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101. Göttliches Erbe

Völlig entkräftet schleppte sich Iris durch die Eingangshalle in den Königssaal. Der Weg über den See, der das Anwesen umgab, hatte ihr den Rest gegeben. Sie spürte ihre Arme kaum noch und ihre Beine waren weich wie Baumwein. Zu allem Überfluss schien das Anwesen verlassen zu sein. Jedenfalls hatte sich eine bleischwere Stille über die Mauern herabgesenkt, wie man sie sonst nur in dunklen Grabanlagen oder alten Ruinen finden konnte. 

Um keine ungewollte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, verzichtete Iris darauf, nach Tuna oder Cyan zu rufen. Stattdessen durchquerte sie die Halle und lauschte auf Geräusche. Die Krallen des Myrkuren hatten lange Kerben im Parkett hinterlassen. Glut und Asche bedeckten noch immer den Boden und sammelten sich wie Staub in den Ecken und Fugen.

Auf ihrem Weg Richtung Wintergarten entdeckte Iris die Laterne, die Zander fallen gelassen hatte. Das Licht in ihrem Innern glomm nur noch schwach. Als sie die Hand nach der Laterne ausstreckte, konnte sie fühlen, wie die davon ausgehende Wärme ihre Haut durchdrang und ihr neue Kraft verlieh. Nicht genug, um sie Hoffnung schöpfen zu lassen, aber genug, um die schlimmsten Spuren der vergangenen Stunden aus ihrem erschöpften Körper und ihrem ruhelosen Geist zu tilgen. 

Iris hob die Laterne hoch und betrachtete sie von allen Seiten. Eines der gläsernen Fenster hatte einen Sprung. Dahinter konnte sie etwas erkennen. Etwas gleißend Helles, Flatterhaftes. Wegen des Leuchtens ließ es sich nicht genau erkennen, aber sie nahm instinktiv an, dass sie es mit einer Art Schmetterling zu tun hatte. Vielleicht sogar mit einer Motte. 

Ganz vorsichtig öffnete sie den Deckel der Laterne und spähte hinein. Das Wesen – es schien sich tatsächlich um ein lebendiges Wesen zu handeln – flatterte hektisch mit den schillernden Flügeln, was einen süßlich duftenden Dunst aufsteigen ließ. Iris kniff die Augen zusammen und zog den Kopf zurück. Diese Gelegenheit nutzte das Wesen, um seinem Gefängnis zu entkommen. Es schwirrte empor, kreiste über ihrem Kopf und benetzte sie dabei mit weichem Licht und pudrigem Staub. Anschließend sank es herab und landete auf Iris' Handrücken. Iris hielt den Atem an. Das Wesen war so zart und sprunghaft, dass es schwer ins Auge zu fassen war. Noch dazu flimmerte es wie die Spiegelung über einer Wasseroberfläche an einem besonders heißen Tag. Nachdem es sich kurz auf ihrer Hand ausgeruht hatte, stieg es wieder empor und flatterte Richtung Wintergarten davon. Nicht mehr als ein winziges Glühen in der allumfassenden Düsternis, die sich über das Anwesen gelegt hatte.

Während sie dem Wesen nachsah, wurde Iris auf Cyan aufmerksam, der in den Trümmern des Wintergartens hockte. »Herr Forelli?«

Der junge Mann sah auf. »Fräulein Dan de Lion?«

Iris eilte zu ihm und musste erkennen, dass er bei der Primakandela saß, die den Angriff des Myrkuren und das darauffolgende Inferno wie durch ein Wunder unbeschadet überstanden hatte. Schnell wandte sie den Blick ab, denn sie brachte es nicht über sich, Jasmin noch einmal ins leblose Antlitz zu sehen.

»Die Handlanger des Königs haben ihr das angetan«, murmelte Cyan. Seine durchnässte Kleidung deutete darauf hin, dass er schon eine ganze Weile unter dem zerbrochenen Glasdach saß und die tote Frau anstarrte. »Und ich bin Schuld daran.« Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Wir müssen sie bestatten. Ehrenhaft. Das sind wir ihr schuldig.«

»Und das werden wir«, sagte Iris. »Aber zuerst müssen wir uns um uns selbst kümmern.«

Cyan blies in seine ineinander verschränkten Hände, um sich zu wärmen. »Wie meinst du das?«

»Die Attentäter sind noch am Leben und hinter uns her«, antwortete Iris. »Das heißt, einer von ihnen ist noch hinter uns her.«

Endlich hatte sie Cyans ganze Aufmerksamkeit. »Die Attentäter? Wo sind sie jetzt?«

»Vermutlich schon hier oder auf dem Weg hierher.« Bei diesen Worten fröstelte es Iris. Sie wollte gar nicht daran denken, dass sie recht haben könnte. Trotzdem war es wohl sinnvoll, wachsam zu sein. »Wo sind Tuna und Enzia?«

»Sie schlafen sicher längst«, vermutete Cyan. »Enzia war vorhin ziemlich aufgelöst.« Er legte nachdenklich die Hand ans Kinn. »Aber wenn die Attentäter herkommen sollten, werden sie es doch zunächst auf mich abgesehen haben, oder?«

»Ich denke, sie haben es jetzt auf uns alle abgesehen«, entgegnete Iris. »Wir müssen uns bewaffnen und-« 

Sie verstummte, als sie einen menschlichen Schatten wahrnahm, der sich aus einem der Fenster des Südflügels fallen ließ. Geschickt wie eine Katze landete er im feuchten Gras der Gartenanlage. 

»Bei allen Zünslern und-« Wieder brach sie ab und versetzte Cyan einen Schubs. »Na los, verschwinden Sie!«

»Aber was ist denn?«, fragte Cyan verwirrt. Dann musste auch er den Schatten entdecken, der jetzt langsam auf sie zukam. So gemächlich, als hätte er nichts und niemanden zu fürchten. In seiner Hand lang ein langes Messer mit gebogener Klinge. »Pesk!«, entwich es Cyan.

Iris wollte ihm schon zustimmen, da flammten die Fenster des Südflügels plötzlich auf. Einige von ihnen zersprangen und sandten einen glitzernden Glasregen in die Dunkelheit hinaus. Eine Feuersbrunst wanderte durch die Flure des Anwesens, fauchend und brüllend wie ein Orkan aus Glut und Flammen. Innerhalb weniger Sekunden brannte der gesamte Südflügel.

»Enzia!«, keuchte Cyan, dem noch vor Iris bewusst wurde, dass sich das Zimmer seiner Schwester inmitten dieses Infernos befinden musste.

»Schnell!«, rief Iris. »Raus hier!«

»Ich kann doch nicht einfach fliehen«, protestierte Cyan.

Plötzlich wurde Iris gepackt und herumgerissen. Der Aciarische Attentäter, der unter seiner schwarzen Kutte kaum zu erkennen war, stieß sie achtlos zu Boden, um sich dem dickeren Fisch zu widmen. 

»So sieht man sich wieder«, sagte er mit einem deutlich östlichen Akzent, der klang, als würde er beim Sprechen Knochen zermahlen. »Sie hätten auf uns hören sollen, Herr Forelli.«

Cyan wich vor ihm zurück.

»Es wäre so einfach gewesen«, fuhr der Attentäter fort. »Sie hätten nur das Abkommen mit den Wodlanden vergessen müssen. So wie es vereinbart war.«

»Ich habe gar nichts vereinbart«, entgegnete Cyan finster. »Dieses Abkommen ist das Erbe meines Vaters – und es wird geschlossen werden, ganz egal, ob Sie mich töten oder nicht.«

»Nach dieser Nacht wird kein Forelli mehr am Leben sein, um den Vertrag zu unterzeichnen«, erwiderte der Attentäter und näherte sich Cyan bis der junge Mann mit dem Rücken gegen die Primakandela stieß.

Iris rollte auf den Bauch, kam auf Hände und Knie und sah sich nach einer Waffe um.

»Warum dann nicht gleich so?«, fragte Cyan. »Warum die Novomagica? Warum Haborym?«

»Wir führen nur Befehle aus«, gab der Attentäter zurück und hob seine Klinge auf Augenhöhe, als wollte er Cyan die Waffe, die sein Leben beenden würde, präsentieren.

Cyan wirkte jedoch keineswegs eingeschüchtert. Auf seinem Gesicht lag ein kalter Zorn, der nicht weniger eindrucksvoll war als die glänzende Klinge seines Angreifers.

»Grüßen Sie Ihre Göttin von mir«, schnarrte der Attentäter.

Iris stieß sich ab und warf sich von hinten gegen ihn. Es reichte nicht, um ihn zu Boden zu reißen, aber sie konnte ihn zumindest kurz aus dem Gleichgewicht bringen. Er taumelte, fluchte und rammte ihr den Ellenbogen gegen das Kinn. Der Schmerz schoss funkensprühend durch ihren Kopf bis unter ihre Schädeldecke. Sie stürzte rücklings auf den Fliesenboden und schaffte es irgendwie, sich im Fallen zur Seite zu drehen, um nicht mit dem Hinterkopf aufzuschlagen. 

Durch einen Schleier aus Schwärze und tanzenden Lichtblitzen bemerkte sie den glühenden Magier-Stab, der plötzlich – auf geradezu magische Weise – in Cyans Hand erschien. Eine echte Entladung aus hellgrünen und violetten Funken traf den Attentäter in die Brust und schleuderte ihn quer durch den Raum. Der Gestank verdorbener Eier breitete sich aus. Mit einem unterdrückten Schrei sackte Cyan in die Knie und klammerte sich an seinem Stab fest, dessen Kristall wie ein leuchtendes Herz pulsierte.

»Was ist?«, keuchte Iris, während sie gegen das Chaos in ihrem Kopf ankämpfte. »Was haben Sie?«

»Nichts«, hauchte Cyan. »Nur dass Sheitani im Moment zu schwach ist, um mich mit Novomagica zu versorgen.« Er zog eine Grimasse. »Und deswegen nimmt sie sich die Kraft, die sie braucht, von mir.«

Iris sparte es sich, ihn darauf hinzuweisen, wie unnatürlich und bedrohlich das klang. Stattdessen krabbelte sie zu der umgestürzten Voliere und fasste nach einer langen Glasscherbe, die ihr beim Sturz aufgefallen war. Keine Sekunde zu früh, denn schon war der Attentäter wieder bei ihnen. Er entriss dem knienden Cyan seinen Magier-Stab und zerbrach ihn über seinem Oberschenkel in zwei Hälften. Dann fasste er eines der beiden Teilstücke, wog es in der Hand, holte aus und schlug das lose Ende gegen Cyans Kopf. Der junge Mann wurde brutal zur Seite geworfen. Iris fürchtete bereits das Schlimmste, doch irgendwoher nahm Cyan die Kraft, sich mit den Händen abzufangen und wieder aufzurichten. Eine dunkelrote Spur zog sich über sein Gesicht. Er wirkte benommen.

Der Attentäter holte zu einem weiteren Schlag aus. 

Mit einem Schrei stürzte Iris vor und wollte ihm die Glasscherbe in den Rücken rammen. Allerdings musste er ihren Angriff kommen gesehen haben, denn er wich ihrer Attacke aus, sodass sie ihn verfehlte, gegen Cyan prallte und ihn mit sich zu Boden riss. 

Ehe Iris noch ganz realisierte, was soeben geschehen war, entwand ihr der Attentäter die Glasscherbe, die sie noch immer umklammert hielt, und rammte sie ihr in die Brust.

Oder vielmehr hätte er das getan, wenn er nicht plötzlich ausgeglitten und gestürzt wäre. Iris war darüber genauso erstaunt wie er selbst. Gleichzeitig vernahm sie jedoch ein anschwellendes Summen in ihrem Innern. Ein Vibrieren, wie das Zupfen der Himmelsmotte, nur sehr viel stärker. Sie hatte dieses Gefühl schon einmal gehabt. In der Rosigen Auster. Damals hatte sie es auf ihre Nervosität geschoben und auf Zander, der zu ihrer Rettung geeilt war. Doch jetzt...

Der Attentäter zückte sein Messer und befreite sich von der Wurzel, die aus einem umgekippten Blumenkübel gekrochen war und seinen Knöchel umklammert hatte.

In Wellen breitete sich das Summen durch Iris' Körper aus. Sie spürte seine urtümliche Kraft am ganzen Leib.

Mit einem unwilligen Grunzen richtete sich der Attentäter wieder auf, fasste sein Messer fester und kam auf Iris zu. Sie lag auf der Seite und blickte ihm zu ihm auf, während sie von einem Gefühl absoluter Grenzenlosigkeit überkommen wurde. Als würde sie Teil ihrer Umgebung werden. Als würde ihre Umgebung zu einem Teil von ihr werden. Sie spürte den Boden unter sich, die Erde und den Fels. Und sie spürte auch den Wind und den Regen, die über ihr tobten. Alles wurde eins. Aus einem wurde alles. Und aus Iris wurde das Eine und das Alles.

Wie betäubt durch die Macht, die plötzlich in ihrem Innern pulsierte, sah sie den Attentäter auf sich zukommen. Im Widerschein des Feuers, das im Südflügel wütete, wirkte seine Gestalt noch dunkler. Beinahe vollkommen schwarz. 

Plötzlich roch sie Gras und Laub. Fühlte den Wind, der über ihren wunden Rücken streifte. Vernahm die Schreie der Banditen. Den Geruch von Blut. Den Geschmack von Galle. Und dann war die Erinnerung zurück. Sie brach über den Wintergarten herein wie eine Springflut. Eine Springflut aus Bäumen und Sträuchern, die von draußen in die Glasruine drängten. Wurzeln und Äste. Ranken und Dornen. Blätter, Blüten und Zweige. Regenfeucht und glänzend wie Metall.

Die Flut erfasste den Attentäter, wirbelte ihn herum und spülte ihn ins Freie hinaus. Der ganze Garten schien in Bewegung zu sein, als wären die Pflanzen lebendig geworden und hätten sich zu einem blutdurstigen Mob zusammengefunden. Sie trugen Iris' Angreifer davon, hinaus in die Dunkelheit. Er verschwand. So wie die Banditen damals. Von der Erde verschluckt.

Dann war das Schauspiel vorbei und Ruhe kehrte ein. Stille senkte sich herab.

Nur das Schmatzen des Feuers blieb. 

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