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20. Weiblicher Rat

Nachdem sie sich im Gasthaus Zur wartenden Nixe erfolglos umgesehen und anschließend veranlasst hatten, dass Angestellte der Forelli-Familie vorbeikommen und Iris' Gepäck zum Anwesen bringen würden, wanderten Zander und Iris in südliche Richtung, von Niederdamm zur Sudkyste. Während sie schweigend nebeneinanderher gingen, versank die Stadt um sie herum in einer wunderschönen, rotgoldenen Abenddämmerung. 

Nach einer Weile brachen vereinzelte Sterne durch die Himmelsglut und Iris musste daran denken, dass ihr Vater früher behauptet hatte, Sterne seien nichts anderes als die kreisrunden Kokons der großen Himmelsmotte Tinea, die über Trandafir wachte und zarte Seidenfäden zwischen den Seelen von Menschen, die einander ehrlich liebten, spann. Aus diesem Grund wäre niemand, der liebte oder geliebt wurde, jemals wirklich allein. Als Kind hatte Iris ihrem Vater nur zu gern geglaubt und auch als Erwachsene fühlte sie noch manchmal die feinen Fäden, die an ihrem Herzen zupften und sie immer wieder zurück nach Hause lockten, zu den Menschen, die ihr am allermeisten bedeuteten.

»Ich wusste gar nicht, dass Sie Fisklore sprechen, Fräulein Dan de Lion«, meinte Zander, als sie an eine Brücke gelangten, die sich über einen breiten, schnurgeraden Kanal spannte. Während die Gassen der Stadt um diese Uhrzeit weitgehend verlassen waren, herrschte auf den Wasserstraßen von Myr Ryba noch emsiger Betrieb: Fabrikangestellte und Dienstmägde, die von ihrer Arbeit zurückkehrten, müde Händler auf dem Weg zum Nordentor, adrett gekleidete Jugendliche, die sich zweifellos für ein amüsantes gesellschaftliches Ereignis zurechtgemacht hatten. Sie alle glitten in kleinen Barken über das ruhige Gewässer. Das Kichern und Herumalbern der Halbstarken hallte von den Wänden des Kanals und dem steinernen Schlund der Brücke wider.

»Das tue ich auch nur begrenzt«, antwortete Iris. Nach kurzem Zögern ergänzte sie: »Ich denke, Tuna hat recht.« Sie hatte ziemlich lange über Tunas Worte nachgedacht, bevor sie zu dieser Erkenntnis gekommen war – oder zumindest länger, als sie für gewöhnlich über Dinge nachgrübelte, die man ihr an den Kopf warf. »Du solltest mich einfach Iris nennen.« 

Sie lehnte sich über das eiserne Brückengeländer und ließ ihren Blick schweifen. Sofort wurde ihre Seele vom Schein der Laternen verzaubert, die an Bug und Heck der hölzernen Barken festgemacht waren und den Kanal in einen Sternen-Fluss zu verwandeln schienen. Die dunklen Fluten reflektierten den Lichtschein, sodass man glauben konnte, friedliebende Wassergeister hätten auch unterhalb der Wasseroberfläche Laternen entzündet. Der Anblick hatte etwas Magisches, so wie Trandafir im Frühling oder Myr Paluda, wenn Stürme um den Hang des Winterbergs brausten und die Ewigen Feuer auf den schneebedeckten Dächern des Glaspalastes anfachten, sodass sie hellgrüne Auroras an den Himmel malten. So hatte wohl jede Stadt ihren ganz eigenen Zauber. 

»Ich will keine Sonderbehandlung«, fügte Iris hinzu.

Zander trat neben sie und stützte sich mit den Unterarmen auf das schmale Geländer. »In Ordnung. Wenn du willst, fangen wir nochmal von vorne an.«

Iris seufzte erleichtert. »Das wäre mir sehr recht.« 

Obwohl sie noch immer nicht begeistert von der Art und Weise war, wie Zander sie während seines Verhörs behandelt hatte, glaubte sie, ihn nach Tunas Ausbruch besser verstehen zu können. Wenn er als Straßenkind von den Forellis aufgenommen worden war, verdankte er Rogner Forelli vermutlich sein Leben. Es war also nicht verwunderlich, dass er alles dafür tat, den Schuldigen zu finden – und das wollte Iris auch. Schon allein, um ihren guten Namen reinzuwaschen. Verstohlen ließ sie ihren Blick über Zanders Profil wandern. Irgendwie hatte sie ja schon damit gerechnet, dass er auf der Straße aufgewachsen war. Er hatte einfach nicht den richtigen Stallgeruch, um sich problemlos mit der gesellschaftlichen Elite zu mischen. Seltsamerweise war das eine zutiefst frustrierende Erkenntnis, denn sie bedeutete, dass es keinen Weg gab, das Leben zu ändern, in das man hineingeboren wurde. Man konnte zwar so tun, als wäre man jemand anders, aber letztendlich konnte man der Wahrheit nicht entrinnen. 

»Wieso bist du auf der Straße aufgewachsen?«, fragte Iris leise. »Haben dich deine Eltern auch nach Myr Ryba geschickt, um dich vor dem Krieg zu schützen?«

Zanders Schultern hoben und senkten sich. »Nein. Ich bin in Ryba geboren.« Er schwieg einen Moment und sagte dann leise: »Mein Vater war Kapitän eines kleinen Schiffs, der Heliodor. Mit ihr ist er immer raus zu den Akvamarin-Inseln gefahren, um die dort abgebauten Edelsteine nach Ryba zu transportieren. Ein hartes, aber einträgliches Geschäft. Man hat mir gesagt, wir hätten damals ein gutes Leben geführt. Meine Mutter war etwas älter als mein Vater und in zweiter Ehe mit ihm verheiratet. Ihr erster Ehemann hatte sie wohl verlassen, weil sie ihm kein Kind schenken konnte.« Er zuckte mit den Schultern. »Nun, nachdem sie meinen Vater traf, ist sie schnell schwanger geworden. Allerdings ist ihr die Geburt nicht gut bekommen. Danach war sie schwach und kränklich. Sie konnte sich kaum richtig um mich kümmern.«

Iris lehnte sich mit dem Rücken gegen das Geländer, um Zander besser ansehen zu können, aber er wich ihrem Blick aus. Nachdenklich betrachtete er den Kanal. Die vielen Lichter spiegelten sich in seinen hellblauen Iriden. »Eines Tages ist mein Vater nicht von den Inseln zurückgekehrt. Sein Schiff fand man einige Tage später treibend auf dem Ozean. Es war ausgeraubt und niedergebrannt worden.«

»Piraten?«, hauchte Iris, aber Zander schüttelte den Kopf. 

»Die Konkurrenz vermutlich. Was Tuna gesagt hat, war nicht verkehrt: Myr Ryba ist ein Haifischbecken – und nicht alle entsteigen ihm lebend.« Seine Miene zeigte ein trotziges Lächeln, während gleichzeitig ein tief sitzender Schatten den Glanz seiner Augen verdunkelte. »Der Schmerz über den Verlust ihres Mannes hat meiner Mutter die letzte Kraft geraubt. Ich glaube, dass sie mich sehr geliebt hat, aber letztendlich hat es nicht gereicht.«

Iris spürte einen kalten Kloß im Hals und den Impuls, Zander eine tröstende Hand auf den Arm zu legen, doch das wäre unschicklich gewesen. »Das tut mir sehr leid«, erklärte sie stattdessen. »Und Tuna? Ich meine, was sie gesagt hat ... es klang, als wärt ihr miteinander verwandt.«

Der Schatten wich aus Zanders Augen und sein Lächeln wurde wärmer. Ihm war anzusehen, dass er froh darüber war, das unangenehme Thema hinter sich gebracht zu haben. »Nein. Das sind wir nicht. Alle Straßenkinder erhalten nach einigen Jahren, wenn sich keine Verwandten melden, den Nachnamen Arryba. Das ist so Tradition und bedeutet nichts anderes als aus Ryba.« Er löste sich vom Geländer und spazierte zum gegenüberliegenden Ende der Brücke. Iris beeilte sich, ihm zu folgen. »Tuna und ich haben uns erst kennengelernt, als ich schon für die Forelli-Familie gearbeitet habe, aber wir sind gute Freunde. Sie mag etwas schroff und nicht sehr damenhaft wirken, aber du kannst dich vollständig auf sie verlassen – jedenfalls, wenn es darum geht, jemanden mit dem Säbel zu malträtieren.« 

Irgendwo über ihnen löste sich ein Dachziegel und klatschte nicht weit von Zanders Kopf entfernt auf das Straßenpflaster. 

Zander grinste vielsagend. »Man sollte sie jedoch nicht verärgern, indem man ihre Schwächen vor anderen Menschen breittritt.«

Iris spähte zu den Dächern hinauf, konnte jedoch niemanden entdecken. »Wie weit ist es noch bis zur Magier-Gilde?«

»Nicht mehr weit«, antwortete Zander. »Wenn wir uns beeilen, habe ich noch eine Aufgabe für dich. Ich könnte einen Rat brauchen. Einen weiblichen Rat, um genau zu sein.«

Bei diesen Worten horchte Iris auf und kam interessiert näher, was Zander mit einem verschmitzten Lächeln zur Kenntnis nahm. Anschließend führte er sie tiefer in das malerische Sudkyste-Viertel von Myr Ryba. Hier bestanden die Häuser vornehmlich aus rotbraunem Schwarzerlen-Holz und schmiegten sich eng an die Kanäle. Teilweise ragten sie sogar über die Kanalmauern hinaus. Dadurch konnten die Bewohner direkt von ihren Wohnzimmern aus zu ihren Booten gelangen, die unter den Häusern festgemacht waren. Brücken gab es in diesem Stadtteil kaum. Dafür spannten sich Leinen und schmale Holzbalken über das Wasser, an denen sich die Menschen entlanghangeln konnten. Für eine stimmungsvolle Beleuchtung sorgten die hellroten Lampions, die in jedem Hauseingang zu finden waren, und die Lichterketten, die von Hausdach zu Hausdach verliefen, kreuz und quer, wie das schillernde Netz einer leicht verwirrten Spinne. Schon bald konnte Iris auch den Schein des Ewigen Feuers wahrnehmen, das den Himmel über dem Viertel mit einem flackernden, laubgrünen Leuchten erfüllte. Ein unangenehmer Schwefelgestank mischte sich mit dem Fischgeruch, der von den Fabriken in die Stadt zog.

»Sieh her«, meinte Zander plötzlich und näherte sich dem Schaufenster eines kleinen Ladens, der Pierre Precioso genannt wurde. Jedenfalls standen diese Wörter in goldenen Lettern über der Eingangstür.

Beim Blick durch die Glasscheibe wurde Iris schnell klar, dass es sich um einen Schmuckladen handelte, der mit Edelsteinen besetzte Armbänder, Ketten und Ohrringe anbot. »Was genau ist das für eine Art weibliche Beratung, die du benötigst?«, fragte sie, während sie die einzelnen Schmuckstücke in der Auslage begutachtete.

Zander kramte in seinen Manteltaschen. »Sagen wir es so: Ich schulde jemandem eine Entschuldigung.«

»Einer Frau, nehme ich an«, meinte Iris spöttisch. »Was hast du denn angestellt?«

»Man könnte sagen, ich habe ihr etwas verschwiegen«, antwortete Zander und ergänzte rasch: »Nichts Wichtiges. Nur eine Kleinigkeit.« Er schnitt eine Grimasse. »Allerdings ist sie eine sehr leidenschaftliche Dame und ich fürchte, dass sie sich nicht wieder beruhigen wird, ehe ich entsprechend Abbitte geleistet habe.«

Iris' Grinsen wurde breiter. Sie kannte solche Frauen. Meist gehörten sie den so genannten Neureichen an. Nur Menschen, die noch wussten, wie sich Armut anfühlte, ließen sich mit einem teuren Geschenk beruhigen. Für jemanden wie Iris, die sich alles, was sie begehrte, selbst kaufen konnte, verloren derartige Entschuldigungen an Wert, aber das wollte sie Zander lieber nicht verraten. Sie spürte ja, dass er es ehrlich meinte und seiner geheimnisvollen Geliebten eine Freude machen wollte. »Na schön, ich helfe dir«, meinte sie großmütig. »Aber der Laden hat doch schon längst geschlossen, also wie-«

»Dafür habe ich das hier«, fiel ihr Zander ins Wort und präsentierte ihr einen kleinen, goldenen Schlüssel. »Der Laden ist auf magische Weise gegen Diebstahl gesichert. Ich könnte natürlich einbrechen, aber wozu, wenn ich einen Schlüssel habe?«

»Und woher hast du den Schlüssel?«, wollte Iris wissen.

»Na, von Pierre, dem Besitzer«, antwortete Zander im Plauderton, während er sich dem Türschloss zuwandte. »Er hat ihn mir gegeben, damit ich nicht immer einbrechen muss. Es hat ihn nämlich ein Vermögen gekostet, die magische Sicherheitsanlage jedes Mal wieder erneuern zu lassen.«

Iris war sprachlos. Anscheinend stimmte wirklich alles, was sie in Bezug auf Zander Arryba von Anfang an befürchtet hatte. Er war nicht nur ein Straßenjunge, sondern auch noch ein ruchloser Gauner. »Du bist ein Dieb!«, platzte es aus ihr heraus.

Zander deutete auf die Knöppchen an seiner Brust und sagte so langsam, als würde er mit einer Schwerhörigen sprechen: »Oberster Unterhändler.« Ein jungenhaftes Grinsen erhellte seine Miene und vertiefte die Grübchen in seinen Wangen. »So lautet der Fachbegriff.« Bei diesen Worten steckte er den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür. Ein Schauer schien über die Glasfenster zu wandern und sich durch den dahinterliegenden Raum auszubreiten. Das Phänomen war jedoch zu kurzlebig, um es genauer beschreiben zu können.

»Du willst mich wohl veralbern«, zischte Iris, wobei sie sich furchtsam umblickte. »Ein Dieb, der für die Forelli-Familie arbeitet?«

Zander sah sie an, als wüsste er nicht, worauf sie hinauswollte. Schließlich zuckte er mit den Schultern. »Ich sagte es doch schon: Myr Ryba und das Händlergeschäft sind ein Haifischbecken. Wenn du nicht untergehen willst, musst du schwimmen.« Ohne weitere Erklärungen trat er ins Innere des Schmuckladens, was ein leises Glöckchen erklingen ließ. Nach kurzer Suche in seinen Manteltaschen hatte er ein Päckchen Zündhölzer aufgetrieben. Es zischelte, als er eines davon anzündete.

Iris blickte sich noch einmal gründlich um, verfluchte ihr Schicksal und folgte Zander über die Türschwelle.

»Es ist kaum zu glauben, wie oft Herr Forelli zu den ungünstigsten Zeiten Bedarf an edlen Schmuckstücken hatte«, sagte Zander, während er die Regale und Vitrinen abschritt. »An manchen Tagen waren es zwei pro Nacht. Für unterschiedliche Frauen, versteht sich.«

»Und du hast sie ihm besorgt?«, fragte Iris.

Zander machte vor einem deckenhohen Glasschrank halt und nickte. »Ich habe natürlich bezahlt.«

»Natürlich«, spottete Iris und zog sich die langen Samthandschuhe über die Ellenbogen. Dann schluckte sie ihren Ärger herunter und trat an Zanders Seite. Im Licht der einzelnen Flamme schimmerten die dargebotenen Schmuckstücke, goldene Colliers und Spangen mit Amethysten und Diamanten, geheimnisvoll. »Was soll es denn für ein Geschenk sein?«

Zander schürzte die Lippen. »Es muss etwas Unauffälliges sein. Etwas, das sie tragen kann, ohne dass es verdächtig wirkt.«

Iris warf Zander einen schrägen Seitenblick zu. Es war beinahe unheimlich, wie gut alles, was sie über Makel und Schwachstellen gedacht hatte, auf Zander zutraf. »War ja klar«, schnaubte sie, als er nicht auf ihren Blick reagierte. »Was habe ich auch anderes erwartet?«

»Können wir uns auf das eigentliche Problem konzentrieren?«, erwiderte Zander ungeduldig. »Wie wäre es damit?«, fragte er und deutete auf eine Kette mit einer von glitzernden Diamanten eingefassten, herzförmigen Muschel.

Iris seufzte. »Dann könntest du ihr auch gleich ein Schild um den Hals hängen, auf dem steht, dass sie ihren Gatten betrügt. Er wird es wahrscheinlich trotzdem nicht bemerken, aber die Frauen in ihrem Umfeld auf jeden Fall.« Sie nahm Zander die Zündhölzer ab und machte sich ihrerseits auf die Suche nach etwas Passendem. »Am besten nimmst du etwas, das Frauen üblicherweise nicht von ihren Liebhabern, sondern von anderen Frauen geschenkt bekommen.« Da sie Zander ansah, dass er nichts kapierte, fügte sie hinzu: »Ich spreche von sowas wie Haarspangen oder-«

Das Klingeln der Türglocke schnitt Iris das Wort ab.

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