Kapitel 21
„Ehm, Maxima ist nicht da", erklärte ich den beiden anderen.
„Das ist doch gut", erwiderte Alex. „Dann können wir das Gegenmittel einfach mitnehmen."
„Jemand anderes, den ich nicht kenne, sitzt im Inneren einer Höhle", antwortete ich.
„Jade", flüsterte Emilia und Tränen schossen ihr in die Augen.
Beide sahen wir sie verblüfft an.
„Es ist vielleicht Zeit, dass du uns endlich erklärst, was hier los ist", versuchte ich es vorsichtig und zog Alex zurück, der schon wieder verbal auf sie losgehen wollte.
„Sie ist – sie ist meine Mutter", sagte sie leise.
„Was?", ereiferte sich mein Beschützer dann doch und ich stieß ihm unsanft in die Rippen, so dass er gleich wieder verstummte.
Emilia weinte nun kläglich und unter Schluchzen brach alles aus ihr heraus: „Als das alles damals passierte, verschwand Jade. Maxima erklärte sie für Tod und war danach nie mehr dieselbe. Ich wuchs nicht bei ihr auf, aber sie besuchte mich manchmal und erzählte immer von den bösen Menschen, die ihr die Tochter genommen hatten und mir die Mutter. Ich hab das alles nie verstanden und meine Pflegeeltern versuchten mich, vor ihr abzuschirmen. Vor ein paar Wochen tauchte Maxima dann auf und es kam zum Streit, sie nahm meine Eltern mit und erklärte, dass ich tun solle, was sie mir sagte, dann würde alles gut werden. Ich wusste ja nicht, wer du bist und habe ihr am Anfang berichtet, was ich über dich erfuhr. War ja auch nicht so viel. Sie wurde richtig böse, als sie dachte, dass ich in der Schule gezaubert hatte, weil sie dir das wohl nicht zugetraut hat, sogar als ich beteuerte, dass ich es nicht gewesen bin. Ich hab mich dann abgesetzt und versucht, meine Eltern zu finden. Du wolltest mich ja nicht." Bei dem Satz fing sie wieder an zu Schluchzen. „Aber ich hab nichts herausgefunden, nur dass Alex und seine Mutter ebenfalls entführt wurden und da hab ich nach Spuren gesucht, als du aufgetaucht bist. Bitte – bitte - bitte – ihr müsst mir glauben."
Wir starrten sie ziemlich entsetzt an, als sie geendet hatte und wie ein Häuflein Elend in sich zusammensank.
„Ehm, das tut mir alles so leid für dich", flüsterte ich schließlich und streichelte ihr vorsichtig die Schulter. Hatte ich überhaupt schon mal jemanden getröstet?
Alex sah mich etwas sprachlos an und nahm sie dann kurzerhand in den Arm. „Es wird alles gut", sprach er ihr Mut zu und setzte hinzu: „Ich bin mir sicher, es gibt einen Weg."
Sie nickte zaghaft und blickte voller Hoffnung voran. „Glaubt ihr, sie weiß von mir?", erkundigte sie sich und wir brauchten nicht zu fragen, wen sie meinte.
„Wollen wir dann?", schlug Alex vor.
„Finden wir es heraus", entschied ich entschlossen und versetzte uns ins Innere der Höhle. Sie war fast völlig von Pflanzen überwuchert, jedoch an manchen Stellen lugte das Mondgestein hervor. Im Weltraum hätte ich immer gedacht, dass man sich in Stationen aufhielt, aber eine Hexe hatte natürlich andere Möglichkeiten. Ich fragte mich, wie Maxima hin und her reiste, andererseits hatte ich kein Interesse, das Geheimnis allzu bald aufzudecken.
Jade war so vertieft in ihre Strickarbeit, dass sie uns zunächst gar nicht bemerkte.
Emilia machte ein paar zaghafte Schritte auf sie zu und wir rückten zur Seite. Ich suchte mental nach dem Gegenmittel, falls es schnell gehen musste. Aber leider fand ich nichts außer- und innerhalb der Höhle.
„Mutter", flüsterte das Mädchen und die Angesprochene blickte auf. Zuerst war sie völlig baff, dann erschrocken und schließlich starrte sie Emilia ungläubig an. Plötzlich fielen Tränen wie Perlen von ihren Augen und sie schlug sich auf den Mund. All diese aufeinanderfolgenden Gefühlsregungen konnte man deutlich deuten.
Dann sprang sie aber auf und deutete zur Tür, ohne ein Wort zu sagen. Das verblüffte uns jedoch etwas. Dabei zitterte sie vor Anstrengung, was ich mir nicht wirklich erklären konnte.„Warum sollen wir gehen?", erkundigte sich Emilia verzweifelt.
Jade packte einen Zettel und schrieb in Krakelschrift Maxima drauf, aber sofort verblasste die Schrift wie von Zauberhand und die Hand der armen Frau verkrampfte sich und sie ließ den Stift los, als ob er heiß wäre.
„Oh, was hat sie dir angetan?", rief Emilia wütend und lief zu ihrer Mutter, nahm deren Hand vorsichtig und streichelte sie. Jade lächelte liebevoll, schüttelte traurig ihren Kopf, aber deutete gleich darauf wieder verzweifelt zur Tür, dabei brach sie fast erneut zusammen offensichtlich vor Schmerzen.
„Entschuldige, dass ich hier eindringe. Aber vielleicht kannst du mir erklären, was hier vorgeht. Ich bin Berenike, die neue Oberhexe und Emilia ist meine Freundin. Soll ich ihr etwas sagen?", fragte ich gedanklich.
Die Frau strauchelte rückwärts und starrte entsetzt zu mir.
„RAUS!", schrie sie mir entgegen und gleich darauf brach sie vor Schmerzen zusammen. Emilia beugte sich besorgt über sie und versuchte ihr verzweifelt zu helfen.
„Ein Fluch umgibt sie", murmelte Alex.
„Ein unauflöslicher Fluch", schluchzte Emilia.
„Echt unauflöslich? So was gibt es doch gar nicht", wandte ich erstaunt ein.
Jade nickte jedoch traurig und krümmte sich gleich darauf wieder zusammen.
„Du darfst nichts kommunizieren", flüsterte ich und starrte sie entsetzt an.
„Maxima hat dir das angetan", knurrte meine Freundin. Jedoch sah Jade auf und schüttelte den Kopf und deutete auf sich, bevor ein neuer Anfall sie überfiel.
„Sie hat sich das selber angetan", hauchte Alex schockiert, aber die Frau fixierte den Boden konzentriert, um sich offensichtlich vor neuen Attacken zu schützen.
„Deshalb hat Maxima sie hier vor allen versteckt. Niemand darf in ihre Nähe", erkannte ich. Jade sah zu einem riesigen Monitor, der mir bisher zwischen den ganzen Blumen gar nicht aufgefallen war. Er blickte für sie in die Welt und zeigte gerade einen Sonnenaufgang über dem Meer.
Eine einzige Träne kullerte ihr über die Wange.
„Kein Wunder, dass Maxima verrückt geworden ist", schluchzte Emilia. Ihre Mutter schloss die Augen und das Mädchen wurde rot, als ihr bewusst wurde, wie sich Jade dabei fühlen musste.
„Tut uns leid. Bitte verzeih dir selber, denn es ist wie es ist", versuchte ich es. Aber ihre Mutter wandte sich nur noch weiter ab. Sie kauerte sich in sich zusammen, schlang die Arme um sich und schloss die Welt aus, während sie herzzerreißend weinte.
„Ach du grüne Neune", murmelte Alex. Dieses Mal konnte er wohl nicht der Held in schimmernder Rüstung sein.
„Wir finden einen Weg. Aber jetzt müssen wir Maxima aufhalten", sagte ich fest.
Beide sahen mich an und nickten dann. Emilia blickte unsicher zu ihrer Mutter, jedoch war ihr wohl klar, dass sie hier nichts ausrichten konnte.
„Was nun?", wollte Alex wissen.
„Schon wieder eine Sackgasse", flüsterte Emilia verzweifelt, so dass ihre Mutter sie nicht hörte. Die jedoch stand auf und trat zu dem Monitor und hantierte an den Knöpfen.
Die Erde kam in den Fokus. Plötzlich wurde herangezoomt und wir schossen auf unseren Kontinent, dann unser Land, dann unser Bundesland, dann unsere Stadt zu. Schließlich kam ein Haus in den Blick.
„Mein Zuhause", rief Emilia überrascht.
Dann verschwand das Bild und ein Feuer flackerte über den Bildschirm. Jade setzte sich auf ihren Stuhl und fing wieder an zu stricken. Sie beachtete uns nicht mehr.
„Dort liegen die Antworten", stellet Emilia fest. „Danke! Ich verspreche, ich komme wieder und helfe dir."
Aber ihre Mutter schaute nicht auf.
Wir verabschiedeten uns und ich teleportierte uns an die Barriere, die wir rasch übertraten. Danach versetzte ich uns direkt vor Emilias Haustür, wo wir bereits von der grünen Wolke erwartet wurden.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro