
34. Brennender Himmel
Jeseter und seine Handwerkerkollegen trugen noch die blauen Jacken ihrer Gilde. Vermutlich waren sie direkt von ihrer Arbeit auf den Baustellen der Stadt in den Goldenen Hummer gekommen, um sich zu betrinken - und um sich die Fischer vorzuknöpfen. Wenn es stimmte, was Zander vermutete, hatten die beiden Parteien seit der Nacht von Iris' Ankunft noch eine Rechnung miteinander zu begleichen. Alle Zeichen standen auf Revanche.
Tuna gab ein leises Stöhnen von sich. »Ich weiß nicht, wie's dir geht, aber ich denke, das wird jetzt gleich ziemlich ungemütlich.«
»Umso besser«, flüsterte Zander zurück. »Sollen sie sich gegenseitig weichklopfen und dann nehmen wir sie uns vor.«
Tuna drehte den Kopf und hob das Kinn, um ihn ansehen zu können. Ihre Augen, dunkelblau wie die Tiefsee, schienen ihn auszulachen. Offenbar glaubte sie nicht daran, dass dieser geniale Plan reibungslos funktionieren würde. Und Zander musste ihr Recht geben. Was er soeben geäußert hatte, war eine reine Wunschvorstellung gewesen.
Während sie einander anblickten, musste sich Jeseter in der Kneipe umgesehen und sie entdeckt haben. Jedenfalls dauerte es nicht lange, bis er einen seiner Kumpanen mit dem Ellenbogen anstieß und in ihre Richtung deutete. Im Gegensatz zu Jeseter, der eher klein und breitschultrig gebaut war, handelte es sich bei diesem Handwerker um einen Bären von einem Mann. Er war so groß, dass er im Innern der Kneipe kaum aufrecht stehen konnte und seine Oberarme hatten etwa den Umfang von Tunas Taille.
»Du weißt ja noch, dass du gesagt hast, ich solle die schweren Arbeiten dir überlassen«, raunte Zander.
Tuna kräuselte die Lippen. »Ja, ich erinnere mich.« Sie lehnte sich noch weiter zurück und legte die Füße auf den Tisch. »Und ich bleibe dabei. Deine Schulter muss sich auskurieren, sonst bleibst du noch auf ewig ein Krüppel.«
»Ich bin kein-«, setzte Zander an, aber Jeseter, der sich bereits auf dem Weg zu ihnen befand, schnitt ihm das Wort ab.
»Na, sieh mal einer an«, tönte er, während er sich grob einen Weg durch die Menge bahnte. »Die Schmarotzer-Fische der Forellis!« Er sah sich demonstrativ um. »Wo ist denn das blubbernde Weibsbild geblieben?«
»Wieso?«, fragte Tuna bissig. »Willst du nochmal versuchen, sie mit deiner Seegurke zu beeindrucken?«
Jeseter stützte sich mit beiden Händen auf den fleckigen, von unschönen Bier- und Fetträndern gezierten Tisch. »Sie hat einen Freund von mir ermordet.«
»Sieht aus, als hättest du schon Ersatz gefunden«, meinte Zander mit Blick auf den Bären, der hinter Jeseter Aufstellung bezog. Tatsächlich sah er Butt gar nicht so unähnlich. Da in Myr Ryba kein Mangel an brutalen Rüpeln herrschte, war es Jeseter sicher nicht schwer gefallen, seinen widerlichen Kompagnon zu ersetzen. »Außerdem erzählt das blubbernde Weibsbild die Geschichte etwas anders«, fuhr Zander fort. »In ihrer Version ist dein geschätzter Freund über sie hergefallen, was - meiner bescheidenen Ansicht nach - mehr als genug Grund ist, ihn abzustechen.« Er deutete auf sich und Tuna. »Und wenn sie es nicht getan hätte, hätten wir es wohl tun müssen. Schließlich können wir wohl kaum zulassen, dass sich ein Widerling wie Butt an unserer neuen Übersetzerin vergreift.«
Tuna nickte zustimmend. »Du kennst die Spielregeln, Jeseter.«
»Die Spielregeln«, wiederholte Jeseter und rieb sich die Narbe am Kinn, zu der sich ein jüngerer Schnitt an der Wange gesellt hatte. Die Wunde war noch nicht ausgeheilt, konnte also kaum älter als ein paar Tage sein. »Oh ja, die kenne ich. Aber das hier ist nicht euer Spielfeld, sondern das unsere. Also verpisst euch!« Er blickte zu den Fischern, die den Ernst der Lage nicht zu realisieren schienen und ihm kollektiv zuprosteten. »Wir haben hier noch etwas zu erledigen.«
»Und wir haben noch ein paar Fragen«, erwiderte Zander. »Also nein, wir werden uns nicht verpissen.« Er vollführte eine einladende Geste und ignorierte den Schmerz, der dabei durch seine Schulter zuckte. »Aber bringt ruhig zuerst die Angelegenheit zu Ende, wegen der ihr gekommen seid. Wir sprechen dann im Anschluss.«
»Ich werde mich sicher nicht von den Bücklingen der Forellis verhören lassen«, zischte Jeseter. »Dazu müsstet ihr mich schon zwingen.«
»Ich hab's ja geahnt«, seufzte Zander, ohne echte Überraschung. Dass die Handwerker ein streitbares Grüppchen waren, wusste in Ryba schließlich jedes Kind. »Tuna, würdest du?«, fragte er liebenswürdig.
»Nur zu gern«, erwiderte Tuna im gleichen Tonfall, dann stemmte sie einen Stiefel so fest gegen die Tischkante, dass die gegenüberliegende Seite Jeseter in die Leistengegend traf. Er kippte vornüber und fing sich mit den Händen an der Tischplatte ab. Ein tiefes, unartikuliertes Grollen entwich seiner Kehle. Nach kurzem Zögern packte er die Kante und stieß den Tisch um. Während Zander seine Beine und sein Bierglas in Sicherheit brachte, sprang Tuna unter lautem Gejohle der Fischer auf die Sitzbank. Der Bär schob Jeseter zur Seite und baute sich vor Tuna auf. In diesem Moment waren sie beinahe gleich groß. Der Musikant nutzte die Gunst des Augenblicks und stimmte ein flottes Lied an. Zwei Takte lang fixierten Tuna und der Bär sich gegenseitig wie wilde Tiere, dann gingen sie aufeinander los.
Die ausgestreckten Hände des Bären fassten ins Leere, denn Tuna stieß sich mit einem Fuß an der Tischkante ab und sprang auf seine Schultern. Wie beim Straßenkampf schlang sie die Beine um seinen Hals und schlug mit den Fäusten auf seinen Kopf ein. Ihr Gegner machte ein paar schnelle Drehbewegungen, um sie abzuwerfen, aber Tuna blieb hartnäckig. Als sie die Finger in sein Gesicht krallte, stieß er einen Schrei aus und warf sich rücklings gegen den Tresen. Vom Schwung dieser Bewegung getrieben, verlor Tuna den Halt und landete auf dem Ladentisch. Dabei stieß sie mehrere Gläser und ein dekoratives Fass zu Boden. Das resultierende Klirren und Scheppern harmonierte gut mit der schnellen Musik. Der Bär holte aus und Tuna rollte zur Seite, um seinen Fäusten zu entgehen. Während ihr Gegner den Tresen demolierte, rutschte sie vom Tisch und verschwand aus Zanders Sichtfeld. Fugu, der Wirt, konnte dem Geschehen nur tatenlos zusehen.
In der Zwischenzeit machten sich die Handwerker bereit, ihrem Kumpanen zu Hilfe zu kommen. Sie hatten jedoch die Rechnung ohne die Fischer gemacht, die sich keine Kneipenschlägerei entgehen ließen. Sie sprangen aus ihrer Sitzecke, als hätte Fugu spontan beschlossen, sein Bier zu verschenken. Der Alkohol verlieh ihnen offenbar den dafür nötigen Mut. Sie warfen sich gegen die Handwerker und nutzten dabei alle ihnen zur Verfügung stehenden Waffen - von mitgebrachten Messern und Haken bis zum Mobiliar des Goldenen Hummers.
Gleichzeitig bewarf Tuna den Bären mit Gläsern und Tassen. Ihr Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass sie ganz in ihrem Element war und sich königlich amüsierte. Ein beinahe väterlicher Stolz erfüllte Zander, auch wenn er es nicht gewesen war, der Tuna das Kämpfen beigebracht hatte. Das hatte die Straße vollbracht. Die Straße und Kit Herring, der ehemalige Kommandant der Gendarmerie. So wie Zander die Geschichte kannte, hatte er Tuna als Kind von der Straße aufgegriffen und bei sich aufgenommen. Von ihm hatte sie auch den Umgang mit Hiebwaffen gelernt. Den Säbel benutzte sie in Schlägereien jedoch nur selten. Vermutlich aus Ehrgefühl. Auch das eine Eigenschaft, die sie von ihrem Ziehvater übernommen haben musste.
Einer der Handwerker stolperte mit rudernden Armen gegen den Tisch, der wie eine Barriere vor Zander aufragte. Der Fischer, der ihn geschubst hatte, setzte ihm nach, doch seine wilden Fausthiebe verfehlten den Mann. Einmal. Zweimal. Dreimal. Dann schien es dem Handwerker zu reichen. Er duckte sich, packte seinen Angreifer an der Taille und brachte ihn ohne große Mühe zu Fall. Sein Opfer krallte sich jedoch noch im Sturz an ihm fest. So gingen beide Männer zu Boden, wo sie hin und her rollten und versuchten, einander den Schädel einzuschlagen.
Inzwischen hatte der Kampf jede Menge begeisterte Zuschauer gefunden. Die Prostituierte klatschte zum schnellen Takt der Musik in die Hände und versetzte einem nach Atem schnappenden Fischer einen Tritt, der ihn zurück ins Kampfgeschehen beförderte.
Tuna war derweil auf den Tresen geklettert und führte einen kleinen Tanz auf, um den Händen zu entgehen, die nach ihr schnappten. Als der Bär seine Pranken ausstreckte, tänzelte sie beiseite, stieß sich ab und bekam einen der Deckenbalken zu fassen. Kraftvoll zog sie sich daran in die Höhe und rammte dem Bären die Absätze ihrer Stiefel ins Gesicht. Schwer getroffen taumelte er rückwärts in eine Gruppe Matrosen, die sich daraufhin genötigt fühlten, sich an der Prügelei zu beteiligen.
Zander überlegte gerade, wie er den schimpfenden Fugu dazu bewegen konnte, ihm ein neues Bier zu bringen, da bemerkte er Jeseter, der sich zum Hinterausgang hinausstahl. »Pesk«, zischte er, sprang auf und formte mit seinen Händen einen Trichter. »Tuna!«
Tunas Kopf ruckte herum, während sie wie ein Pendel in der Luft schwang. Als sie ihn entdeckte, deutete Zander zum Hinterausgang. Er wartete nicht auf eine Reaktion, weil er genau wusste, dass er sich auf seine Leibwächterin verlassen konnte, sondern setzte über die Bank hinweg und rannte zur Hintertür.
Die starre Nachtluft traf ihn wie eine kalte Wand. Zander stemmte sich gegen den eisigen Widerstand, stolperte die Stufen hinauf und folgte dem Geräusch von Jeseters Schritten in den Nebel hinein. Als hätten sie ihn bereits erwartet, teilten sich die glitschigen Schwaden und umfingen ihn wie ein feuchter Vorhang. Zum Glück fiel es Zander nicht schwer, sich auch unter diesen Bedingungen zu orientieren. Er hastete durch mehrere enge Gassen, schwang sich über eine Mauer und rannte an einem der Kanäle entlang, vorbei an den leeren Ständen des großen Fischmarkts, mitten hinein ins Sudkyste-Viertel. Seine Schulter pochte schmerzhaft, aber er schenkte dieser Warnung keine Beachtung.
Einige Minuten lang folgte er Jeseter kreuz und quer durch Niederdamm, dann wirkte es, als hätte sich der Handwerker auf eine Richtung festgelegt. Es ging nach Osten. Wäre der Nebel nicht so dicht gewesen, hätte man dort die Schlote der Forelli-Fischfabrik in den Himmel ragen sehen können.
Zander wurde klar, dass er diese Verfolgungsjagd beenden musste, bevor Jeseter den Stadtrand erreichte und im dichten Gestrüpp des Waldes, der den südlichen Arm Myr Rybas überwucherte, untertauchte. Er beschleunigte seine Schritte, sprang auf einen Bretterverschlag und kletterte von dort auf ein niedriges Dach, das nach traditioneller Bauart mit Seetang gedeckt war. Auf dem glitschigen Untergrund kam er erst langsam, dann sehr schnell voran. Mit beiden Händen fing er sich an den Pfeilern einer Holzkonstruktion ab, die sich über einen glitzernden Kanal zum nächsten Haus spannte.
Im Schatten des flach gewölbten Holzbogens hielt er den Atem an und lauschte in den Nebel, der sich wie ein milchiger Fluss durch die schmalen Straßen wälzte. Das Licht der hellroten Lampions, die in dieser Gegend die Hauseingänge schmückten, war bei Weitem nicht stark genug, um den Dunst zu durchdringen. Er spürte das heiße Fieber der Jagd, so wie früher, wenn er Mitglieder verfeindeter Straßenbanden verfolgt oder vor der Stadtwache davongerannt war. Manchmal fragte er sich, wie er überhaupt ohne dieses Gefühl leben konnte, so süß klang das Pochen seines eigenen Herzens in seinen Ohren.
Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Jeseters Schritte wieder zu hören waren. Etwa auf Höhe des Bogens wurden sie langsamer. Entweder glaubte Jeseter, er hätte seinen Verfolger abgehängt oder er war misstrauisch geworden. Was es auch war, es half ihm nicht weiter.
Zander ließ sich von der Dachkante fallen und riss ihn mit sich zu Boden. Sie rollten über das unebene Straßenpflaster bis zum Rand des Kanals. Jeseter gewann die Oberhand, packte Zanders Mantelkragen und schüttelte ihn so heftig, dass er mit dem Hinterkopf auf die Steine schlug. Dann legte er die Hände um Zanders Kehle und drückte zu. Als Reaktion darauf rammte ihm Zander die Handfläche gegen das Kinn, sodass sein Hals ruckartig überstreckt wurde. Jeseters Griff lockerte sich und es gelang Zander, ihn abzuwerfen. Seine Schulter fühlte sich an, als wäre sie aus Glas und wollte zerspringen, aber das Adrenalin dämpfte den schlimmsten Schmerz. Er rollte Jeseter auf den Bauch und verdrehte ihm den Arm bis sein Gegner einen gedämpften Laut von sich gab. Schnelle Schritte kündigten Tuna an, die endlich zu ihnen aufgeholt hatte.
»Wo ist eigentlich Salmon?«, knurrte Zander, während er Jeseter zu bändigen versuchte.
Tuna eilte zu ihm und packte Jeseter an Arm und Nacken. Nachdem Zander sich aufgerappelt hatte und wieder auf den Beinen war, zerrte sie Jeseter grob in die Höhe und presste ihn gegen die nächstgelegene Hauswand.
»Keine Ahnung«, antwortete sie, ignorierte Jeseters wüste Beschimpfungen und begann, ihn mit einer Hand nach Waffen abzusuchen. »Es sieht ihm gar nicht ähnlich, uns so im Stich zu lassen.«
Zander rieb sich den Hinterkopf und schüttelte die Arme aus, dann lehnte er sich neben Jeseter gegen die Hauswand. »Also, Jeseter... wieso bist du abgehauen?«
Jeseter wandte den Kopf und wollte ihn wohl anspucken, aber das hatte Tuna vorausgesehen. Schnell krallte sie eine Hand in sein schütteres Haar und rammte seine Stirn gegen die Mauer.
»Und nochmal«, seufzte Zander. »Wieso bist du abgehauen, wo die Schlägerei doch gerade so spannend war?« Er lächelte schief. »Du hast doch nicht etwa etwas zu verbergen?«
»Wieso sollte ich?«, zischte Jeseter, versucht erneut, sich zu befreien und scheiterte an Tunas fachmännischem Griff. »Was wollt ihr denn hören, ihr Bücklinge?!«
»Ich weiß nicht«, meinte Zander. »Etwas über die toten Kinder vielleicht...?«
Jeseter gluckste leise. »Damit hab ich nichts zu tun. Ich würde doch nie Kinder anrühren. Außerdem weiß jeder noch so dumme Stockfisch, dass der Geist von Ryba hinter den Morden steckt.«
Was den ersten Teil seiner Antwort anging, musste Zander ihm Recht geben. Butt, Jeseter und ihre Kumpanen waren rücksichtslose Schläger und möglicherweise Vergewaltiger, aber keine Kindermörder. Erst recht keine Kindermörder, die ihren Opfern die Herzen aus dem Leib schnitten und sie danach im Meer versenkten.
»Was ist es dann?«, wollte er wissen und betrachtete Jeseters Gesicht eingehend, um sich kein noch so kleines Signal entgehen zu lassen. »Weißt du irgendetwas über einen Großmagier, der neu in die Stadt gekommen ist? Oder über andere Fremde, die sich in der Stadt herumtreiben?«
»Hat das was mit dem Anschlag auf Rogner Forelli zu tun?«, ächzte Jeseter, dem Tunas fester Griff zunehmend Schmerzen bereiten musste.
»Was weißt du darüber?«, fragte Zander, bemüht, seinen Tonfall neutral zu halten.
»Nichts. Nur Gerüchte. Angeblich soll ein Anschlag auf die Forellis verübt worden sein.« Jeseter grinste gehässig. »Stimmt es denn? Lebt der alte Forelli noch?«
Tuna schüttelte ihn. »Natürlich, du Dorsch! Herrn Forelli geht es prächtig.«
»Oh, Jeseter«, säuselte Zander. »Du weißt mehr, als du zugibst.« Er lächelte bedauernd. »Und du weißt, was ich mit dir machen werde, wenn du nicht redest.«
Jeseters Grinsen verblasste. Natürlich wusste er, was mit ihm geschehen würde, wenn er nicht kooperierte. Sein unsteter Blick verriet die dumpfe Verzweiflung, mit der er nach einem Ausweg suchte, und wenig später die Resignation, als ihm klar wurde, dass es keinen Ausweg gab. »Na schön«, murrte er. »Gestern waren zwei seltsame Männer bei der Gilde und haben Fragen gestellt.«
»Was für Fragen?«, wollte Zander wissen.
»Sie haben diejenigen von uns gesucht, die derzeit bei den Forellis arbeiten«, antwortete Jeseter. »Ich denke, sie wollten wissen, was bei den Forellis passiert ist. Details über den Anschlag.«
»Hat irgendwer mit ihnen gesprochen?«
»Nicht als ich dabei war«, brummte Jeseter und warf ihm einen finsteren Seitenblick zu. »Ihr wisst doch, dass die Forellis für Stillschweigen gut bezahlen. Das will sich niemand kaputtmachen.«
Das wusste Zander in der Tat. Immerhin war er es, der die Löhne der Handwerker berechnete. »Und was waren das für seltsame Männer?«
Jeseter wandte sich ab und lehnte die Stirn gegen die Mauer. »Keine Ahnung. Ich dachte, sie würden zu den Karpis gehören.«
Zander und Tuna tauschten Blicke. »Wieso dachtest du das?«
»Weil sie maskiert waren, genau wie diese Haie von Ryba, die seit Neustem für die Karpis - oder besser: für diesen Sarko Baboi - arbeiten.«
»Sarko Baboi«, hauchte Tuna.
Zander nickte. Was Jeseter gesagt hatte, ergab durchaus Sinn. Die Karpis hatten ein Motiv, den Forellis zu schaden. Aber hatten sie auch die Mittel, um einen Großmagier zu bezahlen? Möglicherweise. Trotzdem hatte Zander ein ungutes Gefühl bei der Sache. Letztendlich konnte sich jeder einen schwarzen Umhang und eine Maske besorgen und aufdringliche Fragen stellen.
»Kann ich jetzt gehen?«, grollte Jeseter.
Tuna warf Zander einen fragenden Blick zu, den er gerade mit einem Nicken beantworten wollte, als eine unheimliche Veränderung mit ihrer Umgebung vorging. Hellrotes Licht flutete die Gassen der Stadt und drängte den Nebel zurück. Der unheilvolle Lichtschein beleuchtete die Wolkendecke von unten und ließ es so aussehen, als würde der Himmel über ihnen in Flammen stehen.
»Was ist das?«, fragte Tuna, ließ Jeseter los und machte einen Schritt zurück, um besser sehen zu können.
»Keine Ahnung«, antwortete Zander.
»Feuer?«, murmelte Jeseter.
Kurz darauf stellte sich heraus, dass Jeseter recht hatte. Ein Feuer war der Grund für das bedrückende Lichterspiel am Himmel. Doch kein gewöhnliches Feuer. Es war das Ewige Feuer der Magier-Gilde, das nicht weit entfernt völlig enthemmt und geradezu tosend in den Himmel loderte. Höher und höher hinauf. Bis die Flammen an den Wolken zu lecken und das Firmament in Brand zu stecken schienen. Ein derartiges Schauspiel hatte Zander noch nie erlebt - und auch wenn er nicht genau wusste, wofür die Farben des Ewigen Feuers standen, war er sich sehr sicher, dass diese Nuance Gefahr bedeutete.
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