Adoptierte und leibliche Cousins - 15.1. Artheon
Goradin füllte zwei Tassen mit grünem Tee und stellte sie vor seinen beiden Gefangenen ab. Bereits seit ihrem zweiten Treffen, hatte der Manengrunder erlaubt, sie nun zusammen zu befragen und sie in die Themen, die sie besprachen, auch einzubeziehen. >Was haltet ihr bei einem Durchbruch am Wichtigsten?< fragte er beispielsweise, oder >Ab welchem Punkt würde die Armee wohl aufgeben? Glaubt ihr es würde helfen, die Moral der Lituolier zu schwächen?< Er behandelte sie mit Respekt, als Partner, wie er es von Anfang an versprochen hatte und selbst Artheon taute langsam auf, bis zu dem Punkt, an dem er sogar so viel Vertrauen hatte, dass er den grünen Tee annahm und es in keinster Weise bereute. Es war echter grüner Tee, die richtige Zeit lang ziehen gelassen und unvergiftet und dem Jae waren die Tränen gekommen. Ein Stückchen Heimat.
Es war dennoch ein Balanceakt, zwischen den Informationen die sie geben mussten, um Goradin nützlich zu sein und dem Schaden den sie damit anrichten konnten. Yeon war da viel ungehemmter, er gab bereitwillig Dinge zu, oder log dem Manengrunder einfach frech in sein Gesicht, während Artheon oft sagte, dass er etwas nicht wisse, wenn es ihm zu gefährlich schien, die Wahrheit zu sagen. Doch er verstand auch die Strategie seines Partners sehr gut, Yeon steuerte den Informationsfluss, den die Manengrunder bekamen, alles was er Goradin sagte, konnte er später auch dem Vash erzählen und sie waren in Lituolien dann gewarnt, was gegen sie verwendet werden konnte.
Außerdem war der Fokus der Besprechungen, auch erfolgreich von dem Staatsanwalt, seit einigen Treffen, auf Panareen gerichtet worden, einem Fürstentum, das man über den Fluss erreichen könnte. Also hatte er erfolgreich die Aufmerksamkeit weg von den Schwachstellen der Mauer von Merech, über die Goradin am Anfang lieber hätte sprechen wollen, lenken können. Er argumentierte gekonnt, dass sich Fürst Jaetru und der Vash, alles andere als gut verstanden. Es sollte der Eindruck bei dem Manengrunder entstehen, dass man in den Fürstentümern, jeder sein eigenes Süppchen kochte und die Kommunikation zu den Chorr besser war, als untereinander. Dass Jsetru, Panareen nicht schlecht bewacht zurück gelassen hatte, verschwieg Yeon jedoch gekonnt, er erzählte lieber ausschweifend, wie die Lituolier nie ahnen würden, wenn ein Trupp Manengrunder, die Mauern von Hamir und Humbreen, durch den Fluss umging. >Niemand kümmert sich darum, weil man sich mehr über Jaenun ärgert, als auf seine Verteidigung zu achten. In den Augen der Jaefürsten, ist so und so nur Hamir ein primäres Angriffsziel der Manengrunder. Man könnte einfach am Wasser entlang fliegen und ist mitten im Reich der Jae.<
Heute verlief die aktuelle Besprechung, jedoch nicht so ruhig, wie die der letzten zwei Wochen. Mitten in ihrem Gespräch flog plötzlich die Tür, zu dem kleinen Raum im Kasernenhauptquartier, auf und ein großgewachsener Manengrunder, mit kinnlangen, dunklen wilden Haaren, die eine Hälfte seines Gesichts verdeckten, stand grinsend im Türrahmen. Selbst Goradin war überaus überrascht, sein Mund stand schockiert offen, als er den Neuankömmling anstarrte, bevor er seine Augenbrauen zusammen zog und den Kopf empört schüttelte >Verdammt Aden Dennen! Geh weg!<
Der Angesprochene rollte mit den Augen, schloss die Tür hinter sich und schenkte sich selbst ungefragt Tee ein >Mit so einem schwachen Kommando, werden doch bestimmt nicht einmal deine kleinen Kinder auf dich hören, oder Juvi? Das kannst du besser!< er zog sich einen Sessel neben den anderen Manengrunder und ließ sich darauf fallen, bevor er seine Füße ungeniert auf den Tisch legte.
Goradin starrte ihn einen Moment lang unsicher an, dann fragte er die wichtigste Frage >Was bitte tust du hier?<
>Warten bis du ernsthaft versuchst, mich aus der Kaserne zu werfen, damit ich dir schadenfroh diesen Zettel in die Hand drücken kann.< Aden hob ein Stück Papier in die Höhe und wachelte damit durch die Luft, während er sich desinteressiert wirkend, seinem Tee zuwandte. Goradin stahl ihm den Zettel aus der Hand und fuhr sich frustriert durch die Haare, nachdem er einen Blick darauf geworfen hatte >Ist das deine Versetzung in die Strategische Abteilung?< der Angesprochene nickte >Heißt das, dass du Gruppenführer Naranden ersetzt?< wieder ein Nicken. Erst jetzt erhob Goradin die Stimme >Hast du dafür beim König angesucht? Du bist unmöglich! So kindisch und undiszipliniert!<
>Reg dich ab Juvi, Naranden wurde nur versetzt, nicht entlassen. Doch der König ist meiner Meinung! Ein Admiral sollte an die Informationen kommen können, die ihm helfen seine Flotte zu führen.<
Goradin warf einen vernichtenden Blick in Adens Richtung >Die hättest du von uns bekommen.<
>Und was, wenn ihr nicht die Fragen gestellt hättet, die mich interessieren?< er setzte sich auf, nahm die Füße donnernd von dem kleinen Tisch und sah sich die Unterlagen an, die Goradin über ihre Gespräche angelegt hatten. >Siehst du? Was interessiert mich Panareen?< empörte er sich da und tippte mit dem Fingerknöchel gegen eine zufällige Zeile in den Aufzeichnungen >Das ist der Frontabschnitt von den Jentyponiern, die sollen sich ihre eigenen Informationen zusammen kratzen!<
Er sah die beiden Jae an, bohrend, mit einem Blick wie kalter Stahl, musterten er sie von oben bis unten und wendeten sich nicht ab, als er seine erste Frage stellte >Erzählt mir etwas über die Westgrenze. Über die Stadt Hamir. Wird sie auch heftig verteidigt werden, wenn die Mauer erst einmal gefallen ist?<
Artheon wusste, dass er verschreckt aussah, er konnte gar nichts anderes tun, als den Manengrunder mit großen Augen anzustarren, eine leicht geduckte Haltung einzunehmen und sich rückwärts in seinen Sessel zu pressen, doch dieses mal, war sogar Yeon zu verstört um etwas zu sagen. Aden seufzte und wandte sich zurück an Goradin >Du sagtest, dass es keine Feiglinge sind!<
Noch bevor der Ältere antworten konnte, hatte Yeon mit zusammen gezogenen Augenbrauen, seine Stimme wieder gefunden und sagte mit überzeugtem Tonfall, dass Jaesore, der Grenzwächter, natürlich auch Hamir verteidigen würde, sollte die Mauer fallen. Auch wenn die Stadt nicht befestigt war, dieses Fürstentum würde bis zum letzten Jae kämpfen. In den Worten Yeons lag schon fast sichtbarer Stolz, so überzeugt präsentierte er diese Fakten, doch Artheon bekam ein schweres Herz. Nicht nur da er sich sorgte, dass sie die Einstellung des Älteren zu diesem Thema, vielleicht verraten könnte, sondern auch, weil er an die verlorenen Jae aus dem Fürstentum Hamir denken musste, die er in Aven-Umgebung getroffen hatte und ihr warten auf eine Hilfe, die niemals kam.
Die beiden Manengrunder werteten dieses Verhalten jedoch anscheinend nicht als beunruhigend oder verdächtig, doch viel mehr als offene Feindseligkeit gegen Aden und seine ungestüme Art und vor allem Goradin versuchte die Situation zu entspannen >Bitte nehmt Aden seine Ausdrucksweise nicht übel. Er hat es nicht so gemeint, als er euch Feiglinge nannte, sein Empfinden für Respektlosigkeiten ist nur ein wenig anders als das von anderen. Für ihn war das nicht böse gemeint.<
Der Admiral grinste jedoch düster, sodass es klar war, dass er doch ganz genau wusste, wie seine Worte ankamen, dann wandte er den Blick zu Goradin und wartete geduldig. Dieser seufzte nach einigen Augenblicken und sah ein, dass er nichts an der Situation verändern konnte, des Königs Order war nicht zu umgehen, auch wenn es nicht den Wünschen des Flügelmeisters entsprach. Vielleicht wurde es ja gar nicht so schlimm mit Aden, er hatte zwar eine völlig andere Herangehensweise an die Dinge, als Goradin selbst, doch er war auf alle Fälle fähig dazu, wichtige Informationen von Unwichtigen zu extrahieren und solange er sich nicht in sein Programm der Doppelagenten einmischte, sondern sich auf die strategische Planung seiner Invasion beschränkte, würde Goradin etwas von dem Glanz seines eigenen Projektes bestimmt auch noch abbekommen. Mit dem konnte er sich begnügen. Nur die beiden Jae taten ihm leid, wie sie da verstört und teils verängstigt vor ihnen saßen und einander skeptische Blicke zuwarfen.
>Meine Herren,< begann er deshalb die Situation für die Jae aufzuklären >das ist Sir Aden Dennen, Kommandant der Herzen und Luftwaffenadmiral. Er wird den strategischen Teil unserer Gespräche leiten, während ich mich auf die Gegenspionage konzentrieren werde. Also die Aufgaben die du haben wirst, Yeon, wenn du dich erinnern kannst?<
Yeon nickte zögerlich, während Artheon den Admiral nicht aus den Augen ließ. Dieser lächelte hingegen zufrieden über seinen Sieg über Naranden und Goradin und legte seine Füße wieder auf den Tisch. >Erzählt mir über Nemuraq?<
>Nemuraq?< fragte Artheon mit zitternder Stimme und blassen Wangen, woraufhin Aden mit den Augen rollte >Ja, Nemiraq. Eine gigantische Wüste im Nordwesten?< er wandte sich zu Goradin >Wie sollen die uns noch einmal nützlich sein?<
>Wir wissen wo Nemuraq liegt.< entgegnete Yeon mit feindselig zusammengekniffenen Augen >Aber was genau willst du wissen? Euer Ehren.<
Aden grinste >Sind sie jetzt Verbündete der Lituolier, oder nicht?<
Die beiden Jae wussten, dass der Luftwaffenandmiral nicht so geduldig wie Goradin war, sie konnten es an seiner alleinigen Präsenz erahnen und so sahen sie sich dazu gedrungen etwas zu antworten, doch sie waren sich nicht ganz sicher, was sie sagen sollten. >Die Gespräche darüber liefen noch, als wir gingen.< antwortete Yeon schließlich und Arheon schluckte hart. Es war die Wahrheit, doch sie waren sich nicht sicher, ob die Manengrunder mit dieser Aussage zufrieden sein würden. Aden lächelte und schüttelte den Kopf >Bevor sich die Nemuraqer auf etwas festlegen, zerschmelzen die Gebirge und versteinern die Meere. Es ist unmöglich mit ihnen zu einem Abschluss zu kommen.< seine Stimme klang sanfter dabei, als sie es erwartet hatten. >Doch wie sah das die lituolische Seite? Waren sie überhaupt noch daran interessiert, Nemuraq als Verbündete zu haben?<
Artheon dachte an seine beiden Cousins, Jaenun der frustriert über die Absage des reichen Camos zu einer Allianz mit Lituolien, Jaeran losgeschickt hatte, um wenigstens einen Verbündeten für ihr Reich zu finden. Ja, es war den Lituoliern wichtig, doch wer wusste, was der Held der Jae in der Wüste bewirken konnte, oder ob er überhaupt lebend bis zum nemuraqischen Eidechsenkönig vorstoßen würde.
Er gab sich schließlich einen Ruck um zu antworten >Ich denke, dass es auf der Hand liegt, wie dringend die Lituolier mit Nemuraq ein Bündnis hatten schließen wollen. Sie werden diese Hoffnung nicht einfach wegen kleinen Verzögerungen wegwerfen.<
Aden lächelte finster >Na dann wünsche ich ihnen viel Glück damit.< er musterte die beiden Jae für einen Moment und deutete mit dem Kinn auf Yeon >Also du sollst zurückgeschickt werden und dort spionieren?<
Der Angesprochene nickte und Goradin sah sehr unzufrieden aus >Ja und das hier ist Jaearty, er wird dir beim Planen helfen.< kommentierte der Flügelmeister schnell, um Adens Aufmerksamkeit von der gesamten Spionagemission abzulenken.
>Sehr nett, der Verstörtere der Beiden. Und was wenn ich den anderen will? Dieser hier scheint seine Stimme immer mal wieder verlegt zu haben.<
Artheon schluckte hart und sagte nichts dazu, sein Blick wurde leblos seine Haltung verschlossen. Er musste schließlich nicht helfen, der Manengrunder wollte etwas von ihm, nicht umgekehrt. Der Admiral lächelte süß und sah Artheon direkt an, dann meinte er mit sanfter Stimme >Doch ich hörte, dass du sehr intelligent sein sollst, also lass uns zusammen arbeiten, in Ordnung? Für Intelligenz bin ich bereit, mich zusammenzureißen.<
Skeptisch blickten beide Jae auf und sahen dann hilfesuchend zu Goradin, der einen ebenso ungläubigen Gesichtsausdruck hatte, doch schließlich mit den Schultern zuckte und auf ein neues Pergament, die Imformationen über Panareen und Nemuraq aufschrieb. >Wie schön, dass du endlich einmal zufrieden bist und nicht wegen jedem Wehwehchen zum König läufst.<
>Er läuft auch wegen jedem Wehwehchen zu mir.< antwortete Aden schulterzuckend.
Mit diesen beiden zusammen zu arbeiten, erschien den Jae als kräftezehrende Aufgabe.
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