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75. Gusarenblut

Am Nordentor trafen Zander und Tuna mit Orka Narwal und seinen Männern zusammen. Insgesamt hatte sich eine Gruppe von fünfzehn berittenen und bewaffneten Gendarmen eingefunden. Diese Zahl würde nicht ausreichen, um jeden einzelnen Bewohner des Modderhauvens festzunehmen, aber sie versprach auf jeden Fall eine gewisse Sicherheit. 

Nach einer kurzen und eher nüchternen Begrüßung setzte sich die Gruppe unter Narwals Führung in Bewegung. Die Torwächter nickten dem Hauptmann zu und betätigen den Seilzug, der die mächtigen Torflügel unter dem steinernen Spitzbogen aufschwingen ließ.

Zander setzte sich im Sattel zurecht und kontrollierte den Sitz seines Waffengurtes. Es war lange her, seit er zuletzt ausgeritten war. Zum Glück sorgten die Stallknechte ausgezeichnet für die Pferde der Forelli-Familie, sodass er sich zumindest um ihre Leistungsfähigkeit keine Sorgen zu machen brauchte.

Auf der anderen Seite des Nordentors kam ihnen ein einzelner Reiter entgegen. Ein Mann mit einem breiten Schlapphut auf dem Kopf, der sein Gesicht fast vollständig bedeckte. Sein erdbrauner Umhang war mit dem königlichen Wappen bestickt, was ihn als einen Boten aus Myr Paluda auswies und ihm eine gewisse Unantastbarkeit verlieh. Einen Boten des Königs zu überfallen oder gar zu töten, konnte auch in dieser Gegend ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen. Anders ließ es sich wohl nicht erklären, dass der Mann den gefahrvollen Weg durch das nördlich gelegene Torfmoor und die Wälder, die für ihre Banditen bekannt waren, scheinbar unbeschadet überstanden hatte. 

Der Mann wartete, bis die Gruppe das Tor passiert hatte, bevor er sich bei den Torwächtern identifizierte und seinen Weg in die Stadt fortsetzte. Vermutlich befand er sich auf dem Weg zur königlichen Reederei und hatte allerlei royale Anweisungen aus der Hauptstadt im Gepäck.

Tuna lenkte ihren schwarzen Rappen neben Zanders rotbraune Stute. Wasser tropfte in einem dünnen Rinnsal von ihrer Hutkrempe. Der unablässige Regen hatte sie schon auf dem Weg zum Treffpunkt völlig durchnässt. Die Hufe ihrer Pferde verursachten ein schmatzendes Geräusch auf den schlammigen Wegen, die vom Tor aus in den Modderwald führten. Das dichte Gehölz aus Meereskiefern, Asch-Weiden und Kleeulmen erstreckte sich an der Stadtmauer entlang nach Südosten bis zu den Schlammfeldern – und tief in seinem Innern lag der berüchtigte Modderhauven.

»Du und Iris also...?«, sagte Tuna, den Blick starr geradeaus gerichtet.

Zander übte leichten Druck mit den Schenkeln aus, um seine Stute auf den Waldweg zu lenken, den die anderen Reiter eingeschlagen hatten. »Ich mag sie wirklich, Tuna.«

»Das bezweifle ich nicht«, seufzte sie. »Und genau das ist dein Problem. Du magst Frauen.«

Zander lachte unecht. »Na, du doch auch.« Als er ihren finsteren Blick bemerkte, wurde er schnell wieder ernst. »Du weißt, dass ich nie eine Frau schlecht behandelt habe.«

»Du wärst nicht hier, wenn es anders wäre«, meinte Tuna kühl.

Zander warf ihr einen langen, fragenden Blick zu, doch als sie diesen Worten nichts mehr hinzufügte, wiederholte er: »Ich mag Iris. Und ich denke, sie mag mich auch.«

An dieser Stelle schnaubte Tuna abfällig. »Natürlich tut sie das. Für eine Weile.«

»Du legst es darauf an, mir wehzutun«, erkannte Zander, während er sich unter einem tief hängenden Ast wegduckte.

»Ja, verdammt«, platzte es aus Tuna heraus. »So wie du dir selbst wehtust.« Sie atmete langgezogen aus und fuhr dann ruhiger fort: »Du fügst dir nur Leid zu, wenn du dich mit Frauen wie Iris einlässt. Hast du denn aus der Sache mit Sardina überhaupt gar nichts gelernt?«

»Doch, das habe ich«, erwiderte Zander scharf. »Und wenn du mal genauer hinsehen würdest, könntest du erkennen, dass Iris und Sardina außer meinen Gefühlen für sie nichts gemeinsam haben.«

»Stimmt«, sagte Tuna grimmig. »Iris hat alles, wovon Sardina nur träumen kann. Sie ist wortwörtlich in seidene Laken gewickelt zur Welt gekommen. Ihre Familie beherrscht den Seidenhandel und kontrolliert auf diese Weise halb Frariva. Sie ist vierundzwanzig Jahre jung, ganz hübsch anzusehen, nicht vollkommen auf den Kopf gefallen und geht am Königshof ein und aus. Wenn sie nicht so sehr darauf versessen wäre, einen Beruf auszuüben, wäre sie sicher längst die Gemahlin irgendeines Günstlings. Sie würde schöne Kleider tragen, auf rauschende Bälle gehen und ihren Einfluss nutzen, um sich für den Schutz der alten Götter oder irgendwelcher Kleintiere einzusetzen.« Tuna maß ihn mit ehrlichem Bedauern. »Denkst du ernsthaft, dass sie das alles opfern und in Myr Ryba bleiben wird? Als Übersetzerin der Forellis? An der Seite eines Gusaren? Eines Mannes, der eine tiefsitzende Sehnsucht nach dem Tod zu verspüren scheint und andauernd Kopf und Kragen riskiert?« 

Zander erwiderte ihren Blick wie ein aufmüpfiger Schuljunge. Trotz seines dicken Mantels spürte er die Kälte des verregneten Waldes bis auf die Knochen. Das dumpfe Prasseln des Niederschlags hallte unter dem geschlossenen Laubdach wie der Ansturm einer fernen Brandung. »Du hast es doch gesagt«, entgegnete er schließlich. »Iris ist versessen darauf, einen Beruf auszuüben und hat Myr Paluda aus freien Stücken den Rücken gekehrt. Sie hat sich dieses Leben ausgesucht.«

»Ja«, sagte Tuna ernst. »Und für eine Weile wird sie sicher auch Gefallen daran finden. Aber im Gegensatz zu uns hat sie ein echtes Zuhause und eine echte Zukunft. Mit Sicherheit verzehrt sie sich nicht danach, weit weg von ihrer Familie und dem Luxus der Hauptstadt die Mutter von ein paar Gusarenkindern zu werden.«

Zander merkte, wie seine Miene bei jedem ihrer Worte etwas mehr versteinerte. Das Schaukeln der Pferde und das Rauschen des Regens schienen Tunas Botschaft auf rhythmische Weise in sein Gehirn meißeln zu wollen. Nach einigen Sekunden des Schweigens verlagerte er sein Körpergewicht und zog leicht an den Zügeln, um sich weiter zurückfallen zu lassen.

Tuna machte es ihm nach. »Versteh mich doch, Zander«, sagte sie eindringlich und schob mit einer Hand ihre Hutkrempe nach oben, um ihn besser ansehen zu können. »Ich will nur nicht, dass du verletzt wirst. Du bist einer der wenigen guten Männer in dieser verkorksten Stadt. Mir will nur einfach nicht in den Kopf, weshalb du dir immer wieder Frauen suchst, die-«

»Außerhalb meiner Reichweite sind?«, vollendete Zander mit einem unechten Lächeln.

»Dich nicht wirklich wertzuschätzen wissen«, widersprach Tuna energisch. »Ja, du bist ein Gusar, ein Waisenjunge, ein Dieb und ein Lügner. Das ist nicht abzustreiten. Aber du bist eben auch über alle Maßen weichherzig, fürsorglich und loyal, wenn jemand dein Herz erobert oder deinen Respekt errungen hat. Und du hast allen Grund stolz auf das zu sein, was du in deinem Leben erreicht hast. Mit Sicherheit wirst du nie übermäßig reich werden oder die Gunst des Königs besitzen, doch das ist völlig bedeutungslos. Jedenfalls sollte es das sein, für eine Frau, die dich wirklich liebt.«

Seltsamerweise hatte Tunas Ansprache nicht den beabsichtigten, sondern genau den gegenteiligen Effekt: Zander fühlte sich in seinen Gefühlen für Iris bestätigt. Nicht weil er sich anmaßte zu wissen, was die junge Frau über ihn dachte, sondern weil ihm bewusst wurde, dass Tuna recht hatte. Er würde nie übermäßig reich werden oder die Gunst des Königs besitzen. Er war nichts weiter als ein Gusar, ein Waisenjunge, ein Dieb und ein Lügner. Und trotzdem musste Iris irgendetwas in ihm sehen. Etwas, das sie all diese Tatsachen vergessen machte. Wenn man dieses Etwas nicht Liebe nennen konnte, dann wusste er es nicht besser und wollte es auch nicht besser wissen.

»Ich weiß, dass du nur das Beste für mich willst«, sagte Zander. »Aber du wirst dich an Iris gewöhnen müssen. Denn selbst wenn sie irgendwann genug von mir haben sollte, wird sie vom Duft der Freiheit und Unabhängigkeit mit Sicherheit noch lange nicht die Nase voll haben.«

Tuna schwieg. »Ich hoffe, du hast recht«, meinte sie schließlich. Dann übte sie einen kräftigen Schenkeldruck aus und ließ ihr Pferd in einen leichten Trab verfallen, um zu den Gendarmen aufzuschließen.

Zander blieb zurück. Obwohl er sich recht erfolgreich einredete, dass die Sache zwischen ihm und Iris zumindest das Potential hatte, mehr zu sein als eine belanglose Schwärmerei, blieb ein fader Nachgeschmack. Um sich davon abzulenken, ließ er seinen Blick über das Unterholz zu beiden Seiten des Weges schweifen. Das Blätterdach über ihren Köpfen war so dicht, dass kaum Feuchtigkeit bis zum Erdboden drang, der von einem Teppich aus verrottendem Laub, Totholz und hellbraunem Moos bedeckt war. Der letzte Herbststurm hatte einige hohe Bäume umgeworfen, doch zwischen den gestürzten Riesen keimten schon wieder zahlreiche Sprösslinge. Ein trüber Dunst lag in der Luft, die nach fauliger Erde und feuchtem Kiefernharz duftete. Bis auf die Geräusche, die die Hufe der Pferde auf dem Waldweg verursachten, war es fast vollständig still. Die Atmosphäre war von einer dumpfen Friedlichkeit erfüllt, die es geradezu unglaubwürdig wirken ließ, dass sich nur wenige hundert Meter entfernt ein Dorf befinden sollte, in dem sich der gesamte Abschaum Myr Rybas zusammengerottet hatte. Wie Tiere hausten die Menschen dort in selbstgezimmerten Bretterverschlägen oder einfachen Zelten – und wie Tiere ernährten sie sich auch von den Dingen, die sie in Myr Ryba oder auf den umliegenden Straßen erbeuten konnten. 

Vor ein paar Jahren hatte sich die Situation am brutalen Überfall auf einen reisenden Stoffhändler derart entzündet, dass Stadtwache und Gendarmerie den Modderhauven im Rahmen einer nächtlichen Durchsuchung vollständig geräumt hatten. Seitdem stand das Gelände unter strikter Kontrolle der Rybaler Ordnungshüter, was jedoch nicht bedeutete, dass es dort friedlich zuging. Hunde, die zu lange auf der Straße gelebt hatten, ließen sich nicht mehr an die Leine gewöhnen. Was das anging, war er selbst vielleicht eine der wenigen erfreulichen Ausnahmen. Andererseits war das Dasein, das er derzeit führte, auch nicht gerade als lupenrein und vorbildlich zu bezeichnen.

Nach einem etwa fünfzehn Minuten andauernden Ritt erreichten sie ihr Ziel. Der Wald tat sich vor ihnen auf und enthüllte dabei eine Art Festung aus Brettern und Zelttüchern, die einen Großteil der Lichtung einnahm. Die Bewohner des Modderhauvens hatten einen Erdwall aufgeschüttet und dahinter einen Palisadenzaun aus angespitzten Baumstämmen errichtet. Ein schmaler Pfad führte ins Innere der Feste, die aus vielen kleinen Holzverschlägen bestand, die sich zu Häusern mit drei oder gar vier Geschossen stapelten. Die Eingänge der kleinen Baracken waren mit geflickten Tüchern verhängt. Zur Seeseite hin waren die Gebäude mit Moos und Seepocken überwuchert. Alles wirkte morsch und instabil. Teilweise wurden die hölzernen Konstruktionen von Seilen und Stützbalken in Form gehalten. Trotzdem verhinderte wohl nur der Schutz des Waldes, dass die Festung noch nicht in sich zusammengebrochen war. Der Gestank nach Unrat, Fäkalien und ungewaschenen Banditen lag in der Luft.

Am Rand der Lichtung wurden sie schon von zwei Männern erwartet. Der Eine war ein junger Gendarm in einer strahlend grauen Uniform, der sich so aufrecht hielt, dass man fast meinen konnte, er wäre auf einen Pfahl aufgespießt. Der Andere mochte ungefähr in Zanders Alter sein und stützte sich mit beiden Händen auf eine langstielige Holzfälleraxt. Er trug eine offene Weste und darunter ein weißes, von Schweiß und Regen durchtränktes Hemd, das seinen kräftigen Körperbau betonte. Sein dunkler Teint und die blauen Augen verrieten das Gusarenblut in seinen Adern – und das arrogante Lächeln den protzigen Wichtigmacher. 

Renke Rotfeder war ein typischer Unruhestifter. In der Vergangenheit hatte er Kutschen, Wechselstuben und Bankhäuser überfallen. Seine Beute hatte er jedoch nicht behalten oder kopflos verprasst, sondern mit der restlichen Gusaren-Bevölkerung geteilt. Zander hatte gehört, dass er sich selbst für eine Art Gallionsfigur der verarmten und unterdrückten Freibeuter-Nachfahren hielt. Und viele dieser armen Unterdrückten verehrten ihn wie eine Reinkarnation des Piratenkönigs, was ihn zu einer Art Bürgermeister des Modderhauvens machte.

»Hoy!«, rief Rotfeder, als die Pferde zum Stillstand gekommen waren. »Watt's de Betekenen?«

»Das geht Sie einen Peskhauven an«, zischte der junge Gendarm. Dann streckte er den Rücken noch weiter durch und wandte sich an Orka Narwal: »Es ist alles vorbereitet, Hauptmann Narwal. Sie können sofort mit der Durchsuchung anfangen.«

»Sie glauben doch nicht wirklich, dass wir etwas mit den Morden an Straßenkindern zu tun haben«, wandte Rotfeder ein. Obwohl er sich als reinen Gusaren bezeichnete, konnte er sich auch in Roilore äußerst gewählt ausdrücken. »Das ist doch nur wieder so eine Kampagne gegen Meinesgleichen. Kaum geschieht in Ryba ein Verbrechen, verdächtigen Sie uns Angehörige des alten Piratenblutes.« Sein Blick erfasste Tuna, die sich zu Narwal an die Spitze der Gruppe gesellt hatte. »Ausgerechnet Sie sollten es doch besser wissen«, ergänzte er abschätzig.

Tuna erwiderte seinen Blick kalt und kommentarlos.

»Nun«, sagte Narwal und spielte dabei die ganze Routine seiner langjährigen Erfahrung mit Männern wie Rotfeder aus. »Ich weiß, dass in Myr Ryba Straßenkinder ermordet werden. Die meisten von ihnen Gusarenkinder. Sollten Sie daher nicht auch ein Interesse an der Aufklärung dieser grausamen Verbrechen haben?«

Rotfeder zog geräuschvoll die Nase hoch und rotzte vor die Hufe von Narwals Pferd. »Sie suchen am falschen Ort, Herr Hauptmann.«

»Einige Ihrer Schützlinge haben bereits bewiesen, dass sie sich für Mord und Verstümmelung nicht zu fein sind.«, erwiderte Narwal. »Also verzeihen Sie mir, wenn ich Ihren Worten nicht ungesehen Glauben schenke.« Er wandte sich an den jungen Gendarm: »Führen Sie uns zu den Unterkünften.«

Der Mann nickte eifrig und marschierte im Stechschritt los, eine Hand auf den Griff seines Säbels gelegt, die andere pendelnd an seiner Seite – wie einer von Enzias aufziehbaren Zinnsoldaten. Zander, Tuna und die berittenen Gendarmen folgten ihm im Schritttempo. 

»Zander Arryba und der schwarze Stichling«, sagte Renke Rotfeder, als sie auf einer Höhe waren und tätschelte die Flanke von Zanders Stute. »Ich habe schon von euch gehört. Man nennt euch auch die Bücklinge der Forellis. Stolze Vertreter unserer Art.« Seine Stimme triefte vor Sarkasmus. »Wie lebt es sich als Fußabtreter der Oberschicht?«

Zander musste zugeben, dass er sich entgegen aller Vernunft ein klein wenig in seiner Gusarenehre angegriffen fühlte. Vielleicht weil ihn Rotfeders Worte daran erinnerten, dass sein Vater, ebenfalls ein stolzer Gusar, hart für seine Unabhängigkeit geschuftet hatte, während er sich damit zufrieden gab, ein Diener zu sein. Trotz dieser Gefühle zwang er sich zu einem Lächeln. »Ausgesprochen angenehm – und deutlich geruchsneutraler.« Er konnte sehen, wie sich Rotfeders Miene verfinsterte und wusste, dass er sich in dieser Sekunden keinen Freund gemacht hatte. 

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