85. Zündstoff
Das lavendelblaue Chiffonkleid mit der plissierten Seide und dem perlenbestickten Mieder saß wie angegossen. Iris fasste ihren Rock und wiegte sich sacht hin und her. Dabei beobachtete sie, wie Licht und Bewegung die Erscheinung ihres Kleids veränderten. Der anmutig schwingende Rock verströmte eine natürliche Eleganz und der zarte Farbton unterstrich die vornehme Blässe ihrer Haut. Jedes Detail – von den winzigen Seidenrosen bis zu den funkelnden Flussdiamanten – war absolut perfekt. Auch die drei roten Knöppchen, die sie durch Zanders Fürsprache von der Übersetzer-Gilde erhalten hatte, da ihre ursprünglichen Abzeichen von Fader zu Staub zertreten worden waren, harmonisierten wunderbar mit dem Gesamtbild, das sich ihr im Spiegel bot.
»Steht Ihnen wirklich gut.«
Iris löste sich von ihrem Anblick im Spiegel und drehte sich zur Tür. Zu ihrer Überraschung war es Cyan, der ihr seine Aufwartung machte. Sein zerknitterter Morgenrock, der nachlässig um seine Schultern drapiert war, passte farblich zu der opalblauen Seidentapete des Trandafir-Salons. Viel mehr Positives gab es über sein Erscheinungsbild jedoch nicht zu sagen. Seine Augen waren gerötet, seine Lippen bleich und spröde, die Haare ungekämmt und ohne den formgebenden Halt eines Seidenbands.
»Herr Forelli«, hauchte Iris. »Wie schön, Sie zu sehen.«
»Genießen Sie es, solange ich noch lebe«, erwiderte Cyan mit einem deprimierten Lächeln.
»Unsinn! Sie werden nicht sterben«, entgegnete Iris und verscheuchte die Dienstmädchen, die ihr beim Ankleiden geholfen hatten. Da ihr noch keine gute Erklärung für Seesterns Verschwinden eingefallen war, hatte sie Hasel vorerst frei gegeben.
Cyan sah den Mädchen desinteressiert nach. »Glauben Sie das wirklich oder sagen Sie das nur, um mich aufzuheitern?«
»Ich glaube das nicht nur, ich bin mir sicher«, flunkerte Iris.
»Und dabei haben Sie doch gesehen, was mit mir passieren wird.«
Iris durchquerte den Raum, fasste Cyans Arm und zog ihn zu einem der cremefarbenen Seidensatin-Sofas. »Ich habe gar nichts gesehen«, sagte sie sanft und verdrängte jeden Gedanken an die Vision von Cyans Tod. In den vergangenen Tagen hatte Zander alles in seiner Macht stehende getan, um sie von ihren Sorgen und Ängsten abzulenken. Tatsächlich fühlte sie sich inzwischen schon wieder besser. Der Rothaarige war in die verschneiten Täler ihrer Seele zurückgekehrt, um auf die nächste Gelegenheit, ihr das Leben schwer zu machen, zu lauern.
»Sie sind doch vom alten Volk, oder?«, murmelte Cyan, wobei er sich widerstandslos auf eines der Sofas drücken ließ. »Glauben Sie an das Totenreich der Göttin Eydna?«
Iris setzte sich zu ihm und faltete die Hände im Schoß. »Natürlich. Aber müssen Sie mich das wirklich fragen? Immerhin sind Sie es doch, der einen Myrkur aus ebendiesem Reich in unsere Welt gebracht hat.«
Cyan rieb die Hände aneinander. »Ich weiß. Aber was wird aus uns, wenn wir sterben?«
Seine Frage berührte Iris. Als Jugendliche hatte sie viel über dieses Thema nachgedacht, doch inzwischen konnte sie akzeptieren, was der Großteil ihrer Familie glaubte. Es fühlte sich einfach richtig an. Wie Tee mit Honig oder Seide mit Spitzenbesatz. »Nun, im Totenreich werden Diejenigen von uns, die sich im Leben durch Güte und Frömmigkeit hervorgetan haben, zusammen mit ihren Lieben eingeschmolzen und zu einer neuen Kerze geformt. Damit unser Licht den Lebenden Trost spenden kann.«
»Das klingt schrecklich«, murmelte Cyan.
Iris stülpte die Unterlippe vor. Sie hatte die Vorstellung eigentlich immer sehr beruhigend gefunden. Auf ewig vereint mit den Menschen, die sie liebte. An einem Ort, der warm und hell war. Sie fragte sich, ob sie dort auch Seestern wiedersehen würde. »Wissen Sie eigentlich, was Sheitani mit den Dingen anstellt, die Sie ihm im Austausch für Ihre Zauberkräfte gegeben haben?«
Zuerst wirkte es, als hätte Cyan die Frage nicht gehört, doch dann zuckte er schwach mit den Schultern. »Ich glaube, er bringt sie auf die andere Seite des Vorhangs.«
»Ins Totenreich?«, flüsterte Iris.
»Aber was er damit genau anstellt, weiß ich nicht. Vermutlich hortet er sie wie ein Hamster«, erwiderte Cyan nachdenklich. Der Gedanke war so befremdlich wie alles an Sheitani. Vielleicht kam ihr diese Überlegung deswegen nicht vollkommen abwegig vor.
»Iris?« Zander eilte in den Salon und hielt unvermittelt inne, als er sie so einträchtig beieinander sitzen sah. »Verzeihung, Herr Forelli...«
»Nein, nein«, seufzte Cyan und winkte ab. »Ich werde euch beiden nicht im Weg stehen.« Er zog sich an der Armlehne des Sofas auf die Beine, schwankte kurz wie ein Betrunkener und schleppte sich dann mit hängenden Schultern zur Tür hinaus.
»Er ist in einem desolaten Zustand«, meinte Iris, nachdem Cyan außer Hörweite war.
»Nun, er denkt, dass er bald sterben wird«, gab Zander zurück.
Iris richtete sich wieder auf und zupfte ihr Kleid zurecht. »Vielleicht sollte ich Jasmin einladen. Das heitert ihn bestimmt auf.« Sie kehrte zum Spiegel zurück, den die Dienstmädchen unter dem Maulbeerbaum-Gemälde aufgestellt hatten. Die langen, schnurgeraden Baumreihen erinnerten sie daran, dass sie Anseen de Solvende zum ersten Mal alleine in der Fremde feiern würde. Auch unter günstigeren Bedingungen ein unschöner Gedanke. Im Spiegel bemerkte sie, dass Zanders Blick an ihr klebte. »Was ist?«, wollte sie wissen. »Gefällt dir das Kleid nicht?«
Zander schmunzelte. »Doch schon, aber...« Er spazierte langsam durch den Salon. »Um ganz ehrlich zu sein...« Seine Hände legten sich von hinten um ihre Taille und zogen sie näher zu sich heran. »...kann ich nur daran denken, wie ich dich wohl wieder aus diesem Kleid herausbekomme.«
»Das dürfte schwierig werden«, meinte Iris stirnrunzelnd. Beim Blick in den Spiegel realisierte sie, wie sehr sie mit dieser Mimik ihrer Mutter ähnelte und setzte schnell ein Lächeln auf. »Das Mieder ist ziemlich eng geschnürt und der Verschluss äußerst kompliziert.«
Zander küsste ihren Nacken. »Du weißt, ich liebe Herausforderungen.« Seine Berührung sandte einen Schauer durch Iris' Körper. Nur zu gern hätte sie es gesehen, dass er seine Worte augenblicklich in die Tat umsetzte. Umso enttäuschter war sie, als er sich stattdessen von ihr löste. »Aber zuerst haben wir etwas Anderes zu erledigen. Zwanziger ist gekommen. Er will dringend mit mir sprechen und ich möchte, dass du dabei bist.«
»Zwanziger?«, fragte Iris, während sie dem Gefühl seiner Lippen auf ihrer Haut nachspürte.
»Der Verkäufer der Magier-Gilde. Gwydion Dan de Potas' rechte Hand«, erklärte Zander.
Iris betrachtete sein Gesicht im Spiegel und versuchte, die kleine Kerbe zwischen seinen Augenbrauen zu deuten. »Was könnte er von uns wollen?«
»Das sollten wir herausfinden«, schlug Zander vor und hielt ihr seinen Arm hin. »Er erwartet uns im Herrensalon.«
Während sie sich von Zander aus dem Trandafir-Salon zur Eingangshalle führen ließ, wurde Iris immer stärker bewusst, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, was Zwanziger wollen könnte. Hatte sein Anliegen etwas mit Dan de Potas' Ermordung zu tun? Hatte er etwas herausgefunden? Einen Verdächtigen entlarvt? In fiebriger Anspannung spielte ihr Geist sämtliche Szenarien durch, die ihr einfielen.
In der Eingangshalle begegneten ihnen zwei Männer, die eine besonders große und kunstvoll verzierte Kerze, eine so genannte Primakandela, in den Königssaal schleppten. Dabei mussten sie sich ordentlich anstrengen, denn die Kerze war ein wirklich enormes Prachtexemplar. Zu Anseen de Solvende war es Tradition, dass jeder Haushalt eine Primakandela in seinen vier Wänden aufstellte. Vorgaben zu Größe und Form gab es keine, aber vielerorts mutierte der Kampf um die schönste und prächtigste Wachskreation zu einem regelrechten Nachbarschaftskrieg.
Als sie schließlich den Herrensalon erreichten, musste Iris an sich halten, um nicht gleich mit ihrer besten Theorie herauszuplatzen und Zwanziger mit ihren Überlegungen zu bestürmen. Der kleine, froschgesichtige Händler hockte auf einem der weinroten Ledersofas. Er war so kurz geraten, dass seine Beine in der Luft baumelten. Bei ihrem Eintreten schwang er sich vom Sofa, presste sich seine Mütze an die Brust und stand stramm wie ein Soldat. Wie ein ziemlich krummer Soldat, fand Iris. Seine wässrigen Glubschaugen erinnerten sie an Seestern. »Fräulein Dan de Lion«, japste er. »Herr Arryba.« Sein Blick wanderte suchend durch den Raum. »Wir sind hier doch unbeobachtet, oder?«
Zander schloss die Tür hinter sich. Iris machte das Gleiche mit der Tür, die zum Wintergarten führte. Nur zu gern hätte sie den kleinen Kerl geschüttelt, bis die Geheimnisse aus ihm herauspurzelten. Sie hatte nicht vergessen, wie unangenehm er sich bei ihrer letzten Begegnung verhalten hatte. Heute war davon jedoch nichts zu spüren. Nervös drehte er seine Mütze hin und her, schwankte auf seinen krummen Beinen und strich sich immer wieder fahrig durch die verbliebenen Haarsträhnen. Iris benötigte nicht Zanders Gespür, um zu wissen, dass er völlig verängstigt war.
»Wie können wir Ihnen denn helfen?«, fragte Zander, während er zum Kamin ging, in dem ein schwaches Feuer schwelte.
Zwanziger ließ sich wieder auf das Sofa sinken. Dabei schien er in sich zusammenzufallen wie ein alter Käse. Ein Eindruck, der von seiner ungesunden Hautfarbe noch unterstrichen wurde. »Es geht um meinen Vorgesetzten. Um Gwydion Dan de Potas.«
Während Zander mit einem Schürhaken in der Asche herumstocherte, um die Glut anzufachen, nahm Iris auf dem zweiten Sofa Platz. Mit ihrer starren Krinoline konnte sie sich nicht richtig setzen, aber zumindest anlehnen. Dabei bog sich ihr Mieder und drückte unangenehm gegen ihre Rippen. »Hat die Gendarmerie inzwischen einen Hinweis darauf, wer ihn ermordet haben könnte?«
Zwanziger schauderte sichtlich, senkte den Blick und starrte auf seine Fußspitzen. »Nein, nein. Nicht dass ich wüsste.« Er räusperte sich. »Aber das ist auch nicht notwendig, denn ich weiß, wer ihn ermordet hat. Und auch...« Die kurze Pause zwischen seinen Worten wurde vom Knistern der aufflammenden Glut erfüllt. »...warum.«
»Sie wissen, warum Dan de Potas ermordet wurde?«, hauchte Iris ungläubig. »Und Sie haben Kommandant Narwal nichts davon erzählt?«
Zwanziger schüttelte den runden Kopf. »Nein, ich...« Er quetschte seine Mütze. »Ich hätte das natürlich tun sollen, aber dann wäre ich in Gefahr gewesen. Verstehen Sie?«
»Und wieso kommen Sie jetzt damit zu uns?«, fragte Zander, hängte den Schürhaken zurück in die Halterung und betrachtete das flackernde Feuer, das tanzende Schatten durch den Salon sandte.
»Ich weiß es nicht«, murmelte Zwanziger. »Vermutlich ist es ein Fehler, aber ich...« Er atmete tief ein und aus. »Seit diesem Vorfall kann ich nicht mehr essen, nicht mehr schlafen. Die Bilder aus dieser Nacht verfolgen mich. Und ich habe Angst. Ich benötige... Schutz.«
»Und Sie denken, wir können Ihnen diesen Schutz gewähren?«
»Ich weiß es nicht«, wiederholte Zwanziger. »Aber wenn nicht Sie, wer dann?«
»Gut. Wir werden Ihnen helfen«, entschied Iris. »Aber Sie müssen uns die ganze Wahrheit erzählen.«
Zwanziger nickte eifrig. »Das werde ich. Die ganze Wahrheit.«
Im Gegensatz zu Iris, die dem armen Mann bereits an den Lippen klebte, wirkte Zander noch nicht vollkommen überzeugt von seiner Aufrichtigkeit. Jedenfalls war die Kerbe zwischen seinen Brauen steiler geworden. Er protestierte jedoch nicht, sondern setzte sich neben Iris und breitete die Arme über die Rückenlehne aus. »Na gut. Fangen Sie an.«
Das ließ sich Zwanziger nicht zweimal sagen. »Als Sie vor knapp drei Wochen zu uns kamen, um diesen Zauber analysieren zu lassen, hat Herr Dan de Potas eine schlechte Entscheidung getroffen. Ich habe noch versucht, ihn davon abzuhalten, aber er wollte nicht hören.« Eine Harzgalle im Feuerholz platzte und ließ Zwanziger heftig zusammenzucken. Er hatte sich jedoch schnell wieder im Griff. »Sehen Sie«, fuhr er mit leiser Stimme fort. »Herr Dan de Potas konnte den Zauber nicht zurückverfolgen. Dafür war die Macht des Magiers, der ihn erschaffen hat, zu groß, sein Schutzzauber zu mächtig. Das war allerdings auch nicht nötig, denn mein Herr hat von Anfang an gewusst, wer diesen Zauber angefertigt hat.«
»Kanto Dan de Nowy«, vermutete Iris.
Zwanziger sah überrascht auf. »Ja«, hauchte er. »Nur ein Großmeister wie Dan de Nowy wäre zu so einem Zauber in der Lage. Das waren jedenfalls Herrn Dan de Potas' Worte.«
Zander nahm die Arme von der Lehne und beugte sich vor. »Und was für eine Entscheidung hat Ihr Vorgesetzter dann getroffen?«
»Nun, ich denke, er hat zwei und zwei zusammengezählt, wenn man es so ausdrücken möchte«, fuhr Zwanziger fort. »Der Anführer der königlichen Hofmagier, der ein Attentat auf Rogner Forelli verübt. Da steckt Zündstoff drin.«
Zander verdrehte die Augen. »Ich ahne, worauf das hinausläuft.«
Ihr Gesprächspartner seufzte leise. »Nun ja, Herr Dan de Potas war nie schwer zu durchschauen.« Mit einem noch tieferen Seufzer fügte er hinzu: »Er hat alle Hebel in Bewegung gesetzt und diese zwei Gestalten ausfindig gemacht. Dan de Nowys Handlanger. Aciarier, wenn ich mich recht entsinne.«
»Er wollte Dan de Nowy erpressen«, vermutete Zander.
Zwanziger zuckte kraftlos mit den Schultern. »Vermutlich dachte er, er könnte auf diese Weise bessere Bedingungen für die Magier-Gilde von Myr Ryba aushandeln.«
»Oder private Vergünstigungen. Einen echten Adelstitel zum Beispiel.«
»Wie auch immer«, murmelte Zwanziger. »Herr Dan de Potas hat diese Männer zu Verhandlungen in die Gilde eingeladen.«
»Und nicht überlebt«, schloss Zander und faltete die Hände ineinander.
Stille, die nur vom leisen Knistern und Knacken des Kaminfeuers durchbrochen wurde, breitete sich aus. Trotz der Wärme, die das Feuer verströmte, war Iris eiskalt. Das Farbenspiel der Flammen trug ihre Erinnerungen zurück zu der verhängnisvollen Nacht, in der das blutrote Licht des Ewigen Feuers den Himmel über Ryba erfüllt hatte. Es hieß, die Farbnuance des Ewigen Feuers spiegele die kollektive Stimmung in der Magier-Gilde wieder. In jener Nacht mussten die Emotionen irgendwo zwischen Furcht und Wut geschwankt haben. Zu wissen, was der Grund dafür war, machte auch Iris zornig. Hätte Dan de Potas von Anfang an die Wahrheit gesagt, hätte nichts von alledem geschehen müssen. Der Großmeister wäre noch unter den Lebenden und Zander längst auf der Spur der Attentäter. Und Cyan müsste nicht um sein Leben bangen.
»Es tut mir leid«, meinte Zwanziger bedrückt. »Ich hätte viel früher zu Ihnen kommen sollen.«
»Ja, das hätten Sie«, erwiderte Zander. Er wirkte jedoch nicht ärgerlich. Vielmehr nachdenklich. Bevor er jedoch sagen konnte, was seine Gedanken umtrieb, ertönten schnelle Schritt auf dem Gang vor dem Herrensalon.
Im nächsten Moment wurde die Tür aufgerissen und Salmon stürzte herein. »Tut mir leid, euch zu stören, aber es gibt ein Problem«, berichte er gehetzt.
»Was für ein Problem?«, wollte Zander wissen.
»Tuna und ich haben mit Döbel gesprochen, einem unserer Spitzel bei der Gendarmerie«, erklärte Salmon. »Er hat uns gewarnt. Orka Narwal ist auf dem Weg hierher, um Iris zu verhören.«
»Was?«, hauchte Iris und blickte hilfesuchend zu Zander, dessen Miene bei diesen Worten ein ganzes Stück finsterer wurde.
»Die Karpis haben wohl Druck beim Stadtrat gemacht. Narwal kann nicht anders, als der Sache nachzugehen. Ich denke, Sarko Baboi steckt dahinter.«
Iris ging in Gedanken alle ihre Verfehlungen der letzten Wochen durch. Butt, den sie hinter dem Goldenen Hummer abgestochen hatte. Sarko Babois Bruder, der von Zander verhört, gefoltert und aufgeschlitzt worden war. Die zwei Männer, die sie bei ihrer Flucht aus dem Karpi-Anwesen getötet hatte. Und natürlich die Sache mit Seestern, Sarko Babois geliebtem Hund. Sollte Narwal ihr auch nur einen einzigen Mord nachweisen können, war es nicht unwahrscheinlich, dass sie am Galgen baumelte. Bei diesem Gedanken wurde ihr ganz schwindelig.
»Gut«, brummte Zander und erhob sich vom Sofa. »Ich werde Iris aus dem Anwesen bringen.«
»Kommt das nicht einem Schuldeingeständnis gleich?«, fragte Iris mit zittriger Stimme.
»Meine Verhandlungsposition ist deutlich stärker, solange du nicht im Gefängnis sitzt«, erwiderte Zander. »Außerdem will ich nicht, dass du den Karpis in die Hände fällst. Die haben schließlich auch ihre Spitzel bei der Gendarmerie.«
Salmon nickte zustimmend. »Was immer ihr tun wollt, beeilt euch.« Wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, schwoll im Hintergrund Lärm an. Anscheinend war Orka Narwal dieses Mal nicht alleine gekommen.
»Salmon«, befahl Zander mit einer vagen Geste in Zwanzigers Richtung. »Anchois soll unserem Gast ein Zimmer zuteilen.« Er streckte die Hand aus und half Iris auf die Beine. »Wir verschwinden durch das Holloch.«
Das Blut rauschte in Iris' Ohren, während sie Zander durch die Tür in den Wintergarten folgte. Von dort konnte sie sehen, wie ihre Häscher in den Königssaal strömten. Wie sie bereits vermutet hatte, waren Narwal und seine Gendarmen nicht alleine gekommen. Sie wurden von Sarko Baboi und einigen seiner vermummten Handlanger begleitet. Narwal bemühte sich offensichtlich, die Situation im Griff zu behalten, doch Baboi wirkte wild entschlossen, Iris zu finden. Er bellte Befehle und fuchtelte mit den Armen, als führte er seine Haie in die Schlacht gegen eine feindliche Armee. In gewisser Weise stimmte das wohl auch, denn Tuna, die sich der Gruppe mit gezücktem Säbel entgegenstellte, wirkte nicht bereit, das fremde Eindringen zu dulden.
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