Feiern und Feinde (18)
Als Emarce am Morgen erwachte und in die Dunkelheit ihres Zimmers blinzelte, schlief Feroci noch tief und fest.
Das Feuer im Kamin war heruntergebrannt und eine unangenehme Kälte kroch über ihre nackte Arme.
Ihr fröstelte.
Eilig schickte sie sich an, ein frisches, nicht mit Blut besudeltes, Oberkleid und einen leichten Mantel aus der True zu fischen.
Dann zog sie Reisig, Rinde und Holz aus dem Korb neben dem Kamin und bereite ein neues Feuer vor, das sie rasch entfachte.
Kurz ließ sie ihren Blick hinüber, zu Feroci wandern, dessen Brust sich unter den Decken sanft und gleichmäßig hob und senkte. Sein Gesicht wirkte im Flammenschein noch edler als sonst.
Er sah aus, wie es einem legendären Helden gebührte.
Emarce lächelte der schlafenden Gestalt des Ritters zu.
"Ich hole Frühstück. Bin gleich wieder zurück.", flüsterte sie in das Zimmer.
Dann huschte sie aus der Türe.
Obwohl es, nach dem dünnen Licht, das durch die Schankfenster fiel, noch früh am Morgen war, war das "Rote Fluss-Buschkraut" zum bersten gefüllt.
Die Tische, die man an den Rand geschoben hatte, um Platz für eine kleine Tanzfläche zu machen, waren allesamt voll besetzt.
Gelächter füllte den Raum.
In der Mitte, auf der neuen, freien Fläche vor der Bar tanzten unzählige Dämoninen und Dämonen mit kurzen, schnellen Schritten Regike.
Eine Musikgruppe, die sich in die Ecke zwischen der Bar und der Wand schaarte, um möglichst wenig Platz einzunehmen, spielte eine fröhliche Melodie zu der die Sänger ein trauriges Lied zum besten gaben.
Von Liebe und Betrug sangen sie, von Hoffnungen, die enttäuscht wurden, und dem verlassen werden.
Der Text passte nicht wirklich zu der fröhlichen Stimmung in der Schenke, doch das schien beim besten Willen keinen zu interessieren.
Mühsam drängte sich Emarce durch das Meer der schwitzenden Leiber nach vorne an die Bar.
Die Sänger in der Ecke wurden von einem eifrigen Flötisten abgelöst.
Irgendjemand warf den Musikanten ein paar Schapp zu, die sofort gierig aufgesammelt wurde.
Die Fledderin sah sich um, ihre Hände fest um den kleinen Stoffbeutel mit ihrem Geld gelegt.
Nicht, dass noch einer versuchen würde sie zu beklauen.
Cator und Valdius waren nirgends zu sehen.
Hinter der Bar stand ein Feuerdämon, den sie nur vom sehen kannte.
Vermutlich waren ihre Freunde in der Küche beschäftigt.
Bei dem Ansturm hielt das Essen sicherlich nicht lange.
"Oh, hallo! Hat es geklappt? Konntet Ihr Euch um die Ware kümmern?", fragte plötzlich eine piepsige Stimme hinter ihr. Emarce musste sich nicht einmal umdrehen, um zu wissen wer es war.
"Guten Morgen, Heureux. Ja, alles lief bestens!", trällerte sie und drehte sich zu dem kleinen Barfäulein um.
Augenblick fiel das Lächeln von ihrem Gesicht ab.
Über die rechte Wange der jungen Untergrunddämonin zog sich eine geschwollene, dunkle Verfärbung.
Emarce brauchte keine Farben zu sehen, um zu wissen, dass das eine heftige Blessur war.
"Was ist passiert, Kleines?", fragte sie scharf nach. Der Zorn in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
"Wer war das?"
"Es schmerzt gar nicht so schlimm." murmelte Heureux.
Ihr Schwanz wickelte sich beschämt um ihre Beine.
Durch den ganzen Lärm in der Schenke konnte Emarce sie kaum verstehen.
Fest packte sie die kleine Dämonin an den Schultern.
"Wer war das, Heureux? Ich weide ihn aus!", fauchte sie.
Das Barfäulein schluckte.
"Nein, bitte tut das nicht! Es würde Euch nur in schreckliche Schwierigkeiten bringen!", winselte sie.
Emarce rote Augen bohrten sich in die leuchtenden des Kindes.
"Das ist mir egal. Ich habe auch so schon Schwierigkeiten mit der Garde."
Das Barfäulein sah zu Boden.
"Der Graf, der am letzten Tag hier war. Er hat mir nicht geglaubt, dass ich das Messer da unten gefunden habe. Eine dreckige, kleine Lügnerin hat er mich genannt und dann hat er mich geschlagen.
Dass ich doch nur sein Geld wollen würde, hat er gesagt. Und dann hat er mir das Messer weggenommen und hat sich vom Acker gemacht.
Bitte, Fledderin, ihr dürft ihn nicht töten.", winselte Heureux.
Emarce Kiefer verspannten dich vor Wut.
Dieses kleine, aufdringliche Barfäulein gehörte zu ihr.
Kein dahergelaufener Adeliger konnte sich einfach so das Recht herausnehmen sie zu schlagen!
Ihre Gedanken wanderten zu Feroci und Varia.
Vielleicht könnte sie den Grafen ja tatsächlich bestrafen.
Gegen zwei Ritter hätte der alte Drecksack bestimmt keine Chance.
In der Ecke waren nun wieder die Sänger an der Reihe und stimmten, wie es schien, das gleiche Lied gleich nochmal an.
Einige Dämonen verließen die Tanzfläche, nur um direkt durch Nachschub von den Tischen ersetzt zu werden.
Eine Gruppe Schattendämoninen in ihren besten Kleidern, haakte sich bei einander unter und begann die Schenke fröhlich johlend an den Wänden zu umkreisen.
"Nun gut,", grollte Emarce und leerte schwungvoll einen unbeachteten Becher Losch, der nicht ihrer war, "Ich mache es nicht persönlich. Trink eine Idhazbrühe. Ist gut für die Verletzung."
Heureux zögerte.
"Seid ihr Euch da sicher?", fragte sie nervös.
Die Fledderin nickte.
"Aber selbstredend! Ich war einmal Feldheilerin."
Die leuchtenden Augen der jungen Dämonin weiteten sich.
"Tatsächlich? Beeindruckend! Vielen Dank! Ich werde es tun! Ich Hole mir die Brühe gleich jetzt!", gackerte sie und verschwand wieder zwischen den Tanzenden.
Emarce lächelte.
"Oi, Marci! Du magst sie!", trällerte Cators hochnäsige Stimme hinter ihr, am Tresen.
"Na und, dann mag ich sie eben.", schnaubte die Fledderin und drehte sich zu ihrem besten Freund um.
Cator stellte ihr schmunzelnd ein Tablett vor die Nase.
"Er lebt also noch?"
"Oh ja. Ich habe was nützliches bei unserer lieblings Halsabschneiderin erhaschen können.", antwortete sie grinsend.
Cator schob sich ein Kettchen, das von seinen Hörnern herabbaumelte, aus den Augen.
"Das ist gut. Die suchen ihn. Sind ziemlich hartnäckig. Ich weiß nicht, wie lange ich euch noch verstecken kann. Wenn die Garde hier eine Durchsuchung anordnet, dann kann ich sie nicht ewig aufhalten.", murmelte er besorgt.
Die Fledderin nickte ernst.
"Natürlich. Sobald er wieder auf den Beinen ist, ziehen wir Leine. Wachtberg ist gerade nicht sicher. Wir gehen vermutlich nach Kesseldorf, oder in die Versteckte.
So wie sich diese Adeligen gerade aufführen, traue ich dem Agema nicht, dass er Feroci glaubt, wenn der sagt, dass ich ihm geholfen habe."
Nachdenklich nickte der Walddämonen.
"Ja, sie sind etwas arg garstig gerade, oder? Da ist doch was im Busch. Ich wette es hat etwas mit diesem Frostdämon zu tun."
Emarce lachte schrill auf.
"Hat es, mein Guter, das hat es. Feroci hat es selbst gesagt. Die Ritter sollen ihn Jagen. Feroci sagt, er sei möglicherweise Prinz Lakt von Nordeis."
"Oha, na das wäre ja einmal was.", trällerte Cator und schob Emarce einen Becher Tee herüber.
Beinahe gingen seine Worte im Johlen der Menge unter, als ein Pärchen einen besonders gewagten Tanz auf der Tanzfläche begann.
Klatschend schaarten sich die anderen Dämonen um die beiden und feuerten sie an.
Der Flötist in der Ecke legte sich richtig ins Zeug, die Sänger schrien ihren traurigen Text jetzt schon halb.
Emarce grinste in ihren Becher und leerte ihn in einem Zug.
Der warme Tee fühlte sich ganz wunderbar im ihrem morgentrockenen Mund an.
Wohlig seufzend stellte sie das Holz zurück und lehnte sich zu Cator vor, sodass der Schankwirt sie trotz des Gröhlens und Lärmens überall um sie herum hören konnte.
"Sag mir nur mal, was hier los ist! Ich verstehe ja, dass die guten Leute feiern wollen, um den Krieg zu vergessen, aber das sind mächtig viele. Und dann auch noch so früh!
Da muss es doch einen Anlass geben.", haakte sie nach.
Der Wirt zog eine dornige Augenbraue nach oben. "Du hast es noch nicht gehört, Marci?"
"Was soll ich denn gehört haben?"
Cator lachte.
"Ja, die Nachricht aus dem Westen!
General Fulgur und seine Armeen haben einen gigantischen Sieg zu verzeichnen, vielleicht sogar die Wende dieses verdammten Krieges. Er hat es irgendwie geschafft den Süden von Nordeis zu überrennen, die der fahlen Tyrannin zur Hilfe eilenden Truppen aus Vulnus in einen Hinterhalt zu locken und zu vernichten und dann. Weißt du was er dann gemacht hat?"
Emarce schüttelte lachend den Kopf.
Normalerweise war Cator nicht so enthusiastisch wenn es um den Krieg ging, aber Fulgurs Truppen?
Nun, das waren schließlich Valdius' alte Mitstreiter.
Der Walddämon schwenkte mit glänzenden Augen, von denen Emarce wusste, dass sie ein freundliches Gelb hatten, Tee in seinem Becher, nur um ihn dann auszutrinken.
"General Fulgur hat die Abwesenheit der Truppen von Vulnus genutzt und hat die Insel Capite erobert. Die ganze! Jetzt hat er einen Stützpunkt genau vor Goras Nase! Der alte Kriegstreiber wird sich nicht trauen seine Massenvernichtungswaffen so nahe vor der eigenen Haustür einzusetzen.
Und wenn er Nordeis und Vulnus ausschaltet..."
Cator lachte.
"... dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch Lucis fällt. Und dann ist der Krieg praktisch vorbei!"
"Vorbei?", murmelte Emarce mehr zu sich selbst und ein breites Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
"Das wäre doch mal was. Frieden, Cator, ich weiß schon gar nicht mehr, wie das ist. Wir sehen uns! Ich muss einen Ritter füttern."
Mit diesen Worten sprang sie auf und tänzelte, das Tablett in den Händen, davon.
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