Kapitel 35
„Wir haben eine Abmachung, meine Gefährtin."
Mein Herz blieb stehen.
Ein heißer Schmerz bohrte sich in meinen Hals.
Schmerz und Lust vermischte sich zu einer bittersüßen Droge. Die Luft blieb in meinen Lungen gefangen. Ich schmolz in Zelos' Armen.
Wir waren eins, verschmolzen in eine Einheit.
Flüssiges Glück rannte durch meine Venen und machte Denken unmöglich. Er hielt mich fest, seine Zähne wollten mehr. Er stach tiefer hinein, direkt in meine Seele. Das Gefühl überschwamm mich und ich schnappte nach Luft, bevor ich unterging.
Meine Hände waren um Zelos geschlungen. Sein heißer Atem an meinem Hals entlockte mir ein Stöhnen.
Er zog seine Zähne heraus.
Süßer Schmerz zog durch mich.
Mein Kopf rollte zur Seite, bis er auf eine warme Schulter traf. Zelos hob mich gegen seine Brust.
„Shh..."
Seine Stimme war die Melodie meiner Seele. Er hielt mich fest in seinen Armen, sicher vor der Welt um uns herum. Meine Lippen öffneten sich, doch brachten nichts hervor. Ich war gefangen von den Emotionen in allen Farben.
Müdigkeit gesellte sich dazu. Meine Muskeln waren schlaff, nur gehalten von Zelos. Ich kämpfte gegen die Dunkelheit und hob meine Lider. Blut zierte seine Lippen, mein Blut. Seine Augen leuchteten auf mich hinab wie flüssige Rubine.
„Zelos..."
Wir waren für immer verbunden.
Ein Brummen ging durch seine Brust.
Blei lastete auf meinen Lidern und zog sie nach unten. Die Wärme um mich herum war das Einzige, was ich noch spüren konnte. Ein befreites Gefühl wohnte in meiner Brust, als hätten meine Lungenflügel fliegen gelernt.
Doch der Schlaf zog mich immer tiefer unter Wasser, weg aus der Realität und hin in die Welt der Träume...
„beth..."
„Elizabeth..."
Eine Stimme schwebte irgendwo in der Ferne, weit weg von Ruhe und Frieden. Ich wollte hierbleiben im Land der Wärme...
„Elizabeth..."
Meine Seele erwachte.
Wer auch immer mich rief, drang durch die Blase an Schlaf. Mein Körper zuckte, nein zitterte. Die Wärme verschwand. Schnee fiel um mich herum.
Eis.
Ich fröstelte von innen heraus. Eine Gänsehaut erwachte auf meinen Armen. Ich schrumpfte zusammen. Ich war eingewickelt in einer Decke, doch sie schützte mich nicht vor der Kälte meiner Knochen. Zähne klapperten.
Ein Knurren brachte meinen Magen zum Beben.
Eine Sehnsucht pochte an meinem Hals, doch die Erschöpfung hielt mich in ihrem eisigen Griff. Etwas anderes zog mich weiter an die Oberfläche.
Eine Hand.
Sie war um meine Finger geschlungen und die einzige Quelle an echter Wärme.
„Ihr habt was?!"
Die Stimme war nah an meinem Ohr, wütend.
„Es tut uns sehr leid! Wir wussten ja nicht-"
„Raus."
Ich versuchte ein Zeichen zu geben und meine Finger zu bewegen, doch es kam nichts an. Die Verbindungen schienen nicht zu funktionieren. Ich schrie meinen Körper an, doch er reagierte auf keinen meiner Wünsche. Ich war gefangen in mir selbst.
Meine Lippen blieben geschlossen.
Meine Augen waren in Dunkelheit gehüllt.
Das Einzige, was ich spürte war das Zittern meiner Knochen. Dieser Körper gehörte nicht mehr mir. Er war wie unbewohnt.
„Was sollen wir tun?"
Die Hand drückte meine fester.
Zelos...
Zelos!
Ich schrie, doch nichts erreichte die andere Seite der Mauer. Selbst die Panik in mir ließ mein Herz kalt.
Eis...
„Holt noch mehr Decken", sagte Zelos und seine Stimme dämpfte meine Angst. Schritte eilten über den Holzboden.
Wo war ich?
Ich musste in einem Bett liegen.
In Silberkrone.
„Wieso zittert sie, wenn ihre Stirn brennend heiß ist?"
War das Davin?
Plötzlich raschelte es neben mir. Die Finger lösten sich von mir. Einen Augenblick später erleuchtete ein Kaminfeuer neben mir. Zelos schlang seinen Arm um meine Schultern und drückte mich an seine Seite. Mein Hals prickelte.
Er linderte das Zittern meines Körpers mit der sengenden Hitze, die er abstrahlte.
Er hatte mich markiert.
„Fieber", murmelte Zelos und drückte mir einen Kuss auf den Kopf. „Shh... es wird alles gut. Wir kriegen das hin."
Er flüsterte mir zu, als wüsste er, dass ich ihn hören konnte. Ein dreifaches Winseln ertönte von der anderen Seite des Bettes.
Kerberos.
Er war auch hier?
Das unkontrollierte Zittern in meinen Gliedmaßen machte mich nur noch müder. Alles was ich tun wollte, war schlafen.
Ein langer Winterschlaf.
Meine Gedanken waren trüb von der Krankheit.
Was war geschehen?
Was hatte die Markierung bewirkt?
„Was wird jetzt geschehen?", fragte Davin auf der anderen Seite des Raumes. Jede Bewegung war vorsichtig, als wollte er mich nicht weiter verletzen.
„Ich weiß es nicht", flüsterte Zelos. Stille folgte. Zum ersten Mal hatte er keinen Plan, keine Lösung, keine Strategie. Er drückte mich fester an sich. „Aber ich werde erst aufgeben, wenn ich tot bin."
Seine Worte hinterließen ein Stich in meinem Magen. Ich wollte antworten, meine Finger heben, aber ein bleierner Panzer drückte alles nach unten...
Meine Lider hoben sich langsam aus dem Schlaf.
Kein Zittern.
Wärme.
Stille.
Ich lag auf einem Bett mit dem Kopf in den Kissen versunken.
Mein Mund war staubtrocken.
Ich atmete ein.
Zum ersten Mal konnte ich meine Finger selbst bewegen und verschwommene Erinnerungen kamen hoch. Ich blinzelte. Das Fieber war weg. Mein Körper gehörte endlich wieder mir und tat das, was ich wollte. Zwar war er eingerostet, aber am Leben.
Der Raum, in dem ich saß, war leergefegt.
Mit allen Kräften schob ich den Turm Decken beiseite, die auf mir lagen. Das ausgedörrte Gefühl in meinem Mund gab mir Ansporn, mich zu bewegen. Meine Glieder schmerzten von den Nachwirkungen der Markierung. Auf dem Nachttisch stand ein Glas mit Wasser. In Zeitlupe nahm ich es und schüttete den Inhalt meine Kehle hinunter.
Wie lang war ich weggewesen?
Plötzlich hoben sich Köpfe hinter dem Bett.
Drei paar gelbe Augen starrten einstimmig auf mich herab und der Höllenhund sprang auf. Er bellte durcheinander und sprang auf mich zu. Ein müdes Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus, als ich Kerberos begrüßte. Er stand über mir, sehr darauf bedacht sich nicht auf mich zu stellen.
Ich kraulte ihn hinter den aufgestellten Ohren und die Köpfe stritten sich um meine zwei Hände.
Die Tür donnerte auf.
Hastige Schritte stürmten auf mich zu. Silberweiße Haare und leuchtende Augen waren auf mich geheftet.
„Elizabeth."
Erleichterung floss durch meine Venen, als Zelos vor mir zum Stehen kam. Die Markierung an meinem Hals sandte ein Prickeln an meiner Wirbelsäule hinab. Vorsichtig tastete ich nach der Wunde. Stoff war um die Wunde gewickelt, die unter meiner Berührung kurz aufflackerte.
Zelos nahm meine Finger in seine und drückte sie.
„Endlich bist du wach", raunte er. Sein Blick suchte mein Gesicht nach einem Zeichen von Schmerzen ab.
„Mir geht es gut..."
„Wenn ich diesen Satz noch einmal aus deinem Mund höre, muss ich ihn für einige Zeit zubinden", knurrte Zelos und die Markierung flimmerte auf und versetzte meinem Magen einen Stich.
„Wie- wie lange war ich weg?", fragte ich und versuchte nicht rot zu werden.
„Drei Jahre."
„Was?!"
Lachfältchen bildeten sich um seine rubinfarbenen Augen und die Reißzähne blitzten unter seinen Lippen auf. Die Panik starb so schnell, wie sie gekommen war.
„Es hat sich angefühlt wie drei Jahre", antwortete Zelos. „In Wirklichkeit waren es drei Tage."
Ich atmete erleichtert durch und schob meine roten Strähnen aus dem Gesicht. Dann schoss ein neuer Schock durch mich.
„Was ist mit Linur und den anderen Menschen? Was ist mit Luna Mayra? Ist Lenkin schon neuer Alpha? Wie i-"
Eine Pranke drückte sich auf meine Lippen und erstickte die restlichen Fragen, die in meinem Kopf herumschwirrten.
„Ich meinte das ernst mit dem zubinden", raunte Zelos und zog eine Augenbraue hoch, als wartete er nur auf Widerworte. Ich wagte es nicht mich zu bewegen und sein Lächeln verbreiterte sich. „Gut so."
Seine Lippen luden mich mit ihrem Spott ein. Er löste die Hand von meinem Gesicht und völlig perplex starrte ich ihn an. Er zog mich an wie ein Magnet. Etwas hatte sich geändert. Die Funken zwischen uns waren zu einem Feuer geworden.
Ich wollte ihn.
Ich vergrub meine Hände in den Haaren und löste den Bann. Was war bloß los mit mir? Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ohne Stopp kullerten sie über meine Wangen. Wieso weinte ich jetzt?
Die Gefühle in mir liefen Sturm. Angst kämpfte gegen Lust und ich stand in der Mitte. Alles war zerstreut in einem Chaos, das keinen Herrscher kannte.
„Was ist los?", brummte Zelos und schob meine Haare aus dem Gesicht. Er schob einen Finger unter mein Kinn und hob es zurück zu seinen Augen. „Wenn du jetzt sagst, dass es dir gut geht..."
Ein trauriges Lächeln zuckte an meinen Mundwinkeln.
„Nein, ich- wie- Du- Ach!"
Ich krallte meine Finger in Zelos' Handgelenke, was ihn kaum zu stören schien. Alle Gedanken schob ich in eine hintere Ecke, zusammen mit den Gefühlen. Darum konnte ich mich später kümmern. Ich hatte eine Aufgabe, auf die ich mich konzentrieren musste. Ich hatte Linur geschworen ihn aus dem Berg zu holen.
Ich wischte die Tränen von meinen Wangen.
Sie würden niemandem helfen.
„Wo sind die Menschen?"
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Das war das nächste Kapitel, schon bei der 35. Ich hoffe es hat euch gefallen :D
Die Zeit vergeht echt wie im Flug... Wir sehen uns auch schon am Montag wieder!
Danke an @taeesy4 für den heutigen Witz: Warum kann ein Skelett nicht über die Straße gehen?
Es hat nicht die Nerven dazu.
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