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37.3. Jaeran


Mit dem Wunsch ein paar nette Worte mit Silwan zu wechseln, trat der Jae am Morgen an das Zelt der Chorrdame. Doch er erkannte schnell, dass sie beschäftigt war und setzte sich deshalb vor den Brunnen, auf eine Sandbank und putzte gemächlich seine Waffen. Er hatte von dort aus einen guten Blick auf Silwans Zelt, war aber auch nicht aufdringlich nahe, sodass er nicht störte. Zumindest für seine Auffassung. Als dann endlich Mehin, mit den traumhaften Rundungen und den schönen Augen, noch immer halbnackt, aus dem Zelt stieg, senkte Jaeran sofort den Blick. Respektvoll, wie er hoffte.

Mehin bemerkte ihn jedoch nicht und beeilte sich, um am Brunnen vorbei, zu der Ratssitzung zu gelangen. Jeder im Widerstandslager der Nemuraqer war im Rat und hatte eine Stimme. Es gab keinen Anführer, keinen König, keine fixen Regeln. Alles wurde verhandelt, jeder durfte mitstimmen. Jeder, der sich Nemuraqer nennen konnte zumindest. Die beiden Lituolier hatten dadurch viel Freizeit, zwischen den Scharmützeln gegen die Manengrunder, denn die Entscheidungsfindung im Widerstand, war zwar fair, doch auch sehr zeitintensiv.

Wie viel die Nemuraqer selbst von ihrem neuen System hielten, war sehr unterschiedlich, wie Jaeran durch zahlreiche Gespräche erfahren hatte. Manch ein Kämpfer war Feuer und Flamme für die revolutionären Ideen und deren Umsetzung, so wie der junge Omit zum Beispiel. Üblicher Weise redete er nicht viel, doch wenn er einmal los gelegt hatte, dann sprach er davon, dass er und seine gleichdenkenden Freunde, ihrer neuer Verwaltungsform eine wissenschaftlich theoretische Grundlage geben mussten. Anscheinend reichte es nicht, dass man einfach ehrlich war und gestand, dass man keine Lust mehr auf strikte hierarchische Konzepte hatte. Laut Omit musste man dem neuen System, im Nachhinein eine kohärente Ursprungsgeschichte aufdrücken, um die Idee in der Welt verbreiten zu können. Nur wenn man in anderen Ländern Nachahmer fand, würde das System stabil bleiben. Andernfalls könnte der nächste Feind, ihre Innovation als Einladung sehen und die Macht an sich reißen.

Ein Manifesto musste her und um dieses zu verbreiten, war Silwan auserkoren worden. Da sie nicht kämpfen konnte und auch nicht kämpfen lernen wollte.

Jaeran verstand von all dem nur sehr wenig. Es gefiel ihm jedoch. Als Fürst der kein Fürst sein wollte, passte diese Selbstverwaltung ideal auf seine Vorstellungen. Mehr musste er nicht wissen.

Das einzige Problem sah er in Silwans Liaison mit Mehin. Denn diese war definitiv nicht so überzeugt von der neuen Methode, die man in Nemuraq einführen wollte. Sie war dem Widerstand beigetreten, um für ihr vernichtetes Dorf Rache zu nehmen. Die Politik interessierte sie nur wenig.

Und so sah es wohl auch ein Großteil der Mitglieder dieser neuen Struktur. Viele verfolgten ein anderes Ziel und sahen den Widerstand nur als Sprungbrett an. Oder Teile der Idee, widersprachen den Vorstellungen der Mitglieder, wie das bei Kaphan und seiner Schwester Deyza der Fall war. Diese beiden waren sich zwar einig, dass Nemuraq der Geburtsort der Bürgerbestimmung sein sollte, doch sie hielten an der Isolationspolitik des Landes fest. Die Botschaft, dass anarchistische Systeme funktionieren konnten und man das auf dem ganzen Kontinent umsetzen sollte, war für sie eine Gefahr. Es sollte sich weiterhin niemand um Nemuraq kümmern, denn wenn das Reich wieder auf der Landkarte aufschien, könnte ja jemand auf die Idee kommen, Ansprüche zu stellen.
>Denkt an die T.< davon war stets die Rede >Die T, die alles aufgefressen haben.< Denn die T wurden nicht gefragt. Sie hatten genau so wenig Stimmrecht, wie dies Jaeran und Silwan hatten und dadurch könnten sich die Lituolier ja, als Schutzmacht ihrer Leute, in die Belange der Nemuraqer einmischen. Oder so ähnlich wurde dieses Schreckgespenst an die Wand gemalt.

Jaeran wusste nicht, welche Strategie die Beste war, doch er wurde auch nicht gefragt. Den Göttern sei Dank, musste man sagen, denn für Jaeran war das auch alles im Moment zu kompliziert. Ihm wurde nur gesagt, welches Nest der Manengrunder anzugreifen war und er attackierte es willig. Er mischte sich nicht einmal in die militärischen Entscheidungen ein, denn seine Aufgabe war es schlicht, dieses Land zu befreien.

Als er sich gerade fragte, wie Yaims die Sache eigentlich sah, versuchte sich Silwan gerade aus dem Zelt zu stehlen. Sie verdeckte die roten Flecken nur notdürftig, die auf ihrem schokoladebraunen Hals violett wirkten und von Mehins Lippen stammten, denn sie hatte keinen Spiegel, um zu wissen, wie ihr Tuch liegen musste. Und so versuchte Jaeran Behilflich zu sein. Er trat näher an sie, begrüßte sie auf eine hoffentlich unverbindliche Art und richtete ihr Tuch >Wollte mich nur ergebenst wieder zurück melden. Ich habe den Kampf überlebt.<

Silwan sah peinlich berührt darüber aus, dass Jaeran wohl die roten Flecken für genau das erkannt hatte, was sie auch waren und trat einen Schritt zurück, um sich das Tuch selbst zu richten >Ich hatte nur... ich wollte nur... etwas Wasser holen.< murmelte sie.

Jaeran verfluchte sich dafür in Gedanken, dass er die Situation für Silwan unangenehm gemacht hatte. Er wusste nicht genau, wie das Gespräch zu retten war, also versuchte er eine Deeskalation. Gleichzeitig, fiel ihm ein, dass er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagend, auch sein Wissen über die chorrische Sprache auffrischen konnte. Als Zeichen des guten Willens, sozusagen, schließlich musste nicht jeder wissen, worüber sie sprachen. Wobei sich Jaeran nicht sicher war, welche Mitglieder des Widerstandes auch dem Chorrischen kundig waren. Manchmal war es schließlich erstaunlich, wie viele Sprachen die Leute um ihn herum beherrschten und eigentlich war es auch bei näherer Betrachtung erklärbar, bei solch einem diversen Land wie Nemuraq. Er wusste von ein oder zwei Mitgliedern, die auch Pheen verstanden, da sie aus Abrasers stammten, an der Grenze zu Loreen.

Als er Silwans ungeduldigen Blick wahrnahm, wusste er, dass er sich wieder in belanglosen Gedankensalat verstrickt hatte und sein Gegenüber ihm wohl Sekunden oder gar Minuten lang dabei zusehen hatte müssen, wie sein Blick im Nichts verschwunden war.

Er räusperte sich also verlegen und kramte sein schönstes Chorrisch hervor >Nein, du brauchst dich nicht verschämen. Für die Liebe die Ihr gefunden seid.<
Silwan war eine strenge Lehrerin >Ich schäme mich doch gar nicht und ich habe auch keine Liebe gefunden. Das ist nur Lust.<
Jaeran versuchte diese Lektion jedoch in sein Hirn zu saugen. Schämen. Liebe finden.

Zum Glück holte ihn Silwan jedoch gleich wieder in das Hier und Jetzt zurück und zwar in der Gemeinsprache >Dieser Akzent klingt auch, als hättest du ihn von Daiv gelernt. Nur Seegurken schwatzen so. Du musst versuchen gehobener zu sprechen. Vor allem vor der Königin.< dann wechselte sie wieder in das Chorrische >Die ich übrigens noch immer am nächsten zu meinem Herzen trage.<
>Lust oder Liebe.< kommentierte Jaeran und richtete sich auf. Er versuchte dabei philosophisch auszusehen, denn er hatte Kaphan beobachtet, als der seine Reden gehalten hatte und befunden, dass man so viel beeindruckender wirkte. >Es scheinet mir, dass es dünkt, dass das ein oder andere, ob Liebe oder Lust meine ich, doch das Ende des Krieges vorher sagt. Mehr und mehr wenden sich den Bindungen zwischen zwei...Leuten...zu. Die Leute wollen nicht mehr des Kampfes tätig sein.<
>Das war jetzt besser. Aber zu geschwollen.< kommentierte Silwan und lächelte.
Auch Jaeran wurde davon angesteckt und lächelte mit.

>Und was ist mit dir, du großer Held? Willst du nicht den Bindungen zwischen den Leuten fröhnen? Deyza scheint großes Interesse daran zu haben, von dir gegen eine Wand gedrückt zu werden.< fragte Silwan und meinte es wohl als Scherz, denn sie lächelte verschmitzt unter ihrem Tuch hervor. Doch Jaeran kannte den Unterschied zwischen den Akzenten nicht und da Silwan so selten Scherze machte und er ihr solch derben Humor auch gar nicht zugetraut hatte, entging ihm vollkommen, dass sie es nicht ernst meinte und absichtlich wie eine Seegurke klang.

Sie verlor Jaeran also wieder ein paar Sekunden im Narrenkastel, bevor er mit schuldbewusster Miene sagte >Ich habe noch Verbindungen zu Leuten.<
Denn er konnte sich nicht mit reinem Herzen Jaeho zuwenden, da er noch immer, so wie Silwan das zu seinem unermesslichen Gefallen ausgedrückt hatte, den verstorbenen Jaelamee so nahe an seinem Herzen trug. Und mit Deyza konnte er sich nicht vergnügen, da er Jaeho zu nahe am Herzen trug. Betrübt wollte er darüber aber nicht sein. Er redete sich fest ein, dass ihm nichts fehlte und schob die Regenwolken über seinem Kopf beiseite.

>Ich versteh schon. Es ist wegen Jaelamee von Vjeja.< murmelte Silwan und legte ihre Hand auf seinen Oberarm >Du bist ein besonderes Individuum, Bruder.< sie hatte dabei das chorrische Wort für Bruder verwendet. Kanahb. Ein schwieriges Wort zum Aussprechen, denn das h klang mehr nach einem k und das b nach einem p. Doch es rollte so melodisch von Silwans Zunge, als wäre es für sie erfunden worden. Und sie verwendete es in letzter Zeit öfter und damit ging auch die besondere Bedeutung in Jaerans Gedanken verloren. Er amüsierte sich über einen anderen Punkt >Manche versuchen mich mit solch einem Satz zu beleidigen.<
Sie lächelte gutmütig >Ich nicht.<

Noch immer Jaelamees Tod in den Knochen spürend, befand Jaeran, dass dringend ein Themenwechsel her musste >Sie beraten gerade darüber, ob man den Stamm der Naurabuten auch zum Widerstand einladen sollte. Wir sind fast an der Grenze zu ihrem Gebiet.<

Silwan streckte all ihre Muskeln bevor sie antwortete, gähnend wie eine Katze >Ich kann mir nicht erklären, warum dieser ganze Prozess so ewig braucht. Wir haben nicht genug Kämpfer, also benötigen wir mehr. Ganz einfach. Aber die mit ihren Abstimmungen, müssen ja alles wieder komplizierter machen, als es sein müsste.<
>Nun,

es gibt viele Stämme, die eigentlich mit den Naurabuten verfeindet sind. Diese haben bedenken. Aber eigentlich solltest du das doch erklären können, oder? Bist du nicht dazu auserkoren, das Manifest zu verbreiten?<

Silwan schnaubte durch die Nase >Diesen Wahnsinn verbreite ich sicher nicht. Als würde ich wirklich die Macht unserer Königin untergraben. Nein, ich warte hier nur geduldig, bis wir endlich wieder nach Hause können. Es wird eh höchste Zeit! Ich habe diese Wüste so satt!<

Etwas zwickte in Jaerans Brust plötzlich unangenehm. Eine Wahrheit, die er sich bis jetzt noch nie eingestehen hatte müssen, doch nun als Antwort auf Silwans Aussage, in seinen Kopf schoss. Er presste die Lippen aufeinander und starrte in die Luft, doch die Chorr hielt ihn gleich davor zurück, abzuschweifen >Was? Denkst du wirklich das Anarchie funktioniert?<

Jaeran presste seine Lippen noch fester aufeinander. Er wusste nicht, ob Anarchie funktionierte, oder nicht. Doch was er wusste war, dass er sich schon länger überlegt hatte, vielleicht gar nicht mehr nach Lituolien zurück zu kehren. Hier in Nemuraq war das Leben einfacher, auch wenn das Überleben viel schwerer war. Doch hier machte er schlicht, wofür er bei den Weißen Klingen ausgebildet worden war. Er befolgte ambitionslos die Befehle, die sich der Rat für ihn ausgedacht hatte. Hier musste er die Enttäuschung von Jaeho nicht ertragen, oder den möglichen Kriegstod eines seiner Familienmitgliedern, nicht verkraften. Er war verantwortungs- und bindungslos und konnte auch noch Gutes tun.

Silwan kannte ihn jetzt schon lange genug, um auch diese Gedanken zu erraten >Oh nein!< sagte sie mit angespanntem Gesicht, vielleicht sogar etwas Angst in der Stimme >Kanahb, du wirst mich sicher nicht alleine lassen. Wir haben die Mission zusammen begonnen, wir werden die Mission auch zusammen beenden!<
>Die Mission ist schon längst gescheitert. Jetzt geht es für mich nur noch darum, dich gesund über die Grenze zu bringen. Zu deiner Königin.<
>Unserer Königin!< insistierte Silwan und ihr erst sanfter Griff um Jaerans Oberarm, wurde fester >Ich gehe nicht ohne dich! Ich würde mir die ganze Zeit Sorgen machen. Und denk an deine Familie! Deine Cousins, deine Tante und dein Fürstentum. Dein Hirsch wird nicht all deine sozialen Kontakte ersetzen können. Auch wenn Namrehs sehr süß ist.<
>Ich könnte hier neue soziale Kontakte knüpfen.< versuchte sich Jaeran schwach zu verteidigen, doch Silwan war so unnachgiebig wie immer >Vor denen du dann auch wieder weg läufst, wenn du dich wegen irgend etwas schuldig fühlst?< ihre Stimme wurde sanfter >Ich würde dich vermissen. Ich will nicht, dass du gehst. Ich hasse es jedes mal, wenn sie dich in den Kampf schicken.<

Sie hatte ihm vor ein paar Wochen erzählt, dass sie sich hin und wieder dazu hinreißen ließ, Jaeran als Anlass zu nehmen, sich an ihren verstorbenen Bruder Nehal zu erinnern. Jaeran war nicht wirklich wie Nehal. Dieser war stur, fokussiert und ambitioniert gewesen. Er war auf dem Marineschiff Falcinensis gefahren und hatte bis zu seinem Ende Piraten gejagt.

Doch Silwans Drang nach jemandem, mit dem sie sich sicher fühlte und mit dem sie sich austauschen konnte, war größer, als diese Unzulänglichkeiten.

>Dabei kannst du die Eigenschaften, die du so dringend bei anderen suchst, bereits in dir selbst finden.< prasselte es aus Jaeran heraus, ohne dass es ihm bewusst wurde, dass er seinen Gedankengang gar nicht wirklich zur Gänze ausgesprochen hatte.
>Bitte was?< fragte da Silwan.


Doch Artheon und Jaenun nicht. Die schienen beide noch jemanden zu brauchen, der auf sie acht gab. Jaeho vermutlich auch >Aber niemand versteht, welche Nervosität mich überkommt, wann immer ich mich der lituolischen Grenze nähere. Ihr alle wisst nicht, welch schlimmen Dinge ich im Manengrunderreich getan habe. Damals im Krieg. Dinge für die Jaesore von Hamir, mich in Schutz genommen hat.<
Nur Jaeho wusste davon.

Silwan ließ Jaerans Arm los. Sie legte den Kopf schief und mustert ihn von oben bis unten. Ihre Frage schien wohl zu sein, ob er sich verrückter als sonst anstellte, doch diesen Test bestand er anscheinend.
>Das ist mir egal. Du kannst nicht einfach hier bleiben. Unser Reich braucht dich.<
>Noch ist ja nichts entschieden.< versuchte Jaeran zu beschwichtigen und überlegte, welchen Gott oder Geist oder Sterblichen er um Rat fragen könnte.

Silwan jedoch, befand die Entscheidung bereits für abgehakt >Ich werde uns beide wieder nach Hause bringen und dafür werde ich diesen Ratsmitgliedern jetzt in den Hintern treten.< sie zupfte sich das Tuch von den Schultern und entblößte damit die roten Flecken auf ihrer Haut. Die Geliebte eines Ratsmitgliedes zu sein, verschaffte ihr sicher etwas Einfluss und so stapfte sie selbstbewusst durch den sich immer weiter aufheizenden Sand, zum Versammlungszelt.

Jaeran bewunderte sie dafür außerordentlich.

Es war umstritten, welchen Effekt Silwans Erscheinen im Rat nun wirklich bewirkt hatte. Manch einer behauptete, dass die Diskussion dadurch tatsächlich schneller beendet worden war, andere vertraten jedoch die gegenteilige Meinung. Fest stand jedoch, dass man sich nun endlich dazu entschieden hatte, am Abend, die Grenze in das Gebiet der Naurabuten zu übertreten und deren Anführerin darum zu bitten, sich mit ihrem Stamm, dem Widerstand anzuschließen. Vielleicht war sich Silwan dadurch auch sicher, dass nun die Diskussion mit Jaeran ebenfalls vorüber war, doch für den Jae war die Farge noch immer nicht geklärt. Natürlich war er abgelenkt von seinen Sorgen und Silwan tat recht daran, diese Taktik zu nutzen, um Jaeran abzulenken, doch der Gedanke hatte sich nun schon in seinem Kopf fest gesetzt. Was wenn er einfach nicht mehr zurück kehrte?

Er kaute auf dem Stiel seiner Pfeife herum und wartete am Brunnen auf den heran brechenden Abend, obwohl die Sonne auf ihn herunter brannte und nur ein kleines Schattendach als Brunnenhäuschen diente, unter das er sich verzogen hatte. Die Hitze spürte er nur unterbewusst, der Gedanke an seine Heimat, ließ die blonden Haare auf seinen Armen senkrecht stehen, als würden eisige Finger seinen Rücken entlang fahren. Schweiß tropfte von seinem Kinn, doch man konnte nicht sagen, ob durch die heiße Luft hervor gerufen, oder durch Nervosität. Bis jetzt war er immer wieder zurück gekehrt gewesen. Trotz dem Hauch der Vergangenheit, den er überall sehen konnte, wie ein niederdrückender Schleier, der die Farben des goldenen Minzkas matt werden ließ.

Vjeja lag ruhig doch verstaubt vor seinem inneren Auge. Kein Ton durchbrach die Stille, keine lieblichen Flöten, die Jaelamees Lieblingsinstrument gewesen waren. Die Blumen aus Glas alle samt niedergedrückt, voller Spinnweben und zerbrochen. Keine Briese wehte durch die Hallen seines Verlobten, kein Licht berührte die geschnitzten Tische, das Bett, die Galerie, auf der Jaelamee so gerne gefrühstückt hatte. Der Brunnen des Schlosses war verstopft, es floss kein Tropfen Wasser mehr in die eingestaubten und nun schmierigen Brozewannen, kein Duft von Federnelken aus dem Garten, erfüllte die nun drückende Luft.

Da war nichts mehr zu machen. Niemand konnte Vjeja reparieren.

Doch vielleicht konnte man in Vijen noch helfen. Sollte man vielleicht auch. Sollte er.
Wäre das nur so einfach. Eigentlich wollte er gar nicht an Vijen denken, an all die Chancen die er verpasst hatte, um ein guter Freund zu sein, nur weil er von Anfang an nicht zwischen Lust und Liebe hatte trennen können, so wie Silwan das tat. Sie war solch eine weise Frau und Jaeran war solch ein Narr. Er hatte doch nur versucht, Jaeho nicht zu verletzten. Und dann war es geschehen, er hatte Jaeho verletzt und dann wieder und wieder und wieder. Die Leute sagten, dass Jaeran die Eigenschaften eines treuen Hundes besaß, doch das selbe konnte man auch von Jaeho behaupten und seiner unglaublichen Geduld. Der Hoffnung in seinen Augen, dass sich die Dinge irgend wann einmal ändern könnten.

Aber war all das Jaeran vorzuwerfen? Wie konnte man weise Entscheidungen von einem Mann verlangen, der bereits als Kind schon dafür belohnt worden war, folgsam und ambitionslos zu sein. Die Erwartungen um ihn herum, nicht nur zu erfüllen, sondern auch noch im Vorfeld zu erraten. Als Mitglied der Weißen Klingen, war er nicht dazu erzogen worden, auf seine eigenen Gefühle zu hören.


Jaeran schüttelte der Kopf, um den Gedanken aus seinen Ohren heraus zu katapultieren. Er ertrug es nicht, sich länger damit zu belasten, denn er spürte bereits, wie sich seine Brust zu schnürte und wie saure Tränen die Ecken seiner Augen benetzten.

Dann Minzka. In Minzka könnte er noch etwas Gutes tun.
Würde ihn Jaeartheon nicht immer mit diesen großen grünen Augen ansehen.
Jaeran war der Ältere, es war nur natürlich, dass Arty ihn als Vorbild ansah, doch die Verantwortung für jemanden zu haben, der dem eigenen Weg folgte, erdrückte Jaeran beinahe. Er wusste doch selbst nicht wo er hin ging, er hatte nur gelernt, wie man stoisch einen Fuß vor den anderen setzte. Und so konnte er alle klugen Fragen von Artheon nicht wirklich beantworten. Wie wurde man denn ein perfekter Mann? Was ist denn typisch männlich?

Jaeran hatte versucht zu argumentieren, dass Artheon bereits ein perfekter Mann war und gar nichts an sich ändern brauchte. Das hatte den jüngeren natürlich nicht überzeugt. >Warum halten mich dann alle für ein Mädchen, Juvi? Es muss einen Weg geben, wie ich dir ähnlicher werde. Vielleicht sollte ich breitbeinig gehen. Oder strammer sitzen. Oder lauter sprechen.<
Und es war wahr, Jaeran sah aus wie ein Bulle. Muskeln wie ein Bär, groß wie eine Tanne. Niemand würde ihn für ein Mädchen halten. Und dennoch, war Jaeran davon überzeugt, dass Artheon der perfekte Mann war. Denn all dieser äußerliche Kram, konnte doch nicht das sein, was einen Mann ausmachte. Das wäre doch absurd! Denn Choyon war eine Frau, auch wenn sie als Mitglied der Weißen

Klingen, ebenso beeindruckende Muskeln hatte wie Jaeran und fast eben so groß war. Silwan redete laut. Und Chori saß stramm.

>Du bist der perfekte Mann, weil du in dir selbst ein Mann bist.< hatte Jaeran versucht, seine Gedanken zu erklären.
>Die Leute können aber nicht in mich hinein schauen.<
>Dann müssen die Leute eben mehr zuhören und dürfen nicht so viel schauen.< hatte er geantwortet und insgeheim gehofft, dass er so weiteren Einwänden entging. Er wusste doch selbst nicht was er da sagte. Man hielt ihn nicht für ein Mädchen, weil er wie ein Mann aussah. Und er fühlte sich wie ein Mann. Gleichzeitig liebte er es aber zu stricken und wohlriechende Tinkturen, die das Badewasser bunt färbten. War das männlich? In seiner Kultur nicht, doch dennoch zweifelte niemand an Jaerans Geschlecht. Vielleicht kam es doch nur auf das Aussehen an. Doch warum fühlte sich Artheon dann männlich? Und was war mit Jaetru? Von Jaetru wusste Jaeran, dass dieser männlich aussah und sich manchmal männlich fühlte. Doch manchmal auch nicht. Und Jaeloha hatte sich schon öfter die Haare abgeschnitten, um wie ein Mann auszusehen. War aber trotzdem eine Frau. Weil sie sich so fühlte.

Und was war mit Frauen? Die bekommen die Kinder. Doch Jaeran kannte viele Frauen, die alle keine Kinder hatten. Waren das keine Frauen?
Natürlich waren das Frauen, das war doch absurd!
All das war absurd, doch er konnte nicht helfen. Er konnte der Welt die Absurdität nicht nehmen und Artheon auch nicht das antworten, was der Kleine hören wollte. Denn es gab keinen totsicheren Weg, wie die anderen Leute Artheon akzeptieren würden. Er musste den anderen sagen, wie er sich fühlte.
>Für mich bist du der perfekte Mann. Ich kann noch viel von dir lernen.< hatte er also gesagt und es auch so gemeint.


Doch das war nur eines der Themen, mit denen Jaeran von Artheon konfrontiert wurde. Denn der Knirps lief ihm hinterher, wo auch immer Jaeran hin ging und inspizierte alles, was sich auch Jaeran ansah. Er hörte sich alles genau an, wenn der Ältere etwas zu sagen hatte und sog jedes Detail wie ein Schwamm auf.
Wie geht das? Und warum hast du das gemacht? Und was hältst du von diesem? Und jenem? Und gibt es da noch mehr? Juvi, glaubst du das? Und wie ist man ein perfekter Mann? Wie ist man ein perfekter Mann, Juvi? Juvi?

Das selbe hatte auch schon Jaeho getan, als sie noch Kinder gewesen waren.
Die Fragen hatten mit Artheons Alter abgenommen, doch der scharfe Blick, mit dem der Junge alles beobachte, das Jaeran tat, war geblieben.
Vielleicht war es gut, wenn er weiterhin weg blieb, auch wenn es ihnen beiden das Herz brach. Es gab da nämlich ein Sprichwort aus Kiwandra: Die Junge Möwe findet nur ihren eigenen Weg, wenn sie sich verirrt hat.

Jaenun könnte auch seine Hilfe gebrauchen. Der Junge, den er vor so vielen Jahren gerettet hatte, um ihm jetzt dabei zuzusehen, wie er sich wieder in Gefahr brachte. Sein Herz rutschte ihm in Gedanken bis in die Zehenspitzen. Was könnte er Jaenun denn schon vom Regieren erzählen? Schließlich war Jaeran ein Fürst, der nicht Fürst sein wollte. Er war ein Werkzeug, von den Ordensbrüdern dazu ausgebildet, die Befehle seiner Herren auszuführen. Das bedeutete hier zuschlagen, wenn er zuschlagen sollte und dort einen Schlag kassieren, wenn er als Schild dienen musste. So konnte man kein Land regieren. Und selbst diesen einfachen Regeln konnte er nicht folgen, wenn er ständig auf Wanderschaft war. Das selbe galt für das Gefühl, eine Familie zu haben, das sich Jaenun so wünschte. Wie konnte er ein guter Juvi sein, wenn er am Liebsten den Kontinent verlassen würde.

Nein, Chori war ein besseres Vorbild, wenn es darum ging, wie man richtig ein Land regierte und Jaeho war der bessere Juvi.

>Du beißt den Stiel noch durch.< meldete sich eine Stimme neben Jaeran und riss den Jae dadurch aus seinen Gedanken. Sie gehörte Yaims, der sich unerwarteter Weise zu Jaeran fallen ließ und ihm einen Krug reichte >Wasser?<
Dankend nahm er den Krug an und trank in großen Schlucken. Er hatte gar nicht bemerkt, wie lange er bereits im heißen Staub gesessen war. Es fiel ihm jedoch nun auch auf, wie Yaims Blick zu seiner Pfeife wanderte. >Ich hab kein Varicin mehr. Alles aufgebraucht.< murmelte er verlegen lächelnd und und streckte seine Hand aus, beschwichtigend, wie wenn man einer bettelnden Ziege, die blanke Handfläche zeigte. Yaims nickte abwesend wirkend.

Es trat eine Stille ein, die Jaeran bald unangenehm wurde >Na? Für dich geht es wohl endlich zurück nach Hause.<
Yiams sah nun wieder auf, nahm den leeren Krug und drehte ihn durch den Sand, als wäre er ein schwerfälliger Kreisel >Ich kann nicht behaupten, dass ich besonders erfreut darüber bin.<
Jaeran spitzte die Ohren und stupste Yaims mit dem Ellenbogen an >Na dann erzähl mal.< sagte er in Nemi.
Auch Yaims wechselte nun in die Sprache seines Volkes, es war ihm so einfacher, seine Gefühle auszudrücken >Nun, du weißt doch, dass ich dich und Silwan betrogen habe, um von dort weg zu kommen. Euch habe ich erzählt, dass ich euch nach Wüstenrast bringe und zu Hause wollte ich erzählen, dass ihr mich entführt habt, sollte etwas schief gehen.<
>Ich erinnere mich daran.< meinte Jaeran, der es schon gewohnt war, dass Yaims manchmal Lücken hatte, wenn es darum ging, sich zu merken, was er wem bereits erzählt hatte.

>Schon gut. Also das kann ich jetzt schlecht durchziehen. Wenn ich euch und den ganzen Hühnerstall mitbringe. Den Widerstand meine ich. Meine Güte, meine Mutter wird sich fragen, was sie da großgezogen hat. Ich beim Widerstand!<
>Doch eigentlich machst du doch tolle Arbeit hier. Du kannst stolz auf deine Leistung sein.< versuchte Jaeran zu trösten, doch Yaims hatte nicht wirklich die Geduld dafür >Blödsinn! Du machst tolle Arbeit! Du ziehst dein Schwert durch die Luft. So bam! Und zisch! Und hackst die Manengrunder nieder.<
Jaeran sah beschämt zu Boden. So hätte er seine Kunst nicht beschrieben.

Yaims bemerkte das natürlich nicht >Dich sollten meine Eltern adoptieren. Du solltest den Stamm der Naurabuten als ihr Nachfolger anführen. Mein Vater, Melon - du erinnerst dich an ihn?<
>Ja, er hat uns gefangen genommen.<
>Ah, ja genau. Also der würde dich bestimmt lieber als Sohn haben.<

Jaeran musterte Yaims von Kopf bis Fuß. Knochig und klein, seine Schultern immer hoch gezogen, wie die angelegten Flügel eines Geier. Ein unbeholfener Kerl. Doch trotzdem so verletztlich und wertvoll und würdig Liebe zu erfahren. >Yaims, was sagst du da?<
>Nur was mein Vater schon immer gepredigt hat. Stärke ist Stärke und Schwäche bist du.<
>Das Sprichwort kenne ich noch gar nicht.< murmelte Jaeran. Sein Herz füllte sich mit Mitgefühl, wie dies Yaims schon oft bei ihm ausgelöst hatte, doch ihm fehlten die Worte, um zu helfen. Wieder einmal.

Yaims war jedoch jemand, der so und so nur das hörte, was er hören wollte >Ja ich weiß. Mein Vater ist nicht sehr clever, oder wortgewandt. Von ihm habe ich auch die Problemlösungsstrategie gelernt, dass man ein Problem solange anschreit, bis es von selbst verschwindet. Sehr nützlich, ich weiß.< murmelte er mit einem sarkastischen Lächeln und ins Nichts starrend.
>Mein Vater wollte auch, dass ich ein großer Fürst werde. Eigentlich. Zumindest bevor er mich zu den Weißen Klingen gesteckt hat. Eltern liegen nicht immer richtig.< versuchte Jaeran zu trösten.
Yaims zuckte mit den Schultern >Meine Mutter ist aber noch schlimmer. Wenigstens dreht sich mein Vater hin und wieder um und schaut, wo ich denn bitte schon wieder bleibe. Warum ich zugedröhnt irgendwo liege. Ob ich zum Kampftraining gehe. Meine Mutter hat schon längst aufgegeben. Sie spricht eine andere Sprache als ich. Aber die anderen hier beim Widerstand wollen, dass ich die Naurabuten dazu bringe, sich uns anzuschließen. Verstehst du? Ich kann das nicht! Ich brauch deine Hilfe. Du musst mich zurück nach Wüstenrast bringen.<
>Wüstenrast ist bereits von den Manengrundern eingenommen.< merkte Jaeran an, weil er sonst etwas zu überfordert war, um etwas anderes zu sagen.

Yaims sah plötzlich leidend aus und fuhr sich stöhnend über sein Gesicht >Verdammte Manengrunder. Retinaqs! Und verdammte Widerstandskämpfer. Ich muss hier weg, verstehst du?<

>Ja, ich verstehe!< entfuhr es Jaeran plötzlich freudig strahlend und er blickte nach oben in den wolkenlosen Himmel, der solche Pracht entfaltete, dass er in der Hitze fast weiß glühte. Den hast du mir geschickt, Jaelamee. Dachte er und seufzte, um all die Anspannung los zu werden. Danke.

>Nun gut, also hilfst du mir jetzt?< fragte Yaims, der wie üblich nicht still sitzen konnte und nervös herum zappelte. Mal spielte er mit dem Krug in seinen Händen, mal trommelte er mit den Füßen auf dem Boden herum, doch nun schien er besonders aufgeregt zu sein. Er lehnte sich vor und krabbelte fast auf Jaerans Schoß >Wo bringst du mich hin?<
>Zurück nach Hsuse.< antwortete Jaeran grinsend.
>Nein.< jammerte Yaims und schrubbte mit seinen Händen so verzweifelt über seine Wangen, dass das weiß seiner Augen aufblitzte, als seine Lieder mit nach unten gezogen wurden. >Du Troll! Du Strohkopf! Du hirnloser Muskelberg! Das Gegenteil wollte ich von dir!<
>Nein nein, wir dürfen nicht mehr vor unseren Problemen davon laufen.<
>Du bist im Moment mein Problem!<

Jaeran seufzte gutmütig und zog den aufgesprungenen Yaims wieder zu sich auf den Boden >Jetzt beruhige dich einmal. Willst du wirklich deine Chance vertun, dich mit deiner Familie wieder zu vertragen? Jetzt hast du noch die Gelegenheit dazu, ehrlich mit ihnen zu sein. Wenn du gehst, wird immer ein Riss zwischen euch bleiben.<
>Du hast mir nicht zugehört, so wie sie das nie tun! Die beiden sind unbelehrbar. Sie wollen mich zu etwas machen, was ich nicht bin.<
>Dann zeig ihnen was du bist!<
>Das ist einfach für dich zu sagen. Du hast gewiss noch nie Probleme damit gehabt, deine Eltern zu enttäuschen.<

Jaeran verzog das Gesicht und hoffte

auf eine Eingebung. Er versuchte es auf seinen klassischen Weg >Gibt es nicht ein nemuraqisches Sprichwort, das besagt, ein Löffel kann keine Axt sein, auch wenn man ihn bebettelt. Verwende die Axt als Axt und den Löffel als Löffel.<
Yaims schüttelte den Kopf >Meine Eltern brauchen aber eine Axt und keinen Löffel.<

Jaeran ließ die Schultern hängen. Objektiv gesehen, würde aus Yaims kein großer Krieger mehr werden. Er war nicht koordiniert genug und auch nicht lange genug bei der Sache, um neue Dinge zu lernen. Es war eher eine Blockade in seinem Kopf, solange er nicht daran glaubte, dass sich etwas ändern konnte, würde sich auch nichts ändern. Doch dann wiederum musste Jaeran an die Bilder denken, die Yaims für den Widerstand zeichnete. Für das Manifesto. Jaeran wünschte, dass er die hunderten von Zeichnungen zu jedem Einwohner Perunas tragen und diese jedem zeigen könnte. Dieser umständliche, ungeschickte Junge, der mit Worten und Gesten nichts anzufangen wusste, konnte sich mit solcher Präzession in seinen Bildern ausdrücken. Jaeran bewunderte so und so bereits jeden, der zeichnen konnte, doch Yaims war von all jenen, die der Jae bis jetzt gesehen hatte, der außergewöhnlichste Künstler. So wie Jaeho mit seinen Instrumenten, konnte Yaims mit Kohle und Papier, die Herzen der Leute erreichen.

Vorwiegend zeichnete Yaims für den Widerstand mit nur drei Farben: Schwarz, rot und braun. Er fing die Eindrücke ein, die von den Manengrundern über das Land gebracht wurden. Die Gefahr, die stets von oben kam. Feuerstürme, die Dörfer und Lagerplätze vernichteten, wenn die Brandbomben, für einen Moment, eine neue Sonne in den Himmel setzten. Die Adler, mit ihren Schwingen, so gigantisch wie Segel und ihrem gold schimmernden Gefieder, als würde das Licht des Morgens sie in Brand stecken. Sie waren Objekte der Schönheit in den Zeichnungen von Yaims, mächtige Geschöpfe, die wie Götter in den Himmel gestiegen waren, bevor die Manengrunder sie gezähmt und als Waffe missbraucht hatten.

Es war der erste Krieg auf dem Kontinent, von dem Jaeran wusste, bei dem in solchem Ausmaß und in solch, für die Zivilisten, quälender Weise Bomben eingesetzt worden waren. Sonst las man von Kanonen, irgendwo auf dem weiten Ozean, ein Schiff gegen ein anderes. Oder die fixierten Batterien von Baistein und Hafenanlagen. Vielleicht auch der Sprengstoff der Mineure, der eine belagerte Stadt in Atem hielt. Doch das hier war neu. Chronisten und Poeten, würden sich noch Jahrzehnte lang den Kopf darüber zerbrechen, wie man den Terror in Worte fassen konnte, den die Manengrunder über die Bevölkerung gebracht hatten. Die Gefahr von oben, eine Bombe, die jeder Zeit fallen konnte. Doch Yaims musste es nicht in Worte fassen. Er konnte es zeigen.

Die Bomben rissen in nemuraqs Erde besondere Wunden. Eine schreckliche Frage stellten die Bilder von Yaims. Gab es die Möglichkeit für Heilung?

War im Dschungel von Ahnahn und auf den Feldern von Jarenas Heimat, die Natur mit Gewissheit dazu in der Lage, wenn schon nicht den Verlust von lituolischem Leben wieder auszugleichen, wohl aber über die Narben des Krieges wieder drüber zu wachsen und die Erde selbst zu heilen, konnte sie das in Nemuraq nicht tun. Hier waren die Bedingungen zu harsch und die Zerstörung zu groß. Was hier einmal niedergebrannt worden war, wurde nur von Sand und Staub wieder besiedelt. Die Natur hatte aufgegeben.

Und die Brandbomben würden mit Gewissheit eine Erfindung sein, die in der Kriegsführung bleiben wird, da war sich Jaeran sicher. Andere Länder machtens ich gewiss bereits notitzen, um die Methoden der Manengrunder nachzubauen. Es war auch eine schrecklich effiktive Art zu töten. So anonym wie mit einem Bogen, nur aus noch größerer Entfernung und undifferenzierter. Das hatte nichts mit den Techniken zu tun, für die der Jae ausgebildet worden war. Die Tage der Mitglieder der Weißen Klingen waren angezählt. Wofür brauchte man noch Knaben und Mädchen Jahre lang in den Künsten des Schwertkampfes ausbilden, wenn man eine Tonne Brandbomben in einem Monat herstellen und sie einem Novizen geben konnte. Auch ein Mitglied der Weißen Klingen, konnte sich nicht dagegen wehren, hatte die Bombe sich ihr Ziel ausgesucht.


Doch die Bilder von Yaims. Sie waren großartig. Schaurig schön und die beste Art um mehr und mehr Nemuraqer zum Widerstand zu treiben. Man sollte sich nicht nur selbst wieder befreien, sondern auch das beschützen, was man noch retten konnte, denn darum ging es hier in dieser Wüste. Und auch von der Hoffnung, sprachen die Bilder von Yaims. Die Chance, dass aus all diesem Leid, eine neue Nation entstand und das Nemuraq, nach den Friedensverhandlungen, kein vergessener Schauplatz dieses Krieges werden würde.


>All das klingt eher nach einem Problem, das deine Eltern für sich lösen sollten, Yaims. Es ist unglaublich zu verstehen, wie sie dein Talent nicht sehen können. Weißt du, ich habe einen Freund, Jaeho. Der meint immer, dass er sich nur mit einem Zahnstocher verteidigen könnte. Jede Eigenschaft kann in den Händen eines kreativen Kopfes nützlich sein. Das will ich dir damit sagen.<
Yaims seufzte >Retinaq. Ich versuche dir die ganze Zeit zu sagen, dass meine Eltern nicht kreativ sind. Im Gegenteil. Sie wollen alles so belassen, wie es schon immer war. Das Leben in der Wüste ist hart und wer sich nicht an die Regeln hält, für den ist es auch kurz. Danach leben sie. Lieber nichts riskieren.<
Jaeran nickte langsam >Du solltest es trotzdem versuchen. Zeig ihnen deine Bilder.<
>Meine Bilder?< Yaims sah entsetzt aus, doch Jaeran lächelte zuversichtlich >Ja! Du kannst das Reden Silwan überlassen. Sie ist schließlich die Diplomatin. Doch zeig ihnen zumindest, was in dir vor sich geht. Und welche Krankheit dieses Land befallen hat.<
>Meinst du die Hoffnungslosigkeit.<

Jaeran nickte lächelnd.
Yaims nickte zögernd >In Ordnung. Ich werde vor meine Eltern treten.<



















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