11.3. Jaenun
Die Welt schien unterzugehen. Die Stimmung zeigte deutlich, dass etwas gefährliches in der Luft lag. Im Norden, hatte man das wohl noch nicht bemerkt, der Wasserkopf Ahnahn konzentrierte sich anscheinend nur auf die Jentyponier und der neue Vash, schien noch weniger politisches Geschick zu besitzen, als der Alte. Doch in den Wirzhäusern von Hamir, spürte jeder die umschlagende Stimmung deutlich in den Knochen. Oder in der kleinen Zehe. Oder im Bauch.
Raunzer, waren diese hamirischen Bürger. Zu allem eine Meinung, von Nichts eine Ahnung. Doch der konspiratorische Austausch zwischen Tee und Bier, war hier im Süden, so weit weg von der Hauptstadt der Chorr, wie ein Volkssport. Das der Vash sie an die Schiffsbauer der T, als Arbeitskräfte verkauft hatte, lag hier für alle auf der Hand und dass Königin Chori ihn dazu aufgefordert hatte, war ja nur noch eine logische Schlussfolgerung dazu.
Jaeran von Minzka hatte bestätigt, dass es sich bei dem Vash um den echten Jaenun von Loreen handelte, doch Jaeran war wohl mit von der Partie! In all die Pläne eingeweiht, ihnen einen dreckigen Jae von der Straße, als Sohn des toten Vashs von Loreen zu verkaufen. Oder was hatte der Fürst von Minzka sonst im Ausland getrieben? Gewiss dieses ganze Schauspiel organisiert um den Krieg gegen Manengrund ein weiteres mal anzufachen. Er hatte wohl von dort beim letzten Mal, noch nicht genug Schätze mitnehmen können.
Und zum Verhalten der jungen Königin Chori, war auch schnell eine Erklärung gefunden. Die Staatsschulden von Ahnahn, die ihre Reisen zum Göttlichen Mosai erzeugt hatten, wollte sie nun auf die Jae abwälzen.
Am Krieg war auf alle Fälle in erster Linie der neue Vash schuld >Man sagt, dass die Göttliche des Blutes, seiner Mutter bereits während der Schwangerschaft erschienen ist!< brüskierte sich ein Mann und wurde immer stiller, um seine Zuhörer noch neugieriger zu machen, auch wenn der Lärm der Schakale draußen, die die Müllkübel durchsuchten, das Verstehen so und so schon schwer machten >Sie hat den Krieg vorhergesagt, tuschelt man! Die perlpinken Segel der jentyponischen Schiffe, die purpur-goldenen Banner der Manengrunder. Sie hat gesehen, dass die beiden sich gegen uns verbünden und den Sohnemann als Überläufer mit dazu! Er hat sie angeführt um uns zu vernichten.<
Viele stimmten mit ein und verkündeten, dass sie diese Geschichte auch schon gehört hätten >Deshalb ist sie mit dem Kind ins Exil gegangen, statt ihn in Minzka aufzuziehen!<
>Ach und wer soll das bezeugen?< fragten andere skeptisch.
Ein besonders alter Mann verschaffte sich Gehör >Ich hab es gleich nach der Geburt des Jungen in Loreen gehört! Mit eigenen Ohren, von einem Freund meines Cousins, der dort als Sanitäter arbeitet und bei der Entbindung geholfen hat!<
Die Umstehenden nickten einander zu, dann musste es stimmen >Man hätte Fürst Jaesore damals zum Vash machen sollen. Dann wäre uns das alles erspart geblieben.<
Doch die Frau, die neben dem Alten saß, schien überaus unbeeindruckt zu sein >Ich kenn dich schon mein ganzes Leben!< erklärte sie und faltete die Arme vor der Brust >Du warst noch nie in Loreen, genauso wenig wie ich! Also bist du ganz sicher nicht da dabei gewesen.<
>Wenn du noch nie in Loreen warst, wie kannst du dann beweisen, dass ich nicht dabei gewesen bin?< fragte der Alte und spiegelte ihre verschränkten Arme.
>Was?<
>Also ich kenne jemanden, der ganz gewiss dabei gewesen ist.< ertönte da eine Stimme, mit gefährlich panareenischem Akzent. Die Umstehenden drehten sich um und entdeckten mit Schrecken, dass die Gesellschaft um Vash Jaenun, ihr Essen in den privaten Kammern des Gasthofs beendet hatte und ihr Gespräch auf dem Weg zur Tür wohl mitbekommen haben musste.
Fürst Jaetru von Panareen machte, von allen Wettbewerbsteilnehmern in der Präsentation der verschränkten Arme, wohl die beeindruckendste Figur, während der Vash neben ihm eher einen unsicheren Eindruck machte. Peinlich berührt lächelte er und ergriff die Hand seiner Königin zur Unterstützung.
Durch seine Größe allen überlegen, türmte Fürst Jaesore über ihnen allen und tadelte seine Untertanen durch einen einzigen, vernichtenden Blick, der seine Landsleute zum Schrumpfen brachte.
Der Empfang In Hamir war bis jetzt so höflich und herzlich gewesen, dass Jaenun nicht recht wusste, was von ihm nun erwartet wurde. Es war klar, dass er nach Hamir eingeladen worden war, um die Feste und Mauer zu Merech zu inspizieren und zu verstärken, doch die Gastfreundschaft, die ihm das gesamte Fürstentum entgegen gebracht hatte, ließ ihn in dem Glauben, dass er sich durch jeden angenommenen Tee, zu einem Mauerstein aus Gold verpflichtet hatte.
Anscheinend, hatte er bis jetzt jedoch nur eine sehr vorselektierte Gruppe an Hamirern kennen gelernt, die Oberschicht, sowohl in Sachen Wohlstand, wie Bildung. Zu diesen Leuten im Wirtshaus waren seine Absichten und Botschaften jedoch wohl noch nicht durchgedrungen, er musste sich bemühen, damit alle Jae verstanden, warum sich Chori und er, für ihr gemeinsames Vorgehen entschieden hatten. Er würde Artheon damit beauftragen, ihre Gedanken noch besser zu kommunizieren.
Jaetru traute er im Moment nicht mehr so recht mit all diesen Dingen. Vor allem war das Misstrauen geweckt worden, als er erst vor einigen Tagen, von den Marunen erfahren hatte, die vereinzelt, noch immer im Land der Jae lebten. Sie hatten nur noch eine kleinen Siedlung zwischen Humbreen und Jakofin, an der einzigen Küste, die das Land der Jae besaß, doch sie waren dennoch Bürger dieses neuen Königreichs. Er wollte, dass sie Mitspracherechte hatten, wenn es um die Geschicke ihres Landes ging und war erbost darüber gewesen, dass man weder ihn von ihrer Existenz, noch sie von dem Treffen zwischen ihm und den Fürsten informiert hatte und die Vermutung lag nahe, dass Jaetru dahinter steckte.
Artheon von Minzka schien ihm da eindeutig ein zuverlässlicher Verbündeter zu sein. Der junge Anwalt war sehr intelligent und nahm seine Aufgaben überaus ernst. Dennoch hatte er ihn auf diese Reise nach Hamir nicht mitnehmen können, Artheon musste in Minzka bleiben um die Regierungsgeschäfte dort Jaeran sauber übergeben zu können, jetzt wo dieser wieder im Land war.
Doch wenigstens hatte Jaenun Chori mitnehmen können, die zurück in das Land der Jae gereist war, um die Mauer ebenfalls zu besichtigen, da Jaesore von Hamir sie darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass sich ein Bündnis zwischen dem Manengrunderreich und Jentyponien abzeichnete.
Als diese Nachricht bei ihnen in Panareen eingegangen war, hatte Jaeho sarkastisch bemerkt, dass er sich fragte, wie niemand daran hatte denken können, dass ihre verstärkten Drohungen gegen Jentyponien, zu einer verstärkten Drohung der Jentyponier führen würde. Dies alles sei >ein Mysterium. Als würde man den brennenden Kamin mit mehr Holz löschen wollen. Und das auch noch wiederholt, auch wenn es beim ersten mal nicht funktioniert hatte.<
Jaenun mochte Jaeho mehr als er zugeben wollte, doch auf seine schlauen Sprüche im Nachhinein, konnte er liebend gerne verzichten. Schnell und heftig genug hätte man das Feuer wohl ersticken können, doch da sie für jeden Schritt so lange gebraucht gehabt hatten, war das Feuer wohl kontinuierlich mitgewachsen. Doch ohne Wasser zum Löschen zu haben, war ihnen nichts anderes übrig geblieben.
Nun verließen sie also das Gasthaus, die kurz zuvor noch tratschenden Gäste nicht mehr weiter beachtend und setzten ihre Reise an die Mauer fort. Draußen vor der Kutsche wartete Jaeho, der noch immer scheu vor zu viel Gesellschaft, vorgegeben hatte, keinen Hunger zu haben. Bei ihm waren die Fürstin Jaejunee, die Gardisten von Hamir, die von ihr auch befehligt wurden und ihre beiden Kinder, die junge Jaekani und der noch kleinere Jaemin.
Kinder liebten Jaeho, das konnte jeder sehen der ihn nur einen Moment beobachtete, wie er mit ihnen umging. Er war ruhig und aufmunternd bei den Schüchternen, konnte aber auch in wilden Späßen, den Übermütigen Kindern ein Ventil sein. Das Geschwisterpaar aus Hamir, hatte er dadurch erobert, dass er ihnen ein vorbeilaufendes Kaninchen gefangen hatte. Zuerst waren sie beide auf Grund von Jaehos Aussehen ängstlich gewesen, doch seine schnellen Reflexe und der sichere Griff nach dem flüchtenden Tier, hatten ihm ein Tor in ihre Herzen aufgesperrt.
Sie zeigten ihm aufgeregt alle möglichen Tricks, die sie erfolgreich dem Hausschakal ihres Vaters beigebracht hatten, während das Kaninchen auf seinem Schoß, alles andere als begeistert aussah. Sie hatten auch größtes Interesse an seinem Schwert, dem Rollstuhl und an der Frage, warum er nicht gehen konnte. Jaeho machte es nichts aus, ihnen zu erzählen, dass er seine Verletzungen davon getragen hatte, als er der siegreiche Gegner eines Drachen gewesen war.
Die Vorstellung wurde durch das Erscheinen des Vaters und seiner übrigen Gäste jedoch unterbrochen und die Kinder versprachen Jaeho, dass sie ihm weitere Kunststücke zeigten, wenn sie an der Mauer waren. >Der Fürst von Vijen ist nicht euer Spielgefährte.< tadelte Fürst Jaesore und hob sie auf den Rücken der Pferde, die für sie und die Männer der Garde, die sie beschützen sollten, bereitgestellt worden waren. Er küsste die Stirn seiner Kinder >Oder euer Kaninchenträger! Ich dachte ihr hättet versprochen, auf euer neues Haustier selbst aufzupassen. Warum sitzt diese Fellkugel dann auf seinem Schoß?<
>Das ist schon in Ordnung, Juvi.< mischte sich Jaeho ein >Bevor ihnen der kleine Wicht entwischt und vom Pferd fällt, kann er ja bei mir in der Kutsche bleiben.< er lächelte >Und ich danke den beiden Fürstlingen auch, dass sie mich in ihre geheimen Übungsstechniken eingeweiht haben. Ich hoffe, dass auch aus mir bald ein großer Schakaldomteur wird!<
Jaesore verdrehte lächelnd die Augen, doch die Kinder Quiekten verlegen. Auch Jaetru verdrehte die Augen, doch er lächelte dabei nicht, als er die Vorhut übernahm und in die Kutsche stieg.
Der Kutschenwagen übertraf den von Jaetru bei weitem, er ragte beim Einsteigen so beeindruckend über ihnen allen, dass man sowohl Jaetru, als auch Jaenun und Chori, ein eigenes Treppchen bringen musste, um den Größenunterschied auszugleichen. Auch die Pferde, die den Wagen zogen, waren die schweren riesigen Tiere, die nur in dem bergigen Süden bekannt waren. Die ehrenwerte Fürstin Jaejunee persönlich, führte den Geleitschutz von Jaenun an, während sich ihr Ehemann zu der Königin, dem Vash und seinem Gefolge in die Kutsche zwängte.
Als Mitglied der Weißen Klingen, war es eine Selbstverständlichkeit für ihn, den letzten Schutzschild zwischen einem Angreifer und seinem Vash zu bilden. Als Wächter der Grenze, war es jedoch etwas besonderes, dass er diese überhaupt verlassen hatte, um Chori und Jaenun, von Loreen aus abzuholen.
Merech war für Fürst Jaesore ein zweiter Wohnsitz geworden, vielleicht sogar sein Hauptwohnsitz, wenn man dem glauben schenkte, was seine Frau sagte und sein Blick schien immer nach Südsüdost gerichtet zu sein, der Gefahr entgegen.
An der Mauerresidenz des Fürstenpaares angekommen, half Jaesore erst der Königin, dann Jaeho aus der Kutsche, doch noch bevor alle aus dem Norden kommenden Fremden einen Fuß von der Kutsche aus auf den Boden setzen hatten können, lief ihnen ein Rudel Schakale entgegen, bremste scharf vor ihnen ab und fletschte die Zähne. Sie fauchten und grummelten und obwohl sie kleiner als die Wölfe aus Faonen waren, machten ihre spitzen Fänge doch größeren Eindruck auf die Fremden, als das die kleinen Welpen vor dem Gasthof getan hatten.
Fürst Jaesore pfiff sie zurück und bewies auch hier wieder eine strenge Hand. Er befahl ihnen zurück zur Mauer zu laufen, wo ihre eigentliche Wachaufgabe lag und besprach sich kurz mit seiner Frau, die versicherte, dass Jaemoa, der sich anscheinend um die Schakale kümmern hätte sollen, von ihr noch etwas zu hören bekommen würde. Der alte Narr bekam nirgendwo sonst mehr Arbeit und so war er, so wie das meiste Personal an der Mauerresidenz, trotz seiner Unzuverlässigkeit, von Jaesore dort eingestellt worden, obwohl er dem Rauchen, von besonders starken Honigstempeln aus Nemuraq, zugetan war.
Nun da das alles geklärt war und die Gäste gefahrlos aussteigen konnten, trat Fürst Jaesore einen Schritt zur Seite und machte den Blick auf die Szenerie für die Ankommenden frei. Mit einer ausladenden Handbewegung dirigierte er ihre Aufmerksamkeit, von der kleinen Villa vor ihnen, auf die gewaltige Anlage dahinter. >Willkommen an der Grenze.<
Jaenuns Aufregungspegel stieg. Hinter diesen Steinen, aufgetürmt zu ihrem Schutz, lag also das Manengrunderreich, das er noch nie zuvor gesehen hatte, doch das er fürchtete, so wie jeder andere anständige Jae. Da der Vash kein Wort hervor brachte, übernahm Jaetru das Förmliche >Habt noch einmal Dank für die Einladung, Fürst Jaesore.<
Der Angesprochene verzog das Gesicht zu einem Hauch von einem Lächeln und nickte dem Fürsten von Panareen entschlossen zu, bevor er nach dem nächsten Augenaufschlag, wieder Jaenun betrachtete. Seine Gesichtszüge wurden seltsam sanft und er ergriff den kleinen goldenen Schlüssel, der um seinen Hals hing >Seid Ihr nach dem üppigen Essen und der langen Reise sehr müde, mein Vash, oder habt Ihr noch Kraft auf die Mauer zu steigen?<
Jaejunee räusperte sich kurz und setzte dazu an, ihrem Mann zu erklären, dass es eine wirklich lange Reise gewesen sein musste, doch Jaenun unterbrach sie und versicherte aufgeregt, dass er die Festung besichtigen wollte. Auch Chori und Jaetru bestanden darauf, hinauf zu steigen und nun konnte man ein echtes Lächeln auf Jaesores Gesicht erkennen, mit halbmondförmigen Augen und Grübchen, alles was dazu gehörte. >Wie Ihr wünscht, meine Königin, mein Vash.<
>Geht schon einmal vor, ich warte hier unten, bis sie mir eine Rampe gebaut haben.< kommentierte Jaeho, nonchalant wie immer, woraufhin Jaetru dem Fürsten von Hamir versichern musste, dass der im Rollstuhl sitzende, das nicht ernst gemeint hatte, sondern nur ein Idiot war. Jaesores Kinder freuten sich jedoch darüber, dass Jaeho bei ihnen bleiben würde.
Bald schon war die Gesellschaft aus dem Norden eifersüchtig darauf, dass Jaeho hatte unten bleiben können, denn gefühlte tausend Stufen erklommen sie, um von der Festung aus, auf die Mauer zu gelangen. In Realität waren es jedoch nur etwa dreihundert, dennoch war der Anstieg ein kleines Abenteuer. >Ich merke schon, wenn wir viele Männer zur Verteidigung hier rauf bringen wollen, müssen wir die Stufen breiter und Absturz sicher machen.< kommentierte Jaenun schnaufend, als sie oben angekommen waren und Jaesore nickte mit einem sanften Lächeln >Ich wusste, dass Ihr den Ernst der Lage erkennen würdet.<
>Ich habe ihn damals auch erkannt!< versicherte Jaetru und versuchte seine angestrengten Atemzüge so gut es ging zu verschleiern >Wir hatten nur kein Geld damals. Wegen dem Krieg.< fügte er fast flüsternd hinzu und biss sich keinen Moment später bereits fest auf die Lippe. Er kam sich wohl kindisch dabei vor, gegen Jaenuns Aussage ankommen zu wollen. Der Fürst von Hamir nickte abermals >Ich weiß Jaetru.< er lächelte, doch drehte sich gleich darauf hin um und ließ sie somit abermals seiner Bewegung folgen, um zu zeigen, was er rüber bringen wollte.
Ihr Blick lag nun auf den weiten Feldern und leichten Hügeln jenseits der Mauer, die man auf der anderen Seite Heim Ebene nannte. Das war also das Reich der Manengrunder, von der Sonne golden beschienen und beschützt durch drei mächtige Gebirge. Ein seltsames Gefühl umfing beide jungen Jae, das Land ihrer Gegner sah so friedlich aus, so ähnlich zu ihrem eigenen, doch keiner der beiden wollte sich das eingestehen. Sie versuchten verbissen Unterschiede zu finden, versuchten bedrohliches Auszumachen, doch die wahre Gefahr ließ sich einfach nicht anhand von einigen sanften Hügeln und Feldern ausmachen.
Nur Jaesore hatte sie gesehen und machte durch seine alleinige Präsenz deutlich, dass diese Mauer nötiger war, als alles andere im Reich der Jae. >Es sieht nicht nach viel Ärger aus, oder?< fragte er mit seiner rauen Stimme und machte eine abfällige Handbewegung, der Heim Ebene entgegen. Selbst die Wachschalkale sahen die Neulinge im Moment argwöhnischer an, als das Grasland vor ihnen >Noch sind sie zu ängstlich um sich näher zu trauen. Um Siedlungen nahe der Mauer zu gründen, doch ihre Adler schicken sie ohne zu zögern.<
Chori war die Einzige, die ihre Gedanken in Worte fassen konnte >Jentyponien hat sich einen nützlichen Verbündeten ausgesucht. Beide Länder grenzen nun an unser Königreich, sie werden diesen Vorteil nutzen.<
Der starke Wind des Südens, fuhr in den Mantel des Grenzwächters und blähte ihn auf, was ihm ein wildes Aussehen verlieh, als würde der Wind vom Manengrunderreich aus geschickt, sie von der Mauer stoßen wollen. >Räudige Taugenichtse, allesamt! Glaubt mir Königin Chori, mein Vash, es gibt nichts Schlimmeres als diese Bande. Hier hat schon viel Gesindel versucht über die Grenze zu kommen, Nemuraqer mit Faulschlamm als Haut, Wanderpriester aus Falkzinnen, die hier ihre furchtbaren Pülverchen verkaufen wollten, doch niemand ist solch ein Abschaum wie die Manengrunder.<
Der plötzliche Wandel in der Art in der der Grenzwächter sprach und auch seine verfinsterte Miene überraschte Jaenun, er hatte bis jetzt nur die höfliche und freundliche Art seines Fürsten kennen gelernt, doch wenn er über fremde Völker sprach, stand da ein ausgetauschter Mann vor ihnen. Kalt, unnachgiebig und gefährlich jedem anderen Wesen gegenüber, das sich nicht Jae nennen konnte. Es war ein kalter Hass, so wie Jaetru ihn besaß, nicht brennend wie ihn Chori, Gnaeo oder Lehni an den Tag legen konnten.
Es war die erstarrte, beißende Kälte des Südens, die der Grenzwächter auf alles jenseits der Mauer zurück warf. >Adler sind ihre einzige Waffe, ist das nicht abartig? Sie kämpfen nicht einmal selbst! Niemand hat ihnen Flügel verliehen, sie haben sie sich einfach genommen, so wie sie sich unser Reich einfach nehmen wollen.<
Das Leben an der Grenze musste hart sein, dachte sich Jaenun, als er seinen Fürsten so betrachtete, es machte sanfte Männer zu Wächtern, die das Schwert gegen jeden Fremden erheben würden. Es verursachte eine gewisse Anspannung in dem Vash, einerseits fühlte er sich von diesem Juvi beschützt und behütet, freundlich empfangen und respektiert, doch auf der anderen Seite sorgte er sich auch um ihr Reich. >Fürst Jaesore, kann ich Euch etwas fragen?<
>Alles mein Vash.< versicherte der Angesprochene und drehte sich wieder zu den drei Jüngeren. Er justierte seinen Stand, sodass der Wind ihnen nicht mehr so heftig ins Gesicht blies und nutzte auch seine Größe perfekt als Windschild, während er wieder sanft und freundlich lächelte.
>Sagt mir, < Jaenun zog die Augenbrauen leicht zusammen und versuchte seine Frage vorsichtig zu formulieren >als treuer Beschützer der Grenze, unerlässlicher Schild, möchte man fast sagen, wie fühlt Ihr Euch bei dem Gedanken, dass unser Reich, nun eins mit den Völkern der Chorr, Ts und Sasanliern ist?<
Jaetrus Blick schnappte zu Jaenun, als würde er nicht glauben, dass der Ältere so dumm gewesen war, um so etwas tatsächlich zu fragen, doch Jaesore lächelte ruhig und deutete ihnen, ihm zu folgen >Das wird Eure Frage beantworten.<
Etwa fünf Meter an der Mauer entlang, standen hohe Fahnenmasten, bewacht von zwei Soldaten, vor die sie der Grenzwächter führte. Es schien, als hätte der Fürst von Hamir sie so und so hier her bringen wollen, denn alles wirkte dazu vorbereitet, weitere Flaggen in einer Zeremonie zu hissen. An dem mittleren Fahnenmast, zerrte und zupfte der Wind bereits an der Flagge von Lituolien, dem Reich der Jae und der Fahne von Hamir. Unter den restlichen Masten, lagen zusammengefaltet noch andere.
Zufrieden deutete der Fürst auf das lituolische Wappen und nickte Jaenun zu >Ich beschütze den Süden. Solange die Chorr, T und Sasanlier den Norden beschützen, ist mir alles recht. Ich traue nicht allen Nordlingen, besonders die Ts sind mir suspekt, doch ich bin mir sicher, dass ich mich mit der Zeit an sie gewöhnen werde.<
Das waren gute Neuigkeiten für Chori und Jaenun und der Vash dankte Jaesore für diese Antwort.
>Wenn Ihr nun erlaubt, würde ich Euch gerne um den Befehl bitten, die restlichen Flaggen zu hissen.< erklärte der Fürst zufrieden und Jaenun nickte, woraufhin sich einer der Soldaten von seinem Platz am Fahnenmast löste, vortrat und den anderen kommandierte >An das Tau!< Sie marschierten beide zu dem Mast daneben und der Rangniedrigere, brachte die Fahne sorgfältig an dem Tau an. Der Wind wurde noch stärker, als würde er sich freuen, etwas neues zum Spielen zu haben, während der kommandierende Soldat vor Jaenun und Jaesore salutierte und >Grüßt die Fahne!< rief.
Jaetru und Jaesore salutierten daraufhin ebenfalls, mit dem Blick zur Fahne, sie verfolgten sie mit den Augen, bis sie ganz nach oben gezogen war, was Jaenun ihnen etwas befangen nachmachte. Chori blieb still, Chorr neigten nur dazu Personen zu grüßen, nicht aber Fahnen. Sie schaute ihnen bei allen drei Flaggen zu, die man vorbereitet hatte und so waren zusätzlich zu dem Wappen von Lituolien, dem Freistaat der Jae und dem Fürstentum von Hamir, auch der Besuch angekündigt worden. In Form von den drei Fahnen aus Loreen, Panareen und Vijen.
Jaetru zeigte seine Begeisterung kaum darüber, dass der Grenzwächter seine Flagge hissen hatte lassen, während Jaenun sichtlich gerührt war. >Nun seid ihr richtig willkommen geheißen. Sollen die Bastarde da drüben sehen, dass unsere Fürstentümer vereint und stark sind! Die Nordallianz ist wieder hergestellt.< verkündete der Fürst von Hamir zufrieden und wandte sich dann Jaenun zu >Und, was sagt Ihr nach Eurem ersten Eindruck?<
Jaenun spähte wieder über die Mauer, hinunter auf die Ebene. >Ich werde einige Tage hier bleiben und Pläne zeichnen. Ich habe einige Ideen für die Verbesserung der Anlagen.<
Jaesore seufzte sichtlich erleichtert und lächelte. >Habt Dank mein Vash.<
>Sagt mir jedoch, Jaesore Juvi, kann ich das Tor in der Mauer sehen, zu dem Ihr den Schlüssel so unabdingbar beschützt?<
Überrascht wurden Jaesores Augen größer und er griff instinktiv nach dem Schlüssel um seinen Hals, während Jaetru entnervt seufzte >Verzeiht Juvi. Er ist ein naiver Junge!<
>Was? Was habe ich dieses mal schon wieder nicht mitbekommen?< fragte Jaenun peinlich berührt. Er war Jaetrus Standpauken sehr überdrüssig, in denen der Fürst von Panareen stets versuchte, den Vash zu belehren, nicht mehr so dumme Aussagen zu tätigen. Doch wie sollte er dem entgehen, wenn er noch immer nur so wenig über das Reich wusste?
Jaesore hingegen begann zu lächeln und erklärte ruhig, was seine Reaktion verursacht hatte >Es gibt kein Tor in der Mauer. Der Schlüssel ist nur symbolisch, für eine Grenze, die so fest verschlossen ist, dass es nicht einmal eine Tür oder ein Schlüsselloch für diesen Schlüssel geben kann. Es ist ein Symbol für unsere Entschlossenheit, hier in Hamir, niemanden durch zu lassen!< er blickte über die Mauer auf die Ebene und sagte mehr zu sich selbst, als zu seinen Gästen >Ich bin der Wächter der Grenze ohne Durchgang, mit diesem Schlüssel entscheide ich, wer durchkommt und wer nicht und ich entschied, dass niemand herüber kann.<
>Das südliche Schutzschild Lituoliens.< kommentierte Chori und lächelte süß, woraufhin sich Jaesore dankend verbeugte.
Als sie wieder herunter gekommen waren, saßen Jaeho und Jaejunee zusammen in dem Salon der Villa und scherzten vergnügt, sie sahen jedoch auf, als die Gemeinschaft eintrat. >Und? Habt ihr mir ein Souvenir mitgebracht?< fragte der Fürst von Vijen grinsend und bekam von Jaetru einen vernichtenden Blick geschenkt >Du kannst froh sein, dass ich dich als Souvenir nicht hier zurücklasse.< bemerkte der Jüngere und stampfte wieder aus dem Raum, um wie er sagte, Papier und Tinte für Jaenuns Pläne zu holen.
Jaesore folgte ihm mit zusammengezogenen Augenbrauen, schließlich hatte er eigentlich vor gehabt, seinen Gästen alles zu besorgen, während Jaenun sich zu seinem Juvi setzte >Warum ist er jetzt schon wieder so wütend auf dich?<
>Wenn ich das wüsste.< meinte Jaeho nur schulterzuckend und schenkte sowohl Jaenun als auch Chori eine Tasse Tee ein.
Mit all dem was Jaenun für seine Aufzeichnungen brauchte ausgestattet, begann er zu planen, als die beiden Fürsten zurück gekehrt waren. Er skizzierte die Mauer grob und murmelte dabei etwas unverständlich >Aus Ahnahn und Carot werde ich immer gefragt, warum man eine Mauer gegen Adler bauen sollte. Die fliegen ja da einfach drüber! Doch ich antworte stets, dass eine Mauer noch immer das beste ist, was wir den Manengrundern entgegensetzten können. Wie sonst sollen wir die Adler erreichen? Vom Boden aus geht das schwer. Jeder Meter, den wir näher an sie heran kommen, ist es wert zu bauen! Außerdem müssen sie dann Adler schicken und können keine Bodentruppen verwenden und die Nachteile von Adlern sind ja bekannt.<
Jaesore nickte und lächelte sanft, auch wenn Jaenun das nicht sehen konnte. >Ich will zusätzlich zu den Bolzenwerfern, auch noch Netze auf der Mauer montieren. Sie sollen zehn mal fünf Meter Fläche haben und aus jeweils vier Kanonen verschossen werden. Ein Bolzenwerfer kann immer nur einen Adler auf einmal herunter schießen, feuern wir hingegen ein Netz in den Himmel, ist unsere Chance viel größer, gleich mehrere Adler zu erwischen. Diese vier Kanonen müssen jedoch exakt zur selben Zeit feuern, damit das Netz auch ordentlich fliegt und nicht nach unten oder zur Seite gerissen wird. Das wird noch schwierig, ich werde versuchen etwas zu konstruieren, das mit einem Abzug, alle vier Kanonen gleichzeitig abfeuert. Außerdem will ich, dass ausgiebig mit diesen Netzen geübt wird! Es kommt auf die Formation der Adler an, doch ich rechne mit sechs Adlern, die wir pro Schuss somit herunter holen können.< er kritzelte wild während dem Sprechen auf das Papier, strich Zeichnungen wieder durch und schrieb Notizen daneben.
>Und was können wir herunterstürzenden Adlern noch entgegen setzen?< er zog eine lange Linie die gesamte Länge der Mauer entlang >Feuerbarrikaden und Flammenwerfer!<
Jaejunee und Jaetru sahen höchst befremdet aus, währen Jaeho grinsend den Kopf schüttelte und der Grenzwächter selbst einen Einspruch erhob >Mein Vash, wir haben bereits schlechte Erfahrungen mit Feuer gemacht.<
>Ich weiß, dass ihr mich alle für verrückt haltet, doch ihr habt einen Alchemisten ans Werk gelassen, selber schuld.< antwortete Jaenun und schmierte unbeeindruckt weiter in seinen Aufzeichnungen >Erzählt mir später eure Erfahrungen zum Thema Feuer, Fürst Jaesore, doch ich denke, dass bewusst gesetzte Feuerbarrikaden, doch große Vorteile bringen könnten. Ihr müsst das so sehen, diese Mauer hat nicht mehr den Zweck, die Manengrunder zu vertreiben, sondern sie so lange aufzuhalten, bis die Sasanlier Luftwaffe kommt und sie für uns vertreibt. Und man hält doch am besten jemanden auf, indem man ihn bewusst dort hin lenkt, wo man ihn haben möchte und das geht ausgezeichnet mit Feuer. Sie müssen die Mauer und die Festung einnehmen um über die Grenze zu kommen, sonst werden ihre Adler von unseren Netzen und Bolzen herunter geschossen und um alles einzunehmen, können sie nur an bestimmten Punkten angreifen, weil sonst alles andere brennt und an diesen Punkten, wartet bereits die nächste Katastrophe auf sie! Wir kontrollieren ihren Energiefluss und lassen sie am Ziel nur gegen Strohmänner kämpfen!< zufrieden blickte Jaenun auf und sah in höchst verstörte Gesichter. Sie sahen ihn an, als wäre er von irgend etwas besessen.
Er merkte schnell, dass er seine Zuhörer irgendwo zwischen Feuerbarikaden und Energiefluss verloren hatte >Zum Beispiel,< beharrte er und fing wieder an zu zeichnen >könnte man die vier Kanonen mit einem hydraulischen System dazu bringen, gleichzeitig zu feuern. Wir leiten eine Flüssigkeit in ein Rohr, wichtig dabei ist jedoch, dass wir Verzweigungen einbauen, und kein gerades Rohr, dass dann einfach vier Abgänger zu den Kanonen hat, denn dann würde die Flüssigkeit ja wieder nicht gleichzeitig den Zünder erwischen. Nein, wir brauchen ein gerades Rohr von sechs Zentimetern, das auf eine Verzweigung trifft und an den Beiden Enden dieser Verzweigung, haben wir dann wieder jeweils eine Verzweigung. So leiten wir die Flüssigkeit gleichzeitig zu den Zündern jeder Kanone, der Druck der Flüssigkeit auf den Zünder, bringt ihn auf die Pfanne und die Kanone feuert!< lächelnd präsentierte der Junge seine Zeichnung den Anwesenden und sah aufgeregt aus, seine Haltung schrie nach Entschlossenheit.
Stille umfing den Raum, bis Jaesore seinen Sessel näher an Jaenun heran zog und ihm eine Hand auf die Schulter legte >Mein Vash, warum verwenden wir nicht einfach vier gleich lange Zündschnüre? Oder eine Kurbel mit vier Hähnen?< er lächelte dabei und hatte auf seltsame Art, etwas väterliches >Hydraulik ist ein Hund.<
Jaenun verstand sofort, dass seine Lösung zu kompliziert für diesen Krieg war, er blickte auf seine Zeichnung und lachte nervös, bevor er peinlich berührt nickte und mit rötlichen Wangen den Blick wieder hob >Ja, das können wir natürlich auch machen.<
Nachdem der Grenzwächter das Schweigen der Zuhörer gebrochen hatte und sich nun jeder berechtigt dazu fühlte, den Vash zu beraten, entwickelten sie den gesamten Nachmittag gemeinsam neue Waffen und verbesserten alte. Sie einigten sich auf Halbkugeln aus Eisen, die aufeinander passten und durch eine Eisenkette verbunden waren. Durch eine Kanone abgefeuert, würden sich diese drehen und viel Schaden unter den Adlern anrichten. Chori hatte sie erwähnt, da sie auf hoher See bereits gegen verfeindete Schiffe eingesetzt wurden.
Die Frage ob man Spione einsetzen sollte, um mehr über den Zustand zu erfahren, in dem sich das Manengrunderreich im Moment befand, kam auch auf. Doch um diese Frage zu beantworten, mussten erst mögliche Kandidaten gefunden werden, denen die Königin und der Vash genug vertrauten, um sie losschicken zu können.
Außerdem Konstruierten sie Bolzenwerfer, die mehrere Geschosse auf einmal abfeuern konnten, neue Splitterbomben und Gasgefüllte Ballons, die als Sperren dienen sollten. All das musste noch ausgetestet werden, doch sie hatten alle zusammen dennoch das Gefühl, die Sicherheit an der Grenze gestärkt zu haben.
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