Kapitel 15
„Was ist passiert?", fragte ich.
„Sagen wir, Silberblut ist fürs erste zurückgeschlagen", sagte Zelos. Ich runzelte die Stirn.
„Zurückgeschlagen? Wie in besiegt?"
„Noch nicht ganz..."
Seine Augen schweiften ab, als würden Gedanken seine Sicht versperren. Er hatte mit Alpha Fenrir über einem Plan der Welt gestanden...
„Alpha Fenrir ist... kein Alpha mehr?", fragte ich.
„Er hat diese Position freiwillig an mich abgegeben", antwortete Zelos, wieder völlig in der Gegenwart und auf mich fixiert. „Er konnte das Rudel nicht beschützen."
„Und du konntest es? Wie?"
Ein Lächeln zuckte an seinen Mundwinkeln. Er fand es amüsant, dass ich ihn herausforderte. Zelos lehnte sich in dem Stuhl zurück. Um mich von dem Brennen auf meinen Wangen abzulenken, stopfte ich weiter Essen in mich hinein.
„Ich bin ein Lycan. Ganz einfach. Und was Silberblut angeht, ihre Zeit ist langsam vorbei. Ein Rudel, was so groß ist bröckelt schnell. Alpha Udyr wird es nicht lange zusammenhalten können, wenn wir Silberkrone oder Flussklaue eine Wahl geben."
„Du willst die alten Rudel wieder herstellen?", fragte ich.
Zelos lachte, als hätte ich eine dumme Frage gestellt.
„Damit musst du dich erstmal nicht beschäftigen, was ich will. Es würde mich viel mehr interessieren, was du an Alpha Eros geschrieben hast", sagte er und lehnte sich nach vorne. Obwohl wir saßen, überschattete er mich. Feuer loderte in seinen Augen und hielt mich gebannt. Mein Herz hüpfte aufgeregt.
Wusste er von Lia?
Ich schluckte.
Sollte ich die Wahrheit sagen?
Seine Miene verriet nichts. Mochte er Alpha Eros oder hasste er ihn? Was waren seine Motive. Zelos war in seiner Rolle und ich war jemand, der Informationen hatte. Vielleicht war es das beste, wenn ich vorerst nicht darüber redete.
„Ich bin nicht weit gekommen", flüsterte ich und wandte meinen Blick ab. Seiner brannte sich weiter in mein Gesicht. Es war nicht gelogen. Es nützte nichts, einen Werwolf anzulügen. Ein Zittern bebte durch meinen Körper, als ich die Bilder der Straßen vor Augen hatte. „Überall waren Krieger, Leichen auf dem Schnee..."
Eine Hand griff nach meiner und riss mich aus den Erinnerungen. Sie war warm und ein wenig rau. Zelos drückte sie leicht, als wollte er mich beruhigen. Ich sah ihn an.
„Deine Hand", sagte ich, „im Kerker warst du noch eiskalt..."
„Mein Fluch ist endgültig gebrochen. Der Urwolf ist tot und wer auch immer es getan hat, schulde ich meine Dankbarkeit", sagte er und grinste. „Falls er noch lebt. Ich wette das Biest hat es ihm nicht leicht gemacht. Sie muss unvorsichtig gewesen sein."
„Sie?"
„Das steht wohl nicht in den Märchenbüchern, was?", sagte Zelos und sein Lächeln verbreiterte sich. „Ab heute wird neue Geschichte geschrieben. Komm."
Er zog mich hoch von meinem Platz und durch den Korridor nach unten.
„Wohin gehen wir?", fragte ich und ließ mich etwas widerwillig mitziehen.
„Wir müssen nur ein Stockwerk nach unten", sagte Zelos und grinste mich an. Bei der Treppe achtete er darauf, dass ich hinterherkam. Wir näherten uns dem großen Saal und ein Gebrumm dröhnte heraus. Die Türen standen offen und hunderte Wölfe waren versammelt.
„Was ist hier los?", fragte ich. Zelos zog mich weiter. Seine Präsenz erweckte Aufmerksamkeit. Der Lärm verstärkte sich. Die Menschen... jubelten? Applaus und Rufe schallten durch den Raum. Jeder wich ihm aus und erschuf einen Gang, durch den wir ohne Probleme zur Bühne gehen konnten. Die Leute mochten ihn. Er hatte sie gerettet vor einem sicheren Untergang. Ich wollte wieder zurück, weg von den Massen, doch er hatte gegenteilige Pläne.
„Komm", sagte er. Fenrir stand bereits auf der Bühne Zelos half mir die Stufen hinauf. Ich starrte auf die Masse hinab, die zu mir zurückschaute. Mein Herz pumpte wie wild. Ich klammerte mich an Zelos' Hand. Der Jubel verstummte, als er seinen Blick über sein Rudel schweifen ließ.
„Ich habe geschworen euch alle zu beschützen und ihr habt mich dafür zu eurem Alpha gemacht", sagte er und die Leute lauschten gebannt seinen Worten. „Doch dies war nur möglich durch sie, Elizabeth aus Bergschatten! Sie hat es mir möglich gemacht, mich zu befreien und euch alle zu retten!"
Ein Jubelsturm ergriff den Raum. Er war an mich gerichtet. Meine Kinnlade klappte hinunter, als Zelos mir den Mittelpunkt überließ. Menschen und Wölfe teilten sich den Raum und klatschten. Ich wusste nicht, was ich damit anfangen sollte. Völlig verdutzt starrte ich in die einzelnen Gesichter, die zu mir aufblickten.
Etwas bewegte sich in der Menge.
Etwas schob die Leute zur Seite.
Jemand.
„Tommy!", rief ich und sprang von der Bühne. Ein Staunen unterbrach den Applaus der Masse. Er brach durch die Ränge und sauste auf mich zu. Tränen der Erleichterung sammelten sich in meinen Augenrändern.
Er schlang seine Arme um mich und presste seinen Kopf gegen meine Schulter. Ich drückte ihn so fest ich konnte, als würde er gleich wieder verschwinden.
„Geht es dir gut?", fragte ich und musterte ihn. Er trug ein dickes Lächeln auf den Lippen, das mein Herz zum Schmelzen brachte. Ein Seufzen ging durch die Menge, hauptsächlich von den Wölfinnen. Ich setzte Tommy zurück auf seine Füße und hustete.
Plötzlich wuchs ein Schatten über uns und die Leute blickten hinter mich. Ich spürte ein Prickeln an meinem Nacken.
„Heute Abend wird hier ein Festmahl stattfinden!", rief Zelos. „Geht und bereitet alles vor. Jeder ist eingeladen!"
Ein Heulen ging durch die Menge. Die Leute begannen aus dem Saal zu strömen. Ich drehte mich zu Zelos um, während Tommy sich an dem Rücken meines Kleides festklammerte. Ich legte eine Hand auf seinen Arm.
„Und wer bist du?", fragte Zelos grinsend. Seine Augen trugen ein warmes Glimmen, das mich ein wenig beruhigte. Tommy schob sich an meiner Seite entlang und verbeugte sich.
„Hallo Herr Alpha. Ich bin Lizzys Bruder", sagte er.
„Ah, du bist also Tommy. Ich habe schon viel von dir gehört", antwortete Zelos und lächelte. Die Augen meines Bruders begannen zu Leuchten und er streckte seine Brust raus.
„Wirklich? Von euch hat mir Lizzy überhaupt nichts erzählt", sagte er und ich verschluckte mich an meinem Atem. Zelos' Gelächter schallte durch den Raum, während ich hustete.
„Du bist ja ein ehrlicher kleiner Mann. Das finde ich gut", sagte er mit einem Zwinkern. „Aber bestimmt hat dir Elizabeth die alten Wolfslegenden vorgelesen."
Tommys Augen wuchsen noch weiter.
„Das warst du? Natürlich, der Lycan!", rief er, ließ mein Kleid los und stellte sich direkt vor Zelos. „Kannst du dich mal verwandeln?"
„Tommy", sagte ich mit ernster Stimme, „so etwas kannst du nicht einfach sagen! Er ist immernoch de-"
„Alpha, Ihr solltet schnell kommen!", rief eine Stimme von draußen. Zelos' Lächeln verging, als er den Krieger über meinen Kopf hinweg ansah. Er schritt an Tommy und mir vorbei zum Ausgang. Seine breiten Schultern verschwanden aus dem großen Saal.
Was war denn jetzt los?
Ich folgte ihm durch den Gang und aus dem Rudelhaus. Die Sonne blendete mich, zusammen mit einer Winterbrise, die eine Gänsehaut auf meine Haut zauberte. Schnee lag auf den Häusern und Straßen, doch der Tumult zog meine Aufmerksamkeit auf sich.
Beta Leo.
Er schäumte vor Wut. Zelos stand einige Meter von ihm entfernt, aufrecht und ruhig. Zu ruhig. Ich konnte das Lodern in seinen rubinfarbenen Augen sehen.
„Die Wut hat euch im Griff, Leo", sagte er und seine tiefe Stimme war eine Warnung. Doch der Beta ignorierte alle Anzeichen.
„Das ist nicht dein Rudel! Wir sollten dich wieder in dem Käfig einsperren, denn der Lycan stiftet nur Ärger!"
Keiner pflichtete ihm bei, als er sich umsah. Die Krieger blieben alle verharrt und warteten auf die Reaktion ihres neuen Alphas. Zelos ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er hatte es ja auch Jahre trainieren können.
„Ich verlange keine Dankbarkeit dafür, dass ich euch das Leben gerettet habe. Das Rudel mich zum Alpha gemacht."
„Ich bin ein Mitglied dieses Rudels", knurrte Leo und seine Augen begannen zu leuchten.
„Dann fordere mich heraus, wie es das Gesetzt verlangt", sagte Zelos schulterzuckend. Seine Gleichgültigkeit befeuerte die Wut des Betas noch weiter. Plötzlich zuckten seine Augen zu mir. Der Hass war ein Stich in meinem Magen.
„Nur wegen dir! Du hast die erste Tür geöffnet!", rief er.
Noch als er den ersten Schritt auf mich zumachen wollte, packte Zelos ihn an der Kehle. Meine Augen weiteten sich bei der Geschwindigkeit.
„Du willst sterben, oder?", knurrte Zelos und hob ihn hoch, als wäre er ein Welpe. Seine Augen begannen zu leuchten. „Nun gut, dann gebe ich dir die Wahl."
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Joa, jetzt gehts richtig ab :D Ich hoffe es hat euch gefallen und wie sehen uns schon am Mittwoch wieder!
Bis dahin: Wie heißen befreundete Gummibärchen?
Haribros
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