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42. Nächtlicher Besuch

Iris wanderte durch die schattigen Reihen der Maulbeerbäume auf der Plantage ihres Vaters. Die Sonne stand hoch am Himmel und verlieh den Schatten der Bäume etwas Gezacktes, Scharfkantiges. Wie Scherenschnitte tanzten sie über die Kieswege, die sich schnurgerade durch die Landschaft zogen. Es war einer von diesen Tagen, an denen alles still stand. Kein Lüftchen regte sich. Aus der Ferne drang das Lachen spielender Kinder an ihre Ohren. Wie Geister aus der Vergangenheit mäanderten die Klänge durch die eng stehenden Baumreihen.

Nach einer Weile gelangte Iris an das Eisentor, das die Kutscheinfahrt des Dan de Lion-Anwesens begrenzte. Hoch war das Tor. Viel höher als sie es in Erinnerung hatte. Das Eisen glänzte fiebrig im gleißenden Sonnenschein. Dahinter hatte sich ihre Familie versammelt, als wollte sie für ein Gemälde posieren. Ihr Vater, Thymian Dan de Lion, dem immer etwas von einem zerstreuten Gelehrten anhaftete. Ihre Mutter, Calla Dan de Lion, schlank und schön wie eine Zaunwinde. Und zwischen ihnen Iris' geliebte Brüder Valerian, Florentin, Lavender und Ivo. Alle hellblond und strahlend, als wollten sie der Sonne Konkurrenz machen.

Doch dann verdunkelte sich der Himmel und bekam einen rötlichen Schimmer. Angst ballte sich in Iris' Herz zusammen. Sie eilte zum Tor, das sie von ihrer Familie trennte, und umfasste die glühenden Streben mit beiden Händen. Plötzlich bemerkte sie Zander, der sich wie ein Schatten an ihre Familie herangepirscht hatte. In seiner rechten Hand lag ein langes Messer und er spielte damit, als wollte er ihr demonstrieren, wie geschickt er mit der Waffe umgehen konnte. Iris schrie, aber aus ihrem Mund kam kein Ton. Ihre Familie posierte weiterhin lächelnd – auch als Zander jedem von ihnen im Vorbeigehen die Kehle aufschlitzte. 

Wahre Sturzbäche dunkelroten Blutes ergossen sich auf den Kiesweg der Einfahrt. Iris schrie und schlug mit den Händen gegen die Eisenstreben, doch es half nichts. Sie schmeckte das Salz ihrer Tränen, spürte, wie es auf ihren Wangen brannte, und dann stand sie auf einmal bis zu den Knöcheln im Meerwasser und konnte das Kreischen der Möwen vernehmen.

Iris fühlte keine Überraschung. Sie drehte sich einfach um und kletterte die Felsen hinauf, die sich vor ihr auftürmten. Über ihr erhob sich ein massiver Turm mit einer leuchtenden Spitze. In der Ferne waren dunkle Wolken zu erahnen, die Ausläufer eines heftigen Sturms. Der Untergrund war uneben und glitschig, aber sie kletterte unablässig weiter. Auf den Steinen links und rechts ihres Wegs hockten leichenblasse Kinder mit Seetang im Haar und klaffenden Löchern, wo ihre Herzen gewesen sein mussten. Möwen saßen auf ihren Schultern und pickten blutige Fleischstücke aus ihren Wunden. Die Kinder schienen es jedoch kaum zu bemerken. Geistesabwesend beobachteten sie Iris bei ihrem Aufstieg.

Iris kletterte immer weiter und weiter, doch der Turm schien nicht näher zu kommen. Als sie schon daran dachte, aufzugeben, vernahm sie plötzlich ein Geräusch hinter sich und wandte den Kopf. Etwas Glänzendes war aus dem Meer geglitten und hatte ihre Verfolgung aufgenommen. Ein stummer Schrei entwich ihrer Kehle und wurde von den Möwen aufgenommen, die daraufhin in hektisches Geschnatter ausbrachen. Angestachelt vom Kreischen der Vögel beschleunigte ihr Verfolger seine Bewegungen. Wie eine Mischung aus Fisch und Schlange glitt er über die Felsen. Grünliche Schuppen reflektierten den blassen Mondschein.

Panisch tastete Iris sich weiter vorwärts, doch der nasse Untergrund ließ sie immer wieder abrutschen und ausgleiten. Ihre Hände, Arme und Knie schmerzten von den Blessuren, die sie sich bei ihren wilden Fluchtversuchen zuzog. Dennoch hatte sie keine echte Chance, der Kreatur zu entkommen. Schon spürte sie eine kalte Hand an ihrem Fußknöchel. Sie verlor den Halt, glitt ab und landete rücklings auf einem flachen Felsen. 

Die Kreatur beugte sich über sie. Es war der Nöck mit dem monströsen Riesenpenis vom Wandbild in der Rosigen Auster, aber sein Gesicht war das von Kaspar Dan de Lignas.

Iris strampelte und wehrte sich nach Kräften, doch ihre Bemühungen waren vollkommen umsonst. Der Nöck drückte sie mit seinem Gewicht zu Boden. Sie spürte sein Geschlechtsteil erst an ihren Knien, dann an ihren Oberschenkeln. Es wanderte über ihre empfindliche Haut und schien sich dabei zu winden wie ein riesiger Aal. Kalt. Glitschig. Übelkeit erregend. Gerade als Iris schon glaubte, sie könnte es an ihren zarten Falten spüren, verschwanden der Nöck, die Felsen und der Ozean plötzlich. Nur das ekelhafte Gefühl von Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen blieb.

Und dann hörte sie eine Stimme, die aus dem Nichts zu kommen schien. Es war eine Stimme, die sich schon vor Jahren in ihren Gehörgang gebrannt hatte wie ein heißes Eisen. Die Stimme des rothaarigen Wilden. Zuerst waren seine Worte nur unverständliches Gebrabbel, doch nach wenigen Sekunden wurden sie deutlicher: Waldmädchen, ich weiß, dass du mich hören kannst, sagte er in reinem Blomlore. Ich sehe das alte Blut in dir, Waldmächen. Du kannst dich nicht vor mir verstecken. Wir reisen in Myrkurs Reich und ganz Materra wird uns folgen.

An diesem Punkt schlug Iris die Augen auf. Das schien den Albtraum jedoch nur noch zu intensivieren, denn direkt über ihr hockte ein schattenhaftes Monster und blickte sie aus rotglühenden Augen an. Die knochigen Arme der Kreatur waren mit ledernen Flughäuten bespannt und endeten in scharfen, sichelförmigen Klauen, die das Ungeheuer in die Pfosten ihres Betts geschlagen hatte, um seinen Stand zu stabilisieren. Das Gesicht der Kreatur ähnelte dem eines Menschen, den man tagelang in Lava gekocht und anschließend die Haut abgeschält hatte. Tiefe Wunden und wulstige Geschwüre überzogen den Körper des Monsters. Und als sei das noch nicht genug, ragten auch noch zwei geschwungene Hörner aus seinem Schädel.

Iris wusste sofort, dass sie es mit dem Schattenwesen zu tun hatte, das neulich Cyan überfallen hatte. Sie tat das einzige, das ihr in diesem Moment in den Sinn kam, und schrie so laut sie konnte. Anders als in ihrem Traum gellte ihre Stimme hoch und schrill durch das dunkle Zimmer. 

Die Kreatur riss ihr Maul auf, stimmte in ihr Kreischen mit ein und schlug dann so heftig mit den Flügeln, dass eine nach Schwefel stinkende Böe durch den Raum fuhr, an den Gardinen und Schränken rüttelte und den Betthimmel abriss. Iris rollte zur Seite, um der herabstürzenden Konstruktion auszuweichen und wurde dabei bis zur Taille von einer schweren Stoffbahn begraben.

Im nächsten Moment wurde eine geheime Tür in der Seitenwand ihres Zimmers aufgerissen. Ein Schuss gellte durch den Raum. Die Kreatur kreischte noch lauter und schlug ein weiteres Mal mit den Flügeln, was einen brausenden Sturm zur Folge hatte, der die ganze Einrichtung durcheinander zu wirbeln schien. 

Iris kniff die Augen fest zusammen und versuchte, ihren Kopf mit den Händen vor den umherfliegenden Trümmern und Kleinteilen zu schützen. Sie spürte, wie sie an den Armen gepackt und vom Bett gezogen wurde. 

Ein zweiter Schuss donnerte durch das Zimmer. Glas splitterte. Das Monster kreischte. Etwas polterte zu Boden. 

»Salmon!«, hörte sie Tuna rufen und riss instinktiv die Augen auf – gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie das wütende Schattenwesen von gleißenden Blitzen eingehüllt wurde. Das Licht war so grell, dass sie sich abwenden musste, um ihre Augen zu schützen. 

Irgendjemand beugte sich über sie, hob sie auf die Arme und trug sie zu dem Geheimgang, der ihr Zimmer mit den angrenzenden Räumen verband. Erst als das Licht verblasste, der Geruch schwächer wurde und die Geräusche hinter ihnen verklangen, wagte es Iris, die Augen wieder zu öffnen.

»Keine Sorge«, meinte Zander, während er sie im Nachbarzimmer vorsichtig auf einen Sessel sinken ließ. »Es ist alles unter Kontrolle.«

»Ach ja?«, erwiderte Iris. Sie zitterte so heftig, dass ihre Zähne schmerzhaft aufeinander schlugen. Trotzdem musste sie die Frage einfach stellen: »Hast du es gesehen?«

Zander eilte zu den Fenstern, um sich zu vergewissern, dass die Fensterläden verriegelt waren. Er trug nicht mehr als ein weites Hemd und einfache Beinkleider. Vermutlich hatte er geschlafen, als das Monster bei Iris aufgetaucht war. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass sie zumindest vorläufig in Sicherheit waren, kehrte er zu ihr zurück und drehte die Gaslampe neben der Tür auf. »Ich habe es gesehen.«

Iris spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. »Was war das?«

»Keine Ahnung«, antwortete Zander und ging vor ihr in die Hocke. »Bist du verletzt?«

»Nein. Ich denke nicht«, antwortete Iris, dann fiel ihr Blick auf das Blut, das ihr Nachthemd auf Höhe der Scham besudelt hatte. Sofort spürte sie wieder die glitschige Kälte des Nöck zwischen ihren Beinen. Für einen kurzen Moment kehrte die Panik zurück und wand sich wie ein Strick um ihre Kehle, doch dann wurde ihr bewusst, dass es sich bei dem Blut um ihre monatliche Blutung handeln musste, die viel zu früh eingesetzt hatte. »Das ist nichts«, stammelte sie beschämt und legte die Hände über den Fleck.

Zander ging zu einem der Schränke, nahm einen Morgenmantel vom Haken und legte ihn Iris um die Schultern, sodass sie ihr Missgeschick verbergen konnte. Obwohl er kein Wort sagte, spendete ihr die fürsorgliche Geste genau den Trost, den sie in diesem Moment am meisten benötigte. 

Leider hielt dieser vertraute Augenblick nur kurz an, denn schon wenige Sekunden später stolperten Tuna und Salmon durch den Geheimgang. Beide waren komplett angekleidet, als hätten sie in dieser Nacht noch kein Bett aus der Nähe gesehen.

»Es ist uns entwischt«, keuchte Salmon und hustete in seine hohle Faust. »Bei den Göttern, dieser widerliche Gestank.«

Tuna bedachte ihn mit einem herablassenden Blick. »Cyan hat es vertrieben. Es ist weggeflogen, aufs Meer hinaus.«

»Wie genau habt ihr es sehen können?«, fragte Zander.

»Ziemlich genau«, erwiderte Tuna und präsentierte ihm ihren Säbel, von dessen Klingenspitze eine zähe, schwarze Flüssigkeit tropfte.

Salmon nickte zustimmend. »Wieso? Planst du eine Gegenüberstellung?«

»So etwas in der Art«, antwortete Zander nachdenklich. »Ich meine, kam euch diese Kreatur nicht irgendwie bekannt vor?«

Tuna und Salmon tauschten Blicke. »Nein, nicht direkt«, antwortete Salmon schließlich.

Zander wandte sich an Iris: »Hast du eine Idee, wo wir so ein Monster schon einmal gesehen haben könnten?«

Iris zog den Mantel, den er ihr gegeben hatte, enger um sich. Im Geist ging sie noch einmal die Ereignisse der vergangenen Tage durch. Ihre Ankunft in Myr Ryba, Butts Überfall, ihre Entführung durch Pike und Hauki, ihr erstes Treffen mit Zander, ihr Sturz in den See, der Anschlag auf Rogner Forelli, das Holloch, der Kampf mit den Haien von Ryba und ihre Begegnung mit Gwydion Dan de Potas in der Magier-Gilde. Als sie dort angelangte, durchfuhr es sie wie ein Fallbeil. »Oh nein!« Sie rutschte auf dem Sessel herum. »Diese Monster auf den Lysographien.«

Zander raufte sich mit einer Hand die Haare. »Du hast recht.«

»Myrkuren«, kam es von der Tür. Alle Köpfe wandten sich Cyan zu, der sich dort im Nachthemd und mit einem Magier-Stock in der Hand aufgebaut hatte. »So nennen wir sie.«

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