16. Kapitel
Erholt wurde Lorbeerpfote am nächsten Morgen wach. Der freie Tag hatte ihr gutgetan. Sie war schon sehr gespannt, wie der Unterricht sein würde. Sie streckte ihr Beine und blinzelte sich den Schlaf aus den Augen und gähnte. Mittlerweile hatten sie es sich alle angewöhnt, sich gegenseitig zu wecken. Und wenn die innere Uhr bei manchen nicht griff, gab es doch immer Katzen, die früher wach wurden. ,,Guten Morgen", miaute sie zu ihrer Nestnachbarin, die ihr freundlich zublinzelte. Nach einer Katzenwäsche folgte sie den anderen raus aus der Akademie. Enttäuscht bemerkten alle, dass der Schnee über Nacht weggeschmolzen war. Sie hatten zwar gestern viel Spaß damit gehabt, aber es war doof, dass dieses Vergnügen nur von so kurzer Dauer war. Ratlos sahen sie sich um. Keine Mondblüte. Ob sie einfach zur Lichtung von gestern kommen sollten? Wohl kaum.
Gerade wollte sie nervös werden, da stand ihre neue Mentorin plötzlich hinter ihnen. ,,Entschuldigt bitte die Verspätung, ich musste noch etwas klären", miaute die grausilberne Kätzin. ,,Folgt mir bitte!" Sie trabte in einem hohen Tempo in den Wald hinein, allerdings betraten sie den Wald auf der anderen Seite der Wiese als im ersten Kurs. Der Kurs folgte ihr aufgeregt. Lorbeerpfote sah sich unterwegs um. Hier war es kein Laubwald sondern hauptsächlich Nadelwald mit federndem Boden und kaum bis wenig Unterholz. Das war bestimmt besonders praktisch. Die Blauäugige machte bei einem umgestürzten Baum halt. ,,Seid ihr alle da? Supi. Wir werden in diesem Mond gleich zwei Dinge trainieren. Ausdauer und Schnelligkeit. Demnach haben wir auch zwei Strecken, auf denen ihr laufen werdet. Einmal einen Rundweg, der im idealen Tempo etwa fünf Minuten dauert und einmal eine Strecke von zehn Baumlängen" Sie zeigte jedes mal mit ihrem Schweif, wo es lang ging. ,,Wir werden das immer abwechselnd machen. Einen Tag Kondition, einen Tag Geschwindigkeit. Und macht euch keine Sorgen, wir fangen klein an. Heute laufen wir uns eine Runde hier warm. Ihr werdet den Rundweg ganz schnell kennen, keine Sorge, aber heute laufe ich mal noch mit. Und wenn ihr später allein lauft, denkt bloß nicht daran, abzukürzen oder stehenzubleiben! Wenn ihr dann Runde um Runde lauft und ihr braucht eine Pause, wartet ihr, bis ihr wieder bei mir seid und sagt es mir dann", warnte die Kätzin. Lorbeerpfote nickte aufmerksam. ,,Und jetzt auf geht's, mir nach. Und lauft auf gar keinen Fall schneller als ich, sonst verschwendet ihr Energie. Die meisten laufen am Anfang immer viel zu schnell und sind nach drei Runden aus der Puste, sowas muss man sich erst angewöhnen." Mit diesen Worten trabte Mondblüte in einem lockeren Tempo los. Auch Lorbeerpfote setzte sich mit den anderen in Bewegung. Sie fand es angenehm, endlich mal ein bisschen herumlaufen zu können. Ihre Pfoten rollten wunderbar auf dem mit Nadeln bedeckten Boden ab und ihr Herz und ihr Atemrhythmus passten sich ihren gleichmäßigen Schritten an. Schon versammelten sie sich wieder am Baum. Atemwölkchen verteilten sich in der Luft. ,,So, heute arbeiten wir an eurer Kondition. Ich führe die Runden noch, damit ihr den Weg nicht vergesst und nicht zu schnell werdet. Jetzt probieren wir mal zwei Runden hintereinander, sprich 10 Minuten." Der Kurs trabte wieder los. Nach einer Runde brannte der Atem Lorbeerpfote langsam in der Lunge. Als sie die zweite Runde geschafft hatten, atmete Lorbeerpfote keuchend. ,,Gut gemacht. Kommt kurz zu Atem, dann versuchen wir drei Runden. Wer merkt, dass er nicht mehr kann, steigt aus, aber bitte gebt euch Mühe! Reden oder zwischendrin stehenbleiben geht allerdings überhaupt wegen eurem Seitenstechen" Nach der nächsten Runde war die größte Freude auf den neuen Kurs verflogen, aber sie hoffte, dass es bald einfacher werden würde. Nach dem sie sich endlich durch die dritte Runde gequält hatten, musste Lorbeerpfote sich hinsetzen. Das Seitenstechen stach ihr schmerzhaft bei jeder Bewegung in die Flanken. Den meisten ging es augenscheinlich genauso, nur Windpfote und Glanzpfote wirkten voller Energie, oder aber sie taten nur so. ,,Ich weiß, am Anfang ist es hart, aber da müsst ihr jetzt durch. Schon in einem Viertelmond werdet ihr einen riesigen Unterschied merken!", machte Mondblüte ihnen Mut. Wiederstrebend lief Lorbeerpfote wieder los, jedoch extra langsam. Sie wünschte sich einfach nur, es möge bald vorbei sein. Ihre Pfoten waren so schwer und es schien ihr, egal wie tief und häufig sie einatmete, sie würde doch niemals genug Luft bekommen. Ihr war heiß und kalt zugleich unter ihrem halbwegs warmen Winterfell.
Als schließlich endlich Sonnenhoch war, ließ sie sich erschöpft ins Nest fallen, die meisten folgten ihrem Beispiel. Es war so herrlich weich und sie spürte, wie sich ihr Atem beruhigte und all ihre Muskeln erleichtert aufseufzten. Nach dem Essen gingen die Schüler aber dennoch raus. Lorbeerpfote und ein paar andere spielten gemeinsam Moosball, sodass sie nicht allzu viel laufen mussten. Die Kätzin verspürte mit einem Mal großen Respekt vor den Katzen einem Kurs über ihr, die im vergangenen Mond doch oft mit ihnen Fangen gespielt hatten. Lorbeerpfote sah dem kommenden Mond seufzend entgegen. Würde sie sich nun durch jeden einzelnen Tag quälen müssen?
Abends lag sie im Nest und sehnte sich so nach Hause. Anscheinend kam das Heimweh und ging, wie es wollte. Sie stellte sich vor, den vertrauten Lagertunnel gehen und die Lichtung würde sich vor ihr öffnen, von der Sonne beschienen. Überall lägen Katzen in der Sonne und die drei kleinen Jungen von Wellenmeer rannten kreischend über die Lichtung. An den dichten, satt grünen Lagerwall schmiegten sich mehrere Baue. Quer durch die Lichtung bahnte sich der Bach, der im Lager entsprang, zum See floss und dem Clan seinen Namen gegeben hatte. Über dem Lagerwall ragten Bäume, so hoch, dass sie den Kopf in den Nacken legen müsste, um ihre Krone zu sehen. Ringsherum erstreckte sich der Wald und darüber der SternenClan. Ihr Vater käme und sähe sie mit seinen wasserblauen Augen an und... Der Schmerz stieg in Lorbeerpfote auf und zerrte so heftig an ihr, dass sie meinte, es würde sie in zwei reißen. Erstickte Schluchzer entflohen ihr und sie meinte, ihre Sehnsucht laut rausschreien zu müssen. Stattdessen vergrub sie ihre Nase tiefer im Nest und zwang sich, einzuschlafen.
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