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Das Geräusch sämtlicher brechender Knochen war widerlich. Abartig. Krank. Ben starrte. Der Körper der soeben neben einem Zeichenblock auf den Boden geprallt war, rührte sich nicht. Warum auch? Ben traute sich nicht, zu gucken. Aber er wusste, dass es keine Wahl für ihn gab.
Schritt für Schritt näherte er sich dem Körper, der nur wenige Meter von ihm entfernt lag. Ben schluckte. Die Sonne schien heller zu sein, als je zuvor. Und das Piepen wurde lauter, immer lauter. Er schrie, fiel auf die Knie und presste sich die Hände auf die Ohren, wollte, dass es aufhörte. Schweratmend überwand er die letzten Zentimeter und legte eine Hand auf die Hüfte vor ihm. Er war sich sicher, dass sie dort definitiv nicht richtig saß. Cléos Position, sah nebenbei gesagt ziemlich unbequem aus. Halb auf der Seite liegend, den einen Arm umständlich in Bens und die somit entgegengesetzte Richtung gestreckt, der Andere unter dem Kopf, der zur Erde geneigt war.
Ben ließ seine Hand über den Rücken gleiten. Dann drehte er den Körper entschlossen auf den Rücken. Sie starrte ihn an. Tammys Augen waren leer, leblos und etwas heller als sonst. Ihre Nase schien gebrochen. Ihre Haut war blass, fast schon weiß. Und blutig. Unter ihrem Schädel hatte sich eine enorme Pfütze gebildet. Ben kniete darin. Zuerst war er angewidert, dann entsetzt und dann übergab er sich.
Eine Horde an Menschen hatte sich rasch eingefunden. Sie alle standen teilweise geschockt, teilweise fasziniert um die Leiche einer Siebzehnjährigen herum, unschlüssig, was zu tun war. Schließlich hockte sich irgendein Lehrer neben Ben und ergriff Tammys Handgelenk. "Kein Puls!" sagte er.
No Shit Sherlock dachte Ben und versuchte sich an einem Todesblick. Es klappte nicht. Er hatte sich in Tammys T-Shirt gekrallt und konnte nicht loslassen. Auch nicht, als irgendwelche Sanitäter Anstalten machten, den Körper auf eine Fahrtrage zu bewegen. Jemand zerrte an seinem Arm und leider war dieser Jemand stärker als Ben. Die Türen des Krankenwagens schlossen sich und das Auto setzte sich ohne Blaulicht in Bewegung. Ben weinte nicht. Er erinnerte sich an Jacks Sterbeszene aus Titanic und stellte fest, dass er offenbar für herzzerreißende Todesfälle nicht gemacht war. Das hatte Tammy ihm gerade bewiesen. Selbst tot war sie noch schlauer als er. Ben lächelte. Den Rest des Tages konnte er nicht anders, als stur zu lächeln. Er saß im Büro des Rektors, beantwortete den Polizisten all ihre Fragen und lächelte. Er kam nach Hause, in einem Polizeiauto und lächelte.
Als seine Mutter erfuhr was geschehen war fing sie an zu schreien. Mr. Vessinger sah betrübt aus.
Und Ben lächelte.
Das Piepen wurde wieder lauter. Cléo starrte ihn an. Ben sah auf seine Hände. Sie waren blutverschmiert. Kurz befürchtete er, man könne ihn für einen Mörder halten, dann fiel ihm auf, dass diese Angst relativ unbegründet war.
Und er setzte sein bestes Lächeln auf.
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