", ruft Raffnuss im nächsten Moment euphorisch.
„Das ist eine geniale Idee, Schwesterchen!", schließt Taffnuss sich ihr an, „In den Wolken werden wir für sie unsichtbar sein. Und BÄM! Dann schlagen wir zu!"
„Das ist gar keine so schlechte Idee...", murmelt Hicks wiederum, den Vorschlag der Zwillinge im Kopf durchgehend und die Wolken am Himmel musternd, „Die Wolken sind weit genug, dass wir uns auf jeden Fall unbemerkt nähern können. Dann haben wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite!"
Kaum ist eine passende Formation für die kommende Strecke festgelegt, beginnen sie allesamt mehr an Höhe zu gewinnen, bis sie die Wolkendecke durchbrechen. Oben angekommen scheint für einen Moment eine wundersame Ruhe zu herrschen, als wäre alles friedlich, als würde ihnen kein Angriff von den Verbannten bevorstehen. Fast schon trügerisch, aber auf eine gewisse Art und Weise auch malerisch.
Über den Wolken nehmen sie kurzerhand eine Art Zickzack-Formation ein, welche für Außenstehende keinem bestimmten Muster zu folgen scheint. Ihr Vorteil besteht darin, dass Angriffe ihrer Feinde sehr bewusst gemacht werden müssen und diese länger brauchen, um einen von ihnen als Ziel anzuvisieren. Ein wahlloser Angriff wird da definitiv öfters ins Leere gehen.
Doch wird dies auch nur in den ersten Momenten beim Frontalangriff der Fall sein. Sobald sie in der direkten, greifbaren Nähe sind, entscheiden Schnelligkeit, Feuerkraft und Ausweichgeschick über Erfolg oder Niederlage.
Sie müssten lügen, wenn sie sagen würden, dass ihnen im Hinblick auf den bevorstehenden Kampf das Herz nicht bis zum Hals schlägt. So versuchen sie, die Anspannung und Aufregung so gut es geht, unten zu halten. Bis zu dem Moment, wo Drachenbrüllen und Gejohle von tiefen Männerstimmen vom Meer zu ihnen nach oben schallt.
Sie haben die Verbannten erreicht.
Kurzerhand nicken sie sich gegenseitig zu, positionieren sich noch einmal neu im Sattel, um ja gut darin zu sitzen und begeben sich in den Sturzflug.
Augenblicklich nehmen Fischbein, Rotzbacke und Neo die ersten Verbannten auf den wilden Drachen ins Visier und greifen diese frontal an. Die dadurch entstehende Ablenkung und Lücke, wenn auch nur kurz, nutzen Hicks, Astrid und die Zwillinge, um wiederum zu den Schiffen vorzustoßen. Tatsächlich haben die Verbannten ihre Schiffe diesmal mit größerem Abstand zueinander auf dem Meer positioniert. Was für die Drachenreiter den Vorteil bietet, sich konzentrierter um bestimmte Schiffe kümmern zu können. Aber auf der anderen Seite die Gefahr, dass, wenn sie sich zwischen mehreren Schiffen befinden, die Verbannten sie da eher von den Drachen runterholen und gefangen nehmen können.
Die Zwillinge lassen nicht lange auf sich warten und fangen an, einzelne Teile der Flotte der Verbannten in das altbekannte grünliche Zippergas einzunebeln. Nur um dieses dann mit einem Funken in einer großen Explosion enden zu lassen. Währenddessen nehmen Hicks und Astrid sich einzelne Wurfgeschosse auf den Decks der Schiffe vor, unterstützt durch teilweise Rückendeckung von Fischbein und Fleischklops, welche sich liebend gerne um die fliegenden Felsbrocken kümmert.
Angespannt und konzentriert versuchen, die Reiter immer beide Gruppen der Angreifer im Blick zu behalten. Schaffen sie es, einem Schiff Schaden zuzufügen, so nutzen sie die ersten Sekunden der Verwirrung, um Abstand vom Kampfplatz zu gewinnen, nur um dann erneut fokussiert angreifen zu können.
Eine ähnliche Taktik nutzen sie auch in der Luft, wo sie die Verbannten mitunter auch gegeneinander ausspielen. Teils klappt es, dass die wilden Drachen dann wiederum keine Lust auf eine Kollision haben und ihre „Reiter" kurzerhand abwerfen. Andere Verbannte wiederum erweisen sich hartnäckiger als gedacht, was die Drachenreiter ein paar Mal an ihre Grenzen bringt.
„Schneller Fighter! Häng den Typen ab!", schreit Neo über dem Lärm seinem Freund hinzu, was sich dieser nicht zweimal sagen lassen will. Umso mehr versucht er, den Drachen mit dem Verbannten hinter sich abzuschütteln, doch der bisherige Kampf raubte ihm zu viel Energie. Was zur Folge hat, dass der Verbannte immer weiter aufholt, bis er Neo plötzlich am Arm zu packen kriegt und von seinem Drachen reißt. Innerhalb einer Sekunde hängt dieser nun in der freien Luft, nur noch von der Hand des Verbannten festgehalten: „Tja Kleiner, du hättest deine Nase lieber nicht in unsere Angelegenheiten stecken sollen!" Ein tiefes Lachen ist ihm nächsten Moment vom Verbannten zu hören, als er loslässt.
Sich im freien Fall befindend hat Neo den Verbannten mit seinem Blick abschätzig fixiert, auch wenn dieser sich längst dem nächsten nervigen Drachenreiter zugewendet hat. Der Fallwind zerrt an seiner Kleidung und an seiner Haut, das Rauschen des Meeres scheint unaufhörlich näher zu kommen. Gleich ist es so weit und das dunkle Nass wird ihn umgeben und unaufhörlich mit sich in dessen Tiefen reißen. Als plötzlich-!
„Hicks!", eine tiefe Stimme brüllt im selben Moment dessen Namen über das Schlachtfeld, hoch oben in der Luft.
Die Stimme für einen Moment nicht zuordnen können hält dieser inne, als Ohnezahn einem der Schiffe eben einen gefährlichen Plasmastrahl an den Bug verpasste. Doch kann er die Anspannung nicht leugnen, die sich bei dem Ruf seines Namens in ihm breitgemacht hat. Alles in ihm schreit nach „Gefahr!".
„Hast du mich vermisst?", fragt die Stimme diesmal in einem spöttischen, provozierenden Ton. Und da entdeckt er die Quelle, von welcher Person das kommt. Und es ist derselbe Moment, wo er sich wünscht, dass dies nicht wahr sein möge.
Es sind nur einige Meter, welche die beiden Kontrahenten voneinander trennt. Ihn und Alvin, welcher auf einem grün-blauem Riesenhaften Alptraum sitzt, grinsend, mit den Händen fest die Hörner des Drachen umschlossen.
Hey, danke dir fürs lesen :p
Ich hoffe, das Kapitel hat dir gefallen. Zeig es mir doch gerne mit einer Rückmeldung durch Votes und Kommis – Geisterleser kriege ich leider nicht wirklich mit 🥺😅
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