Kapitel 39
Alles war warm.
Mein ganzer Rücken lag direkt an einer Heizung und ich kuschelte mich näher. Wir waren in der Matratze versunken und eine Decke verbarg unsere Körper. Über meinem Bauch lag ein schwerer Arm, der mich festhielt.
Alles in mir war ruhig.
Alles fühlte sich frei an.
Hinter den Fenstern schimmerte der Schnee wie einzigartige Kristalle. Eine rote Sonne versteckte sich noch hinter den Bergen. Ich legte meine Finger auf die um meinen Bauch und strich über den Handrücken.
Zelos brummte hinter mir, doch machte keine Anstalten sich zu bewegen. Ich wälzte mich in seinen Armen herum und war nur wenige Zentimeter entfernt von ihm. Seine Seite war in das Kissen gedrückt, während die Wimpern seine Wangenknochen streiften.
Alle Muskeln waren entspannt, seine Lippen einen Hauch geöffnet.
Ein Zittern rannte durch meinen Körper, als ich an die Nacht dachte. Zelos wusste, was er tat. Ein ersehnendes Ziehen ging von der Markierung an meinem Hals aus. Seine weißen Haare hingen in Strähnen hinunter.
„Unter normalen Umständen würde ich sagen, dass es unhöflich ist zu starren", sagte er und öffnete die Lider. Ein Lächeln hob seine Mundwinkel. „Aber dazu bin ich heute zu eitel."
Ich grinste.
„Das trifft sich ja gut für mich", antwortete ich und seine Augen suchten meine Züge ab. Die Hand, die jetzt um meinen Rücken lag, zog mich näher. Dann folgte sie dem Pfad meiner Kurven nach oben. Ich schloss die Augen, als Zelos' Finger über die Markierung schlichen. Er schob eine meiner Locken aus dem Weg.
Er legte sie gegen meine Wange und strich mit den Kuppen über meine Haut.
„Was du kannst, kann ich auch", raunte er. Das Lächeln war verschwunden und ersetzt durch einen intensiven Blick, in dem die Nacht nachglänzte. „Deine Haut ist so weich im Vergleich zu meiner."
„Wann wusstest du eigentlich, dass ich deine Gefährtin bin?", fragte ich und seine Finger hielten für einen Moment inne.
Das typische Grinsen war auf seine Lippen zurückgekehrt.
„Das wird für immer mein Geheimnis bleiben", sagte er.
„Zelos, komm schon. War es schon im Kerker?"
Plötzlich drehte sich meine Welt und ich lag auf dem Rücken. Er schwebte über mir und grinste auf mich hinab. Die scharfen Zähne entlockten meiner Markierung ein Prickeln. Erinnerungen an die Nacht glommen in seinen Augen und spiegelten sich in meinen.
Zelos lehnte sich hinunter und betrachtete meine hilflose Form unter seinem Körper.
„Ganz schön fordernd für jemanden, der selbst mal im Kerker gefangen war", raunte er und zog die Decke von mir weg. Kalte Luft zauberte eine Gänsehaut auf meine Arme.
„Ich glaube damit beschreibst du dich im Moment selbst", erwiderte ich und leckte über meine Lippen. Seine Augen zuckten nach unten und ich nutzte meine Chance.
Mit aller Kraft drehte ich mich zur Seite und nahm Zelos mit mir. Jetzt lag er in den Kissen und packte nach meinen Hüften. Er hielt mich fest.
„Und was hast du jetzt vor?", fragte er.
„Ich-"
„Lycan Zelos!", rief eine Stimme und zerplatzte unsere Blase. Bevor ich auch nur zur Tür blicken konnte, lag ich unter Zelos und der Decke. Er sah nicht gerade erfreut über die Unterbrechung aus.
„Warte hier", raunte er, stieg aus dem Bett und zog sich etwas an. Ich strich meine Locken aus dem Gesicht.
Mit breiten Schultern ging er zur Tür und trat aus dem Zimmer. Ich blieb zurück in der Stille, in der nur meine Gedanken redeten. War das alles wirklich passiert? Ein Teil fühlte sich noch an wie ein Traum.
Ein wunderschöner Traum.
Ein Traum, den ich für immer festhalten würde.
Die Tür an der anderen Seite knarrte auf und zum Vorschein kamen drei Köpfe.
„Kerberos", sagte ich und der Höllenhund stellte die Ohren auf. Er stolzierte über den Teppich und wedelte mit seiner Rute. Ich setzte die Füße auf den warmen Steinboden und suchte mir ein neues Kleid.
Ich streichelte das glänzende Fell der Köpfe, bevor ich mich aufrichtete.
Es war Zeit, dass ich auch einiges erledigte. Ich konnte die Menschen vielleicht nicht sofort herausholen, aber ihnen wenigstens mehr Essen verschaffen. Ich knöpfte das Kleid zu und ging zur Tür. Die dumpfe Stimme von Zelos wurde lauter. Sie verstummte, als ich die Klinke nach unten drückte.
Dahinter kamen er und Davin zum Vorschein.
„Ist alles in Ordnung?", fragte ich und sah zwischen den Wölfen hin und her.
„Die restlichen Krieger sind angekommen", sagte Zelos. „Darunter sind auch die Gefangenen aus dem Kerker. Sie sollen uns jetzt helfen."
„Wird Lenkin auch dort sein?", fragte ich und lehnte mich gegen die Tür. Davin nickte den Kopf. „Dann komme ich mit."
Zelos starrte mich eine Sekunde verblüfft an. Ich war selbst überrascht von der Offensive. Kerberos stupste mich mit einem seiner Köpfe von hinten an, als wollte er mich unterstützen.
„Dann los", sagte Zelos. Wir folgten den Treppen bis zum großen Raum von Lenkin. Dumpfe Stimmen drangen unter der Tür hervor. Nach einem strikten Klopfen traten wir ein.
Der Lärm verstummte und neue Gesichter erwarteten uns. Sie hatten sich um den Kartentisch versammelt. Bei Zelos' Anblick verneigten sich die Krieger. Einer von ihnen trat vor. Seine Haare hatten einen gräulichen Stich.
„Es ist eine Freude Euch wiederzusehen, Lycan Zelos", sagte der Wolf und verneigte sich vor ihm. Ein Schatten von Falten zierte sein Gesicht. Dann drehte er sich zu mir. In seinen Augen glänzte Erkenntnis. „Und natürlich auch Euch, Elizabeth. Auch wenn wir uns zuvor nur gerochen haben."
Ich versuchte dem unangenehmen Gefühl in mir keine Gestalt zu verschaffen. Manchmal war die Sprache der Werwölfe merkwürdig.
„Es tut mir sehr leid, aber ich kann mich nicht erinnern", antwortete ich und deutete eine Verbeugung an.
„Wir haben uns auch noch nie gesehen bis jetzt. Aber gehört", sagte der Wolf. „Im Kerker von Bergschatten."
Meine Augen weiteten sich.
Er war der Mann, der in einer der Einzelzellen gehockt hatte.
„Ich erinnere mich. Wegen Beta Leo war unser Gespräch von kurzer Dauer", sagte ich.
„So ist es. Ihr habt mir damals einen zweiten Apfel durch die Öffnung geschoben. Gerne will ich diesen Gefallen erwidern. Natürlich nur metaphorisch gesprochen", sagte er und verbeugte sich tief. „Mein Name ist Ulf."
Ich unterdrückte das Bedürfnis, ihm meine Hand hinzuhalten.
Jetzt, wo er nicht mehr im Kerker vor sich hin rottete, war seine Stimme kaum wiederzuerkennen: keine Brüche, kein Ächzen.
„Es freut mich sehr dich kennenzulernen, Ulf", sagte ich und blickte zu Zelos. Er hatte wirklich die Gefangenen befreit. „Wo kommst du her?"
Ulf richtete sich auf und winkte uns hinüber zum Kartentisch.
„Ich kann es euch zeigen. Genau da."
Er deutete mit seinem Finger auf die andere Seite des Flusses.
„Aus Silberblut?", fragte ich und versuchte meine Skepsis zu unterdrücken. Wieso sollte er uns helfen seine Heimat anzugreifen?
„Genau an der Grenze, ja. Aber die letzten Monate war ich in Flussklaue eingesetzt. Naja, bis Alpha Udyr den Befehl zum Angriff gab. Danach ging es hierher und schließlich noch weiter nach Bergschatten. Und den Rest der Geschichte kennst du."
„Ich glaube Elizabeth fragt sich eher, wo deine Loyalität liegt", sagte Zelos und schenkte sich ein Glas ein.
Ulf lächelte müde.
„Ich will nur meine Familie wiedersehen, das ist alles. Meine Tochter und meine Gefährtin. Sie machen sich große Sorgen um mich, wenn sie die Hoffnung noch nicht verloren haben. Silberblut würde mich an der Grenze sofort töten. Außerdem war ich dabei, als sie Flussklaue angegriffen haben... Ich will nur, dass dieses Blutvergießen endlich ein Ende findet."
Seine Augen verdunkelten sich.
Er musst schon viel erlebt haben.
„Und die Frage für heute lautet: Wie sollen wir mit Flussklaue umgehen, wenn Alpha Udyr nicht angreift", sagte Zelos.
„Flussklaue besteht nur aus Flachland", antwortete Ulf. „Ein Überraschungsangriff wird nicht funktionieren. Nur eine direkte Attacke könnte erfolgreich werden."
Zelos kräuselte die Lippen, sichtlich unzufrieden mit der Lösung. In einem offenen Kampf würden unzählige Wölfe sterben, auf beiden Seiten.
„Solange die Brücken stehen und somit die Verbindung zu Silberblut, wird das nichts", sagte Davin und strich sich über das Kinn.
„Du meinst, wenn wir sie zerstören-"
Zelos verstummte und sein Blick zuckte zur Tür. Einige Sekunden später donnerten Schritte auf uns zu. Die Tür flog auf und Alpha Lenkin kam völlig außer Atem zum Vorschein.
„Silberblut!", rief er. „Sie haben genau das gemacht, was sie gesagt hat!"
Er deutete mit dem Finger auf mich und alles in mir zog sich zusammen.
„Sie haben was?", fragte Davin.
„Die Späher haben sie gesehen! Im Schatten der Bäume graben sie einen Tunnel in den Berg!"
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Jo, ich denke es ist mal wieder Zeit für ein bisschen Action! Hatten wir ja lange nicht.
Frohe Ostern euch allen!
Ich hoffe ihr habt ein bisschen Schokolade bekommen und auch einen so schönen Tag :D
Wir sehen uns auch schon am Dienstag wieder!
Bis dahin: Wieso sind Maikäfer so optimistisch?
Sie freuen sich über jeden Scheiß.
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