Kapitel 10: Peter Pettigrew #2
Am nächsten Tag etwa um die gleiche Uhrzeit konnte Harry erneut nicht schlafen, was in Anbetracht der Tatsache, dass er morgen Unterricht hatte, nicht produktiv war. Doch ihm spukten zu viele Gedanken im Kopf herum.
Es war zum Haare raufen. Ja, er hatte Peter befreit, doch zu welchem Preis? Hatte er die Welt ins Verderben gestürzt? Oder hatte die kleine Ratte wirklich eine zweite Chance verdient. Mit zwiegespaltener Miene blickte er auf den ereignisreichen Tag zurück:
Als er am Morgen aufwachte, war das Wetter draußen genau so grau und träge wie schon am Tag davor. Die Insassen von Harrys Schlafsaal quälten sich schließlich um halb 10 mit Mühe aus dem Bett, doch Motivation irgend etwas zu tun hatten sie keine.
Die wenigen noch zu erledigenden Hausaufgaben würden Neville, Dean und Seamus wie jeden Tag auf den späten Abend verschieben. Harry hatte schon alles fertig. Erstaunlicherweise konnte er sich tatsächlich an einige Themen noch erinnern. Nie hätte er gedacht, noch Daten von den dritten Koboldkriegen zu wissen, und damit zwei Fuß Pergament beschreiben zu können, doch tatsächlich musste er nur noch die Hälfte nachschlagen.
Sein „zweites Leben" würde wohl auch seinen Noten gut tun. Kurz musste er lächeln, als Hermine misstrauisch auf seine Hand starrte. Trotz des enormen Drucks, der schon nach der ersten Woche mit ihrem Zeitumkehrer auf ihr lastete, hatte sie gestern den Ring an seinem Finger bemerkt, als der Verschleierungszauber langsam nachgelassen hatte.
Nun war sie wohl misstrauisch, dass er nicht mehr da war, ließ das Thema aber auf sich beruhen. Als er schließlich den Gemeinschaftsraum verließ, war sie schon wieder in ihr Buch versunken. Langsam ging er zum Astronomieturm und dachte dabei nach. Zum etwa hundertsten Mal fragte er sich, war es richtig, was er tat?
Peter hatte seine Eltern an Voldemort verraten, flüsterte eine Stimme in ihm. Er wird seine Gründe gehabt haben, flüsterte die andere. Es war als hätte er Engel- und Teufelpeter auf den Schultern, die beide versuchten ihn von ihrer Seite zu überzeugen. Auf dem Astronomieturm angekommen, schloss er die Augen und stellte sich wieder vor, wie er durch die gelbgoldene Wand rauschte, direkt in eine alte schäbige Hütte, am Rande der Nordsee.
Er grinste, als er daran dachte, in welchen Schreckenszustand Hagrid die Dursleys hier versetzt hatte. Der einzige Grund wieso er hier hin appariert war, weil es die einzige Stelle an der Nordsee war, die er kannte. Und Askaban war irgendwo tief in der Mitte der Nordsee. Er fischte seinen Feuerblitz aus seiner nimmervollen Tasche und bestieg ihn. Als er sich vom Boden abstieß, fühlte er das erste Mal seit langem wieder die Freude des Fliegens.
Er flug einige Loopings um sich an das Gefühl zu gewöhnen, wandte einen Vier Punkte Zauber an und flog Richtung Norden. Einfach immer und immer weiter. Zum Glück war es nicht kalt, schließlich war es erst Mitte September und Harry fror in seiner dünnen Sweatshirtjacke trotz der kühlen Meerluft nicht.
Doch nach einer gefühlten Viertelstunde mit Höchstgeschwindigkeit auf dem Besen fing auch er an leicht zu zittern. Doch wie es sich herausstellte sollte es nicht an der Meerluft liegen. Er fühlte die Dementoren, bevor er sie sah und es waren viele. Nicht fünfzig, nicht hundert, es dürften etwa an die tausend sein. Hagrid hatte nicht übertrieben, als er sagte Askaban sei der absolut schrecklichste Ort der Welt und ein weiteres Mal bewunderte er Sirius, dass er es so lange geschafft hatte, diese Wirkung zu ertragen, ohne den Verstand zu verlieren.
Die Sache war nun, Peter zu finden, möglichst ohne vorher ohnmächtig zu werden. Er landete ganz am Rand der kleinen Kies-Insel um immer noch möglichst viel Abstand zu dem Zaubergefängnis zu haben, danach steckte er seinen Besen wieder in seine Tasche und kramte den Tarnumhang hervor, den er sich auch sogleich überwarf. Dann schlich er auf leisen Sohlen auf die steinernden Wände zu.
Sicherheitshalber verwandelte er sich noch in Orion Arcturus und setzte ein Gesicht auf, dass er selbst liebevoll die „Malfoy-Miene" getauft hatte. Arrogant, wichtig, machtvoll. Unter dem Tarnumhang lief er durch das stählerne Eingangstor in das Gebäude hinein. Der Eingangsbereich war nicht schön, aber sicher nicht so schrecklich wie der Rest des Gefängnisses, allein durch die Tatsache dass hier Menschen und keine Dementoren arbeiteten.
Auf leisen Sohlen schlich er über die kalten Fliesen und schaute einem eingeschlafenen Wachtmann über die Schulter. Sein Oberkörper lag einem dunklen Holztisch, auf dem außerdem ein großer Kasten mit Vielen Pergamenten darin stand. „Akten", stellte Harry in Gedanken fest. Er pirschte sich heran und versuchte möglichst unauffällig zum Buchstaben P zu blättern. „Wieso tu ich das hier nochmal?", war mehr als einmal sein Gedanke.
Am liebsten würde er wieder umdrehen. Sein gesunder Menschenverstand und sein Gewissen sagten ihm, es war falsch was er tut. Und doch... und doch war Peter eine weitere Verbindung zu seinen Eltern. Niemand hatte ein Schicksal wie Askaban verdient, nicht einmal Peter. Er dachte daran, wie er in seiner alten Zeitschiene zu Lupin gesagt hatte, dass Sirius den Kuss des Dementors verdient hätte. Er war blind gewesen, blind vor Wut auf den Verräter seiner Eltern, auch wenn der Mörder Voldemort selbst war.
Viel zu spät hatte er verstanden, dass ohne Peter, niemals die dreizehnjährige Pause von Voldemorts Macht entstanden war. Niemand hätte ihn besiegt. Seine Eltern waren heldenhaft gestorben, so wie auch er, als Horkrux sich geopfert hatte um Voldemort zu vernichten. Peter hatte es nicht wissen können, aber trotzdem war es so passiert.
Mit diesem Gedanken griff er zielstrebiger zur Akte P und durchwühlte sie nach dem Namen Pettigrew. Mit seinem Zauberstab dirigierte er den Stempel, der auf dem Tisch stand zum Papier und setzte ein rotes DEAD über die gesamte Akte, wie er es bei einigen anderen Verbrechern gesehen hatte. Anschließend stellte er den Stempel wieder an genau der selben Stelle ab, an der er ihn weg genommen hatte und zog sich zurück.
Er wusste nun, dass Peter die Verbrechernummer C129XI war. Nun kam der schwierigere Teil. An den Dementoren vorbei kommen. Askaban war in Form eines Dreiecks angeordnet, es gab die Seiten A,B und C. Er bog in die Seite ein, die Gegenüber von sich war und fand sich einer Wendeltreppe gegenüber.
Harry bezweifelte, dass die 129 die Höhe des Stockwerks war, also nutzte er sein weniges Wissen, was ihm aus der Grundschule zum Thema Römische Zahlen geblieben war und kletterte die bröckelnde Steintreppe bis zum Stockwerk elf hoch. Immer noch waren erstaunlich wenig Dementoren zu sehen, was ihn etwas verunsicherte. Doch er schätzte, sie würden sich eher an den Außenseiten des Gefängnisses aufhalten, dort wo er jetzt hinmüsste.
„War ja klar, dass die Peter sofort in ein Hochsicherheitsverließ stecken mussten.", murmelte er grummelnd vor sich hin und begann seinen Weg nach außen. Er kam an den Zellen 23, 24 und 25 vorbei, da wurde ihm langsam kalt. Sich umdrehend sah er, dass niemand zu sehen war und riskierte, das helle Licht seines Patronus heraufzubeschwören.
Darauf achtend, diesen möglichst nah bei sich zu halten beschloss er, dass er genauso gut zur Zelle rennen konnte. Den wenigen Gefangenen, die seine Schritte auf dem Steinboden hören würden, würde man nicht glauben, dass diese wirklich von einer realen Person kamen. Falls überhaupt jemand in nächster Zeit in diesen Trakt des Gefängnisses kommen sollte.
Die Dementoren nahm er dank seines Patronus, den er immer noch neben sich laufen hatte kaum wahr, doch die Kälte, die allein von dem Gemäuer ausging, war nicht zu stoppen. Selbst wenn er nicht an der Wirkung der Dementoren zugrunde gehen würde, er wäre nach der dritten Nacht hier jämmerlich erfroren. Vor der Zelle Nummer 129 blieb er stehen und schaute durch die Gitterstäbe. „Peter.", flüsterte er.
„Ich bins, Krone junior. Unter dem flüssigen Stoff." Er schalt sich selbst einen Idioten. Was war das für eine sinnlose Codesprache gewesen? Doch tatsächlich huschte eine kleine Ratte unter dem Heuhaufen, der wohl als Bett diente, hervor. Sie rannte auf Harry zu und kletterte sein Bein hinauf. In ihrer Jugend mussten die Rumtreiber wohl viel trainiert haben, den anderen auch unter dem Tarnumhang zu erkennen, Ron hätte das wahrscheinlich nicht so einfach hinbekommen.
Vielleicht hörte Peter hier aber auch einfach so viele Stimmen, dass eine echte Stimme herausstach wie eine Insel im Meer. Nun empfand Harry es für sicherer, den Patronus verschwinden zu lassen. Sofort übermannte ihn die bekannte Kälte und auch die Stimmen seiner Eltern hörte er. Aber es war abgeschwächt. Er blieb bei Bewusstsein, er konnte bestimmen was er tat.
Vielleicht lag es daran, dass er gerade etwas äußerst Ritterliches tat, oder aber er hatte sich an die Dementoren gewöhnt. Es war wohl hauptsächlich die Psyche, die hier eine Rolle spielte. Tatsächlich machten die Dementoren ihm auch keine Angst mehr, weshalb ihn interessieren würde, was sein Irrwicht nun für eine Gestalt annahm. Bei Gelegenheit sollte er Lupin nochmal darauf ansprechen, das testen zu dürfen.
Genau so unbemerkt wie er reingekommen war verließ Harry mit der Ratte das Gefängnis. „Toll bewacht ist das da drin, wirklich.", murmelte er, eigentlich nur um irgendwas zu sagen. Natürlich hatte nicht jeder einen Tarnumhang wie er und doch war er sich sicher, wäre er auch mit einem einfachen Deillusionierungszauber durchgekommen. Harry wusste, dass Peter ihm wahrscheinlich gebannt zuhörte, hatte er doch sonst nichts zu tun:
„Ich werde jetzt mit dir zu einer kleinen Hütte auf der Nordsee fliegen. Dort kannst du dich zurückverwandeln und später apparieren." Und er flog los. Mitten auf dem Meer hatte er kurz, als der Hass, den er auch schon im Büro kurzzeitig gehabt hatte, gedroht hatte zu überwiegen das Bedürfnis die Ratte jetzt einfach ins Wasser fallen zu lasse, doch er tat es nicht. Selbst WENN Peter dem dunklen Lord helfen würde, würde er es erst gegen Ende seines vierten Jahres schaffen und bis dahin wollte Harry eigentlich alle Horkruxe zerstört haben.
Außerdem musste Voldemort auferstehen, damit er ihn töten konnte. So oder so, das er Peter nicht hatte verrotten lassen, hatte für alle Parteien die existieren oder existieren werden nur Vorteile. Bald war die Hütte, von der er auch schon losgeflogen war in Sicht, und der Schwarzhaarige steuerte seinen Besen in Richtung Fels. Nach der Landung holte er die zappelnde Ratte aus seiner Tasche und setzte sie auf den Boden der Hütte, in die er währenddessen hineingelaufen war.
„Wieso tust du das?", war die erste Frage von Peter, als er wieder in seiner menschlichen Gestalt war. Auch wenn er selbst keine richtige Antwort darauf hatte, so hatte er mit dieser Frage gerechnet und konnte eine Antwort geben: „Mein Vater hätte nicht gewollt, dass du in Askaban verreckst.", er würde dich lieber selbst umbringen, fügte Harry in Gedanken hinzu.
„Du hattest Angst Peter. Und Angst bringt Menschen dazu furchtbare Dinge zu tun." „Ich danke dir Harry Potter. Du bist deiner Mutter sehr ähnlich. Ohne diese Chance, die du mir gerade gibst wäre ich wahrscheinlich tatsächlich zum Lord zurückgekehrt, um einen Stand im Leben zu haben. Die Idee, in ein anderes Land auszuwandern habe ich nicht einmal in Betracht gezogen."
Er lächelte und gab seine viel zu langen Vorderzähne preis. „Ich möchte dir nur noch sagen, dass ich den Verrat an Lily und James nie ganz verkraftet hab. Als ich hörte dass du überlebt hast, wusste ich du wirst es schaffen Du weißt schon wen irgendwann zu besiegen. Wie du bereits sagtest, ich hatte damals unfassbare Angst.
Doch die Reue, so musste ich feststellen ist wesentlich schlimmer als die Angst. Ich werde mich nie wieder in deinem Leben blicken lassen. Ich danke dir.", er verlor eine winzig kleine silbrig leuchtende Träne. Harry reagierte schnell und fing sie auf, war er sich doch sehr sicher dass dies eine Erinnerung war, die ihm etwas über seine Eltern erzählte schließlich stand er immer noch vor einem ehemals bestem Freund dieser.
„ Nun danke ich dir.„, sagte er, während er die Glasphiole sicher in seiner Tasche verpackte. Mit einem letzten dankbaren Nicken apparierte der Ratten Animagus und Harry war sich ganz sicher, das richtige getan zu haben.
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Bitte hört auf mich mit vergammelten Zitronenbonbons zu bewerfen xD
Ich musste dieser miesen Ratte einfach eine zweite Chance geben.
Bis zum nächsten Kapitel!
LG, XxKabanaCircusxX
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