Kapitel 14
Ich schlich zur anderen Tür und schob sie auf. Ich sprang zurück, als zwei Gestalten meinen Weg versperrten. Mein Herz erwachte aus dem Schlaf und begann lauthals zu Pochen.
Werwölfe.
Krieger.
Sie starrten passiv auf mich hinab.
„Verzeihung, was ist hier los?", fragte ich.
„Ihr müsst hierbleiben. Befehl vom Alpha", sagte der eine.
„Wieso sollte Alpha Fenrir mich in einem Zimmer einsperren wollen?", fragte ich und blickte zwischen den beiden hin und her. Ich wollte zu Tommy...
„Nicht Alpha Fenrir. Alpha Zelos."
Oh oh.
„Alpha Zelos?", fragte ich. Die Wachen nickten. Ich starrte sie an wie ein Kugelfisch. Was zum Teufel hatte ich verpasst. War ich in ein Koma gefallen? Nein, der blaue Fleck auf meiner Wange war frisch. „Wo ist Silberblut?"
„Zurückgeschlagen."
„Zurückgeschlagen? Wieder zurück in die Berge?", fragte ich. Die Wachen nickten. „Kann ich bitte gehen? Ich will meinen Bruder suchen. Ich muss schauen, ob es ihm gut geht."
Die Wölfe schüttelten den Kopf.
Für einen Moment starrte ich auf die Lücke zwischen ihnen. Wenn ich sie überraschte, würde ich mich hindurchquetschten können. Ich runzelte die Stirn. Ich würde nicht weit kommen. Wieso dachte ich überhaupt an sowas? Lia hatte doch mehr auf mich abgefärbt, als ich gemerkt hatte.
„Wo bin ich?", fragte ich stattdessen.
„Im Rudelhaus von Bergschatten", sagte der eine Wächter. „Ihr solltet zurück ins Zimmer gehen. Besonders in diesem Aufzug."
Ich blickte an mir hinunter. Hitze schoss in meine Wangen. Irgendjemand würde dafür die Verantwortung tragen und ich wollte für Zelos hoffen, dass er es nicht war. Ich schloss die Tür und suchte nach etwas passendem zum Anziehen.
Der Doppelschrank war gefüllt mit Kleidern in allen Farben. Ich suchte mir ein blaues aus und zog es an. Im Badezimmer flocht ich die Hälften meiner Locken zurück, sodass sie mir nicht mehr ins Gesicht fielen. Ich atmete durch.
Zweiter Versuch.
Ich öffnete die Tür.
„Ich möchte bitte mit Alpha Zelos sprechen", sagte ich so selbstbewusst, wie ich vor zwei Werwölfen konnte.
„Bedaure, aber Ihr dürft nicht das Zimmer verlassen."
„Was hat Alpha Zelos denn gesagt, was ich darf?", fragte ich und verschränkte die Arme.
„Er hat gesagt, wir sollen Euch jeden Wunsch erfüllen. Solange wir Euch bewachen und Ihr nicht das Zimmer verlasst. Ihr solltet Euch ausruhen. Es wird bald dunkel."
Entgeistert starrte ich ihn an. Er senkte seinen Blick. Mein Mund klappte auf. Was zum Teufel war hier los? Das musste alles ein Traum sein. Ich drehte mich um und schloss die Tür. Das konnte nicht wirklich passieren. Ich war noch in Bergschatten, aber alles war verdreht. Mein Kopf begann zu Pochen. Ich war zittrig auf den Beinen.
Mein Magen knurrte.
Mein Herz klopfte schneller, doch mehr aus Wut. Alle guten Dinge sind schließlich drei. Ich riss die Tür erneut auf.
„Ich will jetzt sofort Zelos sprechen", presste ich zwischen meinen Zähnen hervor. Mein Bauch sehnte sich nach etwas zu Essen. Wie lange hatte ich geschlafen. „Ich werde nicht wieder reingehen. Ich habe Hunger."
Mein Magen untermalte meine Worte lautstark und beinahe hätte ich gegrinst. Die Wächter schauten sich gegenseitig an. Ihre Augen verglasten und ich atmete durch. Hoffentlich nahmen sie Kontakt zu Zelos auf. Ich wartete, bis sie sich wieder in der Gegenwart befanden.
„In Ordnung. Bitte folgt mir", sagte einer der Wölfe. Erleichterung breitete sich in mir aus. Meine Beine würden nicht mehr lange durchhalten ohne neue Energie. Wir gingen durch den Flur zu einer Treppe. Die Gänge waren breit, passend zum Rudelhaus.
Dumpfe Stimmen erklangen unter einer der Türen und eine von ihnen erkannte ich sofort.
Zelos.
Ich ignorierte die Wächter und stürmte los.
„Hey..."
Ich riss die Tür auf. Zwei Gestalten blickten auf. Der Tisch, über den sie gebeugt waren war völlig vergessen. Meine Augen verhakten sich mit den leuchtenden Rubinen von Zelos. Er sah anders aus als im Kerker... lebendiger. Seine Haare strahlten, wie kaltes Mondlicht.
Sein Blick sank zu der Schramme unter meinem Auge. Mein Herz pochte schneller in der Brust. Das letzte Mal, als ich ihn gesehen hatte, war er über mich gebeugt... als Wolf, von dessen Zähnen Blut tropfte.
„Es tut uns leid, Alpha Zelos!", rief einer der Wachen und packte meinen Arm.
„Nein. Ihr könnt gehen", erwiderte er mit scharfem Blick. Der Griff um meinen Arm löste sich sofort und die Wölfe verschwanden. „Du auch, Fenrir."
Alpha Fenrir, der noch über den Tisch gebeugt war, richtete sich auf und... verbeugte sich? Er nickte mir zu, bevor er den Raum verließ. Auf dem Tisch lag eine Karte der Rudel. Was zum Teufel...
„Was ist passiert?", fragte ich, während sich mein Magen vor Hunger verkrampfte. Alle Reserven waren leer, nur die Neugier hielt mich auf den wackeligen Beinen. Das Pochen in meinem Kopf machte es nicht besser. Zelos umrundete den Tisch und kam auf mich zu. Aus Reflex wich ich vor ihm zurück.
„Du musst keine Angst haben", sagte er und hob die Hand. Etwas widerwillig hielt ich still. Seine Augen lagen immer noch auf meiner Wange. Vorsichtig strich er mit den Fingern darüber. Ein Prickeln lief über meinen Hals den Rücken hinunter. Plötzlich schoss ein dumpfer Schmerz durch meinen Kiefer und ich kniff die Augen zusammen. Sofort verschwand seine Wärme, als bereute er die Berührung. Mein Herz klopfte fester gegen die Rippen.
„Sie sind tot", raunte Zelos. „Sie können dir nichts mehr tun... Du kannst die Augen wieder aufmachen."
Ich folgte seinen Worten und blickte zu ihm auf. Zum ersten Mal konnte ich ihn im Tageslicht betrachten. Zum ersten Mal war keine Wand aus Silber zwischen uns. Etwas loderte in seinen Augen, ein Feuer, das die Furcht in mir beruhigte.
Graue Sterne verschleierten meine Sicht.
Bevor meine Beine nachgeben konnten, spürte ich starke Arme um meinen Rücken. Ich sog die Luft ein.
„Komm, wir suchen dir etwas zu Essen. Wenn du verhungerst, wäre die ganze Arbeit umsonst gewesen", murmelte er, doch ich ignorierte seine Worte. Ich fühlte mich wie vom Kerker verschlungen und wieder ausgekotzt. Mein Magen drehte sich im Kreis, mein Schädel hämmerte wie wild und meine Beine waren zu schwach, um mich zu tragen.
Der Geruch von Kiefer und Regen umhüllte meine Sinne und ich blinzelte. Plötzlich verlor ich den Boden unter den Füßen. Mein Kopf lehnte gegen Zelos' Schulter. Er strahlte Wärme aus, während er mich sicher in seinen Armen hielt. Alles andere war egal, ich konnte nicht mal widersprechen. Wir gingen für eine Weile, der Rhythmus seiner Schritte war angenehm.
Irgendwann kam er zum Stehen.
Der Duft von Zwiebeln und Rosmarin-Kartoffeln wehte mir entgegen. Mein Magen gurgelte. Zelos lachte über mir, seine Stimme eine Melodie in meinen Ohren. Ich hob meinen Kopf, der sich anfühlte wie ein weichgekochter Kürbis. Ich blinzelte den Schwindel weg.
Ein dampfender Teller stand auf dem Tisch und das Wasser lief in Bächen in meinem Mund zusammen. Ich drückte mich von Zelos weg und etwas widerwillig setzte er mich ab. Ich ließ mich in den Stuhl fallen und begann mit dem Festmahl.
„Hey, du musst schon kauen. Sonst erstickst du", grummelte Zelos und setzte sich gegenüber von mir hin. Seine Augen blieben die ganze Zeit auf mir geheftet, doch ich hatte nur Augen für das Essen.
„Du bist doch nur neidisch", schmatzte ich und er gluckste.
„Neidisch, ich? Keine Sorge, wenn ich neidisch bin, wirst du es merken", sagte er und lächelte. Seine Augen begannen heller zu glühen. Meine Bewegungen stockten. Ich schluckte das Essen hinunter.
Für einen Moment sah ich den Wolf vor mir. Er hatte mich beschützt. Er war es, dem ich mein Leben zu verdanken hatte. Und nun wurde er von allen Alpha genannt? Was war mit Fenrir?
Fragen über Fragen tummelten sich in meinem Kopf und ich fing mit der erstbesten an.
„Was ist passiert?"
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Soo ihr Lieben, ich hoffe euch geht es gut! Langsam beginnt es ernst zu werden.
Wir sehen uns dann am Montag wieder :)
Bis dahin: Was ist gelb und filmt von oben?
Die Zidrohne.
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