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Kapitel Sechs

Theodor saß aufrecht auf der Matratze, als die beiden zum Leuchtturm zurückkehrten.

Es dämmerte bereits, graues Licht waberte durchs Zimmer, verscheuchte langsam die dunklen Schatten der Nacht.

Theodor fragte nicht, wo sie gewesen waren, er stand stumm auf und stellte sich neben Aura, ergriff ihre Hand und sah zu ihr hoch.

„Was machen wir jetzt, da Mama weg ist?"

„Antworten suchen."

Er nickte, dann erschien ein Lächeln auf seinen Lippen. Ein trauriges Lächeln, zu dem Dreijährige nicht in der Lage sein sollten.

„Willst du denn Antworten finden, Aura?"

Sie schluckte, wich seinem prüfenden Blick aus.

„Theodor." Es war das erste Mal, dass Raik den kleinen Jungen direkt ansprach. „Wir müssen Antworten finden, wir haben keinerlei Erinnerung. Nur Fetzen in unserem Kopf und Gefühle, die wir nicht kontrollieren können."

„Wo werden wir nach Antworten suchen?"

„Wir müssen nach Hamburg."

„Zu unserem Vater?", fragte der kleine Junge.

„Zu eurem Vater und zu meiner Mutter."

Theodor nickte. Ein Nicken, das gedankenverloren wirkte. Als würde er sich Sorgen um Dinge machen, die selbst er nicht verstand.

„Die Reise wird gefährlich", murmelte er.

„Nicht gefährlicher, als euer bisheriges Leben."

„Aber gefährlich. Wir werden Auras Entführer finden."

Das Mädchen schauderte bei dem Gedanken, senkte ihren Kopf und ballte ihre Hände zu eisernen Fäusten.

Ihre Haut wirkte in dem fahlen Licht geradezu grau. Das Rot in ihrem Augapfel hatte sich ausgebreitet, das Blut der geplatzten Ader verfärbte sich langsam zu einem dunklen Braun. Die Ringe unter ihren Augen waren blau und grau, lösten bei einem Betrachter ein Gefühl aus, das niemand einzuschätzen vermag. Nur Raik wusste, dass die Art und Weise, wie sie aussah, sie noch schöner und gefährlicher erscheinen ließ.

Eine Gefahr, die sie ausstrahlte, der sie sich aber nicht gewiss war.

Ein grüner, lilaner Kranz hatte sich um ihren Hals gebildet, dunkle Fingerabdrücke prangten an ihrer jungfräulichen Haut. Immer, wenn Raik es erblickte, stach etwas durch sein Herz. Wie eine spitze Nadel schien das schlechte Gewissen ihn foltern zu wollen.

Das Blut an ihrem Kopf war getrocknet, verklebt mit ihrem Haar. Sand schien überall zu sein, glänzte golden in ihren Strähnen, haftete an ihrer Haut, bedeckte ihre Wimpern.

Auch wenn ihr Aussehen Fragen entfachen würde, war sie doch noch immer wunderschön, das wusste Raik, doch wusste er nicht, was sie mit ihm machte, was sie in seiner Seele zum Schmelzen brachte.

Liebe. Ein Gefühl, das er nicht einzuschätzen vermochte, das ihm fremd war.

„Wie kommen wir nach Hamburg?", fragte sie vorsichtig, streichelte ihrem kleinen Bruder durch die Locken, während er sie beobachtete.

„Ich habe ein Auto."

Sie blickte auf, blickte in seine braunen Augen, dessen Pupillen größer geworden waren.

Es schien, als hätte er seit vielen Nächten nicht mehr geschlafen, als hätten die Träume, von denen Aura wusste, dass sie ihn heimsuchten, seinen Schlaf geraubt.

„Gestohlen", murmelte er leise. „Das Auto."

Sie nickte. „Wann fahren wir los?"

„Jetzt."

Eine Antwort, mit der sie nicht gerechnet hatte.

Raik sah nicht gut aus. Sein brauner Blick wirkte gehetzt, seine Haare waren verfilzt, hingen ihm in Strähnen ins Gesicht. Er hatte sich seit Tagen nicht mehr rasiert. Braune Stoppeln sprossen aus seiner Haut hervor, ließen sein Gesicht noch dunkler, noch kantiger erscheinen. Die Kratzspuren auf seinem Hals hatten zu heilen begonnen, Grind hatte sich über die Wunden gelegt. Tiefe Ringe unter seinen Augen zeugten von dem wenigen Schlaf. Seine Hände waren stets zu Fäusten geballt, die Haut war teilweise aufgeplatzt, als wäre sie zu lang der Sonne ausgesetzt gewesen.

„Wir müssen schlafen", murmelte Aura leise.

„Wir werden nicht schlafen können."

Sie nickte. Nur ein leichtes Nicken, weil sie nicht wusste, was sie darauf antworten sollte. Die Erinnerungen kehrten zurück. Langsam aber stetig und meist schienen sie sich in den Träumen zu etwas Grauenvollem zu verfestigen.

„Ich werde fahren", meinte Raik mit leiser Stimme. „Theodor kann sich ausruhen. Du kannst dich ausruhen, wenn du möchtest."

Sie nickte wieder, sah hinaus aufs Meer.

Die Sonne tauchte am Horizont auf, nur langsam schickte sie ihre Strahlen der Erde entgegen. Tauchte alles in ein schattiges Zwielicht.

Raik folgte ihren Augen. Er stand neben der Matratze, verloren wirkte er mit seinen gehetzten Blick. Der Krieg, der in seinem Inneren wütete, verlangte ihm alles ab. Als würde jederzeit sein Monster hervorbrechen können. Sein Monster, das er nicht zu kontrollieren vermag.

„Wir müssen gehen. Jetzt."

Niemand bewegte sich vom Fleck.

Es schien, als könnten sie sich alle nicht von diesem Ort trennen.

Der Leuchtturm, er schien Schutz zu bieten. Schutz vor all den Fürchterlichkeiten, obwohl er selbst das größte und schrecklichste Geheimnis verbarg.

Theodor hatte Flappi eng an sich gedrückt, die Unterlippe berührte das Fell des Elefanten, währen die Augen des Jungen über die großen Ohren blickten und die Sonne beobachteten. Er hatte noch immer die Hand von Aura ergriffen, dachte nach, glaubte sich kaum noch an das zu erinnern, was er gesehen hatte.

Er war gut darin, Sachen hinter sich zu lassen, die seinem kleinen Herzen nicht guttun würden. So hatte er auch die Schreie vergessen, die seine Mutter stets folterten. Er erinnerte sich nur noch vage daran, glaubte fast, es wäre nur eine Halluzination gewesen.

„Woran denkst du?", fragte seine Schwester ihn.

„Das habe ich vergessen."


Aura hatte das Haus und den Strand noch nie zuvor verlassen.

Es war nicht so, dass sie jemand festgehalten hätte, dort, in dem kleinen Zuhause, das ihr geboten worden war. Sie wollte einfach nur nicht hinaus in die weite Welt, wollte mit ihrer Mutter nicht einkaufen gehen, wollte nicht zu einem Arzt, der ihr vielleicht helfen könnte.

Aura hatte Schwierigkeiten mit Menschen, wusste kaum, wie man mit ihnen umzugehen hatte. Bereits mit ihrer Familie hatte sie stets Probleme gehabt, konnte nicht normal auf gewisse Emotionen der anderen reagieren, wusste nicht, wann sie was machen sollte.

Sie war einfach noch nicht bereit für diese andere, ihr so fremde Welt gewesen.

So war es für sie etwas gänzlich Neues, als sie das Haus das letzte Mal verließ, mit Schuhen an den Füßen und einer schweren Tasche in der Hand, in der sie alles verstaut hatte, was sie vielleicht benötigen würden.

Viel war es nicht, hauptsächlich Wasser und Essen.

Auch wenn Raik Geld gestohlen hatte, wussten sie nicht, wie lange es ausreichen würde. Sie kannten nicht die Preise von Lebensmitteln, wussten nicht, wie viel es kostete, in einem billigen Hotel zu wohnen.

Alles, was sie nun erleben würden, war ihr erstes Mal.

Und Aura glaubte, Angst in ihren Knochen zu spüren.

„Werden wir noch einmal zurückkommen?", fragte Theodor leise. Er war mit ihr gekommen, hatte ihr dabei geholfen zu entscheiden, was sie brauchten und was nicht. Raik war währenddessen im Leuchtturm geblieben, versuchte das Gekd einzusammeln, das er so achtlos im Raum fallen gelassen hatte.

„Natürlich werden wir das, Theodor."

Es war nur so ein Gefühl, aber Aura glaubte fest daran, dass dieser Ort das Ende bringen würde. Hier hatte ihre Geschichte begonnen. Hier war sie entführt worden. Und hier würde die Geschichte ihren Schluss finden.

„Ich werde unser altes Leben vermissen", murmelte der kleine Junge und tat Aura fast schon leid.

„Wirklich?", fragte sie vorsichtig. Ihr altes Leben war nie ein Leben gewesen, nur ein Existieren, ohne Zukunft, ohne Vergangenheit.

„Ja, Aura. Es kann immer schlimmer werden."

Sie antwortete nicht darauf, weil ihr, wie so oft, die Worte fehlten.

Verwirrt wandte sie die Augen von ihm ab, blickte zum Leuchtturm, dessen Tür sich gerade öffnete und Raik zum Vorschein brachte.

„Vertraust du ihm?", fragte Aura leise.

„Natürlich vertraue ich ihm, Aura."

„Er ist gefährlich."

„Nicht gefährlicher als du."

Sie schwieg, dachte über seine Worte nach. „Aber er hat mich angegriffen."

„Die Hitze überkommt ihn. Und wenn die Hitze ihn überkommt, dann tötet er jeden. Dich hat er aber nicht getötet."

„Woher weißt du das... Mit der Hitze."

Er zuckte mit den Schultern.

Die beiden beobachteten den jungen Mann, der auf sie zukam.

„Er wird uns nicht verletzen", murmelte Theodor leise und ergriff die Hand seiner Schwester. „Er hat uns früher geliebt und er liebt uns noch immer, doch kennt er dieses Gefühl nicht mehr. Und wir Aura, wie empfinden das Gleiche für ihn, auch wenn wir nicht wissen warum."

Sie nickte. Gab ihm nur Recht, machte sich keine Gedanken, warum dieser kleine Junge so viel wusste, zu viel wusste.

„Wo steht das Auto?", fragte Aura, als Raik bei den beiden angekommen war und in sicherem Abstand vor ihnen hielt.

„Am Waldrand."

Der Wald grenzte dunkel hinterm Haus, schien der Zaun zu sein, der diese Welt, Auras Welt, von der normalen abgrenzte.

Es war das erste Mal, dass Aura ihre Aufmerksamkeit vollkommen auf die Bäume lenkte. Stets wandte sie ihrem Blick nur dem Meer und dem Strand zu, weil es das war, was ihr Freiheit und Leben brachte. Der Wald war schwarz, verbarg zu viele Schatten, zu viele Verstecke, hinter denen sich Fremde verstecken könnten.

Nur allein der Anblick bereitete Aura ein ungutes Gefühl, sodass sie sich ein letztes Mal zum Meer drehte, bevor sie es verlassen würde.

Noch immer lag es ruhig und still da, Wolken schienen sich über den Horizont zu legen und Aura schmeckte den kommenden Sturm, der die Wellen bald an den Strand peitschen lassen würde.

„Wir müssen los", murmelte Raik mit bestimmter Stimme.

Aura nickte, verweilte aber noch einen Moment in dem Anblick des grauen Wassers.

Sie drückte fest die Hand von Theodor, dann drehte sie sich um, blickte zum Wald und folgte Raik, der sich auf den Weg gemacht hatte.

Sie sah nicht zurück.

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