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Shila kommt auf mich zu und lächelt, „Ich habe dir so viel zu erzählen!"
Auf einmal kommt ein Mann auf uns zu: „Sergent Shila, wir haben hier ein kleines Problem mit Merydiens Schusswunde!" Er hat tiefe Ringe unter den Augen und auf seinem weißen Hemd sind Blutspritzer. Shila Verabschiedet sich schnell und rennt dem Mann hinterher.
Arlon sieht kurz entsetzt aus, doch fängt sich schnell wieder und legt sein mürrisches Gesicht auf. „Schau an, was deine Leute für Taten begehen!", schnauzt er Ben an. Dieser sieht unfassbar entsetzt aus.
Wie wir durch die Gänge gehen, bemerke ich, dass uns immer mehr Leute begegnen. Sie starren mich an, doch keiner spricht mich an. Sie scheinen nicht sicher zu sein, wer dieses junge Mädchen ist, was Arlon mit ihr macht oder so. Auf jeden Fall tuscheln sie mit ihren Freunden, Begleitern, was auch immer. Arlon hält an und öffnet eine Tür. Das Licht in den belebteren Gängen ist lauter und auch der abzweigende Raum sieht viel ganz anders aus, als das Kabuff, das Shila mir zeigte.
Arlon schubst mich in den Raum und bevor ich mich beschweren kann ist die Tür wieder zu. Ich renne zu der Tür, die aus einem dunklen Holze ist und rüttle daran. Er hat mich eingesperrt. Ich seufze.
„Dein neues Zimmer, Prinzessin. Mach einfach was du willst!", ruft er, „Ich gebe deinem kleinen Freund hier eine Zelle oder so!"
Eigentlich will ich mich hier herauskämpfen doch ich weiß, dass es keinen Sinn hat. Ich sehe den Sinn nicht, warum man mich einsperrt aber ich werde wohl einfach hierbleiben.
Der kleine Raum hat keine Fenster und die Wände sind aus Beton. Wir sind wahrscheinlich unter der Erde. Der Boden ist aus Laminat und in dem Zimmer stehen ein Bett, ein Schrank und ein Schreibtisch. An der Decke hängt eine Lampe mit weißem Lampenschirm.
In der einen Ecke entdecke ich eine andere Tür. Vielleicht bin ich doch nicht eingesperrt. Ich öffne die Holztür und finde ein Bad vor. Eine Dusche, ein Waschbecken und eine Toilette.
Ich jauchze. Ich komme zwar nicht raus aber geduscht habe ich seit Wochen nicht. An der befließten Wand hängt ein weißes Handtuch. Es riecht frisch und ich springe sofort unter die Dusche.
Als das warme Wasser über meinen Rücken läuft, fühle ich mich zum ersten Mal seit Wochen sicher und wohl.
Die ersten fünf Minuten ist das Wasser schwarz. Es gibt keine Seife aber ich bin dankbar für diese simple Dusche. Ich muss laut lachen.
Vor nur drei Monaten hätte ich diese Dusche nicht mal betreten. Ich hatte einen Badewannenpool der mit dem teuersten Duftöl gefüllt wurde. Ich hatte drei Mädchen, die mir beim Waschen geholfen hatten und ich badete jeden Tag, um die neuesten Wässerchen zu probieren.
Einmal hatte ein Mädchen die Flasche ins Wasser fallen lassen. Ich habe sie gefeuert.
Nach zwanzig Minuten wird das Wasser immer kälter und ich drehe den Hahn zu. Ich wickle mich in das Handtuch und schaue auf den mehr oder weniger weißen Haufen Ballkleid. Das kann ich nicht anziehen. Meine Unterwäsche sieht auch nicht mehr frisch aus. Langsam wird mir unter dem Handtuch kalt. Und besonders weich ist es auch nicht. Ich ziehe meine Handschuhe unter dem Kleid hervor und mustere sie. Schmutzig.
Ich drehe den Hahn vom Waschbecken auf und halte den weißen Stoff unter das kalte Wasser. Durch das Reiben meiner Hände versuche ich, den Schmutz heraus zu waschen. Dann lege ich sie über die Dusche zum Trocknen. Das gleiche mache ich mit meiner Unterwäsche. Das Kleid befördere ich in den Mülleimer neben der Toilette.
Dann gehe ich zurück in das andere Zimmer. Was soll ich machen? Ich öffne den Schrank und siehe da: „Klamotten!"
Ich wühle ein bisschen und finde ein paar Sachen, die grob meine Größe haben. Am Ende entscheide ich mich für eine braune Männerhose und ein weiches Baumwollhemd, das überraschend gut sitzt. Das Zimmer hatte anscheinend mehrere Bewohner, denn das Hemd ist eindeutig für Frauen, wie auch die Unterwäsche, die ich angezogen habe.
Zum Glück riecht alles frisch und scheint gewaschen zu sein. Seufzend setze ich mich auf mein Bett. Zum Glück haben an diesen Kleidungsstücken keine Erinnerungen geklebt.
Wie soll mein Leben weitergehen? Diese ganzen Leute hier...sind sie böse, gut oder irgendetwas dazwischen? Was wollen sie, wo bin ich überhaupt?
Panik steigt in mir auf. Vielleicht sind sie Kopfgeldjäger und wiegen mich in Sicherheit, um mich dann auszuliefern? Mit meinem Kopfgeld könnten sie ihre ganzen Leute monatelang versorgen. Wieso mache ich immer den gleichen Fehler und vertraue zu schnell?
Werden sie mich überhaupt wieder rauslassen? Irgendwann werde ich Hunger bekommen und Durst. Hoffentlich vergessen sie mich nicht. Plötzlich fällt mir Ben ein. Der einzige der wirklich nett zu mir war.
Ich stehe auf und das Holz des Bettes knarzt. Mit der Faust hämmere ich an die Tür: „Hey, ich möchte bitte gerne aus dem Zimmer gelassen werden, bitte!", sage ich.
Vor der Tür ertönt Gelächter. Wieso lachen die jetzt? „Bitte?", rufe ich etwas lauter. Die Tür wird aufgerissen und ein schlaksiger Mann, vielleicht ein, zwei Jahre älter als ich tritt ins Zimmer. Sofort ist die Tür wieder zu.
„Ähm, sorry wenn das ihr Zimmer ist, wenn sie die Tür öffnen kann ich...", Er lacht. „Mit dieser Einstellung kommst du hier nicht wirklich weit.", sagt er kalt. Für mich machen seine Worte und Taten einfach keinen Sinn. Er streicht sich mit seiner Hand die braunen Locken aus dem Gesicht und lächelt verschmitzt. „Na los, kämpfe!", fordert er mich raus. „Ähm, ich will wirklich nicht...ähm", stammele ich herum. Er zieht die Augenbrauen hoch und lächelt. Seine Gesichtszüge sind ebenmäßig und ich bin ziemlich sicher, dass er viele Verehrerinnen hat. Er kommt immer näher und ich werde noch röter. „Komm schon, Süße.", sagt er erneut und kommt ganz nah an mein Gesicht heran. Er lächelt und streicht sich seine Haare aus dem Gesicht. Langsam hebt er seine Hand und berührt meine Wange. Am liebsten will ich ihn wegstoßen aber stattdessen drücke ich mich gegen die Wand hinter mir. In diesem Moment öffnet sich die Tür.
Zum wahrscheinlich ersten Mal in meinem Leben bin ich froh, in Arlons mürrisches Gesicht zu blicken. Er zieht die Augenbrauen hoch und schaut mich an. Der Mann verlässt den Raum fluchtartig. Kurz schleicht sich ein kleines Lächeln auf Arlons Gesicht, es steht ihm. Schnell wird er sich seines „Fehlers" bewusst und sein Gesicht ist wieder aus Stein.
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