Der magische Spiegel
Der magische Spiegel
Es herrschte eine endlose Stille, während Sofia auf einem weichen Kissen aus Samt saß und in den Nachthimmel starrte. Er war klar und leer, denn kein einziger Stern war heute Nacht zu sehen. Der Himmel sah genauso aus, wie sich Sofia fühlte: leer!
Nachdem Gandalf heute sein Leben gelassen hatte, um das von ihr und allen anderen Gefährten zu retten, hatte sie noch keine Gelegenheit gehabt, um seinen Tod richtig zu betrauern. Und Sofia wusste nicht einmal, ob sie den Schmerz zulassen sollte. Denn er drohte, ihr die Luft zum Atmen abzuschnüren und sie in ein tiefes schwarzes Loch fallen zu lassen. Fast genauso schlimm, wie es ihr nach dem Tod von Bard ergangen war.
59 Jahre zuvor...
,,Sofia...du siehst umwerfend aus.", sagte Tilda und sah verträumt auf das weiße Hochzeitskleid, welches Sofia trug.
Die Hüterin sah nun ebenfalls an sich herunter und ein Lächeln glitt ihr über das Gesicht. Heute war es soweit...der große Tag war gekommen. Der Tag, an dem sie Bard endlich heiraten würde. Ein Jahr, nachdem die Schlacht um den Erebor gewonnen war, würden sie und Bard den Bund der Ehe antreten und auf ewig miteinander verbunden sein.
,,Danke, Tilda! Das ist nett von dir.", erwiderte Sofia und auch Bain schien ganz aus dem Häuschen zu sein.
,,Vater wird begeistert sein. Und Tilda hat Recht...du siehst einfach unglaublich aus."
,,Dem kann ich mich nur anschließen.", erklang mit einem Mal eine vertraute Stimme und Sofia starrte ungläubig zum Türrahmen, wo niemand anderes als ihr Großvater persönlich stand.
,,Gandalf...du bist hier!"
Sie eilte freudig auf ihn zu und umarmte ihn, woraufhin der Zauberer lachte und die Arme um seine Enkelin schloss.
,,Natürlich! Ich verpasse doch nicht die Hochzeit meiner eigenen Enkeltochter. Und die Kinder haben Recht...du bist wunderschön."
,,Danke! Ich freue mich so, dass du hier bist. Und dir ist doch hoffentlich klar, dass du mich zum Altar führen wirst, oder?", brachte Sofia hervor und Gandalf sah sie überglücklich an.
,,Es wäre mir eine sehr große Ehre."
,,Ist alles in Ordnung?"
Sofia zuckte zusammen, als mit einem Mal eine Stimme ertönte und sie in die Gegenwart zurückholte. Sie sah auf und erkannte Boromir, der zu ihr herunter sah und sie unterdrückte den inneren Impuls, die Augen zu verdrehen. Der Rothaarige hatte ihr gerade noch gefehlt und sie war überhaupt nicht darauf erpicht, seine vorlauten Sprüche wieder über sich ergehen lassen zu müssen. Allerdings schien sich Boromir dieses Mal am Riemen zu reißen, denn als Sofia nichts sagte, nahm er kurzer Hand neben ihr Platz und die Hüterin spürte, wie sein Blick auf ihr lag.
,,Es tut mir leid.", sagte er mit einem Mal und Sofia seufzte.
,,Was genau tut Euch denn leid?"
,,Gandalf...er war doch Euer Großvater, nicht wahr?", erwiderte Boromir und Sofia schluckte schwer.
Den Namen ihres Großvaters zu hören, war förmlich wie ein Messerstich und sie hatte Mühe, nicht in Tränen auszubrechen. Aber ihre Trauer konnte sie nicht verbergen, was Boromir anscheinend nicht entging. Denn er legte kurzer Hand einen Arm um Sofia und sie wehrte sich nicht einmal dagegen.
,,Der Tod von Gandalf tut mir sehr leid...ich wünschte, wir hätten es verhindern können.", sagte er mit ruhiger Stimme und Sofia sah ihn nun vielsagend an.
,,So ist das Leben...schätze ich. Nicht immer können wir die retten, die uns wichtig sind und nicht immer schaffen wir es, gegen das Böse anzukämpfen."
,,Ich bin überzeugt, dass die Hüter es können.", erwiderte Boromir und nun zeichneten sich Zweifel auf Sofias Gesicht ab.
,,Auf einmal? Ich dachte, Ihr glaubt weder an uns, noch an unsere Geschichte? Woher der Sinneswandel?"
Abwartend musterte Sofia den Rothaarigen, der seinen Arm um sie nun wieder sinken ließ. Er schien sich nicht ganz wohl zu fühlen, aber er trat auch keineswegs den Rückzug an. Stattdessen zuckte er mit den Schultern und warf Sofia einen zuversichtlichen Blick zu.
,,Vielleicht war ich etwas voreilig. Ich dachte, dass 5 Frauen keineswegs die Rettung unserer Welt sein könnten...daran glaubte ich noch nie. Aber jetzt...wo ich gesehen habe, welch grenzenloser Mut in Euch und Euren Freundinnen steckt...da bin ich sogar davon überzeugt, dass ihr 5 unsere einzige Hoffnung seid."
Sofia sah Boromir an und wusste nicht, ob sie seinen Worten Glauben schenken sollte. Sie kannte Boromir zwar noch nicht besonders lange, aber er schien sehr egozentrisch und vorlaut zu sein, weshalb es für sie schwer machte, nun diese neue einfühlsame Seite einschätzen zu können. Aber sie wollte auch keinen neuen Streit anzetteln, weshalb sie nur kaum merklich nickte und ein wenig seufzte.
,,Wir werden sehen!"
***
Alex starrte vor sich hin und lauschte den leisen Klängen der Elben. Sie hatten vorhin ein Klagelied für Gandalf angestimmt und obwohl Alex kaum die Gesellschaft der Elben genossen hat, so fand sie es dennoch eine wunderschöne Geste und das Lied berührte sie. Und es linderte den Schmerz bezüglich der Tatsache, dass sie Gandalf verloren hatten.
Ihr Blick fiel auf Leah und Melina, die nicht weit voneinander entfernt lagen und schliefen und auf Sofia, die sich nun ebenfalls hingelegt hatte. Vor einer guten Stunde hatte Alex Boromir gesehen, der mit Sofia ein paar Worte gewechselt hatte und sie hatte sich entschieden, die beiden dabei nicht zu stören. Allerdings war sie auch jederzeit bereit gewesen einzuschreiten, wäre Boromir wieder zu vorlaut gewesen. Nun vernahm sie Schritte und sie hob den Kopf, als sie Amy entdeckte, die nun zum Lager kam.
,,Hey, wo bist du denn so lange gewesen? Wir haben uns schon Sorgen gemacht.", äußerte Alex und Amy setzte sich neben sie.
,,Tut mir leid...ich wurde aufgehalten."
,,Von deinen Eltern?", fragte Alex, aber ihre Freundin schüttelte den Kopf.
,,Nein. Von Haldir. Er...hat mir etwas gesagt, Alex. Etwas, dass ihr 4 wissen solltet."
Alex runzelte die Stirn, denn Amy wirkte nun mächtig angespannt und auf ihrem Gesicht zeichneten sich Sorgenfalten ab. Was auch immer Haldir Amy gesagt hatte, es konnte keineswegs etwas Gutes gewesen sein und auch Alex spürte nun, wie sich jede Faser in ihrem Körper anspannte.
,,Was hat er gesagt, Amy?", drängte Alex ihre Freundin und die Schwarzhaarige versicherte sich, dass ihnen niemand zuhörte, als sie sich zu Alex beugte.
,,Meine Mutter hatte allem Anschein nach eine Vision. Und sie hat etwas gesehen...sie hat unseren Tod gesehen, Alex. Den Tod der Hüter."
Diese Offenbarung machte Alex sprachlos und sie starrte Amy ungläubig an. Dass Galadriel gewisse Dinge sehen konnte...das war ja kein Geheimnis, aber dass sie nun offenbar gesehen hatte, wie sie und ihre Freundinnen ums Leben kamen...das gefiel der Hüterin so gar nicht. Nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte, sah sie Amy unsicher an und hoffte insgeheim, dass diese Vision nur eine Illusion von Galadriel gewesen war.
,,Deine Mutter...hat gesehen wie wir sterben?"
,,Offenbar ja. Haldir hat wohl mitbekommen, wie sie darüber mit meinem Vater gesprochen hat.", bestätigte Amy und auf einmal erklang wie aus dem Nichts die Stimme von Melina.
,,Worüber hat deine Mutter mit deinem Vater gesprochen?"
Die beiden Freundinnen sahen auf, wo Melina vor ihnen stand und nun die Arme vor der Brust verschränkte. Sie schien genau zu wissen, dass etwas im Busch war, denn sie hob prüfend eine Augenbraue und sah die beiden nun auffordernd an.
,,Also, ich höre."
,,Meine Mutter hatte allem Anschein nach eine Vision...von unserem Tod.", erklärte Amy und beobachtete Melina, die ihre Gefühle jedoch wieder mal so gut verbergen konnte, dass sie keinerlei Reaktion zeigte.
,,Unseren Tod?"
,,Ja, den Tod von uns Hütern. Allem Anschein nach sterben wir.", schlussfolgerte Alex und nun stieß auch Leah zu ihnen.
,,Das ist nicht gesagt."
,,Meine Mutter hatte schon immer Vorahnungen, Leah. Was sie sieht...das tritt meistens auch ein.", entgegnete Amy, aber Melina schien anderer Ansicht zu sein.
,,Es gibt viele Visionen und Vorahnungen...die Zukunft kann sich immer ändern, Amy...denn sie ist steht noch nicht geschrieben. <<
Amy und Alex sahen sich an, denn Melina schien nicht an die Vorahnung von Galadriel zu glauben. Auch Leah wirkte ernst und das gab den beiden Freundinnen Hoffnung, dass die beiden Schwestern vielleicht Recht haben könnten.
,,Was ist denn hier los?", fragte mit einem Mal Sofia, als Melina auch schon abwinkte.
,,Ach, Amy und Alex machen sich wegen einer Vision von Galadriel verrückt. Sie glauben, wir werden sterben."
,,Und du tust das nicht?", hakte Sofia nach, als Leah ihre Freundin vielsagend ansah.
,,Es wäre möglich, aber muss noch lange nichts heißen. Wir wissen nicht, ob der Tod unser Schicksal ist. Vielleicht ist es nur eine Möglichkeit der Zukunft."
,,Obwohl unsere Visionen auch nicht sonderlich erfreulich sind."
Alle Blicke richteten sich auf Alex, die nur mit den Schultern zuckte und vielsagend in die Runde schaute. Und sie meinte es so, denn alle bisherigen Visionen, die sie und ihre Freundinnen heimgesucht hatten, waren von düsterer Natur gewesen und schienen nicht gerade die besten Aussichten auf die Zukunft parat zu halten.
,,Das stimmt zwar, aber ich glaube nicht, dass...", setzte Melina an, als sie mit einem Mal innehielt und sich umsah.
Auch die anderen Hüter spürten, dass etwas im Gange war und als Melina sich augenblicklich in Bewegung setzte, folgten die anderen ihr. Sie bahnten sich einen Weg weit abseits des Nachtlagers und machten schließlich Halt, als sie Frodo erblickten, der zu Galadriel sah. Diese hatte einen silbernen Krug in der Hand und stand neben etwas, was Amy nur allzu gut bekannt war.
,,Was ist das?", fragte Sofia und Amy spannte sich augenblicklich wieder an.
,,Der magische Spiegel."
Sie spürte die Blicke ihrer Freundinnen auf sich, doch Amy ignorierte es. Stattdessen blickte sie auf ihre Mutter, die nun Frodo mit geheimnisvollem Blick musterte.
,,Möchtest du in den Spiegel schauen?", fragte sie Frodo und dieser wirkte daraufhin mächtig verunsichert.
,,Was werde ich sehen?"
,,Selbst der Weiseste...kann das nicht sagen. Denn der Spiegel...zeigt viele Dinge.", sprach Galadriel und goss nun das Wasser in den Spiegel. ,,Dinge, die waren...Dinge, die sind und einige Dinge...die vielleicht noch sein mögen."
Die Freundinnen sahen auf Frodo, der Galadriel unsicher ansah. Der Ringträger schien mit sich zu hadern, aber dann setzte er sich doch noch in Bewegung. Der Hobbit trat an den Spiegel heran und warf einen Blick hinein. Doch was der Hobbit sah, schien nichts Gutes zu sein. Denn sein Gesicht war nun von Angst und Entsetzen erfüllt und er wurde mit einem Mal vom Spiegel zurück katapultiert, woraufhin er auf dem Boden landete. Sofia wollte schon zu ihm eilen, aber Leah hielt sie zurück und deutete auf Galadriel, die auf Frodo sah.
,,Ich weiß, was du gesehen hast...denn ich nehme dasselbe wahr."
Galadirel sah Frodo mit einem intensiven eindringlichen Blick an und dieser zitterte am ganzen Körper. Und dann sagte Galadriel etwas, was selbst die Freundinnen in ihren Köpfen hören konnten.
Du hast gesehen was geschehen wird, wenn du scheiterst. Die Gemeinschaft...zerfällt. Es hat bereits begonnen. Er wird versuchen, den Ring an sich zu nehmen. Du weißt, von wem ich spreche. Nacheinander wird der Ring sie vernichten...und auch die Hüter...können das nicht aufhalten!
Den Freundinnen lief ein Schauer über den Rücken und sie sahen sich erschüttert an. Natürlich war ihnen ebenso klar, wen Galadriel mit ihrer Aussage gemeint hatte, aber sie kamen nicht dazu, sich Gedanken darüber zu machen, denn was Frodo als Nächstes tat, entsetzte sie zutiefst.
,,Wenn Ihr ihn verlangt...will ich Euch den Einen Ring geben.", sagte er und hielt den Ring in seinen Händen, woraufhin Galadriel ihn überrascht ansah.
,,Du gibst ihn mir...freiwillig."
Die Hüter starrten entsetzt auf die Elbin, die nun einen Gesichtsausdruck annahm, der ihnen ganz und gar nicht gefiel. Sie ging auf Frodo zu und streckte beinahe schon begierig die Hand nach dem Ring aus.
,,Amy...", setzte Melina an und selbst Amy war fassungslos vom Anblick ihrer Mutter, die nun nicht mehr klang wie sie selbst.
,,Ich leugne nicht, dass mein Herz das sehr begehrt hat."
,,Wir müssen das beenden!", sagte Leah entschlossen und Alex nickte zustimmend.
,,Jetzt oder nie."
Die Freundinnen traten aus ihrem Versteck hervor und rannten nun förmlich auf Galadriel und Frodo zu. Sie wussten, dass jetzt jede Sekunde zählte und sie mussten verhindern, dass der Ring Besitz von der Elbenkönigin ergriff.
,,Mutter...nicht!", rief Amy aus und riss somit Frodo aus seiner Starre.
Auch Galadriel hob verwirrt den Kopf und sah auf die Freundinnen, die auf sie zugelaufen kamen. Mit jedem Schritt näherten sich die Hüter Frodo und dem Ring, als Galadriel mit einem Mal die Hand hob und die Freundinnen, aber vor allem Amy, erschüttert ansah.
,,Nein...Amy...halt!"
Doch die Worte kamen zu spät, denn die fünf Freundinnen nahmen bereits ein dunkles Flüstern war. Und ein erdrückendes Vibrieren ging von dem Ring aus, ehe sie spürten, wie seine dunkle Macht eine mächtige Schwingung in ihre Richtung katapultierte. Galadriel rief ihnen noch etwas zu, doch da hatte die Schwingung sie bereits erfasst. Die Hüter spürten noch, wie sie zu Boden katapultiert wurden und dann...fielen sie in tiefe Finsternis.
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