In der Schule
Nachdem ich nun endlich mein Gesicht waschen konnte, meine Haare irgendwie zusammenbinden, meine Zähne geputzt und danach meinen Schlafanzug gegen eine dunkle Jeans und einen schwarzen Hoodie getauscht hatte, nahm ich meinen Rucksack und lief die alte Holztreppe hinunter. Unten angekommen stellte ich den Rucksack vor das Schuhregal und holte mir schnell aus der Küche meine Brotbüchse für die Schule. Als alles im Rucksack verstaut war, knurrte mein Magen als Zeichen des Hungers.
In der Küche ließ ich mich auf einen lehren Stuhl nieder und nahm die Tasse mit dem noch dampfenden Kakao in die Hände. Der süßliche Duft von Schokolade stieg mir in die Nase und ich schloss genussvoll die Augen. Bei dem ersten Schluck aus der Tasse verbrühte ich mir die Zunge und zuckte heftig zusammen, da ich nicht damit gerechnet hätte, dass der Kakao so heiß wäre. Mama wuselte die ganze Zeit über in der Küche rum, um das Essen über heute Mittag vorzukochen. Dem Geruch nach zu urteilen, müsste es ihr weltberühmtes Curryhühnchen sein.
Wie vorausgesagt stand Mr. Twinkel mit einem ziemlich empörten Blick an der Terrassentür, wahrscheinlich um mir zu zeigen, wie schlecht es ihm in der Kälte geht. Gerade als ich mich erheben wollte, um ihm die Tür zu öffnen, sprang er wie aus dem Nichts auf und rannte im Garten wie ein Gekloppter herum. Na, dann halt nicht ...
Ich wand mich wieder meinem Frühstück zu und begann mir ein Brötchen mit Butter zu bestreichen, wobei die Butter durch die Wärme des Teiges anfing zu schmelzen und in alle Richtungen zu laufen. Danach nahm ich die selbstgemachte Johannisbeermarmelade von Oma und strich diese ebenso großzügig auf mein Brötchen, sodass sie beim Reinbeißen in das Brötchen an den Seiten runterlief und in Zeitlupe auf den Teller tropfte.
Kurz nachdem ich mein Geschirr weggeräumt hatte, ging ich in das Wohnzimmer, um eigentlich noch meine Federtasche zu holen, aber stattdessen überkamen mich die Erinnerungen des gestrigen Abends. Wie Ryan als Wolf in Mamas Sessel zusammengerollt gelegen hatte und wie Papa mir endlich alles erklärt hatte. Etwas benommen schluckte ich die Erinnerungen wieder runter und konzentrierte mich auf den bevorstehenden Schultag.
Nachdem meine Federtasche im Rucksack verstaut war, zog ich mir meine hellgraue Übergangsjacke an und zog irgendwelche Turnschuhe an. Als alles saß nahm ich noch den kuschligen schwarzen Schal, den ich von Oma letztes Jahr zu Weihnachten bekommen hatte, von der Garderobe. Fertig schulterte ich meinen Rucksack und nahm noch die Haustürschlüssel von der Kommode. Gerade als ich zurück in die Küche rufen wollte, kam Mama auch schon, um mich zu verabschieden. „Bei welchem Haus muss ich dich heute abholen, Scarlett?" fragte sie, wie immer. „Beim A Haus, aber es kann etwas später werden. Ich hab dich lieb." Antwortete ich ihr und bekam einen Kuss auf die Wange, bevor sie mir die Haustür öffnete. „Ich habe dich auch lieb. Viel Spaß in der Schule"
Langsam lief ich an der Hecke zu unserer Einfahrt entlang, die im Dunkeln der Straßenlaternen lag. Auf dem Weg zur Bushaltestelle vibrierte mein Handy und sagte mir, dass Ally mal wieder verschlafen hatte und somit etwas spät dran war. Meinen Rucksack stellte ich auf einen der Sitze und zog das Handy aus der Tasche, um meiner besten Freundin zu antworten.
Der Geruch von Waldboden und Nässe stand in der Luft von dem Regen, der gestern die Herrschaft über das Dorf übernommen hatte und wie ein Boxer auf die Häuser, Felder und Wälder eingeschlagen hatte. Als ich hastige und laute Schritte hörte sah ich auf, nur um eine rennende Ally zu sehen. Sie blickte erschrocken nach hinten zur Hautstraße, die sich durch das Dorf zog, um zu schauen, ob der Bus schon kam. Als aber nur ein LKW vorbeifuhr nahm ihr Körper eine entspanntere Haltung ein und blickte zu mir. Lachend umarmte ich sie und sah fragend auf ihre Schuhe. Diese hatte sie nicht mal richtig angezogen. „Ich freu mich so dich zu sehen Scarlett, das glaubst du gar nicht. Außerdem muss ich dir etwas erzählen, deswegen sind die Schuhe auch nicht zugebunden..." fing sie auch schon an von ihrem Wochenende zu erzählen und achte gar nicht mehr auf ihre Umgebung.
Da sich der Bus früh immer verspätete regten wir uns gemeinsam darüber auf, warum es überhaupt feste Fahrzeiten gibt, die werden ja sowieso nie von irgendjemanden eingehalten werden. Als der Bus dann mit fünf Minuten Verspätung in die Wendeschleife einbog, war Ally schon fast fertig mir von ihrem Wochenende zu erzählen. Auf dem Sitzplatz angekommen, machte sie auch schon wieder eine Kunst daraus ihren Rucksack auf den Boden zustelle. Typisch Ally halt. Wenn bei mir der Rucksack schon auf dem Boden stand, war Ally noch dabei ihre Fahrkarte in die Tasche zustopfen.
Nach einer einstündigen Busfahrt ein paar Nervenzusammenbrüchen von Ally, weil sie schon wieder Angst um ihr Leben hatte, weil der Busfahrer immer wie ein Fahranfänger fährt, kamen wir an der Schule an. An der Bushaltestelle warteten wir brav, wie man es von 15-Jährigen erwartet, bis wir die Straße überquerten. Ally hatte sich schon wieder von der ruppigen Busfahrt erholt und plapperte ununterbrochen über ihre Hasslehrer und Klassenkameraden. Da wir beide unterschiedliche Fremdsprachen gewählt hatten, trennten sich unsere Wege auf dem Schulhof. Sie ging zu ihrer Klasse, die jetzt Sport hatte und ich machte mich auf den Weg in das A Haus zum Spanischunterricht. Im A Haus wurden Sprachen unterrichtet sowie Kunst und Musik, wo hingegen im B Haus alles was mit Naturwissenschaften zu tun hat, unterrichtet wird.
Auf dem Weg zu meinem Klassenraum wurde mir auf der Treppe plötzlich schlecht, sodass ich gezwungen war stehen zu bleiben und tief durchzuatmen. Dann hörte ich diese Stimme in meinem Kopf sie wieder holte immer wieder die Worte: „Ich werde dich holen kommen, egal wo du bist!"
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