XXXIII. Die Todgeweihten grüßen dich
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Valentin wusste, dass er hier unten sterben würde.
Diese Zelle in den Gedärmen von Calieux war sein Grab.
Und das Adamium war sein Scheiterhaufen.
Es war einfach, den Tod zu akzeptieren. Zumindest redete er sich das in seinem Delirium ein, als Schweiß, Wundsekret und Blut seine gefesselten Arme hinabronnen und die Fetzen seines Hemdes tränkten.
All die Krampfanfälle, all die Qualen und all die Schreie, was brachten sie am Ende?
Es zog die Agonie nur unnötig in die Länge.
Er hätte sich gewünscht, nicht alleine gehen zu müssen. Dass ihm jemand wenigstens die Hand halten würde, während er starb. Ihm sagen, dass alles gut werden würde.
Aber natürlich verwehrte ihm das Schicksal auch diesen letzten Wunsch.
Das war also aus ihm geworden? Der mächtigste Magier seiner Zeit, zugrunde gerichtet von einer Zelle und etwas Adamium?
Oh Märtyrer, es war so schrecklich heiß und stickig in diesem Loch.
Wenn er doch nur leben könnte, nur noch ein bisschen-
Stattdessen aber blickte er in Dunkelheit, allein erleuchtet von schimmernden Runen, die auf dem ausladenden Adamiumkreis blitzten, in deren Mitte seine Hände an die Kuppeldecke gefesselt waren.
Es war, als würde man ihn von oben und unten zugleich rösten.
Die Moiren ergötzten sich wohl zu sehr an seinem Leid, um es gnädig zu beenden.
Und in einer zynischen Schicksalswende legte sich genau in diesem Moment etwas kühles um seine Wangen.
Hände, erkannte er da.
Zart und glatt.
Das lebendige Sprudeln einer Bergquelle.
Ein Schemen tanzte vor seinen Augen. Wabernd.
"Wer -Wer ist da?", wollte er rufen, aber seinen Lippen entkam nur ein Krächzen. Wie lange hatte er nichts getrunken? Oder hatte er sich einfach die Seele aus dem Leib geschrien?
Jemand streichelte seine Wange.
"Erkennen Sie mich wirklich nicht?", schnurrte eine helle Stimme in seine Ohren.
"Dabei dachte ich, ich hätte über all die Jahre einen bleibenden Eindruck hinterlassen."
Lamisque.
Die Dame de Glace.
Die Frau aus Eis.
"Wie könnte ich?", erwiderte er rau. Seine Stimme war ein Wispern, trotzdem raffte er den letzten Fetzen seiner Contenance zusammen. "Sie vergessen, die wunderschöne Hafsa Mansoor?"
Sofort zuckten die Hände von seinen Wangen.
Die erlösende Kühle erlosch.
Als hätte er sie geschlagen, stolperte Lamisque einige Schritte zurück.
Immerhin kannte er ihren Namen.
Ihren richtigen Namen.
Nicht die Farce, die Magier wie sie der Welt vorspielten, um sich und ihre Familie zu schützen.
Selbst Valentin trug nicht seinen richtigen Namen - weil er nie einen richtigen Namen gehabt hatte.
Er hatte sie durchschaut.
Hafsa Mansoor.
Doch getroffene Hunde bellen - genauso wie getroffene Magier.
Sie lachte ein hohles, kaltes Lachen.
"Oh, der große Saphir spricht! Wissen Sie, Ihre moralische Überlegenheit kotzt mich fast so sehr an wie Ihre Arroganz."
"Meine-" Er schüttelte nur den Kopf.
"Kommen Sie auf den Punkt. Warum verschwenden Sie Ihre Zeit mit mir?"
"Pah!", stieß sie aus. "Wissen Sie, ich habe Sie eine Zeit lang bewundert. Ich war fast schon krank vor Neid. Sie haben ein besseres Leben gelebt, als jeder Magier seit Beginn der großen Ausmerzung. Sie hatten alles. Ein Anwesen, Geld, Respekt, das Ohr ihres Herrschers. Ja, man hat Sie sogar geliebt. Aber jetzt? Sie haben alles verspielt. Sie haben es weggeworfen, als sie sich in diese dumme menschliche Politik eingemischt haben und sich haben verhaften lassen. Dafür hasse ich Sie. Ich wäre gestorben, um auch nur eine Chance auf Ihr Leben zu haben."
"Denken Sie, ich hatte Freude daran, fast auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, bevor ich mein zwanzigstes Lebensjahr erreicht hatte?", zischte er zurück und hob seinen schmerzenden Kopf. Er war zu müde für Höflichkeit.
"Dass Friedl- der Kaiser mich einfach hätte umbringen können, hätte er aufgehört mich zu lieben? Denken Sie es macht mir Spaß, im Parlament gegen Menschen zu argumentieren, die nur schlecht Ihr Ziel einer zweiten Großen Ausmerzung verschleihern? Oder einem Kaiser zu dienen, dessen Grausamkeit nur von seiner Dummheit in Schranken gehalten wird? Glauben Sie mir, Sie wollen mein Leben nicht."
"Sie haben Ihre Seele verkauft", spie sie ihm entgegen. Ihre hellen Gewänder bauschten sich auf, als sie ganz nah vor ihn trat und voller Verachtung auf ihn hinabsah.
"Sie hätten für uns kämpfen können, aber sie haben sich benutzen lassen und Ihre Freiheit gegen Komfort getauscht."
Er wollte widersprechen, da rang sie mit ihren Händen um etwas ungreifbares.
"Und wissen Sie, was das schlimmste ist? Ich habe es auch gemacht. Ich habe mich an Arondax und Saint-Mitre verkauft, wie sie sich an den Kaiser und Bruktien verkauft haben. Wir sind einfach nur Spielfiguren. Selbe Machart, selbe Funktion, aber unsere Farben sind anders und wir werden nie etwas anderes sein können als Feinde, solange unsere Spieler es sind."
"Sie hassen mich, weil Sie sich selbst hassen?"
"Tun Sie das nicht auch manchmal?"
Er dachte an die quälenden Stunden die er in seinem seidigen Laken wachgelegen hatte, wissend, welchen Menschen er dafür dienen musste und in welchen Dreckslöchern sein Volk lebte.
Als er antwortete, war seine Stimme kaum zu hören:
"Immer."
Sie gab einen seltsamen Laut zwischen Fauchen und Seufzen von sich.
"Diese Welt wurde nicht für Unseresgleichen geschaffen. Entweder wir leben in ihrem Dreck oder verschachern unsere Seelen an sie, für nichts mehr als ein komfortableres Leben. Statt uns zu töten, beutet man uns aus. Sie selbst haben nach Menschenregeln gespielt und dabei verloren. Vielleicht tue ich das auch irgendwann."
Er richtete sich so weit auf, wie es ihm möglich war. Seine Ketten klirrten und zwangen ihn zurück auf die Knie.
"Ich hab zumindest die Chance bekommen, anderen Magiern zu helfen. Das allein war es wert. Zumindest für mich."
Er erntete bloß ein Schnauben.
"Sehen Sie nur, wo es Sie hingeführt hat! Die Krone Bruktiens ist mit Ihrem Blut geschmiedet, aber Ihr Kaiser lässt Sie hier ausbluten. So wie die Menschen es immer machen."
Er spürte regelrecht, wie sie ihren Kopf schüttelte.
"Sie haben das Bett eines schönen, mächtigen Mannes für ein paar Jahre gewärmt und hatten für die nächsten hundert Jahre ausgesorgt. Es hätte so einfach sein können."
"Das führt doch alles zu nichts. Warum sind Sie hier, Lamisque?." Seine Stimme war sanfter.
"Ich habe ein Angebot für Sie."
"Ach ja?", entkam es ihm.
Die Magierin blickte ihm direkt in die Augen. Ihre Aufmerksamkeit lag kalt und schwer auf ihm
"Ich könnte Sie töten, wissen Sie? Einen kurzen, schmerzlosen Tod. Sie waren einmal ein großer Mann, Saphir. Sie verdienen es nicht, hier unten so erbärmlich zu sterben."
Er öffnete den Mund, nur um ihn wieder zu schließen.
Für einen Moment überlegte er wirklich.
"Ich will nicht sterben", brachte er endlich hervor.
Seine Unterlippe zitterte.
Er wollte, dass das hier endete. Das Schürfen der Fesseln. Die Schwärze. Das Schlackern seiner Finger.
Aber was war mit den Sonnenuntergängen? Dem Geschmack von Schokolade? Den Spaziergängen im Palastgarten? All den kleinen, gestohlenen Momenten des Glücks.
Wieder gab sie nur einen verächtlichen Laut von sich.
"Vertrauen Sie mir, die Hoffnung wird hier unten als erstes sterben."
Mit diesen Worten machte sie auf dem Absatz kehrt.
Irgendwo knarrte seine Zellentür.
Sie ließ ihn allein?
Sie ließ ihn allein! Hier in diesem... diesem....
Sein Atem beschleunigte sich und er japste nach Luft. Er meinte, jeden Moment an der Einsamkeit ersticken zu müssen.
"Warten Sie!" Sein Schrei zerfetzte die Luft. Schrill und verzweifelt. " Bitte. Lassen Sie mich nicht-!"
Aber es war bereits zu spät.
Die Tür fiel krachend ins Schloss und Benommenheit verschluckte ihn.
Im nächsten Moment stürzte Valentin in den Abgrund.
Alles wurde schwarz.
Für einen Moment schien er gar nicht mehr zu existieren, sondern einfach in der Leere zu schweben, irgendwo zwischen Leben und Tod.
Dann kam der Aufprall.
Der Schmerz pochte bis in seine Kiefer.
Aber statt Knochen barst nur Holz unter seinen Füßen.
Nein, nicht seine Füße ließen das Holz knacken, realisierte er da mit Grauen. Feuer.
Feuer knackte - und Hitze leckte an seinen Sohlen.
Seine Kehle schien sich immer weiter zuzuschnüren.
Und die Schwere um seine Brust?
Es waren Seile, die ihn an einen Pfahl ketteten.
Noch bevor er die Lider aufschlug wusste er, wo er sich befand:
Auf seinem Scheiterhaufen.
Er riss seine Augen auf. Ein blutroter Himmel flutete sein Sichtfeld, während das Grölen einer Meute wie Donnergrollen über die Welt fegte.
Einer Meute, die direkt zu seinen Füßen johlte.
Einer Meute, die nach seinem Tod lechzte.
Tod dem Seelenfresser, skandierten sie. Tod der feigen Magierbrut! Tod den Ketzern!
Ein Heer aus Funken begann, seine Sicht auf die wogende Masse aus Körpern zu verdecken. Sie flirrten durch die Luft und brannten sich in seine Haut, während seine Kleidung wie heißes Wachs seine Glieder hinabschmolz.
Die erste Stichflamme zuckte sein Bein herauf.
Ein Stöhnen schlüpfte über seine Lippen, dann sah er sie.
Wie Statuen waren sie auf einer marmornen Empore aufgereiht.
Die Mächtigen der Welt- Lamisque, Arondax, Dolus, ja selbst der Kaiser.
Und die rot bemalten Lippen der Dame de Glace verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln.
"Wir haben verloren, Saphir", summte sie. "Spürst du es nicht?"
"Bitte!", flehte er, als ein weiteres Knacken durch das Holz ging und ein Funkenregen aufstob.
Die Flammen wurden höher. Schweiß perlte seine Glieder herab.
Sein Atem ging schneller. Erneut wollte er nach Luft schnappen, doch Rauchwolken verpesteten die Luft und er krümmte sich in einem Hustenanfall.
Seine Haut begann zu brechen.
Spröde wie Leder gab sie nach. Brandblasen platzten auf. Fleisch wurde zu Asche.
Sein Schrei zerschnitt die Luft.
Und währenddessen grinste Lamisque ihn mit ihrem blutigen Mund über die Menge hinweg an.
Er ertrug ihren Anblick nicht.
Hilflos richtete er seinen Blick höher, wollte ihr entkommen und -
Valentin erstarrte.
Für einen Moment wünschte er, man hätte ihm die Augen ausgestochen.
Erhaben thronte eine Gestalt auf einem schneeweißen Thron über ihnen.
Ernst Friedrich, König von Teutin, erster Kaiser von Bruktien und unangefochtener Nationalheld.
Er war der Mann, der Valentin gehalten hatte, wenn die Angst ihn befiel, der Mann, der ihm Küsse auf die Wange gegeben hatte, wenn er sich an ihn schmiegte.
Der Mann, der ihm gerade beim Verrecken zusah.
Mit einem letzten Brüllen bäumten sich die Flammen auf. Sie waren drauf und dran ihn zu verschlingen, wie eine ausgehungerte Bestie.
"Bitte", schluchzte er. "Aufhören. Hör auf! Bitte!"
Seine Stimme verkam zu einem Wimmern. "Tu mir das nicht an."
Mittlerweile war kaum noch etwas von Valentin übrig, doch in dem fiebrigen Tanz der Flammen sah er, wie sich Friedls Lippen öffneten.
Aber es war nicht seine Stimme, die ihnen entsprang:
"Bei den drei, er sieht absolut erbärmlich aus."
In den Flammen runzelte er die Stirn. Das war doch...
Auf einen Schlag wachte er auf.
Valentins Herzschlag und keuchender Atem donnerten in seinen Ohren.
Sofort schnellte sein Kopf in die Höhe - und Schwindel erfasste ihn.
Es brauchte mehrere Sekunden, bis ihn der Klammergriff der Übelkeit loßlies und sich seine Umgebung schärfte
Erneut war er in die Decke der Dunkelheit gehüllt, doch diesmal erkannte er im Flackern einer Lampe den Mann, den er unter diesen Umständen eigentlich nie wieder hatte sehen wollen:
Bloche.
Mit einer gewissen Zufriedenheit aber notierte er den blutigen Verband um dessen Finger.
"Ich habe schon Leichen gesehen, die hübscher sind als Sie", gab der General von sich.
Ein leises, schepperndes Lachen quoll über Valentins aufgeplatzte Lippen.
"Und ich dachte, die modrige Luft hier unten wäre gut für meine Haut."
Er legte den Kopf leicht schief.
"Ein Rendezvous? Sollte es Ihnen nicht langsam höchst langweilig werden, mich zu quälen?"
"Vielleicht mag ich es einfach, Sie zappeln zu sehen."
Der General begann, Valentin zu umrunden wie ein Raubtier, das seine in die Ecke gedrängte Beute beäugte und sich fragte, ob es sich noch lohnen würde, damit zu spielen.
Es machte den Magier nervös, sich nicht umdrehen zu können.
Sein verräterischer Atem beschleunigte sich.
"Was wollen Sie?", krähte Valentin.
Er hatte keine Kraft mehr. Konnte man ihn nicht einfach in Ruhe sterben lassen?
"Wir haben einige Fragen an Sie. Oder eher ich." Bloche schnalzte mit der Zunge. "Der Präsident hat einen empfindlichen Magen und hin und wieder einen Anflug von Mitleid, der unser Gespräch... Nun, wahrscheinlich weniger ertragreich machen würde."
"Sie müssen mir die Fragen nicht einmal stellen", brachte er hervor. "Ich kenne die Antworten bereits, Sie kennen die Antworten auch: Sie werden belogen, sie alle werden das. Aber nicht von mir."
"In welcher Welt leben wir denn, wo der Feind die Wahrheit spricht und der Freund lügt?"
"In der selben Welt, wo Verbrecher auf Thronen sitzen und Unschuldige in Kerkern vermodern."
Er sah die Ohrfeige in der Dunkelheit nicht kommen. Umso heftiger schepperte sie und er brauchte mehrere Sekunden, bis er die weißen Flecken vor seinen Augen hinfortgeblinzelt hatte.
Seine Wange prickelte.
"Es ist schön zu sehen, dass Sie Ihren Charme und Fantasie nicht verloren haben", entgegnete Bloche bloß. "Aber nennen Sie mir einen guten Grund, warum ich den Worten eines Mannes, der für die Bestie arbeitetet, die mein Land und meine Leute schändet, mehr glauben soll als dem Mann, der mir das Material liefert, mich gegen dieses Biest zu verteidgen?"
"Wer denken Sie profitiert denn von dem Krieg? Ich ganz bestimmt nicht. Die Soldaten an der Front nicht. Das vollkommen ausgezehrte Volk nicht. Wer aber würde Geld verlieren, sollten Friedensverhandlungen Erfolg haben?"
"Sie sind wahnsinnig. Sie halluzinieren. Anders kann ich es mir nicht erklären."
"Sie sprechen mir einfach den Verstand ab? Das ist Ihre Lösung?"
Empörung keimte in seiner Brust.
"Aber was zählt meine Geschichte schon, wenn sie nicht ins Narrativ passt?"
"Nicht ins Narrativ passt? Sind nicht Sie derjenige, der immer Geschichte geschrieben hat? Haben nicht Sie dabei selbst dutzende Narrative geöffnet?"
"Sie unterliegen einem Fehlschluss", klärte er nüchtern auf.
"Ich habe nie Geschichte geschrieben. Ich habe sie gemacht - aber geschrieben haben Sie immer die anderen."
Bloche zog mit seiner unverletzten Hand eine schmale, fiese Klinge aus seinem Gürtel.
"Hören Sie", sagte er und tippte mit der Spitze der Waffe zweimal auf Valentins Nasenspitze.
"Das ist mir vollkommen egal. Alles, was ich weiß, ist dass ihr Kaiser meinen Sohn und seine Ehefrau umgebracht hat. Sie waren Zivilisten. Er war Arzt. Das hat eure Artillerie nicht davon abgehalten, ihre Kleinstadt zu bombardieren. Und eure Soldaten nicht, ihre Häuser zu plündern. Sie haben den goldenen Ehering von den kalten, steifen Fingern meiner Schwiegertochter gezogen.
Wegen Ihrem Monarch ist meine Enkelin eine Weisin. "
Seine Stimme schwoll bei jedem Wort weiter an und Speichelfetzen flogen aus seinem Mund.
"Denken Sie, das war gerecht? Also erwarten Sie von mir im Gegenzug keine Gerechtigkeit."
Valentin schluckte.
"Ich wusste nicht- Das tut mir Leid. "
"Ich werde dieselbe Grausamkeit in meinem Herzen tragen, wenn ich in eure Heimat einmarschiere."
Valentin dachte an Zuhause. An das Städtchen Silberstein, dessen Baronat Friedl ihm geschenkt hatte, nur wenige Monate vor seinem Tod.
Noch jetzt fühlte Valentin das weiche Heidekraut unter seinen Fingern, noch jetzt sah er das Schillern des Bergsees und fühlte den kalten Wind, der seine und Zazannes Wangen küsste, als sie damals die Berge von Paßral erklommen und auf Silberstein herabgeblickt hatten.
Es war fünf Jahre nach Beginn seines Exils vom Hof gewesen und trotzdem hing diese ewige Melancholie über der ausgebeuteten Minenstadt.
Ihre Silberquellen waren schon seit Jahren abgeschürft und das, was noch übrig blieb, verlor auf dem Markt gegen die Qualität der Zwerge.
Wahrscheinlich war diese desolate Lage ein Grund gewesen, warum man gerade Valentin dieses Baronat vermacht hatte.
Gemeinsam mit dem schrecklichen Wetter natürlich, das durch ein grausames Spiel der hiesigen Geographie stets grau, dunkel und nieselig war.
"Es ist hässlich hier", murmelte Zazanne - seine Zauberschülerin, noch keine zwölf Jahre alt- und zog die Knie an die Brust.
Valentin seufzte. Es stimmte.
Egal was er tat, Silberstein blieb bestenfalls eine magere Provinzstadt.
Es war kein guter Ort zum Aufwachsen.
Trotzdem warf er ein: "Aber es ist sicher hier. Sicherer als irgendwo sonst."
Fern von den Ränkeschmieden des Hofes, die ihn einfach weggeworfen hatten wie zerbrochenes Spielzeug.
"Sind- Sind Sie sich da sicher?"
Ihre Augen waren groß wie die eines verschreckten Rehs.
Es war keine drei Monate her, seit ihre menschlichen Eltern sie einfach vor seiner Türschwelle abgesetzt hatten.
Wort - und Abschiedslos.
Nun, es war besser als das Handeln der meisten: Den Schandfleck der Familie einfach unter der Erde verschwinden zu lassen.
Vorsichtig fingen Valentins Hände einen der blauen Funken ein, die die Luft in Silberstein zum Flimmern brachten.
Auch wenn man diesen Ort zu seinem Gefängnis gemacht hatte, so war er auch in Valentins Magie getränkt.
Niemand konnte hier erwarten, gegen ihn anzukommen. Nicht einmal die Gendarmerie.
Also nickte er entschlossen.
"Und Sie werden mich auch nicht alleine lassen? Nicht wie- wie-"
"Niemals."
Das Wort war scheinbar mehr als genug, denn das Mädchen drückte sich ganz fest an ihn.
Selten hatte er sie und Silberstein so vermisst, wie hier in diesem Kerker.
Valentin wollte einfach nur nach Hause.
"Verschwinde", keuchte der Magier, den Geschmack von Eisen im Mund, und funkelte Bloche an.
Der lachte ungläubig auf.
"Was?"
"Verschwinde!", schleuderte er ihm entgegen und fühlte, wie Magie durch seine Adern schoss.
Das Glimmen der Runen unter ihm intensivierte sich zu einem Leuchten, das Adamium brannte heißer und heißer. Es brannte sich in seine Haut.
Wie der Scheiterhaufen, zuckte es ihm durch den Kopf - und alles entglitt seinen schweißigen Fingern.
Eine unsichtbarer Stoß schleuderte Bloche zurück. Sein Rücken krachte gegen die Wand des Kerkerkorridors, dann schlug die Zellentür direkt vor seiner Nase zu.
Valentins ganzer Körper sackte zusammen. Die Magie verpuffte, etwas klirrte und allein die Ketten hielten ihn noch irgendwie aufrecht. Das Glühen verkam zu einem sanften Schillern.
Die ganze Welt fühlte sich irgendwie... taub an.
Eine warme Flüssigkeit tropfte seine Nase herab.
Aber nichts kam bei ihm an.
Alles wurde still. Er hörte kaum noch seinen eigenen rasselnden Atem.
Es war vorbei.
Und da war nichts mehr für ihn.
Er konnte nur noch warten. Warten auf den Tod.
Während die Stille ihn umarmte, gab sich Valentin der erlösenden Trance hin.
Zeit und Raum existierten nicht mehr, er befand sich nur noch in einer Schwebe, irgendwo zwischen dieser Welt und der nächsten.
Dann - endlich- fuhr ein Knarzen durch den Raum. Ein Lichtstrahl grell wie ein Heiligenschein brach durch den Spalt der schweren Eisentür.
Doch schon im nächste Moment verdunkelte ihn ein Schatten.
Es war die Silhouette eines gehörnten Dämons.
Das war es also.
Man war gekommen, um ihn ins Totenreich zu holen.
Doch statt der erlösenden Schere - falls Magier überhaupt Schicksalsfäden besaßen - packte der Dämon in sein Gesicht und zog seine Maske herab.
Ihn starrte nicht das ewige Grinsen des Todes an, sondern seine einzige Verbündete:
Shruti Devi Kunwar, schön wie ein Racheengel und Bringerin des Lichts.
Valentin begann zu weinen.
Ich bin wieder da und habe natürlich Kunstwerke zweifelhafter Qualität mitgebracht 🤧
Ich wollte endlich einmal Božena (gerade nach dem letzten Kapitel) endlich mal ein Aussehen geben und hier ist sie.
Und- so dachte ich mir- was ist eine schauspielerische Königsdisziplin (zumindest in einer Welt der Theaterschauspieler, deren Kinos noch in Kinderschuhen stecken)?
Natürlich Hamlet und sein Monolog, wie er diesen dummen Schädel in der Hand hält.
Und die Retterin der Stunde, Shruti
Es ist eigentlich ein Verbrechen, das seinesgleichen sucht, dass das die erste Shruti mit Henna/ Mehndi ist, aber endlich ist sie da🤧
(+plus die damit einhergehende Implikation, dass sie und Zilli heiraten wollen, lol)
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