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69. Sonnenaufgang

Eine friedliche Morgendämmerung lag über Myr Ryba. Als wollte die Natur die Untaten der vergangenen Nacht mit dem Sonnenaufgang davonspülen. Der Himmel über dem Ozean erstrahlte in einem satten Blau, in das sich nahe des Horizonts sanfte Gelb- und Rosétönen mischten. Im Gegenlicht wirkten die vorgelagerten Felsen, die einen natürlichen Schutzwall um die kleine Bucht bildeten, pechschwarz. Möwen kreisten über dem Meer und an den Steilhängen des Fellmonte stimmten die Felsrallen ihr morgendliches Konzert an, das vom Glockengeläut der Rybaler Heidschnucken, die sich stoisch durch die Dünenlandschaft fraßen, begleitet wurde.

Zander ließ sich auf dem Wasser treiben, den Blick in das Farbenspiel am Himmel gerichtet. Das rhythmische Rauschen der Wellen, die nicht weit entfernt über den Sandstrand rollten, erlaubte es seinen Gedanken, in weite Ferne zu driften, zu neuen, unbekannten Ufern.

Iris Dan de Lion.

Allein ihr Name brachte ihn zum Schmunzeln. Zander war nie ein Mensch gewesen, dem man mehr als den handelsüblichen Wahnsinn eines Gusaren nachgesagt hatte, aber wenn er an Iris dachte, fühlte es sich an, als würde er langsam verrückt werden. Und jeder wusste, dass der schleichende Wahnsinn die schlimmsten Formen des Irrseins hervorbrachte.

Iris Dan de Lion.

Was hatte er mit ihr vor? Was hatte sie mit ihm vor? Wie auch immer die Antworten auf diese Fragen lauteten, sie würden nur Unglück hervorbringen. Eine ernsthafte Beziehung zwischen einem Adelstöchterchen aus Trandafir und einem Gusaren aus Myr Ryba war nach allen Maßstäben dieser Zeit völlig undenkbar. Doch was wusste er schon? Die Zeit war im Wandel und Iris konnte sehr willensstark sein, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Wie er selbst darüber dachte? Diese Frage wäre deutlich einfacher zu beantworten gewesen, hätte er den vergangenen Abend aus seinem Gedächtnis streichen können. Denn seitdem kreisten seine Gedanken unablässig um Iris' Lächeln, den Geschmack ihrer Lippen, ihr lockiges Haar und ihre niedlichen Brüste, die von ihrem Unterkleid kaum verhüllt wurden.

Faders Abbild tauchte vor seinem inneren Auge auf und ließ ihn unerwartet Salzwasser schlucken. Er spuckte das Wasser wieder aus und kehrte mit ein paar schnellen Schwimmbewegungen zu seiner gewohnten Ruhe zurück. Eine Ruhe, wie er sie nur hier draußen auf dem Meer fand. 

Fader, dachte er. Irgendwie hatte er ihn sich ganz anders vorgestellt. Die düstere Gestalt aus seiner Kindheit war zu einem lüsternen, alten Widerling verkommen. Keine Spur mehr von dem imposanten und furchteinflößenden Mann, der eine Zeit lang durch seine Albträume gegeistert war. Nur ein alberner Lüstling, der sich bis zuletzt für unbesiegbar gehalten hatte. Wenn Zander nur daran dachte, was er mit Iris vorgehabt hatte, musste er sich mit Gewalt davon abhalten, in die Leichenhalle der Gendarmerie einzubrechen, Faders Leichnam zu entführen und ihn den wilden Schweinen, die am Rand von Ryba lebten, zum Fraß vorzuwerfen. Mit Sicherheit hätte er Stunden dabei zusehen können, wie ihn die Tiere in Stücke rissen – und das einzige, was er bei diesem Anblick bedauert hätte, wäre gewesen, dass der alte Sack schon tot war und nicht mehr spüren konnte, wie er gefressen wurde.

Zander schüttelte sich, um diese Gedanken zu vertreiben. Sein Blick wanderte zum Ufer hinüber, wo Iris zusammengerollt im Sand lag und noch immer tief und fest schlummerte. Ihr Anblick besänftigte ihn. Er tauchte kurz unter und schwamm dann mit ausgreifenden Kraulbewegungen zum Strand zurück. Als er kurz darauf aus dem Wasser stieg, ummantelte ihn die morgendliche Kühle. Der aromatische Duft blühender Felsnelken und Strandlilien stieg ihm in die Nase. 

Vorsichtig näherte er sich Iris, um sich zu vergewissern, dass mit ihr alles in Ordnung war. Die junge Übersetzerin lag auf der Seite, eine Hand unter dem Kopf, die Knie eng an den Körper gezogen. Ihr blonder Schopf und ihre nackten Beine lugten unter Cyans Herrenrock hervor. Sand klebte an ihrer Haut und feiner Morgentau benetzte ihre Locken. Für einen Moment war Zander in ihren Anblick versunken, dann setzte er sich neben sie und ließ seinen Blick schweifen.

»Ist es schon Morgen?«, fragte Iris. Ihre Stimme klang ganz rau und ein wenig verschnupft.

Zander schmunzelte. Es gab nicht viele Menschen, die ihm vorspielen konnten, dass sie noch schliefen. »Es dämmert gerade. In ein paar Minuten wird die Sonne aufgehen.«

Daraufhin räkelte sich Iris genüsslich. Es gefiel Zander, dass sie sich am Strand wohlzufühlen schien. Sardina hatte sich bei ihrem ersten und letzten Besuch in der Bucht unaufhörlich über den Sand beschwert, der ihre empfindliche Haut gereizt habe und noch dazu in jede Körperöffnung gedrungen sei. Damals war er sich richtig schuldig vorgekommen, weil er seiner Geliebten diese Strapazen aufgebürdet hatte. Daher hatte er beschlossen, Frauen in Zukunft von seiner geheimen Bucht fernzuhalten – mit Ausnahme von Tuna natürlich, die sich von ein bisschen Sand nicht beeindrucken ließ. Doch wenn selbst ein Adelstöchterchen, das die feinsten Seidenlaken der Welt gewohnt sein musste, das Erwachen nach einer Nacht am Strand genoss, konnte es wohl nicht so schlimm sein, wie ihm Sardina damals vorgeworfen hatte.

»Wann gibt es Frühstück?«, murmelte Iris.

»Ich könnte Fisch anbieten«, erwiderte Zander.

Iris verzog das Gesicht. Ihre Lider flatterten. Dann schlug sie die Augen auf und blinzelte in das blasse Morgenlicht. Sie schien einen Moment zu brauchen, um zu realisieren, wo sie sich befand. Versonnen fuhr sie mit der Hand durch den Sand, der noch die Wärme des vergangenen Tages in sich gespeichert hatte. Sie nahm ein paar Körner auf und ließ sie durch ihre Finger rieseln. Ein verträumtes Lächeln umspielte ihre Lippen. Bei diesem Anblick fiel Zander ein Stein vom Herzen. Nicht nur, weil Iris den Strand zu mögen schien, sondern auch weil die Ereignisse des gestrigen Tages ihr Lächeln nur noch strahlender gemacht hatten.

Doch dann verfinsterte sich ihre Miene plötzlich. »Vertrau mir. Nur dieses eine Mal«, grollte sie und maß ihn mit einem verächtlichen Blick. »Das hast du gesagt. Und wo bin ich gelandet?«

»Es tut mir leid«, entschuldigte sich Zander. »Du hast jedes Recht, wütend zu sein.«

Iris stützte sich auf einen Ellenbogen, spähte aufs Meer hinaus und streckte die Nase in den Wind. Einige Sekunden ließ sie ihn in seinen Schuldgefühlen schmoren, dann zuckte sie kaum merklich mit den Schultern. »Ich bin gar nicht wütend.«

»Wie fühlst du dich dann?«, fragte Zander, froh darüber, ihr so einfach vom Haken gesprungen zu sein.

»Mir ist ein wenig frisch«, antwortete Iris und zog Cyans Herrenrock enger um sich.

»Wir können zum Anwesen zurückkehren«, schlug Zander vor.

Iris zog einen Schmollmund. »Das meinte ich nicht.«

»Was meintest-« Zander hielt inne, als ihn die Erkenntnis überkam. Dass er eine so offensichtliche Einladung überhört hatte, machte ihn beinahe verlegen. Er rutschte näher an Iris heran, ließ den Oberkörper zurücksinken und streckte den Arm aus. Iris zögerte noch einen kurzen Moment, dann kam sie der Aufforderung nach und schmiegte sich an ihn. Ihr Kopf kam auf seiner Brust zum Liegen, ganz vorsichtig, als plante sie, beim kleinsten Anzeichen von Gefahr aufzuspringen und davonzulaufen. Ihm wurde bewusst, dass es sie schon viel Mut gekostet haben musste, überhaupt einen derart – für ihre Begriffe – unanständigen Vorschlag zu machen.

»Was bedeuten diese Muster?«, fragte Iris und deutete auf die Tätowierungen, die einen Teil seiner Brust- und Schulterpartie schmückten.

Zander lächelte. »Ich habe keine Ahnung.« Iris' fragende Blicke nötigten ihn zu einer Erklärung. »Als ich vor Jahren im Gefängnis war, gab es da diesen seltsamen Kerl, der es geliebt hat, Tätowierungen anzufertigen. Mit angespitzten Haifischzähnen und Farben aus kalter Asche und Pflanzen, die er auf dem Hof gefunden hat. Er hat uns mit Essen und anderen Kleinigkeiten bezahlt, damit wir ihm unsere Haut zur Verfügung stellen. Aber was die Motive angeht, hatten wir kein Mitspracherecht. Und um ehrlich zu sein, war mir das damals auch egal.«

Iris wandte sich wieder den Zeichen auf seiner Haut zu. »Ich glaube, das sollen Blumen und Fische sein.« Sie legte den Kopf wieder auf seiner Brust ab, schien aber nicht recht zu wissen, was sie mit dem Arm machen sollte, der nicht unter ihrem Körper eingeklemmt war. »Weshalb warst du im Gefängnis?«

»Nun, meiner Meinung nach-«, begann Zander und ließ seine Finger sanft über ihre Schultern wandern. Er wollte sie nicht verschrecken, aber es fiel ihm sehr schwer, sie nicht zu berühren. Iris erschauderte, beschwerte sich jedoch nicht. »-bin ich jetzt mit fragen an der Reihe.«

»Na gut«, maulte Iris. »Aber nur, wenn du mir dieses Mal eine ernsthafte Frage stellst.«

»Du unterschätzt mein Interesse an deiner Lieblingsfarbe«, erwiderte Zander.

Iris lachte und überwand sich endlich, ihren Arm um seine nackte Brust zu schlingen. »Und was willst du wirklich wissen?«

»Die Frage ist nicht, was ich wissen will, sondern was du mir erzählen möchtest«, gab Zander zurück. Als Iris daraufhin ungewöhnlich still wurde, fügte er hinzu: »Denkst du nicht, es wäre an der Zeit, darüber zu sprechen?«

»Das will ich ja«, presste Iris heraus. Es wirkte, als wollte sie diesen Worten noch etwas hinzufügen, doch ihr bloßer Wille konnte die Mauern des Schweigens, die sie in den vergangenen Jahren um ihre Erinnerungen gezogen haben musste, nicht überwinden. 

Sie zuckte zusammen, als Zanders Finger unter den Herrenrock glitten und zu den Narben auf ihrem Rücken wanderten. Behutsam streichelte er über den dünnen Stoff ihres Unterkleides bis sie sich wieder entspannte. »Ich will gar nicht hören, was damals passiert ist. Das ist eine Geschichte für die es keine Worte braucht. Mich würde vielmehr interessieren, wie du es geschafft hast, trotz allem zu der Frau zu werden, die ich jetzt vor mir sehe.« Iris atmete langgezogen aus, aber Zander war noch nicht fertig. »Diese mutige, selbstsichere, willensstarke...« Grinsend fuhr er fort: »...kleidersüchtige, unfassbar nachtragende, viel zu übermütige und dickköpfige-«

Iris setzte sich ruckartig auf und legte die Hände über seinen Mund, um seine Worte zu ersticken. »Hör auf«, flehte sie. Zander lachte, umfasste ihre Handgelenke und küsste ihre Finger. »Hör auf, hör auf, hör auf«, jammerte Iris und brach dann tatsächlich in Tränen aus.

Endlich, dachte Zander und zog sie erneut eng an seine Brust. Ihr Körper wurde weich und anschmiegsam. Widerstand und Anspannung wichen aus ihren Gliedern. Er spürte ihre Haut auf seiner Haut, sengend warm trotz der morgendlichen Kühle. 

Und dann, ganz unvermittelt, begann sie zu erzählen. Sie berichtete von dem Überfall auf ihrer Heimreise nach Trandafir, von dem Rothaarigen und seiner Peitsche und von der Freundin, die sie durch ihn verloren hatte. Sie beschrieb ihm ihre Todesangst und wie es sich angefühlt hatte, dem Tod zu entkommen und weiterzuleben. Sie erzählte von der Schule in Myr Paluda, die sie zum damaligen Zeitpunkt besucht hatte, und wie ihre Eltern nach dem Vorfall geschworen hatten, sie nie wieder aus dem Haus zu lassen. Wie sie fast zwei Jahre mit ihrer Angst gelebt und sich hinter den Fenstern des Dan de Lion-Anwesens verschanzt hatte. Wie sie bei jedem lauten Geräusch, in der Nähe von Pferden und Bäumen, beim Geruch von Gras oder beim Anblick rothaariger Bärte in nackte Panik verfallen war. Wie sie die Gesellschaft anderer Menschen gescheut hatte und in Einsamkeit und Trauer versunken war. Wie niemand verstanden hatte, dass sie nicht einfach weiterleben und sich ihrer körperlichen Unversehrtheit freuen konnte. Wie sie nicht gewagt hatte, irgendjemandem anzuvertrauen, dass sie insgeheim froh darüber war, dass ihre Freundin und nicht sie selbst den Tod gefunden hatte. 

»Meine Familie war die ganze Zeit für mich da, aber ich war nicht bei ihnen. Nicht wirklich«, schloss sie ihre Erzählung. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Ich war... einfach nicht mehr da.«

»Aber jetzt bist du wieder da«, sagte Zander, der sie ganz unbewusst immer fester mit den Armen umschlossen hatte, je grauenhafter und deprimierender ihre Erzählung geworden war.

»Ich weiß nicht«, wisperte Iris. »Manchmal bin ich mir nicht sicher.« Sie runzelte die Stirn. »Neulich, als ich in Cyans Geheimkammer war, hatte ich eine Vision. Es war, als wäre der Rothaarige wieder da. Ich konnte ihn richtig hören, ich konnte ihn riechen

»Er ist nicht hier, Iris«, sagte Zander, um sie zu beruhigen. »Und selbst wenn er es wäre, wäre er vermutlich nicht der Mann, den du von damals erinnerst.« Er streichelte ihre Haare und genoss den Duft ihrer Haut. »Und was war das für eine Vision?«

Iris fröstelte spürbar. Dann erzählte sie ihm von ihrer Vision und von dem Albtraum, den sie Wochen zuvor durchlebt hatte. Von ihm, Tuna, ihrer Familie, dem Nöck, den toten Kindern, brennenden Städten und am Himmel kreisenden Myrkuren. »Denkst du, das hat etwas zu bedeuten?«

»Vermutlich nicht«, antwortete Zander. »Visionen sind eher so etwas wie Warnungen als Prophezeiungen. Aber Cyan kann dir da sicher mehr sagen.« Er bedachte sie mit einem vorwurfsvollen Blick. »Du hättest längst mit mir darüber sprechen müssen.«

»Es war doch nie Zeit«, rechtfertigte sich Iris. »Und ich wollte auch nicht, dass du mich für ein empfindsames Weibsbild hältst.«

Zander konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. »Genau so hatte ich dich aber eingeschätzt.«

»Wirklich?«, fragte Iris, sichtlich gekränkt.

»Ja«, bestätigte Zander nickend. »Aber das war, bevor ich dir zum ersten Mal begegnet bin. Als du damals mit dem blutigen Stilett aus Pikes Kutsche geklettert bist, wusste ich schon, dass du mehr als ein empfindsames Weibsbild bist. So wie die meisten Menschen mehr als nur eine einzige Persönlichkeitseigenschaft aufweisen. Ich wusste, in dir schlummert auch eine Kriegerin. Jemand, der über Leichen gehen würde, um sein eigenes Leben und die Leben seiner Lieben zu beschützen.« Er löste die Hand von ihren Haaren und fuhr damit die Kurve ihres Rückens entlang. »Die wenigsten Menschen würden so weit gehen wie du. Ich bewundere das. Und ich wüsste nur zu gern, wie du so geworden bist.«

Seine Worte schienen Iris ermutig zu haben. Sie stützte sich an seiner Brust ab, richtete sich halb auf und beugte sich über ihn. Die Locken umrahmten ihr hübsches Gesicht und ihre vom Weinen geröteten Augen funkelten wie kleine Diamanten. Sie kräuselte spöttisch die Lippen. »Nun, soweit ich mich erinnere, bin ich jetzt mit dem Fragen an der Reihe.«

»Also, streng genommen, hast du meine Frage noch nicht beantwortet«, erwiderte Zander und verstummte, als sie ihn mit einem innigen Kuss zum Schweigen brachte. Er musste ihr lassen, dass sie schnell herausgefunden hatte, wie sie ihn um den Finger wickeln konnte. Aber vermutlich war er auch nicht besonders schwer zu durchschauen. Während ihr Kuss immer intensiver wurde und zumindest Iris in fremde Gefilde zu führen schien, ging über dem Ozean die Sonne auf und vertrieb auch die letzten Schatten der vergangenen Nacht. 

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