Nachtaktive Gesprächsteilnehmer
Nach der Tanzstunde wurde ich von Alexanders Mutter mitgenommen nach Hause. Treu und brav saß ich auf der Rückbank und dachte über das Geschehen nach.
Im Spiegel sah ich die Augen von Alexanders Mutti- konzentriert und müde- dennoch blickte sie freundlich ab und zu nach mir im Spiegel, zumeist mit Fragen an uns. "Wie war's?", "Was hat euch am Besten gefallen!", Seit ihr fit für den Ball?"- solche Sachen halt.
Was mir am Besten gefallen hat, dass habe ich natürlich für mich behalten. Zumeist antwortete Alexander und ich bestätigte bereits Gesagtes- wenn es passte. Jedenfalls waren wir Zwei irgendwie recht ruhig auf der Rückfahrt.
Treu und brav- mit freundlichem Lächeln verabschiedete ich mich und ging schnell ins Haus.
Auch hier hatte ich noch einmal meiner Mama gegenüber die gleichen Fragen zu beantworten- es war wie ein Deja-vu, also irgendwie schon einmal diese Situation durchlebt heute Abend.
Ich ging zuerst einmal duschen. Dies half mir, den Kopf wieder etwas frei zu bekommen und zu entspannen. Nachdem ich etwas gegessen hatte zog ich mich im Nachtzeug in mein stilles Kämmerlein zurück. Still, weil ich in Ruhe nachdenken konnte.
Das es gegen 20:30 Uhr nochmal klingelte habe ich schon mitbekommen- jedoch nicht, das der Besuch für mich war.
Es war Alexander, der noch einmal mit dem Fahrrad vorbei gekommen war und mit mir kurz etwas bereden wollte. 'Wegen dem Ball'- wie er zu Mama sagte. Sie glaubte ihm kein Wort, denn um diese Zeit ist es egal, was man über einen Ball zu reden hat. Zumal wir Coolkids auch alle eh viel lieber chatten. Es gab wohl etwas sehr wichtiges und privates zu sagen- von Alexanders Seite. Mama schob Alexander in die Küche, aus der Papa mit seinem Gesundheitstee und der Zeitung heraus fliehen musste- wenn privat, dann privat ohne Papa im Raum.
Mama holte mich danach- und ich hab so gar nicht geschnallt, was hier vor sich ging.
Bedropst stand Alexander in der Küche, als Mama mich wiederwillig hinein schob.
Ich hatte nur zu tun, nicht meinen kasperigen Schlafanzug mit dem Frottee zeigen zu müssen. Jungen finden es bestimmt nicht toll, Barbie ins Gesicht zu lachen- auf rosa Grund- zumal, wenn Barbie schon sehr ausgewaschen wirkte. An meine Hausschuhe mit den Trotteln habe ich auch erst später gedacht. Diese eh- backenen Hausschuhe waren auch peinlich (aber super flauschig weich).
"Ja, also! Hehe? Wegen dem Ball. Da wollte ich dir noch etwas erklären- vorher." , sagte Alexander und sah, wie meine Mama hinter mir die Tür schloss und nochmal "Bin schon weg!" sagte.
"Und was?"
"Naja, das von letzter Woche. Ich weiß, dass es ein Fehler war. Aber Oliver hat mich in der Umkleide nach dem Tanzen so sehr genervt. Ob wir zusammen sind? Ob wir heimlich geübt haben? Ob ich dich schon geküsst hätte- und solches Zeug! Irgendwann ist mir einfach der Kragen geplatzt und ich habe gesagt, dass wir ein Paar sind, nur mal Eis essen waren und du gesagt hast, dass ich besser küsse, als Oliver. Das war's ! Ich wollte nur, dass du die Hintergründe auch mal weißt. Fühlte mich doof deswegen. Und Jule hat wohl auch die Story völlig verdreht und noch ihren Senf dazu gegeben, dass danach noch weniger stimmte."
"Aber warum erfindest du sowas? Wir sind doch kein Paar!"
Alexander wurde rot.
OHO, dachte ich.
Obgleich ich die Antwort fast von seinem Gesicht absehen konnte, wollte ich es dann doch hören von ihm.
"Naja. Sind wir nicht!" sagte er kleinlaut. "Doch ich fände es schon irgendwie schön! Glaube ich!" Er blickte ziellos durch die Küche. "Ich denke auch, dass ich dir Das sagen wollte- so mitten in der Nacht."
"Okay? Dann ist es jetzt raus."
Auch wenn ich in diesem Moment abweisend wirkte- innerliche Zufriedenheit und eine angenehme Wohligkeit erfüllten meinen Geist. Hatte Alexander soeben wirklich erklärt, er würde sich eine Beziehung mit mir wünschen? Was für ein Charmeur. Doch es ist jetzt so spät am Abend nicht die richtige Zeit, nicht der richtige Moment und Ort, um darüber weiter nachzudenken.
Peinliche Stille wurde zu unserem Gast - hier in der Küche.
"Vorschlag.", sagte ich. "Wir vergessen das ganze Gerede und Gezänk. Wir gehen zu diesem Ball und machen das Beste daraus."
"Starten bei Null?"
Ich musste lächeln. So ganz 'bei Null' zu beginnen war wohl unmöglich. Alexanders Motive, sich gegenüber Oliver - und damit auch gegenüber Jule- zu positionieren, sprachen vollkommen gegen einen Null- Start. Wenn er einfach einmal darüber nachdenkt, kommt er sicherlich auch selbst darauf.
"Starten bei Eins! Null geht ja nicht mehr. Aber wir sollten den Ball gelassen angehen. Einfach unser Ding durchziehen- naja, zumindest uns mal einen Tag nicht um die Anderen und deren Meinung kümmern. Okay?"
"Klingt fair. Ist sicherlich machbar."
"So! Und nun möchte ich dann doch ganz gern in mein Zimmer zurück! Und wehe Dir, du erzählst überall herum, dass du mich im Nachtzeug gesehen hast!"
Fast schien es, als würde Alexander erst jetzt bemerken, dass ich schon für die Nacht angezogen war. Kurz und mit einem süffisanten Lächeln musterte er mich von oben bis unten.
"Nette Puschen!"- so kam dann doch noch eine sarkastische Bemerkung aus seinem Mund.
"Danke!", räumte ich gelassen ein. Und gleich darauf - um die Initiative der Situation zu nutzen- rief ich laut vernehmbar zur Küchentür hin. "Mama? Wir wären fertig. Alles geklärt!"
Stichwort Eltern: Sie geben uns Freiheiten- aber möchten uns auch behüten. Dazu muss man ihnen das Gefühl lassen, die Kinder bis zu deren Selbstständigkeit auch irgendwo unter ihrem Schutz beschützen zu dürfen. Die Ausprägung dieser Hoffnungen ist unter der Elternschaft in verschiedenen Stärken ausgeprägt.
Bei meinen Eltern? Sehr stark! Wie sich zeigte!
Mama stand fast zeitgleich mit meinem Ruf in der Küchentür. Augenscheinlich hatte sie zur Verstärkung auch Papa hinzu geholt, der Mama kurz anschaute, seine Brille auf der Nase grade rückte und sich dann in 'seine Küche', in 'seinem Haus, seinem Revier' zeigte.
"Na dann wollen wir mal, junger Mann. Wenn jetzt alles geklärt ist? Ich bring Dich zur Tür." Papa baute sich auf, so gut er dies vermochte. Mama und wir Kinder sehen in ihm ja den Helden der Familie, auch wenn er nicht der klassische Dominator ist. Ein Terminator ist er schon mal überhaupt nicht.
"Ja also? Bis dann!", sagte Alexander noch- dann folgte er brav Papa's Weisung.
Ja Alexander- einen Abschiedskuss für diese spontane, überraschende Einlage heute Abend ist nicht zu erwarten! - so die klare Aussage von Papa's Geste, der im weiten Bogen den Arm zur Tür wies.
Also, da gab es mal eine amerikanische Familienserie mit einem Schuhverkäufer und seiner chaotischen, "netten" Familie. Dieser Papa hat immer die Freunde der Tochter auch selbst zur Tür gebracht. Zumeist nur, um den Kopf der Verehrer gegen die Tür zu schlagen, bevor er sie herauswarf.
Mein Papa- so denke ich- könnte dies nicht. Dennoch gab er sich als Pfau in seinem Revier- so, wie wir alle, vor allem aber Mama, von ihm erwartet haben. Er brachte Alexander noch zur Tür, ließ ihn aber ohne Beulen aus dem Haus.
Als die Tür ins Schloss fiel, trafen mich die fragenden Blicke meiner Eltern.
"Was denn? Er wollte nur noch wegen seinem Anzug mit mir sprechen! Damit sich die Farben nicht beißen!", sagte ich fast entsetzt über so viel Misstrauen.
"Aha?", antwortete Mama. "Und wir ziehen unsere Socken mit Kneifzangen an, junges Fräulein!"
Gut! Noch mehr Notlügen und Schutzbehauptungen sollten nun wohl nicht mehr vorgebracht werden. Unbeeindruckt streckte ich mich daher und wünschte meinen Eltern eine gute Nacht, nachdem ich versichert hatte, sehr müde zu sein.
Puh! Das war knapp!
Ach ja- die Bewertung der Jungs- Versteherin steht noch für Euch aus. Ja. Jungen neigen dazu- da sie ihre Gefühle weniger verbal ausdrücken können- Kurzschlussreaktionen zu zeigen, die wir Mädchen als Beweis ihrer 'deutlich erklärten Zuneigung' zu deuten haben.
Aber dies gelingt nun wirklich selten, denn wir Mädchen erachten viele Dinge - die für Jungen viel Überwindung kosten- fast als selbstverständlich und kaum einer Erwähnung wert. Also wenn ihr in solch eine Situation geratet, so merkt ihr es daran, dass ihr spontan damit konfrontiert werdet. Zudem wird euch- wie mich auch- solch ein Geständnis dennoch überraschen.
Wie ihr damit umgehen solltet?
Das hängt davon ab, was ihr wollt.
Ist es der Superschwarm, der schon immer von Euch angehimmelt wurde? Ruft Eure Eltern später hinzu- genießt den Moment! Vielleicht fallt ihr impulsiv auch um seinen Hals, was ich jedoch als Fehlreaktion ansehe, denn etwas warten und zappeln lassen finden wohl auch Jungs in Ordnung. Glaubt mir- sie können auch mit dem kleinen Finger leben- es muss nicht gleich die ganze Bandbreite der Emotionen sein.
Ist es so, dass der Junge nicht so Euer erhoffter Typ ist, so seid nicht zu hart- bitte jedoch deutlich genug. Manchmal hilft da auch eine kleine erfundene Notlüge, wie: Da gibt es jemanden...! oder: Ich finde es total offen und nett, dass du mir so etwas gestehst, aber....!
Zu hart zu sein? Das kann sich nur rächen. Affektreaktionen sind da nicht ausgeschlossen bei Jungs. "Blöde Bitch!" ist dann noch harmlos. Manche Typen zeigen vielleicht auch ein noch hässlicheres Gesicht- und von einer Seite, die ihr bestimmt nicht sehen möchtet.
Und wie ich damit umgehe?
Naja? Wir werden sehen!
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