Kapitel 5
Heute ein extra langes Kapitel.
Enjoy!
...
Alpha Eros war über einen Kopf größer als ich und fast so breit wie eine Tür. Seine Ausstrahlung war noch stärker als Alpha Fenrirs. Es wunderte mich nicht, dass sogar die Werwölfe im Rudel Angst vor ihm hatten.
Seine Augenbrauen waren nach unten gezogen und er funkelte mich an.
Eine Woge der Beruhigung durchfuhr mein rasendes Herz, als ich in die tiefsee-blaue Augen blickte. Wenigstens hatte er seinen Wolf wieder unter Kontrolle. Er öffnete den Mund, doch ich war schneller.
„Zu meiner Verteidigung: Du hast selbst gesagt, dass ich mich von dir nicht abhalten lassen soll bei der Mission. Im Grunde habe ich also nur den ersten Befehl befolgt."
Seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben und ein Teil der Wut auf mich schien zu verfliegen. Er kam näher auf mich zu und ich presste meinen Rücken in den Baumstamm. Er stützte seinen Arm über mir ab, sodass ich keinen Ausweg hatte. Sein Geruch umgab uns, als wollte er mich einhüllen und alle anderen abschrecken.
Stärke und Kontrolle.
Ich wand mich unter seinem Blick. Mein Herz überschlug sich in meiner Brust. Ich wusste nicht, was hier die bessere Strategie war: Verärgern oder Belustigen. Ich entschied mich für Letzteres.
„Widersetzt du dich immer den Befehlen, die man dir gibt?"
Ich zuckte die Schultern.
„Widersetzen ist so ein starkes Wort. Ich würde es eher interpretieren nennen."
„Und was genau war so dringend?", fragte er, ging hinüber zu Frido und hob ihn auf. „Wieso hast du den Befehl deines Alphas missachtet, für diesen Lappen?"
Endlich hatte ich wieder Luft zum atmen. Er musterte Frido scharf, als gäbe es an ihm ein Geheimnis, das er nicht sehen konnte.
„Das ist ein Hase, ist das nicht offensichtlich?", erwiderte ich und konnte mir das Schmunzeln nicht verkneifen.
Alpha Eros schüttelte den Kopf und reichte mir Frido ohne weitere Komplikationen. Meine Finger streiften seine und ein Kribbeln wandelte durch meine Magengrube. Ich versuchte mir nichts anmerken zulassen und verstaute ihn gut in meiner Manteltasche.
„Ihr Menschen seid wirklich merkwürdig", sagte er.
Ich schnaubte verächtlich und hob den Korb vom Boden auf.
„Und ihr Werwölfe seid der Inbegriff von normal."
„Gut erkannt."
Ich war froh, dass er von mir abgelassen hatte, denn wer weiß, wie viel ich noch ertragen hätte. Die Dunkelheit machte es immer schwieriger, die Gesichtskonturen von Alpha Eros zu erkennen.
„Es ist besser, wenn wir in die Stadt zurückkehren", sagte er.
Das war einfach.
Ich dachte, ich müsste mehr Überzeugungsarbeit leisten, damit er mich nicht lynchte. Alpha Eros war wirklich ein merkwürdiger Werwolf. Auf der einen Seite schmunzelte er über meine Worte, in der nächsten Sekunde war er todernst und dann wieder völlig desinteressiert.
Merkwürdig.
Wir gingen in Richtung Zivilisation. Mit ihm zu reden war einfach, ganz im Gegensatz zu anderen Wölfen. Doch eins hatte er mit ihnen gemeinsam: Während Alpha Eros einen Schritt tat, musste ich drei machen. Er schien es nicht zu bemerken.
„Der Kuchen war eigentlich für Gamma Johnson gedacht", sagte ich.
„Selbst wenn, er würde ihn niemals annehmen", erwiderte Alpha Eros.
„Ich weiß."
Ich blickte zu Boden, auf dem die in Dunkelheit getauchten Blätter lagen.
„So geht er mit jedem um. Aber als Krieger ist er unabdingbar."
Seine Worte erinnerten mich an den Krieg. Wir alle waren auf seine Hilfe und die seines Rudels angewiesen. Aus irgendeinem Grund vertraute ich Alpha Eros.
Wahrscheinlich lag es seinen Augen.
„Was wird passieren?", flüsterte ich.
Er schwieg für einige Sekunden.
„Es wird kein Problem für uns, den Angriff von Silberblut abzuwehren. Ich werde Alpha Fenrir helfen sein Land und seine Leute zu verteidigen. Vor vielen Jahren sind wir einen Pakt eingegangen."
Alpha Eros schien in Erinnerungen zu schwelgen und ich wollte ihn nicht stören. Vielleicht war es auch die Müdigkeit, die meine Lider in Blei verwandelte. Die Lichter der Straßenlaternen schimmerten uns entgegen wie Glühwürmchen in der Nacht.
Endlich.
Ich musste schlafen. Mindestens für einen Tag.
Ich gähnte, als wir wieder auf die festen Steinstraßen traten. Alles war ruhig und keine Seele begegnete uns.
Was für ein Abenteuer.
„Vielen Dank, Alpha Eros."
„Du hast mir noch gar nicht deinen Namen verraten", erwiderte er.
Ich lächelte ihn an. Bei dem ganzen Trubel war das wohl untergegangen.
„Ephilia", sagte ich.
„Ephilia. Das ist ein schöner Name. Ich begleite dich besser nach Hause."
Damit hatte ich kein Problem. Es war schön, neue Gesellschaft zu haben neben den bekannten Gesichtern der Stadt. Unser Haus kam in Sicht. Hinter den zugezogenen Vorhängen flackerte Licht.
Onkel Theo war schon immer eine Nachteule.
Unsere Schritte verlangsamten sich, als wir zur Türschwelle kamen. Ich drehte mich um und blickte Alpha Eros ein letztes Mal in die Augen.
„Danke nochmal", sagte ich und spürte, wie meine Wangen wieder an Hitze gewannen.
„Keine Ursache. Ich bin sicher wir sehen uns bald wieder, spätestens wenn wir den Sieg feiern."
Bevor ich reagieren konnte lehnte er sich nach vorne.
Blitzschnell streiften seine Lippen meine Wange, bevor er sich umdrehte und verschwand. Mein Magen verkrampfte. Ich konnte ihm nur verdattert wie ein Schaf hinterherblicken, mit meiner Hand an der Wange, als versuchte sie den Kuss festzuhalten.
„Ach übrigens", sagte er, bevor die Dunkelheit seine Worte und seinen Umriss verschlang, „du solltest unbedingt ein Bad nehmen."
Mein Gesicht brannte wie Feuer. Innerlich überschlugen sich meine Emotionen in einem Wettkampf der Stärke. Ein Teil hüpfte vor Freude, während der andere vor Scham im Boden versinken wollte.
Wo war die Müdigkeit hin, wenn man sie brauchte?
Ich schüttelte den Kopf um die Gedanken zu vertreiben und zog den Schlüsselbund aus dem Mantel. Ich durfte nicht daran denken, dass Alpha Eros ein Werwolf war und von Natur aus schon eine bessere Nase hatte. Die Tür rastete hinter mir ein und ich lehnte mich dagegen. Ich schloss die Augen.
Was für ein Tag.
Alpha Eros war wirklich ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Er war überhaupt nicht grimmig und anscheinend hatte er kein Problem mit Menschen... ganz im Gegensatz zu seinem Gamma.
Ich schüttelte die Gedanken ab. Jetzt konnte ich ein heißes Bad nehmen und dann so lange schlafen wie ich wollte.
„Ich bin wieder da!"
Ich hielt inne. Ein Knistern erfüllte die Stille.
„Onkel Theo?"
Ich tapste in Richtung Wohnzimmer und öffnete die Tür.
„Was...?"
Das Wohnzimmer hatte sich schon wieder verwandelt. Anstelle der leeren Fläche war der Holzboden von unzähligen Skizzen, Modellen und Werkzeugen übersät; Onkel Theo mittendrin.
„Was ist denn hier los?"
Seine Augen huschten zu mir und seine Brauen schossen nach oben.
„Oh, Ephilia! Ich dachte du würdest bei Elizabeth übernachten. Komm rein, komm rein!"
Sein Blick glitt zu dem Korb, den ich immer noch mit mir trug.
„Ist das etwa Essen?"
Er legte den Graphitstift auf die Skizze eines Hauses und stand auf.
„Onkel Theo, was tust du hier?"
„Das Wohnzimmer ist ab jetzt mein Arbeitszimmer. Hier habe ich so viel Platz für meine Ideen."
Er drehte sich in seinem Paradies aus kreativem Chaos. Ein Schatten lag unter seinen Augen. Ich konnte es genau sehen, hinter der Fassade aus Arbeit. Onkel Theo war erschöpft. Etwas plagte ihn und hielt ihn ab vom Schlafen.
„Was ist los?", fragte ich.
Er seufzte tief und griff sich an die Stirn, auf die das Grafit von seinen Händen abfärbte.
„Es ist nichts."
„Ich sehe doch, dass dich etwas quält."
„Weißt du", sagte er und kam auf mich zu, „Ich habe noch etwas für dich. Ein Geschenk deiner Mutter. Es war für dich bestimmt. Aber ich kann es dir nicht geben."
Ein dumpfer Schmerz drückte auf meine Brust und ich runzelte die Stirn. Noch nie hatte ich Onkel Theo so niedergeschlagen gesehen, als lastete ein riesiger Stein auf seinen Schultern, der gleichzeitig auf sein Herz drückte.
„Aber wieso nicht? Was ist es?"
„Ich dachte immer, dass wir hier am sichersten sein würden. Und so war es auch bis jetzt."
„Onkel Theo, jetzt sag mir was Sache ist."
Er seufzte und zog etwas aus seiner Hosentasche. Ein kleines ledernes Kästchen, das kaum größer war als meine Handfläche.
„Es hat deiner Mutter gehört und sie wollte, dass du es bekommst."
Er reichte mir die Schatulle und mit den Fingern strich ich über das Leder, in dem eine goldene Rose eingraviert war.
Ein Stein lag in meiner Kehle.
Ich besaß nicht viel von meinen Eltern außer Erinnerungen, jedenfalls bis jetzt. Ich hob den Deckel ab und staunte. Zum Vorschein kam ein silbernes Armband mit verschiedenen Anhängern. Sie glänzten im Licht, eine Rose, eine Schneeflocke, ein Fisch und ein Diamant.
Tränen sammelten sich in meinen Augen.
Zu wissen, dass meine Mutter einst dieses Schmuckstück getragen hatte machte mich glücklich und gleichzeitig ungewöhnlich traurig. Ich hatte mir geschworen, nicht mehr zu weinen.
„Danke", flüsterte ich und hielt das kühle Metall an meine Brust.
Es tat gut, dass etwas so wertvolles von ihr überlebt hatte; auch wenn es in der heutigen Zeit etwas Verbotenes war. Onkel Theo zog die buschigen Augenbrauen zusammen.
„Du darfst es behalten, aber du darfst es auf keinen Fall tragen. Wenn dich ein Werwolf damit erwischt dann ist es aus mit dir. Versteck es gut und lass es niemanden wissen. Nicht einmal Elizabeth."
Ich nickte.
„Danke."
Ich würde es schützen mit meinem Leben. Das war ein Versprechen.
Ein Gähnen brach aus meinen Lippen hervor.
Onkel Theo wandte sich wieder dem Korb mit Essen zu.
Vorsichtig legte ich das Armband wieder zurück in das Kästchen.
„Ich gehe jetzt schlafen. Weck mich morgen nicht", murmelte ich und schlurfte nach oben.
Ich hatte mir einen freien Tag verdient. Mein ganzer Körper lechzte nach Ruhe. Das Badezimmer sah noch so aus, wie vorher und sofort ließ ich heißes Wasser in die Wanne. Es plätscherte dampfend hinein, zusammen mit dem Geruch von frischen Rosen.
Die Begegnung mit Alpha Eros ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ein kleiner Teil war besorgt, dass er mich verraten würde. Doch ich wusste gleichzeitig, dass er das niemals täte. Es passte nicht zu ihm.
Ich stieg in das dampfende Bad und stöhnte. Eine Gänsehaut krabbelte über meinen Rücken und spülte gleichzeitig allen Dreck und Schweiß der letzten Tage weg. Es fühlte sich an, als würde ich in nassem Feuer sitzen.
Perfekt.
All meine Muskeln entspannten sich doch mein Kopf hatte noch andere Gedanken.
Alpha Eros.
Tief in mir spürte ich eine Verbindung zu dem Wolf aus dem Norden. Ich schüttelte meinen Kopf. Daran durfte ich jetzt nicht denken und auch nicht an die Schlacht.
Ich stieg aus dem Bad und trocknete mich ab. Jetzt war keine Zeit für Sorgen, sondern für Träume. Jedes Mal, wenn ich blinzelte gelang mehr Müdigkeit in meinen Körper.
Ich schleppte mich in mein Zimmer.
Eine Kiste, ein Kleiderstapel und Papierrollen erwarteten mich. Sogar meine Bücher standen jetzt im Haus des Alphas. Ich hatte keine Energie mehr, mich darüber aufzuregen. Die Wichtigsten hatte ich sowieso behalten und sorgsam in der Ecke gestapelt.
Vorsichtig legte ich das Schmuckkästchen vor mein improvisiertes Bett. Ich würde mir morgen ein Versteck überlegen. Ich fiel auf die Kleider. Es war nichts im Vergleich zu meinem Federbett, aber weich genug, dass mein Kopf darin versank.
Meine Augen schlossen sich von selbst.
Ich rollte mich ein wie ein Murmeltier, das Winterschlaf hielt. Meine Gedanken verstummten und ich spürte nichts außer Ruhe und Frieden.
Wenigstens für einige Augenblicke.
...
Und, wie hat euch das Kapitel gefallen?
Wie kastriert man einen Kühlschrank?
Kühlschranktür auf, Eier raus, Tür zu!
Irgendwie habe ich es im Moment mit den Kühlschrankwitzen...
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