37.2. Aden
A/N: Hey, uhm. Ich muss wieder vor dem Tod eines Charakters warnen. Also...seid gewarnt!
Aden starrte auf das Blatt Papier und fragte sich, warum das alles so kompliziert sein musste. Es war der nächste Nachmittag, nach seiner Unterredung mit den Moskitos.
Sein Kopf dröhnte noch immer von den Nebenwirkungen der Droge und sein Hals fühlte sich trocken und kratzig an, als wäre er in der Nacht durch Nemuraq gezogen.
>Nun, und deshalb kann das zum Problem werden.< schloss Kaukus den Bericht und warf Aden einen Seitenblick zu, der dem Admiral schnell unangenehm wurde. Natürlich kritisierte Kaukus, in dessen Innerem, den Plan von Aden, ihre Zusammenarbeit mit den Moskitos und dass Aden in der Nacht nicht wieder zurück gekommen war. Die Lituolier hatten in den Randregionen angegriffen und Kaukus hatte sich die größten Sorgen gemacht, auch wenn der Erste Offizier den Angriff natürlich routiniert und professionell abwehren hatte können. Doch all dieses Widerstreben, konnte er nicht offen sagen, also hoffte er offensichtlich, Aden mit seinem missbilligenden Starren zu durchbohren.
Aden hatte darauf jedoch keine Antwort, also ließ er den Blick zurück auf das Blatt vor ihm fallen. Es war eine Aufforderung an die Manengrunder, die Waffen nieder zu legen, sich in Kriegsgefangenschafft zu begeben, und bei den Lituoliern, gute Behandlung und Frieden zu erfahren. Es war kunstvoll formuliert, besser als es Aden nun zusammen fassen konnte und musste überaus attraktiv auf die einfachen Soldaten wirken. Das war auch das Problem. Laut dem Bericht von Kaukus, hatte ihr Geheimnis geschätzt, dass etwa zwanzig Prozent der Soldaten, trotz ihrer Befreiung, wieder desertieren könnten, um in Kriegsgefangenschaft zu bleiben.
>Ich verstehe.< kommentierte er deshalb nur. Es gab nichts, was er dagegen tun konnte, dass sich einige der befreiten Soldaten nicht befreien lassen wollen würden. Er mussten wohl versuchen sie aufzugreifen und sie dann wieder, auf ihrer Seite des Dschungels, in den Kerker werfen.
Wogegen er auch nichts tun konnte war hingegen der hartnäckige Gedanke, der sich in seinem Kopf fest gesetzt hatte, dass Artheon diese Propaganda verfasst haben musste. Es klang nach dem Spion. Doch jetzt, da Aden wusste, dass Artheon wieder zu Hause auf der Gegenseite war, hätte wohl jegliches Schreiben für ihn so geklungen, als würde es aus dessen Feder stammen. Es war ihm peinlich, dass sein Verstand jegliche Verbindung zu dem Jae suchte, dass er sich einbildete, Artheon in jedem Tintenstrich zu sehen. Wann war er so leer geworden? So abhängig? So selbstzerstörerisch? Wie hatte er nur mit Erik schlafen können?
Und Artheon? Wenn dieser wieder zu Hause war, was brachte es eigentlich noch, den Krieg um jeden Preis, so schnell wie möglich zu beenden?
Er bemerkte, wie sehnsüchtig auch Jappa und Emon auf die Gelegenheit starrten, sich einfach ergeben zu können, also schob er das Blatt schnell zur Seite um ihnen allen drein eine Enttäuschung zu ersparen.
Seufzend verfluchte er den Schwindelanfall, der ihn gleich nach dieser heftigen Bewegung heimsuchte. In der Früh war er bereits deswegen bei Emon gewesen, denn er hatte sich sofort bezüglich Geschlechtskrankheiten Sorgen gemacht. Emon wusste also von seiner Dummheit und der Nacht, die Aden mit Erik verbracht hatte. Doch dem Sanitäter zufolge, hätte Aden seine Idiotie gar nicht beichten müssen, denn solche Krankheitserreger, zeigten für Gewöhnlich erst nach einigen Tagen ihre Wirkung. >Ich denke, dass es eher dein Herz ist.< war Emons Antwort gewesen, während er seine Instrumente abgewischt hatte >Oder besser gesagt, sind es entweder deine Schuldgefühle, oder dein Göttlicher, der dir Probleme macht.<
Aden war dadurch beruhigter gewesen, doch das hatte schnell in Verärgerung umgeschlagen, als Emon scherzend hinzu gefügt hatte, dass bei etwaigen Symptomen von Geschlechtskrankheiten, gewiss auch das Vashblut helfen würde.
Wenn das so weiter ging, hatte Aden bereits mehr des Vashblutes in seinen Adern, als der blöde Vash selbst.
Nun, es war nicht schwer zu erraten, dass er sich allgemein in einer eher schlechten Stimmung befand. Glücklicher Weise hatte Erik in der Früh dann doch zugestimmt, dass man sich doch endlich miteinander einen Plan ausmachen sollte und sie waren sich einig geworden, dass es schon an diesem selben Tag losgehen konnte. Doch auch das hatte Kaukus von Anfang an kritisiert und brachte dieses Thema nun schon wieder auf. >Man sollte sie Nachteulen nennen und nicht Moskitos! Es ist nicht natürlich für uns, in der Nacht anzugreifen. Es gefährdet unsere Adler.<
Aden versuchte seine schlechte Laune im Zaum zu halten, auch wenn es ihm Kaukus schwer machte. Er hatte sich ein wenig mehr Dankbarkeit erwartet, nachdem er sich so für den Jüngeren abmühte. Doch all das laut zu sagen und sich einzugestehen, würde ihm, Kaukus und auch dem Göttlichen des Herzens nicht gefallen. Also versuchte er sich nichts anmerken zu lassen und antwortete geduldig >Ich weiß nicht, was ich dir dazu noch sagen soll. Es ist die Art der Moskitos bei Nacht anzugreifen. Und bedenke die Vorteile! Die Lituolier rechnen nicht damit, dass wir bei Dunkelheit fliegen.<
>Weil es auch gefährlich ist!< beschwerte sich Kaukus und sie alle wussten, dass er dabei an den Unfall dachte, der Saravo Leiq das Leben gekostet hatte.
Die Innenseite von Adens Unterlippe glich bereits der zerfurchten Landschaft des Mondes, so oft kaute er darauf herum, um nichts zu entgegnen. Es war ungewohnt, dass ihm Kaukus so auf die Nerven ging. Doch andererseits war es auch ungewohnt, dass der Junge überhaupt Widerworte gab.
Kaukus schien jedoch zu spüren, dass es hier nicht mit rechten Dingen zu ging. Das da irgend etwas im Busch lag, denn Aden konnte sich gut vorstellen, dass von ihm bereits den ganzen Tag lang, verdächtige Energie ausging.
>Außerdem-!< holte Kaukus wieder aus und sie alle wussten, dass nun etwas großes folgen würde. Das eigentliche Problem. >Außerdem bin ich dafür eingeteilt worden, hier um den See die Stellungen zu halten und darf nicht mit kommen? Was soll denn das? Glaubt Admiral von Nareen tatsächlich, dass ich dich alleine lasse, Juvi?<
Aden hatte bereits erahnt gehabt, dass dieser Punkt des Plans auf Widerstand stoßen würde. Ganz blöd war er ja auch nicht. Doch auch wenn die Idee von Erik gekommen war, hatte sich Aden nicht sonderlich dagegen gewehrt. Natürlich wäre es ihm lieber gewesen, wenn er sich mit seinen eigenen Männern umgeben könnte. Natürlich war es nur fair, wenn Kaukus bei der Befreiung seines eigenen Vaters anwesend wäre. Doch gleichzeitig traute Aden niemand anderen zu, die eroberten Gebiete zu verteidigen, besonders in der Nacht, während der die Lituolier besonders gerne angriffen. Erik hatte sofort abgelehnt, als es um diesen Punkt ging. Seine Moskitos waren keine Belagerungsstreitmacht.
Doch er konnte sich auch nicht hinter Erik verstecken, das würde ja schwach aussehen >Ich brauche dich hier-< versuchte er also, doch Kaukus war nicht zu halten, wenn er einmal Gefallen daran gefunden hatte, sich seinem Admiral zu widersetzen >Hier kann auch irgend jemand anderes aufpassen. Ich bin ein Mitglied der Weißen Klingen und kein Hausmeister! Ich habe heute Vormittag mehrfach überprüft, ob alle Verteidigungsanlagen den Anforderungen entsprechen. Ich hab eine mehrseitige Anleitung verfasst, die alle Instruktionen beinhaltet, die ein Erster Offizier den Verteidigern einer Stadt so geben kann. Hier!< Er zog einen Packen feinsäuberlich zusammen gehefteter Papiere aus seiner Tasche und überreichte sie Jappa, der nach Saravos Tod zum Zweiten Offizier befördert worden war >Das ist für dich Juvi. Ich würde dir raten, es gewissenhaft zu studieren.< Dann wandte er sich wieder Aden zu >Und ich sag es euch jetzt hier im Vertrauen, gerade heraus. Diese lausigen Chorrdörfer sind der Mühe nicht wert! Wenn sie zurück erobert werden, dann soll mir das recht sein. Ich werde nicht von deiner Seite weichen, Juvi.<
Etwas pochte in Adens Schläfe. Doch zur selben Zeit, steckte ihm auch ein Lachen kitzelnd im Hals. Jetzt wo Jaeartheon nicht mehr in Adlerhorsten war, was machte es denn noch für einen Unterschied? Wen kümmerte es denn noch, wann dieser Krieg vorbei war?
Und die Moskitos? Die wären schon längst verschwunden, hätte Erik nicht auf eine Gelegenheit gewartet, um die ultimative Demütigung zu finden, mit der er Aden quälen konnte. Sie würden die Dörfer einfach aufgeben. Sie scherten sich um nichts, also warum sollte Aden das tun? Auch wenn er sich an die Regeln hielt und versuchte diesen Krieg zu gewinnen, sabotierte ihn sein eigener Befehlshaber. Seine eigene Armee half ihm nicht und machte ihm das Leben schwer. Nur Erik hatte ihm geholfen. Also vielleicht hatte Kaukus in dem Ungestüm der Jugend ja recht.
Aden blickte zu Jappa, der bleich und verstört neben Emon stand >Du hast den Ersten Offizier gehört.< kommentierte er grinsend >Auch ich rate dir, das gewissenhaft zu studieren.<
>Moment! Ich bin kein Soldat Aden. Letztes mal, wärst du vor meinen Augen fast in die Luft geflogen.< beschwerte sich Jappa. Doch er hatte dieses mal kein keckes Lächeln auf den Lippen und auch nicht die Brust selbstsicher heraus gestreckt. Er sah eher wie ein Häuflein Elend aus.
Doch Aden hatte nicht mehr die Kapazität, um mit der ganzen Welt Mitleid zu haben >Juvi. Der Krieg dauert jetzt schon ein dreiviertel Jahr. Du warst bereits an unzähligen Schlachten beteiligt. Du hast mir das Leben gerettet. Nach dem wievielten Gefecht, gilt man denn deiner Meinung nach als Soldat?<
Jappa konnte darauf nichts sagen, also wandte sich Aden wieder Kaukus zu, dessen Sorgenfalten, langsam wichen und auf seiner Stirn nur den Schweiß des Regenwaldes übrig ließen >Admiral! Ich werde dich nicht enttäuschen. Du wirst nicht bereuen, dass du mich mitnimmst!<
Das wusste Aden, doch er musste diesen Umstand auch noch irgendwie Erik beibringen.
Er stand auf, so gut das im Moment auch ging. Am besten war es, wenn er mit Meharitt
ein paar Proberunden drehen würde, um zu testen, wie er sich im Moment handhaben ließ. Es war nicht mehr viel Zeit bis zum Angriff, sie wollten am Abend bereits losfliegen.
Kaukus schnellte zu ihm, wohl um ihn zu stützen, doch schreckte vor einer Berührung zurück. Sein Blick fiel auf Adens verletzte Hand und das ließ seine Scheu wohl verstreichen. Er griff nach Adens Handgelenk und inspizierte die verbrannte Haut behutsam, was am Morgen zuvor auch schon Emon getan hatte >Wie ist das passiert?< er wandte sich zu Emon um, als wüsste der Sanitäter nicht bereits von seiner Entdeckung und Aden zog seine Hand peinlich berührt zurück >Dein Cousin Aleq ist ein interessanter Charakter. Aber nun auf, wir müssen noch einiges tun, bevor wir deinen Vater befreien können!<
Mit diesem Befehl läutete Aden das viel beschworene Ende des Krieges ein, auch wenn er dies noch nicht ahnen konnte.
Denn er war zu beschäftigt davon, sich zu fragen, wie solch ein Nachtangriff aussehen würde. Er wusste nur wie Sängern und Dichtern es pflegten, solche Dinge zu beschreiben:
Sie flogen durch die Nacht wie ein Gewittersturm. So wie die dunklen Wolken über den Himmel ziehen und ihren Hagel aufpeitschten, so wie sie Regen und Blitze vom Himmel jagen. Die Adler kreischten donnergleich und so trafen sie auf die starkschollige Festung im dunklen Dschungel. Doch die Nacht war gar nicht mehr so dunkel, als die gut geschienten Manengrunder auf die vielvölkerischen Lituolier trafen, denn sie machten mit ihren Bomben die Nacht zum Tage. Die Erde unter ihnen spritzte der Nacht entgegen, als der Zündstoff explodierte, so wie ein Vulkan seine faule Fracht nach oben speit. Und die vielvölkerischen Lituolier traten dem entgegen mit ihrem göttlichen Helfer. Da flog Gnaeo, der Schurke des Atems, auf, der glänzend gepanzerte Herr der Männer. Und er erschlug die Adler mit seiner gewaltigen Axt und sie fielen auf den Boden, der so weit weg war, von der väterlichen Erde. Doch die gut geschienten Manengrunder flogen tiefer, so tief dass sich der Staub hinter ihnen seine Spur her zog, als wären sie Sterne, kurz vor dem Einschlagen. Genau so flogen diese. Und sie brandeten gegen die stark geschollte Festung an, Welle um Welle. Als ihre Bomben bunt explodiert waren und sie ein Loch in die Mauer, die von den sonnengebrannten Nirinssöhne gebaut worden war, geschossen hatten, da schrien die befreiten Männer, in der gut geschollten Festung, in Ekstase auf und da die Adlerherren Waffen mit gebracht hatten, viele zum Werfen und Stechen und Schleudern, Pfeile die sie so übervoll mit such trugen, wie die Gewitterwolke ihren Hagel und Bögen, gut geölte mit den strengen Sehnen, konnten die Männer bewaffnet werden. Und auch sie stiegen in die Lüfte und kämpften weiter gegen den Schurken des Atems, den Herren der Männer und seines gleichen.
Doch so war es ganz gewiss nicht gewesen. Die Poeten formulierten die Ereignisse stets so abstrakt und abgehoben. Sie wussten nicht, wie man es sonst in Worte fassen konnte. Auch Aden wusste dies nicht. Ein Angriff der Moskitos war chaotisch und brutal, so direkt und ehrlich auf der einen Seite und so gerissen und voller schmutziger Tricks auf der anderen Seite. Völlig bedingungslos. Sie stürzten sich auf ihre Gegner, wie ein Schwarm Wespen, ohne Plan oder Befehle. Aufopfernd immer nur drauf auf den Feind. Doch diese Beschreibung war unzulässig, sie wollte nicht einfangen, was er gerade erlebt hatte. Vielleicht war es ihm auch unmöglich, die Schönheit und den Horror dieser Schlacht zu beschreiben. Er war schließlich selbst während den meisten Teilen davon, wie in Trance gewesen. Als hätte er seinen Körper verlassen.
Nun am Morgen, war das gesamte Ausmaß ihres Angriffs zu sehen, wenn der Wind einmal die Rauchschwaden beiseite drückte und man die glimmernden Reste der Festung erkennen konnte. Den nun befreiten Soldaten, hatte er nur halbherzig zu gehört, als sie sich über ihre Behandlung in der Gefangenschaft beschwert hatten. Über die brütende Hitze während diesen letzten Sommertagen. Das schimmlige Obst, die Langeweile. Sie alle hatten zugestimmt, welch furchtbare Monster die Lituolier nicht waren, hatten darüber geschwiegen, dass es den Kriegsgefangenen im Manengrunderreich auch nicht besser ging und es Teile ihrer Armee gab, bei denen lituolische Gefangene auch einfach hingerichtet wurden, weil man sie nicht versorgen konnte und waren nickend auseinander gegangen.
Mehr Dank oder Führsorge, oder auch Tadel, konnte Aden seinen Soldaten nicht spenden. Er war einfach zu abgelenkt von Fürst Gnaeos Tod und dem Leichnam, vor dem er auch jetzt wieder stand. Die Barden und Poeten in seinem Kopf, konnten keine Strophe spinnen, die erzählt hätte, wie der Schurke des Atems gestorben war. Denn Aden wusste es selbst nicht. Es war einfach irgendwie und irgendwann passiert. So wie bei Saravo.
Gnaeo lag da, sein Körper unnatürlich verbogen, die Hälfte von ihm von Schutt verdeckt und die Welt drehte sich weiter. Die Manengrunder schlugen ihr Lager in der Ruine auf, der Himmel sah nach Regen aus.
>Na, Siehst du deine Zukunft?< fragte Erik hinter ihm und griff Aden ungeniert an den Hintern. Der andere Admiral fuhr herum und schlug Eriks Hand beiseite >Unter steh dich!< dann blickte er zurück auf Gnaeo und runzelte die Stirn >Er hätte Adlerhorsten nicht verlassen sollen.<
Er konnte die Präsenz von Gnaeos Herrin spüren, der Göttlichen des Atems. Sie war verwirrt und irritiert und trauriger als dies ein Sterblicher aushalten würde. Adens Magen drehte sich um, sein Göttlicher rebellierte gegen ihre Präsenz. Doch sie würde nicht gehen, denn sie hatte keine Höhle, wie die anderen. Sie war immer um ihren Schützling und würde hier verweilen, bis der nächste Narr kam und sich vor sie kniete.
>Wärst du in Adlerhorsten geblieben, würdest du in der Bedeutungslosigkeit sterben, in der auch er untergegangen ist. Das ist doch deine größte Angst, oder?< mischte sich Erik ein >Damit das nicht passiert, sollten wir sofort aufbrechen. Wir müssen Großadmiral Leiq zum König bringen, damit diese Aktion hier Bedeutung findet. Nur so werden unsere Namen überleben.<
>Du wirst dich damit rühmen, den Schurken des Atems umgebracht zu haben, oder?< fragte den tonlos.
>Nur weil du zu feige dazu bist.< Erik grinste und Aden wusste, dass er recht hatte. Mit allem.
Doch er konnte sich dennoch nicht lösen.
>Wir werden übrigens alleine gehen. Du und ich! Es war schon zu viel verlangt, dass dein Mitglied der Weißen Klingen überhaupt hier her mit gekommen ist. Das war so nicht ausgemacht, Aden.< plapperte Erik weiter.
Aden war jedoch froh, dass Kaukus mit gekommen war. Es gab ihm halt und ein vertrautes Gesicht unter all den Moskitos, die ihm manchmal wie wilde Tiere vorkamen. Doch das traute er sich vor Erik nicht zu zugeben. Deshalb antwortete er nur schwach >Der Großadmiral wollte aber, dass sein Sohn ihn begleitet.<
>Der Großadmiral spricht im Fieberwahn und jemand muss doch die neu eroberte Festung bewachen, oder? Ich werde es gewiss nicht tun und du auch nicht!<
Aden massakrierte die Innenseite seiner Unterlippe und sagte nichts dazu. Seine Überforderung nervte ihn, Erik nervte ihn, der Göttliche des Herzens nervte ihn, die Lituolier nervten ihn.
>Du lässt dir so und so zu viel sagen, von deinen Untergebenen. Immer heißt es, Kaukus möchte dieses und jenes und man darf seine Gefühle nicht verletzen. Oder Emon will nach Hause weil er Heimweh hat. Oder Haron muss geschützt werden, weil seine Familie zu gemein ist. Du bist nicht entschlossen genug, Aden. Du bist ihr Admiral und nicht ihr Kindermädchen. Lachhaft, wenn man bedenkt, dass du einmal Ambitionen hattest, König zu werden.<
Dem wollte Aden keine Bedeutung schenken und so wandte er sich um zum Gehen, doch Erik versuchte ihn aufzuhalten >Warte. Ich will dir doch nur sagen, dass dich deine "Freunde" nicht weiter bringen. Das tut mir ja auch leid.< als Aden jedoch nicht stehen blieb, schlug Erik einen anderen Ton ein >Wenn du nicht mit mir alleine nach Adlerhorsten gehst, erzähle ich allen hier, dass wir verlobt sind!<
Für einen Moment sah Aden nur schwarze Punkte vor seinen Augen tanzen, doch als sich das wieder gelegt hatte, war er leider tatsächlich schon stehen geblieben. Erik sah das wohl als Gewinn an und schnellte zu Aden, um ihm einen Arm um die Schulter zu legen >Du musst mir schließlich dabei helfen, eine Geschichte zu erfinden, wie ich den T umgebracht habe. Je spektakulärer, desto besser. Es gibt schließlich eine Menge Leute, die zu beeindrucken sind, wenn es darum geht, einen Titelträger getötet zu haben.<
>Ach ja? Und wen?< fragte Aden ohne wahres Interesse, doch Erik schien sich über jegliche Reaktion Adens zu freuen >Oh, ihr seid so manchem ein Dorn im Auge. Leuten, die einem anderen Gott dienen, zum Beispiel.<
Darauf hin sagte Aden nichts. Erik war nur wieder einmal ein Spinner.
>Was denkst du? Soll der Fürst der T um sein Leben gewinselt haben? Mir die Füße geküsst? Oder soll er in wilder Barbarei einfach in meinen Pfeil gelaufen sein? Er könnte auch nackt beim Baden erwischt worden sein, ungeschützt und einsam und dann hat er um Gnade gefleht. Vielleicht wurde er auch bei der Flucht erschossen? Als er sich als einfacher Soldat ohne Rang und Namen davon machen wollte? Oder er-<
>Sei still! Das reicht! Ich werde seinen Tod für mich beanspruchen. Er ist durch mich gestorben, ich weiß wie es passiert ist.< unterbrach Aden plötzlich mit mehr Wut in der Stimme, als er sich das zuvor zugetraut hatte >Ich bin schließlich als der Töter der Lituolier bekannt!< er holte die Kette von Jaesore dem Wächter der Grenze hervor und ließ den goldenen Schlüssel entschlossen aussehend vor Erik baumeln.
Der Bandit lächelte milde, wie ein Vater, der seinem kleinen Sohn, die Übertreibung glauben musste, dass dieser einen Drachen erlegt hatte. Ein grausames Schauspiel >Bitte, wenn du dir diese Ruhmesfedern auch an den Hut stecken
willst. Du hast es auch bitter nötig, denn die Eroberung von Merech, ist doch schon Schnee von gestern. Doch, wenn du Gnaeo den T getötet hast, was wird dann wohl dein junger Jae dazu sagen? Wird er dir den Mord an seinem Freund jemals vergeben?<
Aden schmeckte Blut von seiner Unterlippe >Was kümmert dich das?<
Erik grinste finster >Ganz recht.<
Das waren wohl nun endlich genug Hinweise, um Erik verständlich zu machen, dass er sich verziehen sollte. Er ließ Aden alleine zurück, der weiterhin wie gebannt auf den Körper des toten T starrte, bis Kaukus zu ihm kam.
>Admiral!< Kaukus war im ersten Moment voller Aufregung >Tolle Nachrichten! Ich konnte mit meinem Vater sprechen. Es geht ihm gut genug, dass er von uns nach Adlerhorsten gebracht werden kann! Er ist unermesslich dankbar!< doch dann hielt Kaukus plötzlich inne, merkte, dass Aden nach vorne sackte und fing ihn erschrocken auf >Juvi! Ist dir was passiert? Ich hole einen Sanitäter!<
Adens Atem ging stockend, er versuchte seine schwere Uniform zu öffnen, um mehr Luft zu bekommen. Sein Herz hüpfte dabei in seiner Brust, als läge es in einem Fass, das einen Berg herunter rollte. >Nein.< presste er hervor >Ich-<
>Ist es der Göttliche des Herzens?< fragte Kaukus und setzte seinen Admiral auf den Boden. Aden nickte nur. Er war dabei blasser, als der Schnee auf dem Ahnemorn, den er als Kind schon erblicken hatte können. Er sah ihn nun auch vor sich, ein wahres Schneegestöber. Alles andere verschwand.
Kaukus rumorte in einem Beutel, den er bei sich trug und holte daraus ein Stück Lindenholz hervor, das er an einem schwellenden Gebäudeteil entzündete und dem Göttlichen des Herzens damit opferte >Hier Juvi! Atme tief ein. Ich hab unseren Stabspriester darum gebeten, mir etwas für sich mit zu geben. Er meinte, dass du nur ruhig bleiben musst. Das bekommen wir schon wieder hin. Der Göttliche des Herzens, wird uns seine Gunst schenken, wenn wir ihm ein reiches Opfer versprechen.<
Irgendwo, mit einem unbenannten Sinn, den nur Titelträger im Bewusstsein entwickelten, nahm Aden wahr, wie die Göttliche des Atems lachte. Sie lachte so laut und böse, wie ein tobender Sturm. Doch er kniff die Augen zusammen und ergriff die Hand von Kaukus >Bitte, du musst etwas für mich tun.<
>Natürlich, Juvi!<
>Geh zu Gnaeo dem T. Dem Herrn der Männer aus dem vielvölkerreichen Lituolien. Du musst ihm ein Grabmal setzen, wie es bei den Weißen Klingen Brauch ist.<
Kaukus zog die Luft scharf ein. Mit solcher Entrüstung hatte Aden nicht gerechnet, doch sein Ertser Offizier war nun einmal ein strikter Kerl >Aber Admiral! Er war kein
Mitglied der Weißen Klingen! Das kann ich nicht tun.<
>Er ist ehrenvoll bis zum Schluss geblieben und hat heldenhaft gekämpft. Er hat seiner Königin gedient und sein Reich stolz gemacht. So muss sein Name in die Geschichtsbücher eingehen, Kaukus. Nur so wird er unsterblich. Sein Titel war verdient, erfülle ihm nun auch den Wunsch, ein Mitglied der Weißen Klingen zu sein. Er hat euren Orden verehrt. Bitte Kaukus.<
Der Erste Offizier nahm sich einen Moment zum Nachdenken, doch dann grummelte er >Na gut, aber du ruhst dich dafür aus und lässt dich noch einmal im Lazarett anschauen!<
Darauf hin nahm das Lachen der Göttlichen des Atems, in Adens Ohren ab und wurde zu einem leisen, traurigen Säuseln >Du hast dich vor den falschen Gott gekniet, Einfältiger. Du liegst schon längst im sterben.<
>Danke, das weiß ich auch.< dachte sich Aden übermüdet und wusste nicht genau, ob die Göttliche des Atems, seine Gedanken lesen konnte. Zumindest beruhigte sich sein Herz nun und er konnte wieder klar sehen >Gibt es einen Weg, wie man euch auch wieder los wird? Wie man nicht mehr in euren Diensten steht?<
>Nein.< säuselte die Göttin in seinen Gedanken >Du hast den Weg gewählt auf dem du weiter vorwärts gehen musst, bis du nicht mehr kannst.<
Dann zog sie sich mit ihrem geliebten Titelträger in das Grab zurück, das Kaukus, für den T schaufelte.
Aden raffte sich auf, er wollte dem nicht mehr länger zu sehen >Danke.< murmelte er schwach, als er an Kaukus vorbei wankte, doch dieser hielt ihn zurück >Admiral, wie organisieren wir den Transport meines Vaters?<
Schlechte Frage. Ganz schlechte Frage.
Es war nicht so, als hätte Aden nur die eine Option. Er könnte sich auch dazu bereit erklären, die eingenommene Festung zu sichern und könnte Kaukus die Möglichkeit geben, mit seinem Vater mit zu gehen. Eigentlich würde sein Erster Offizier den Urlaub von der Front auch hundertfach verdienen. Erik könnte er damit auch eines auswischen. Doch mit der Verteidigung einer Festung, verdiente man sich keine unsterbliche Erwähnung in den Geschichtsbüchern. Mit einer Verteidigung, würde er nicht auf seinem Weg weiter kommen und er würde nicht kontrollieren können, was Erik in seiner Abwesenheit, dem König über diesen Einsatz erzählte. Womöglich würde dieser den Ruhm ganz alleine einheimsen.
Er seufzte >Dieses Mal, gibt es keine Diskussion. Ich werde alleine mit Erik von Nareen gehen und deinen Vater nach Adlerhorsten bringen.<
Kaukus rammte den Spaten in die feuchte Erde. Die Stille zwischen ihnen war spürbar. >Juvi, ich bin dir unglaublich dankbar, dass du meinen Vater befreit hast. Doch er würde mich gerne an seiner Seite wissen.<
>Ich würde dich gerne hier sehen. Um unsere Errungenschaft zu verteidigen.<
Kaukus schüttelte den Kopf >Das hier ist ein halber Trümmerhaufen!<
>Es ist die erste Steinstruktur die wir in Ahnahn bis jetzt erobert haben. Es sollte leicht zu verteidigen sein und ist ein perfekter Ausgangspunkt, um zur Zwölfsternstadt zu kommen.<
>Das selbe hast du vom Nirin-Atah gesagt!<
Das war zu viel Kritik. Alles wollte sich Aden von seinem Untergebenen auch nicht gefallen lassen >Ich habe gesagt, dass das keine Diskussion ist, die ich führen will. Das war ein Befehl, Offizier Leiq.<
Kaukus verstummte. Stützte sich getroffen gegen den Spaten. Seine Unterlippe bebte, doch er konnte nichts sagen. Er war noch immer ein Mitglied der Weißen
Klingen. Doch was er tun konnte war, Erik mit seinen Blicken zu durchbohren, der gerade um die Ecke kam. Ihm gab er die Schuld. Ihn wollte er am liebsten von Adens Seite zerren und ihn in den Abgrund stoßen, aus dem er heraus gekrochen war.
Hätte Aden ihn doch nur machen lassen.
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