13. Kapitel
Als Lorbeerpfote aus der Höhle trat, sprang sie überrascht zurück. Mit allem hätte sie gerechnet, aber nicht damit: Alles war weiß. Es sah wunderbar aus! Die Wiese, die Steine, die Bäume, einfach alles! Klar hatte Lichthimmel ihr bereits mit funkelnden Augen von dieser seltsamen Sache namens Schnee erzählt - Du wirst es lieben! - aber sie hatte sich nie etwas darunter vorstellen können. Jetzt hüpften alle wie eine Bande wildgewordener Füchse herum. Es war kalt und nass und bedeckte ihr goldblondes Fell mit einer weißen Puderschicht. Meerespfote probierte verstohlen ein Maulvoll. ,,Hfmeckt nach Waffer", miaute diese auf Lorbeerpfotes Blick hin. Sie leckte daraufhin selbst daran. ,,Stimmt", miaute sie überrascht. Strahlblume saß lächelnd am Rand. Beim ersten Mal Schnee könne man ruhig ein bisschen Nachsicht haben, meinte sie. Irgendwann rief sie dann aber doch zur Ordnung. ,,Auf jetzt! Im Schnee spielen könnt ihr auch heut nach Sonnenhoch noch!" Folgsam trottete Lorbeerpfote hinterher, doch in ihren Pfoten juckte es und sie lieferte sich mit den anderen ein Wettrennen zur Lichtung, auf der sie Unterricht hatten.
Dort wiederholten sie wie auch die vergangenen Sonnenaufgänge alle Gesetze, aber keiner konnte das Ende des Unterrichts erwarten.
Endlich ließ Strahlblume sie gehen und die Katzen rannten ausgelassen zur Wiese der Akademie zurück. Es hatte inzwischen wieder angefangen, zu schneien, und Lorbeerpfote untersuchte zusammen mit Meerpfote und Strahlpfote die kleinen Schneeflocken. Sie sahen wunderschön aus! Als dann noch die Sonne herauskam, fing alles an, zu funkeln und zu glitzern. Ein paar andere Katzen machten eine Schneeballschlacht und sobald Lorbeerpfote einmal getroffen wurde, beteiligte sie sich mit Feuereifer. Ihre Pfoten rollten geschickt kleine Klumpen aus Schnee, die sie dann ins Maul warf und im Sprung auf andere schleuderte. Ältere Katzen waren dabei, etwas aus Schnee zu bauen, das wie eine lebensgroße Katze aussah! Es sah toll aus, aber auch sehr schwer und Lorbeerpfote traute sich nicht, zu fragen, ob sie sich beteiligen dürfe. Dafür machte sie um so eifriger mit, als andere anfingen, kleine Baue aus Schnee zu machen und auszuhöhlen. Am Ende verteilten sie sich in mehrere Lager, duckten sich hinter den Wänden der Bauen und legten einen Schneeballvorrat an, den sie mit größter Hingabe auf die Katzenköpfe der gegnerischen Teams schleuderten, wenn diese gerade oberhalb der Wälle aus Schnee auftauchten. Lorbeerpfote kreischte vor Freude, als sie sich schließlich auf Nahkampf verlegten und sich im Schnee wälzten. Am Ende machten sie noch eine Mutprobe, wer sich traute, das Gesicht in den Schnee zu stecken. Die Kater johlten laut und drückten einander alle naslang in den Schnee. Klarpfote, Seidenpfote und Morgenpfote machten mit und schließlich traute sich auch Lorbeerpfote.
Mit geröteten Wangen und leuchtenden Augen gingen die Schüler am Ende des Tages in die Höhle zurück und musste sich erst einmal ganze Schneeklumpen gegenseitig aus dem Pelz holen, damit diese nicht schmolzen und und die Nester unter Wasser setzten. Auch heute tat Windpfote Lorbeerpfote ein wenig leid, wie sie spät in den Abend hinein die ganze Zeit Schnee aus ihrem Bauchfell zog.
Am nächsten morgen stand der Schnee noch viel höher und Eibenpfote, der Kleinste der Gruppe, hatte Mühe, die Nase über Schnee zu halten. Doch heute fand Lorbeerpfote keine Zeit mehr, Spaß zu haben. Es war der letzte Tag zum Üben, morgen würde die abschließende Prüfung für diesen Kurs stattfinden! Lorbeerpfote hatte keine Gelegenheit, sich auf den nächsten Kurs zu freuen, denn sie hatte ganz schön Angst. Strahlblume versuchte, alle miteinander zu beruhigen, doch die viele wirkten nervös, bis auf Klarpfote, Glanzpfote, Erdpfote und Eibenpfote vielleicht.
Am Nachmittag versammelten sie sich in der Höhle und redeten aufgeregt durcheinander. Lorbeerpfote wiederholte ein ums andere Mal alle sechzehn Gesetze hintereinander, doch ein paar vergaß sie immer. Keiner fand wirklich Zeit zum Essen. Sonnenpfote, Windpfote, Wildpfote und sie fragten sich gegenseitig ab, doch vor lauter Nervosität machte Lorbeerpfote ständig die gleichen Fehler und ließ sich schließlich resigniert zu Boden sinken. ,,Ich schaffe das nie", klagte sie. ,,Ich werde es so verkacken morgen..." Wildpfote versuchte, sie aufzumuntern, doch sie sah selbst nicht sehr überzeugt aus.
Irgendwann ging Lorbeerpfote kurz raus, um frische Luft zu schnappen. Halbherzig schob sie mit den Pfoten etwas Schnee herum, die ganze Zeit sagte sie sich lautlos ihre Gesetze auf. Verteidige deinen Clan, selbst wenn es dein Leben kostet. Du darfst dich mit Katzen anderer Clans anfreunden, aber deine Loyalität gilt stets deinem eigenen Clan. Im Territorium eines anderen Clans darfst du niemals jagen und es auch nicht betreten. Älteste und Junge werden zuerst mit Beute versorgt, vor den Schülern und Kriegern. Beute wird nur erlegt, um sich davon zu ernähren. Danke dem SternenClan für jedes Leben. Ein Junges muss mindestens sechs Monde alt sein, bevor es zum Schüler ernannt wird. Wenn Krieger ihren Kriegernamen erhalten haben, halten sie eine Nacht lang schweigend Wache. Eine Katze kann nicht zum Zweiten Anführer ernannt werden, bevor sie wenigstens einmal Mentor eines Schülers gewesen ist. Wenn ein Anführer zurücktritt oder verstirbt, tritt sein Zweiter Anführer die Nachfolge an. Wenn ein Zweiter Anführer befördert wird, zurücktritt oder verstirbt, muss vor Mondhoch sein Nachfolger ernannt werden. Jeden Vollmond treffen sich alle Clans zu einer Großen Versammlung. In dieser Nacht dürfen die Clans nicht gegeneinander kämpfen. Territoriumsgrenzen sind täglich zu kontrollieren und zu markieren. Katzen, die unbefugt eindringen, müssen verjagt werden. Ein Krieger darf ein Junges in Not oder Gefahr niemals im Stich lassen, selbst wenn es zu einem fremden Clan gehört. Das Wort des Anführers eines Clans ist Gesetz. Ein ehrbarer Krieger tötet keine Katzen, um eine Schlacht zu gewinnen, es sei denn, ein Gegner hält sich nicht an das Gesetz der Krieger oder bedroht sein Leben. Ein Krieger verachtet das verweichlichte Leben von Hauskätzchen. Jeder Clan hat das Recht, stolz und unabhängig zu sein, doch in Zeiten der Not müssen sie die Grenzen vergessen und Seite an Seite kämpfen, um alle Clans zu schützen. Jeder Clan muss den anderen helfen, damit kein Clan untergeht. Hin und wieder seufzte sie etwas. Als die Sonne sich dem Horizont zuneigte, wurde sie noch hibbeliger. Sie schlang eine Meise herunter und legte sich ins Nest. Sie sagte sich zwar, sie müsse genug Schlaf abbekommen, dennoch blieb sie recht lange auf, so wie auch so ziemlich alle anderen. Ihre Angst, zu versagen, ließ sie erst sehr spät Schlaf finden.
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