63. Auf Messers Schneide
Iris erholte sich schnell von ihrem Schrecken, als sie erkannte, dass ihr Gegenüber mindestens genauso erschrocken darüber war, sie an diesem Ort vorzufinden. »Nun, ich denke, ich habe mich verlaufen«, antwortete sie auf die Frage des Mädchens. »Und dann habe ich diesen widerlichen Gestank wahrgenommen«, fügte sie im Plauderton hinzu und ließ ihren Blick gemächlich über die Umhänge an den Wandhaken wandern. »Kannst du das auch riechen?«
»Ja, kann ich«, antwortete das Dienstmädchen. »Aber Sie sollten wirklich nicht hier sein. Diese Räumlichkeiten sind den Angestellten der Familie Karpi vorbehalten.«
»Allen Angestellten der Familie Karpi?«, fragte Iris, nicht ohne Hintergedanken. Vielleicht gelang es ihr, das Mädchen dazu zu bringen, ihr etwas über die Haie von Ryba zu verraten.
»Warum fragen Sie mich das?«, stammelte ihre Gesprächspartnerin, dann schien sie sich auf ihre Position zu besinnen und fasste nach der Tür. »Sie sollten jetzt besser gehen.«
Iris besann sich ebenfalls – und zwar sowohl auf ihre Position als auch auf den Grund ihres Hierseins. Blitzartig schnellte sie vor und drückte die Tür ins Schloss. Gerade noch rechtzeitig konnte das Dienstmädchen seine Finger wegziehen und so verhindern, dass sie im Türspalt eingeklemmt wurden. »Wo sind die Haie von Ryba, die für Sarko Baboi arbeiten?«, fragte Iris, wobei sie die ganze angeborene Arroganz ihres Standes aufwandte, um das Mädchen einzuschüchtern.
»Die Haie von Ryba?«, wiederholte die Angesprochene und presste sich mit dem Rücken an die Tür, als hätte sie es mit einem bissigen Straßenköter zu tun.
»Du weißt schon«, erwiderte Iris. »Diese vermummten Kerle mit den komischen Masken.«
Der Blick des Mädchens zuckte ängstlich umher. Sie schien genau zu wissen, dass Iris ihr Leben zerstören konnte, ohne sie auch nur anzurühren. Das war ihr Geburtsrecht, die eindrucksvolle Macht ihres adeligen Blutes. Ein Wort von ihr in das richtige Ohr konnte Menschen vernichten. Bislang hatte Iris ihren Einfluss nur selten auf diese Weise ausgenutzt, aber harte Zeiten erforderten bekanntlich harte Maßnahmen. Trotzdem war sie sehr erleichtert, als das Mädchen auch ohne weitere Drohungen zu sprechen begann.
»Die Haie sind nicht im Anwesen untergebracht«, erklärte sie.
»Und wo sind sie untergebracht?«, hakte Iris nach. Es verwunderte sie selbst, wie leicht es ihr fiel, streng und bedrohlich zu wirken. Ihre Brüder hatten sie früher immer damit aufgezogen, dass sie so lieb und harmlos aussähe. Hier kommt unsere kleine blonde Granfeja, hatten sie ihr beim Fangenspiel auf den Maulbeerbaum-Plantagen ihrer Familie nachgerufen und sie dabei mit den zarten Elfenwesen verglichen, die angeblich für das Gedeihen des Korns auf den Feldern rund um Trandafir verantwortlich waren. Anscheinend hatten sie sich grundlegend in ihrer kleinen Schwester getäuscht.
»Außerhalb der Stadt«, antwortete das Dienstmädchen mit erstickter Stimme. »Auf dem Modderhauven.« Sie wich Iris' Blick aus. »Kann ich jetzt gehen?«
Iris löste die Hand von der Tür und nickte. »Verschwinde. Aber kein Wort über unsere Unterhaltung zu deinen Herrschaften.«
Sichtlich erleichtert fuhr das Mädchen herum, öffnete die Tür und wollte soeben auf den Flur hinausstürzen, da versperrte ihr eine vermummte Gestalt mit einem schwarzen Umhang und einer mit Federn und funkelnden Edelsteinen besetzten Maske den Weg.
»Na los, hau ab«, knurrte der Maskierte, als er seinen Irrtum bemerkte und ließ das Mädchen unter seinen ausgebreiteten Armen hindurchtauchen. Leise wimmernd rannte sie den Flur hinunter.
Iris brauchte nur wenige Augenblicke, um sich ihrer neuen Situation bewusst zu werden. »Was soll das werden?«, fuhr sie den Maskierten an, ohne die Rolle des verärgerten Adelstöchterchens zu verlassen.
»Herr Baboi hat damit gerechnet, dass einer von euch im Laufe des Abends hier auftauchen würde«, antwortete der Mann, dessen Gesicht hinter der pompösen Maske nicht einmal zu erahnen war. Dazu kam, dass der lange Umhang seine Körperform verschleierte. Iris konnte nur sagen, dass er kräftig aussah und starke, dicht behaarte Hände hatte. »Allerdings hatten wir eher mit deinem Kollegen gerechnet, Schätzchen.«
»Für Sie immer noch Fräulein Dan de Lion, wenn ich bitten darf«, gab Iris reflexartig zurück.
»Und denkst du, das interessiert mich?«, konterte der Maskierte.
»Das wird es, wenn Sie meinetwegen am Galgen landen«, entgegnete Iris und deutete mit einem Kopfnicken zur Tür. »Und jetzt entschuldigen Sie mich. Ich werde im Speisesaal erwartet.«
Der Mann bewegte sich nicht vom Fleck. Ganz im Gegenteil. Er kam auf Iris zu und drängte sie dabei rückwärts in den Raum. Sie hörte, wie die Tür hinter ihm zufiel. Es klang dumpf, als hätte sich nicht nur eine Tür, sondern ein Portal zwischen zwei Welten geschlossen.
»Tut mir leid, Schätzchen, aber Herrn Babois Anweisungen waren eindeutig«, sagte der Maskierte. »Wenn du dich wehrst, darf ich dich töten.« Er ließ seinen Blick über ihren Körper wandern und schnalzte mit der Zunge. »Und ich muss sagen, du siehst aus, als würdest du dich wehren wollen.«
»Da haben Sie nicht ganz unrecht«, grollte Iris, fasste nach ihrem Dolch und bereitete sich darauf vor, ein weiteres Mal um ihr Leben kämpfen zu müssen.
»Gibt es ein Problem, Herr Baboi?«, erkundigte sich Frau Karpi. Auch die anderen Anwesenden musterten ihn und seinen vermummten Handlanger fragend.
Sarko Baboi erhob sich von seinem Stuhl, umrundete ihn und stützte sich mit beiden Händen auf die Rückenlehne. »Es tut mir leid, aber ich muss mich entschuldigen. Dringende Angelegenheiten erfordern meine sofortige Anwesenheit.«
Frau Karpis Miene verfinsterte sich. »Ist es denn wirklich so wichtig? Herr Arryba ist noch gar nicht dazu gekommen, seine Einladung auszusprechen.«
»Ich fürchte, das ist es«, erwiderte Baboi mit einem bedauernden Lächeln und wandte sich zum Gehen, als könnte er es gar nicht mehr abwarten, Iris zu sehen. Zander fiel auf, dass er die junge Übersetzerin mit keinem Wort erwähnt und es auch ansonsten tunlichst vermieden hatte, seine Herrschaften über die genauen Details der dringenden Angelegenheit zu informieren. Dieses Verhalten konnte nur bedeuten, dass er plante, Iris in aller Heimlichkeit verschwinden zu lassen. Vermutlich würde er sie verhören und ihre Leiche dann irgendwo im Meer oder auf den Schlammfeldern entsorgen. Bei diesem Gedanken wurde es Zander speiübel. Gleichzeitig wurde ihm bewusst, dass er nur eine einzige Chance hatte, um Iris das Leben zu retten.
Holz schabte über Holz, als er sich ruckartig aufrichtete und dabei seinen Stuhl zurückschob. »Warten Sie, Herr Baboi!«
Da Baboi seine Aufforderung ignorierte und stattdessen seinen Weg zur Tür fortsetzte, wandte sich Zander an Frau Karpi: »Es geht um Fräulein Dan de Lion. Ich habe sie damit beauftragt, in Ihrem Anwesen zu spionieren.«
Während Lumin Morue mit dem Ellenbogen sein Weinglas umstieß und Sardina hörbar nach Luft schnappte, verharrte Baboi auf der Stelle und stemmte die Hände in die Taille. Er wusste, dass seine Pläne vorläufig durchkreuzt waren.
»Ist das wahr?«, fragte Frau Karpi, ließ sich auf ihren Stuhl sinken und fasste nach ihrem eigenen Glas, das noch immer halb voll war. »Sie haben das Mädchen zum Spionieren angestiftet?«
»So ist es«, antwortete Zander, den Blick stur auf die alte Dame gerichtet, damit er nicht sehen musste, wie Sardina auf diese Enthüllung reagierte. Allerdings konnte er aus dem Augenwinkel erkennen, wie sich Delphine Kaviar mit einem genüsslichen Schmunzeln zurücklehnte, um die Darbietung zu genießen.
Frau Karpi nahm einen Schluck Rotwein. Ihr Blick wanderte zur Decke hinauf. Kurz sah es so aus, als würde sie ihr Getränk wieder ausspucken wollen, doch dann schluckte sie vernehmlich.
»Frau Karpi-«, begann Baboi, aber sie bedeutete ihm mit einer herrischen Geste zu schweigen.
»Das ist ja wohl unerhört«, machte Haddock seinerseits seinem Ärger Luft. »Uns ausspionieren?«
»Wie Sie vielleicht wissen, wurden erst neulich mehrere unserer Boten ermordet«, erwiderte Zander kühl. »Da ist es wohl nur recht und billig, dass wir Nachforschungen anstellen.«
»Aber dass Sie das arme Mädchen in diese Angelegenheit verwickelt haben«, hauchte Haddock und ignorierte dabei vollkommen, dass Iris weit mehr als einfach nur ein Mädchen war. Zander lag es jedoch fern, ihn zu korrigieren. Alles, was die junge Übersetzerin als harmlos und unschuldig darstellen konnte, würde ihr in dieser Situation nutzen.
Sein Blick wanderte zu Baboi, der noch immer bei der Tür stand und sich augenscheinlich nicht zu rühren wagte. Durch Zanders Offenheit blieb ihm die Chance verwehrt, seine Gefangene heimlich verschwinden zu lassen. Und ganz egal, was Iris auch angestellt hatte, Frau Karpi war schlau genug, der einzigen Tochter von Thymian Dan de Lion keinen Schaden zuzufügen. Andernfalls hätte sie mit den Konsequenzen leben müssen und die wären sicherlich vernichtend gewesen. Immerhin unterhielten die Karpis enge Handelsbeziehungen nach Trandafir.
»Sie sind wirklich skrupellos, Herr Arryba«, meinte Frau Karpi nach einigen Sekunden des angespannten Schweigens. »Aber ich rechne es Ihnen hoch an, dass Sie zunächst Nachforschungen angestellt haben, statt sofort Rache zu üben.« Sie stellte ihr Glas mit einem Klirren auf dem Tisch ab. »Ich kann Ihnen versichern, dass wir nichts mit der Ermordung Ihrer Boten zu tun haben.«
Interessanterweise glaubte ihr Zander diese Aussage sogar. Das wiederum bedeutete, dass die Aciarischen Attentäter auf eigene Faust gehandelt haben mussten. Oder unter dem alleinigen Kommando von Sarko Baboi.
»Ich will Fräulein Dan de Lion sehen«, entgegnete Zander. »Sofort.« Er wandte sich an Baboi: »Und ich hoffe für Sie, dass ihr in der Zwischenzeit kein Haar gekrümmt wurde.«
Sardina hob eine Hand an den Mund. Wenigstens hatte sie noch genug Anstand, ihr schadenfrohes Grinsen zu verbergen.
»Gut«, sagte Frau Karpi entschieden. »Herr Baboi, bringen Sie Herrn Arryba zu Fräulein Dan de Lion und dann geleiten Sie die beiden nach draußen. Ich will sie hier nicht mehr sehen. Und morgen erwarte ich eine förmliche Entschuldigung Ihrer Herrschaft. Haben Sie mich verstanden, Herr Arryba?«
Zander deutete eine dezente Verneigung an. »Natürlich, Frau Karpi.« Er wagte es jedoch noch nicht, sich ein Gefühl der Erleichterung zu erlauben. Das würde er sich erst gestatten, wenn er Iris unversehrt wiederhatte. Schnellen Schrittes folgte er Sarko Baboi auf den Flur hinaus und von dort durch das verglaste Haupttreppenhaus, das von zahllosen Kristalllüstern in ein beinahe unwirkliches Schimmern und Funkeln gehüllt wurde.
»Gut gespielt«, meinte Baboi auf dem Weg nach unten, zu den Dienstbotenunterkünften. »Aber ich werde meine Rache so oder so bekommen.«
»Für mich ist das hier alles andere als ein Spiel«, gab Zander zurück. »Wenn Iris auch nur einen Kratzer haben sollte, kann sich Frau Karpi nach einem neuen Blomlore-Übersetzer und Unterhändler umsehen.«
Baboi grinste, was seinem hageren Gesicht ein wenig mehr Fülle verlieh. »Täusche ich mich oder sind Sie unverhältnismäßig aufgebracht?«
»Für Ihre Begriffe vielleicht«, erwiderte Zander, während er immer zwei Stufen auf einmal nahm und auf diese Weise schon bald das Erdgeschoss erreichte. Dort wurden sie bereits von einem weiteren Vermummten erwartet, der sie zu den Dienstbotenunterkünften geleitete.
Einem verwirrenden Geflecht schmaler Gänge folgend, gelangten sie nach wenigen Minuten an eine schwer aussehende Metalltür. Der Vermummte nickte Baboi zu und kehrte anschließend zur letzten Kreuzung zurück, als wollte er dort Wache stehen und darauf achten, dass sich ihnen niemand näherte. In diesem Teil des Anwesens war die Einrichtung auf ein absolutes Mindestmaß reduziert. Die Wände bestanden aus grobem Naturstein, der Boden war mit einem rauen Sisal-Teppich ausgelegt. Es gab keine Möglichkeit zur Flucht.
Kaum hatte Zander diesen Gedanken im Geist ausformuliert, vollführte Baboi eine auffordernde Handbewegung. »Was ist? Wollen Sie Fräulein Dan de Lion nun sehen oder nicht?«
Zander sparte sich eine Antwort und öffnete die Tür. Der dahinterliegende Raum war klein. Eine Art Abstellkammer. Mehr nahm er nicht wahr, denn in diesem Moment streifte sein Blick Iris, die nach Luft ringend am Boden hockte. Mit einer Hand betastete sie ihre stark gerötete und von Kratzspuren übersäte Kehle. Mit der anderen Hand umklammerte sie den Dolch, den er ihr gegeben hatte. Neben ihr auf dem Boden lag ein Mann in einer schwarzen Kutte. Die Maske war ihm vom Gesicht gerutscht. Das dazugehörige Band hatte sich an seinen Ohren verfangen. Unter ihm hatte sich eine Blutlache gebildet. Der Mann zeigte keine Regung. Fast bedauerte Zander diesen Umstand, denn es verschaffte ihm erfahrungsgemäß keinerlei Befriedigung, auf einen Toten einzustechen.
»Was hat das zu bedeu-«, setzte Sarko Baboi an, doch noch bevor er seinen Ausruf zu Ende bringen konnte, rammte ihm Zander eine Faust in den Magen. Als der Unterhändler sich um seine Hand krümmte, holte Zander aus und versetzte ihm einen Schlag mit dem Ellenbogen gegen die Schläfe. Ohne einen weiteren Laut von sich zu geben, stürzte Baboi gegen die Wand und sank daran zu Boden. Eilig hob Zander den Finger an die Lippen, um Iris zu signalisieren, dass sie schweigen sollte. Als Nächstes packte er Babois Beine, zerrte ihn in die kleine Kammer und schloss die Tür hinter sich. »Was ist hier passiert?«
»Er hat mich angegriffen«, flüsterte Iris und fuhr sich mit den Fingern über den Hals, der deutliche Spuren dieses Angriffs zeigte. »Ich wusste nicht, was ich tun sollte«, ergänzte sie in einem platten, resigniert klingenden Tonfall, bevor ihr die Tränen in die Augen schossen und sie sich abwenden musste, um ihre Gefühle zu verbergen. »Jetzt haben wir ein Problem, oder?«
Zander lächelte gequält. »Iris, wir haben immer ein Problem, das gehört zu unserem Beruf.« Er stieg über den Toten hinweg und reichte ihr die Hand. »Aber jetzt müssen wir hier weg.«
Iris schluckte schwer und tastete noch einmal mit den Finger über ihren gequetschten Hals. Dann fasste sie nach Zanders Hand und ließ sich von ihm auf die Beine helfen. Trotz der Umstände ihres Wiedersehens war er unfassbar froh, dass ihr nichts Ernstes zugestoßen war. Er zog sie in eine vorsichtige Umarmung und genoss es, als sie den Kopf an seine Brust legte und ihrerseits die Arme um seine Taille schlang. »Ich wünschte, du wärst hier gewesen«, hörte er sie flüstern.
Sie klang noch ein wenig benommen, aber ihre Worte rührten ihn trotzdem. Tiefe Gefühle wallten in ihm auf und er zog sie noch fester an sich. Jedenfalls so fest, wie es ihr ausladender Rock erlaubte. »Es tut mir leid. In Zukunft werde ich versuchen, häufiger da zu sein«, versprach er und meinte es durchaus ernst. Es war unverzeihlich, dass er Iris in diese Situation gebracht und sie dazu gezwungen hatte, ein weiteres Leben zu nehmen, so wenig er diesem Leben auch nachtrauerte. »Aber jetzt lass uns gehen. Wir haben nicht viel Zeit.«
Er löste seine Umarmung und umfasste stattdessen Iris' Hand, die sich eiskalt anfühlte. Seine starken Emotionen, eine Mischung aus Mitleid, Wut und Selbsthass, mit aller Macht zurückdrängend, öffnete er die Metalltür und spähte in den Korridor hinaus. Nicht weit entfernt wartete der Vermummte, der sie an diesen Ort geführt hatte. Es gab keine Möglichkeit, ihm auszuweichen. Gleichzeitig konnten sie aber auch nicht zulassen, dass er entkam und Alarm schlug. »Gib mir deinen Dolch, Iris«, verlangte Zander.
»Was hast du vor?«, fragte sie, während sie ihm die Waffe reichte.
»Du wartest hier«, antwortete Zander ausweichend. »Und wenn dieser Kerl aus dem Weg ist, rennst du los. Zurück zum Flur. Dort liegt eine Tür, die ins Freie führt.«
Iris schüttelte den Kopf, woraufhin er sich nach ihr umdrehte, eine Hand an ihr Kinn legte und sie dazu zwang, ihn anzusehen. Ihre blassgrauen Augen waren voller Furcht und Zweifel. Er hätte einen Finger geopfert, um ihr ein wenig mehr Zuversicht verleihen zu können. »Wenn etwas schiefgehen sollte, treffen wir uns im Forelli-Anwesen wieder.«
»Nein, nein«, widersprach Iris in einem weinerlichen Tonfall. »So machen wir das nicht. Unter gar keinen Umständen. Außerdem... wenn du sagst, dass etwas schiefgehen könnte, wird auf jeden Fall etwas schief-« Um sie zum Schweigen zu bringen und weil ihnen die Zeit davonlief, aber vor allem weil er sich einfach nicht beherrschen konnte, beugte Zander sich zu Iris herab und küsste sie auf den Mund.
Im ersten Moment wirkte sie erschrocken. Ihr Kopf zuckte zurück und ihre Lippen verkrampften sich. Doch dann änderte sich ihre Haltung. Ihre Lippen wurden weicher, ihr Mund öffnete sich und sie erwiderte den Kuss auf eine drängende Weise, die sie beide nach wenigen Sekunden atemlos zurückließ. Keuchend lösten sie sich voneinander. Mit dem Daumen der Hand, die immer noch an ihrem Kinn lag, streichelte Zander ihre Wange, während er die Röte betrachtete, die der Druck seiner Lippen auf ihrem Mund hinterlassen hatte. Iris hatte die Augen halb geschlossen und blickte zu Boden, als müsste sie um ihr Gleichgewicht ringen.
Zander fühlte sich ebenfalls ein wenig benebelt. »Es wird alles gutgehen, Iris«, hauchte er. »Vertrau mir. Nur dieses eine Mal.«
Iris nickte zaghaft. »Schön, machen wir es, wie du gesagt hast.«
Zander lächelte und stupste ihr Kinn an, sodass sie widerwillig den Kopf hob und ebenfalls lächeln musste. »Wir werden das wiederholen«, sagte er.
»Ich bitte darum«, erwiderte Iris mit gespielter Strenge.
Zander betrachtete ihr Gesicht noch ein letztes Mal, dann fasste er den Dolch fester und wandte sich der Tür zu – und dem, was ihn dahinter erwartete.
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