9. Kapitel
Lorbeerpfote lief müde mit den anderen Schülern im Gänsemarsch zur Lichtung. Strahlblume saß bereits dort und erwartete den Kurs. ,,Guten Morgen! Zuerst wiederholen wir die letzten Gesetze, dann erzähle ich euch das nächste", ergriff die Mentorin das Wort, sobald sich alle hingesetzt hatten und die Gespräche verstummt waren. ,,Wer weiß noch das erste Gesetz?" Lorbeerpfote ergriff die Gelegenheit und hob den Schweif. ,,Ja, Lorbeerpfote?" ,,Verteidige deinen Clan, selbst wenn es dein Leben kostet. Du darfst dich mit Katzen anderer Clans anfreunden, deine Loyalität gilt jedoch stets deinem eigenen Clan", miaute sie mit leiser Stimme. Strahlblume gab einen zustimmenden Laut von sich. ,,Wer hat die Höhlenaufgabe gemacht und weiß die nächsten Gesetze?" Wut auf sich selbst durchfuhr Lorbeerpfote. Wie war es möglich, dass sie es schon wieder vergessen hatte? Das heutige Gesetz würde sie gut lernen, schwor sie sich. Meerpfotes hellbrauner Schweif hob sich und zählte sie auf, als Strahlblume sie dran nahm. ,,So, das fünfte Gesetz der Krieger lautet folgendermaßen: Ein Junges muss mindestens sechs Monde alt sein, bevor es zum Schüler ernannt wird." Lorbeerpfote und die anderen wiederholten den Wortlaut des Gesetzes folgsam. Langsam wurde der Unterricht tatsächlich etwas eintönig, doch sie gab sich Mühe, dennoch gut aufzupassen. Sie nutze die Gelegenheit und wiederholte im Kopf alle Namen der anderen. Inzwischen wusste sie jeden, doch es verwirrte sie sehr, dass sie eine Meerpfote und eine Meerespfote hatten. Nie wusste sie, welche von beiden das blaugraue Fell hatte und welche das braune. Für die beiden hoffte Lorbeerpfote jedoch, sie würden nicht demselben Clan angehören. Der Unterricht nahm seinen Lauf. Als jedoch nach dem Grund für das heutige Gesetz gefragt wurde, entspann sich eine heftige Diskussion. Ein paar fanden, dass es viel zu spät war, weil Junge auch schon früher gut lernen konnten, ,,und das ewige Warten ist echt... Fuchsdung!" Lorbeerpfote selbst wusste nicht so recht, was sie von dem Ganzen halten sollte. Strahlblume und ein paar andere meinten, Jungen müssten eine gewisse geistige Reife haben, um das Training ernst zu nehmen.
Hungrig und erleichtert machte sie sich mit den Anderen auf den Rückweg. In der Beutehöhle angekommen fasste sie einen Entschluss. Was hatte ihr Vater auch gleich beim Abschied gesagt? Ich bin mir sicher, du wirst so viel lernen und neue Freunde finden... Wenn Lorbeerpfote daran dachte, wie allein sie sich fühlte, nahm sie sich fest vor, etwas daran zu ändern. Doch sie wusste selbst, nie im Leben würde sie sich trauen, eine andere Katze anzusprechen! Als Junges hatte sie sich sehr auf die Akademie gefreut, doch wenn sie nun an die sieben Monde dachte, die endlos wie eine Wüste vor ihr lagen und wie ewig weit weg ihr Vater nun war, wurde ihr ganz Elend zu Mute.
Sie schluckte den letzten Bissen herunter und ging mit hängenden Schultern in die Höhle. Dort setzte sie sich hin und wiederholte die Gesetze in ihrem Kopf, immer und immer wieder. Irgendwann schweiften ihre Gedanken ab und sie überlegte sich, was ihr Vater wohl gerade tat. Dachte er an sie? Der dunkle Klumpen in ihrem Bauch wuchs.
Sie wurde dadurch aufgeschreckt, dass ein hellbrauner Kopf in die Höhle hineinsah, bis die gelben Augen Lorbeerpfote entdeckt hatten. Sie saß ganz allein in der Höhle und ihr war gar nicht aufgefallen, dass die anderen alle gegangen waren. Fröhliches Geschrei ertönte von draußen und Lorbeerpfote fühlte sich mit einem Mal so schrecklich allein, dass ihr die Tränen aufstiegen. ,,Ist alles okay mit dir?", fragte Sonnenpfote. Als sie sah, dass Lorbeerpfote leise weinte, war sie mit ein paar Schritten bei ihr und hatte sich neben sie gesetzt. ,,Warum weinst du denn, ist etwas passiert?", fragte sie besorgt und sie war so lieb zu ihr das Lorbeerpfote noch mehr weinen musste. Unter Tränen und mit einigem Gestammel brachte sie schließlich heraus, wie verlassen sie sich vorkam und welches Heimweh sie hatte. Sonnenpfote strich ihr tröstend mit dem Schweif über den Rücken. ,,Ich vermisse meinen Clan auch", antwortete sie. ,,Aber du hast Wildpfote", schluchzte Lorbeerpfote weiter, ,,und alle haben Freunde und Spaß... außer mir." ,,Ja du hast Recht, ich hab natürlich großes Glück das meine beste Freundin dabei ist aber du bist nicht die einzige, die keine Clangefährten hier hat. Mal angenommen, die Kater zählen nicht, sind die meisten hier ohne Freunde." Trotz allem brachte Lorbeerpfote ein winziges Lächeln zustande. ,,Alle finden immer sofort Freunde und alle haben es ganz leicht..." ,,Du kannst doch auch Freunde finden", entgegnete Sonnenpfote. ,,Und gestern haben wir doch alle so schön gespielt! Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du mitspielen magst..." ,,Ich bin schüchtern", beklagte sich Lorbeerpfote, aber es ging ihr mit einem Mal viel besser und sie schöpfte Hoffnung. ,,Wenn du magst können wir morgen auch mehr zusammen machen, mein Nest liegt ja auch neben deinem." Jetzt hatte Sonnenpfote es geschafft, Lorbeerpfote wieder zum Strahlen zu bringen. ,,Wollen wir wieder nach draußen?" Lorbeerpfote nickte heftig und die beiden gingen zu dem Rest auf die Wiese. ,,Alle mal herhören, Lorbeerpfote ist jetzt auch dabei!", rief Sonnenpfote laut. Zu ihr gewandt meinte die Hellbraune: ,,Wir wollten Teamfangen spielen aber es ging bisher nicht so ganz auf..." Lorbeerpfote nickte glücklich und der Klumpen in ihrem Bauch schmolz zu einer warmen Fröhlichkeit, als Windpfote ihr zulächelte.
Am Abend hörte Lorbeerpfote nicht mehr dem Gerede zu sondern beteiligte sich an der Unterhaltung zwischen Strahlpfote, Wildpfote und Sonnenpfote. Sie kam sich gar nicht mehr so klein und verlassen in der Dunkelheit vor und der Gedanke an das BachClan-Lager und ihren Vater Lichthimmel war beinahe erträglich.
Im Traum rannte sie über die große Wiese vor der Akademie inmitten der anderen Katzen. Plötzlich löste sie sich aus ihrer eigenen Perspektive und flog wie ein Raubvogel in großen Kreisen nach oben, bis die eigentliche Lorbeerpfote zu einem Punkt zusammenschrumpfte und nicht mehr von den anderen zu unterscheiden war.
Die Pfoten der braunäugigen Kätzin zuckten leicht im Schlaf, als sie rannte, während der Mond draußen seine Bahnen zog, bis die Sterne allmählich verblassten, wieder die Sonne aufging und ein neuer Tag startete.
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