Glück ist was du daraus machst
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Es ist der Whisky und das Nikotin, welches mich beruhigt, sowie die frische Luft und der klare Sternenhimmel, der sich über mir erstreckt. Hoseoks Eltern wohnen ziemlich außerhalb und der Ausblick ist atemberaubend. Ehrlich gesagt, ist es auch schon eine Weile her, als ich das letzte Mal so bewusst die Sterne angesehen habe. Irgendwie ist es erschreckend, dass ich es einfach vergessen habe, obwohl es mir immer den nötigen Halt gegeben hat.
Kurz schüttle ich über mich selbst den Kopf, nehme einen Schluck von dem teuren Whisky und lehne mich gegen das kühle Geländer. Ein angenehmer Schauer durchfährt mich dabei und nimmt mich ein wenig gefangen. Ich bin froh, dass sich mein Kopf zurzeit so leer anfühlt und somit die negativen Gedanken, zumindest für eine Weile, verblasst sind. Wahrscheinlich wird es nicht lange anhalten, weswegen ich die Chance nutze mich völlig in diese angenehme Stille fallenzulassen.
Ich nehme den letzten Zug meiner Zigarette und schnippe sie weg, als ich auf einmal zwei Arme um mich spüre. Sogleich erfüllt mich eine unglaubliche Wärme, während sich Hoseoks Körper eng an mich schmiegt. Ich kann sein Herz gegen meinen Rücken schlagen spüren und seinen Atem in meinem Nacken. Sofort lege ich meinen Kopf in den Nacken, stoße den Rauch in den Himmel aus und lege meine Hände auf die meines Freundes. Kurz darauf schließe ich meine Augen, drehe meinen Kopf leicht zur Seite und drücke meine Nase gegen seinen Hals. Tief atme ich seinen frischen Duft ein und seufze wohlig.
„Du riechst gut...", nuschle ich gegen seinen Hals, drehe mich in seiner Umarmung und ziehe ihn in einen sehnsüchtigen Kuss. Wie lange ist es her, dass ich ihn von mir aus geküsst habe? Und warum habe ich vergessen, wie gut es sich anfühlt? Ich verdränge die Fragen und konzentriere mich ganz auf diesen wunderschönen Augenblick zwischen uns. Es tut gut.
Meine Arme liegen locker um seine Schultern, wobei ich in der einen Hand noch das halbvolle Glas halte. Trotzdem schmiege ich mich gegen ihn, genieße seine großen Hände an meiner Hüfte und seine Zunge, die meine umspielt. Sie auffordert und neckt. Ich kann deutlich schmecken, dass er sich schon die Zähne geputzt hat und schmunzle leicht in den Kuss, ehe ich mich etwas von ihm löse und ihm tief in die dunklen Augen sehe.
„Willst du ins Bett?", fragt er mich, woraufhin ich leicht nicke und mich von ihm nach drinnen führen lasse. Er schließt hinter uns die Tür und deutete dann mit einer sanften Geste auf das Bett. Ich kichere leicht, als ich bemerke, dass er bereits die Decke aufgeschlagen und die Tagesdecke beiseitegelegt hat. Bin ich so lange draußen gewesen, dass er bereits alles für unsere gemeinsame Nacht bei seinen Eltern vorbereitet hat? Irgendwie wird mir das jetzt ein wenig unangenehm, weswegen ich kurzerhand mein Glas leere und es auf der Kommode neben der Tür abstelle. Soll ich nicht auch erst duschen gehen? Oder mir zumindest die Zähne putzen?
„Ich mach mich bettfertig. Warte nicht", teile ich ihm mit, woraufhin er lediglich nickt und es sich sofort im Bett bequem macht. Er weiß, dass ich nicht gerne außerhalb schlafe, weswegen er früher immer bei mir geschlafen hat, wenn es hieß, dass wir die Nacht gemeinsam verbringen wollten. Es hat ihm nie etwas ausgemacht. Genauso wenig, wie dass wir in meine Wohnung gezogen sind. Sie ist größer, geräumiger, gehört mir und der Ausblick ist unbezahlbar.
Als ich aus dem Bad zurückkehre, ist Hoseok bereits eingeschlafen. Er braucht meistens nie lange zum Einschlafen, außer ihm liegt etwas auf der Seele. Heute jedoch tut sicher der Alkohol seinen Dienst, von dem er sowieso nicht viel verträgt.
Kurz schüttle ich den Kopf über meine Gedanken und gehe zu dem Bett, ehe ich das Licht ausschalte und zu ihm unter die Decke krabble. Es dauert einen Moment, bevor ich mich an die Dunkelheit gewöhnt habe und zumindest ein wenig erkennen kann. Ich mag es Hoseok beim Schlafen zu beobachten. Es ist etwas, was mich beruhigt und meine negativen Gedanken aussperrt. Nur leider komme ich viel zu selten dazu, weil ich oft vor ihm ins Bett gehe. Jetzt nutze ich die Gelegenheit und koste den Augenblick vollkommen für mich aus, ehe ich selbst vor Erschöpfung und Müdigkeit mit einem Lächeln einschlafe. Der Abend war doch nicht so schlimm geworden, wie ich es mir ausgemalt habe.
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Die hellen Sonnenstrahlen kitzeln in meinem Gesicht, als ich langsam, aber sicher wachwerde. Es ist ein angenehmes Wecken und meistens begleitet von der borstigen Zunge meiner Katze, aber das bleibt heute aus. Stattdessen spüre ich, wie sich zwei Finger gegen meine Mundwinkel drücken und sie nach oben zu einem Lächeln schieben.
„Hobi...", brumme ich missmutig und drehe mich vom Übeltäter weg. Vermutlich lacht er, denn ich spüre noch das Vibrieren seines Körpers, als er sich an meinen Rücken schmiegt und seine Arme um mich legt. Ich kann seinen heißen Atem an meinem Ohr spüren, wie er dagegen atmet, während er spricht. Manchmal vergisst er, dass ich taub bin und geht so natürlich mit mir um, dass ich mich frage, ob ich ihn wirklich verdient habe, denn ich mag das. Es gibt mir das Gefühl – auch wenn ich ihn nicht hören kann – dass ich normal bin.
Kurz darauf zucke ich allerdings zusammen, als ich seine Finger spüre, die sich unter mein Pyjamaoberteil geschoben haben und liebevoll über meinen Bauch streichen. Ein Kribbeln zieht sich augenblicklich durch meinen Körper und ich drücke mich fester gegen seine Brust. Er hat doch jetzt nicht vor mich in dem Haus seiner Eltern... - Gott. Den Gedanken will ich nicht einmal zu Ende denken, weswegen ich nach seiner Hand greife und ihn von seinem Vorhaben mit einem hoffentlich leisen „Nicht..." abhalte. Wieder vibriert sein Körper und ich spüre seine Lippen, die sich gegen meinem Hals drücken, was mich sofort aufwimmern lässt. Er weiß, wie empfindlich ich dort bin und er nutzt das wahnsinnig gerne aus, vor allem, weil ich dann viel zu schnell wie Wachs in seinen Händen werde. Verdammt.
„Hobi...", jaule ich daher verzückt und winde mich in seiner Umarmung, doch er sieht es nicht ein mich loszulassen. Nein, lieber drückt er erneut seine Lippen gegen meine empfindliche Haut und beginnt liebevoll an ihr zu saugen. Sofort verdrehe ich die Augen und keuche angetan. Das war gar nicht geplant und doch brumme ich missmutig auf, als Hoseok sich so plötzlich von mir löst und aufspringt. Was ist denn jetzt los? Irritiert sehe ich zu meinem Freund, der sich gerade fahrig durch sein Haar fährt und sich schnell seine Kleidung richtet, ehe er zur Tür geht und sie einen spaltbreit öffnet. Oh Mist. Es muss also geklopft haben. Oh Gott. Wie peinlich!
Es dauert keine zwei Minuten, da ist er wieder bei mir, drückt mir einen Kuss auf den Schopf und ich drehe mich zu ihm, um ihn ansehen zu können.
„Wir sollen zum Frühstück runterkommen", erklärt er mir und ich nicke verstehend. Natürlich. Frühstück. Wie viel Uhr ist es eigentlich? Ich sehe mich kurz um, bevor ich nach meinem Handy greife und feststellen muss, dass es bereits nach acht Uhr ist. Wollten wir nicht eigentlich schon längst auf dem Weg nach Hause sein? Mist. Jetzt müssen wir uns also doch noch einmal seinen Eltern stellen. Ich fluche leise, rapple mich dann aber auf und verziehe mich mit frischen Sachen ins Bad. Hoseok folgt mir wenig später. Wir vergeuden keine Zeit und konzentrieren uns auf das Wesentliche und doch kann ich seinen besorgten Blick immer wieder auf mir spüren.
„Mir geht es gut", sage ich, als ich fertig bin und vor Hoseok stehenbleibe, der gerade seinen Hemdkragen richtet und mich aus seinen großen, treuen Augen ansieht. Ich liebe diese wunderschönen Augen, diesen warmen Ausdruck und das Funkeln, welches sofort in ihnen erscheint, wenn wir uns die Zeit nehmen uns richtig anzusehen.
Sanft lege ich meine Hand an seine Wange, streichle über die weiche Haut, die er eben noch eingecremt hat und gebe ihm einen kleinen Kuss auf seine Lippen. Er lächelt gegen meine Lippen und als ich mich wieder lösen will, hält er mich fest, um mich in einen innigeren Kuss zu ziehen, der mir seine Sehnsucht deutlich macht. Wenn wir Zuhause sind, wird er definitiv sein Vorhaben von eben in die Tat umsetzen. Sein Körper spricht so deutlich und mich fasziniert es jedes Mal aufs Neue, wie ein Mensch so intensiv mit seiner Körpersprache eine ganze Welt erbauen kann.
Hand in Hand verlassen wir unser Gästezimmer und gehen den Flur zum Treppenhaus entlang. Er lässt meine Hand auch nicht los, als wir das Esszimmer erreichen, in dem ein großer Tisch mit reichlich Essen steht. An diesem können sicher zehn Mann Platz nehmen und doch ist lediglich der Kopf des Tisches eingedeckt. Mir ist sofort klar, dass das Hoseoks Vater ist, noch bevor der Mann die Zeitung zusammenklappt und sie neben sich auf dem Tisch ablegt.
„Setzt euch!", befiehlt er und deutet auf die Plätze mit Gedeck, beide rechts von ihm, natürlich, der Erstgeborene sitzt rechts neben dem Familienoberhaupt, die Ehefrau links von ihm. Letztere ist allerdings nicht anwesend und ich bleibe verunsichert stehen. Nur mit seinem Vater allein zu sein, behagt mir nicht. Hoseok hält inne und dreht sich zu mir herum.
„Es ist schon in Ordnung. Wir frühstücken nur eben eine Kleinigkeit und dann machen wir uns auf den Weg nach Hause, hm?", schlägt er vor und bewegt seine Hände dabei deutlich schneller. Ich weiß, dass er selbst nervös ist und nicke deswegen nur leicht.
„Okay", sagt er noch, streicht mir kurz eine Strähne hinters Ohr und begleitet mich dann zu meinem Platz. Er zieht sogar den Stuhl vor, auf den ich mich sinken lasse und seinem Vater kurz zunicke, ehe ich Hoseoks Hand meine Schulter drücken spüre. Kurz sehe ich auf und beobachte ihn, wie er sich den Stuhl direkt an der Seite seines Vaters herauszieht und sich still setzt. Unterdessen wird uns von der Haushälterin eine Schüssel Reis gereicht, welche ich dankend annehme. Sie ist schön warm und der Reis duftet köstlich.
„Guten Appetit", wünsche ich und versuche dabei so deutlich wie möglich zu sprechen. Erst danach beginnen wir zu essen, als auch Hoseoks Vater deutlich gemacht hat, dass wir nicht auf seine Frau warten müssen.
„Wo ist Mutter?", fragt Hoseok trotzdem neugierig und bewegt dabei auch seine Hände, weil er zu seinem Vater spricht, aber trotzdem möchte, dass ich an dem Gespräch teilhaben kann.
„Sie ist heute Morgen ganz früh aufgebrochen und für dein Seelenheil beten gegangen", erklärt sein Vater mit einem emotionslosen Ausdruck und ich sehe, wie Hoseok mitten im Satz aufhört zu übersetzen. Sein Blick spricht Bände, genauso wie seine Haltung und das Innehalten. Allerdings weiß Hoseok auch, dass ich alles, was sein Vater sagt, auch von dessen Lippen lesen kann, also nimmt er zögerlich seine Gesten wieder auf.
„Warum?", zeigen seine Hände und ich bin froh, dass er mich weiterhin teilenhaben lässt. Ich hasse es, wenn er versucht mich zu schützen, indem er mir Gesagtes vorenthält. Zugleich bin ich erstaunt, dass er fragt, obwohl er die Antwort bereits zu kennen scheint.
„Weil sie sich große Sorgen um dich macht. Du hast dich von diesem Scharlatan um den Finger wickeln lassen."
„Vater!" Erbost richtet er sich auf seinem Platz auf und hat dabei die Stäbchen samt seiner Hand auf den Tisch gepresst. Vermutlich hat es ein deutlich schepperndes Geräusch gegeben, als er sie so ruckartig auf den Tisch hat knallen lassen.
„Ist er wirklich taub, oder spielt er dir das alles nur vor, um an dein Erbe zu kommen? Astrophysiker? Dass ich nicht lache. Scheinheiliger Taugenichts, der sich schön von dir aushalten lässt."
Entweder ahnt sein Vater nicht, dass ich der Unterhaltung problemlos folgen kann oder es ist ihm schlichtweg egal, denn er nimmt kein Blatt vor den Mund und stört sich nicht daran, dass ich ihn wie gebannt anstarre.
„Es reicht!" Hoseoks Gesten sind fahrig, gleichzeitig springt er so ruckartig auf, dass ich erschrocken zurückrutsche und die Stäbchen fallenlassen. So kenne ich ihn nicht, obwohl er auch mir gegenüber schon laut geworden ist, aber wenn aus Verzweiflung und nicht aus purer Wut.
„Du kennst ihn überhaupt nicht und erlaubst es dir derart über ihn zu Urteilen? Es war ein Fehler herzukommen. Komm, Yoongi, wir gehen", sagt er, wobei sogar anhand seiner Zeichen zu erkennen ist, wie wütend er ist.
Sofort nicke ich, lege die Serviette beiseite und erhebe mich, ehe ich mich mit einer leichten Verbeugung von dem Mann verabschiede und den Raum verlasse. Um nichts auf der Welt hätte ich mir vor seinem Vater anmerken lassen, wie sehr mich die Worte verletzt haben, weswegen ich auch weitergehe, während Hoseok nochmal kehrt macht. Es dauert noch ein paar Minuten, bevor Hoseok zu mir aufschließt und ich bin mir sicher, dass er sich noch einiges von seinem Vater anhören durfte. Ich bin froh, dass ich das nicht mehr mitbekommen habe und atme erleichtert auf, als ich seine Hand an meiner spüre. Leicht drücke ich seine und sehe zu ihm, doch er sieht nicht zu mir. Stattdessen lässt er sich von der Haushälterin unser Gepäck geben und zieht mich mit nach draußen, wo mein Wagen von einem der Bediensteten gerade vorgefahren wird. An so etwas werde ich mich niemals gewöhnen.
Ich nehme den Schlüssel dankend entgegen, verbeuge mich leicht, während der Angestellte sich fast in einem 90°Winkel vor mir verbeugt. Kurz schüttle ich den Kopf und steige anschließend in meinen Wagen ein. Den Schlüssel lege ich in die Ablage und drücke lediglich den Startknopf. Wir reden nicht während der Fahrt. Können wir auch gar nicht, weil ich mich dafür zu sehr auf die Straße konzentrieren muss. Trotzdem lege ich immer wieder meine Hand auf seinen Oberschenkel, weil ich im Augenwinkel bemerkte habe, dass es Hoseok nicht gut geht. Wenn ich es richtig gesehen habe, weint er sogar. Ist er immer so fertig, wenn er bei seinen Eltern gewesen ist? Deutlich kann ich den erdrückenden Kloß in meiner Kehle spüren, der sich seit diesem Gedanken in meinen Hals festgesetzt hat. Ich schäme mich dafür, dass ich seine Bitten, ihn zu begleiten, nie erfüllt habe, weil ich egoistisch gewesen bin. Nie hätte ich gedacht, dass es ihm so schwer zusetzt und was für eine Überwindung es ihn überhaupt gekostet haben muss.
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Als wir endlich Zuhause sind, streift Hoseok lediglich seine Schuhe von den Füßen und flüchtet direkt ins Bad, während ich ihm besorgt hinterhersehe. Der Kloß ist immer noch da und als ich den Schlüssel in die Schlüsselschale auf der kleinen Kommode lege, meine Schuhe ausgezogen und in meine Pantoffeln geschlüpft bin, bringe ich unsere Tasche ins Schlafzimmer und gebe ihm die Zeit, die er zu brauchen scheint. Ich räume sie aus, hänge die Anzüge auf ihre Bügel zurück und ziehe mich anschließend um. In einer bequeme Jogginghose und einem übergroßen Hoodie fühle ich mich viel wohler und auch Hoseok mag den Schmuddellook, weswegen ich ihm Klamotten heraussuche und dann zu ihm ins Bad komme. Ich klopfe nicht an und warte auch nicht auf irgendein Zeichen von ihm, sondern trete sofort an ihn heran und lege die Klamotten auf dem Waschbeckenrand ab. Sanft streiche ich ihm durch sein Haar und hauche ihm einen Kuss halb aufs Ohr und seine Wange.
„Ich bin für dich da", sage ich und fahre mit meinem Finger über die tränennasse Wange. Es ist das erste Mal, dass ich so etwas ganz bewusst zu ihm sage und auch weiß, dass er mich jetzt braucht, so wie ich ihn sonst immer. Eine Beziehung ist ein Geben und Nehmen, auch wenn mir das jetzt erst so richtig bewusstwird. Auch ich habe Hoseok etwas zu geben und er nimmt es an, lehnt sich an mich und weint sich an meiner Schulter aus. Es tut weh, ihn so traurig zu sehen, aber es macht mich auch glücklich, dass er mir diese Seite von sich zeigt, nachdem ich ihm überhaupt endlich die Möglichkeit dazu gebe. Vorher musste ich ihm viel zu oft den Eindruck gegeben haben, dass ich dafür noch nicht bereit bin, und vielleicht ist das auch der Grund, warum er sich mir nicht vollkommen anvertraut hat.
Ich bin egoistisch gewesen und habe geglaubt, dass es bereits reichen würde, aber ich habe mich geirrt. Vieles habe ich für selbstverständlich genommen. Ich habe es auf meine Depressionen, meine schlechte Laune, oder das schlechte Wetter geschoben. Oft habe ich nur rausgewollt und ich habe nie gesehen, wie sehr Hoseok eigentlich wirklich für mich zurücksteckt.
Etwas überrascht sehe ich auf unsere Hände, die Hoseok gerade miteinander verflechtet und sie dann zu seinen Lippen führt. Ich spüre deutlich seine Mund auf meiner Haut und schließe meine Augen. Ist es das Zeichen, dass er sich beruhigt hat? Unsicher schiele ich zu ihm, kann ihm direkt in die geröteten Augen sehen und bemerke das schwache Lächeln in ihnen. Kurz darauf löst er sich von mir und gibt mir zu verstehen, dass er sich eben umziehen möchte und dann zu mir ins Wohnzimmer kommt. Ich nicke, stehle ihm noch einen kleinen Kuss und verlasse das Bad.
Ich weiß nicht wie viel Zeit wir im Badezimmer stehend, verbracht haben. Es spielt auch keine wirkliche Rolle, trotzdem kümmere ich mich jetzt erst einmal um Böhnchen, die von meiner Nachbarin in der Zeit wo wir nicht da waren, versorgt worden ist. Ich knie mich zu ihr herunter, streichle durch ihr weiches Fell und stelle ihr schließlich den gefüllten Napf vor die Schnauze. Sie miaut, leckt mir noch einmal über die Hand, bevor das Essen wichtiger ist als das Herrchen.
Schmunzelnd wende ich mich ab und mache uns Tee, den ich kurz danach auch schon serviere und es mir auf der Couch bequem mache. Zuvor habe ich noch die warme indirekte Beleuchtung der Wohnzimmerwand eingeschaltet und die Kissen zurechtgeschüttelt. Eines davon schiebe ich mir gerade in den Rücken, als sich Hosek zu mir auf die Couch sinken lässt. Er sieht nicht mehr ganz so verheult aus und schenkt mir sogar eines seiner wunderschönen Lächeln. Etwas beobachte ich ihn noch, wie er die Kissen zurechtrückt und eine der Wolldecken um seine angewinkelten Beine schlingt, ehe ich ihm seine Tasse reiche und mich so hinsetze, dass ich ihn ansehen kann.
„Tut mir leid, dass ich nicht bemerkt habe, wie egoistisch ich eigentlich bin", beginne ich, doch Hoseok schüttelt sofort seinen Kopf, hebt seinen Zeigefinger und stellt schnell die Tasse beiseite.
„Ich mache dir keinen Vorwurf, Yoongi", kommt es mit flinken Fingern von ihm.
„Ich hätte dir schon früher Beistand schenken sollen."
Wieder schüttelt er den Kopf. Warum? Ich verstehe es nicht.
„Deine Ängste sind für mich völlig nachvollziehbar und du hast recht behalten. Sie akzeptieren dich nicht an meiner Seite. Meine Eltern würden mich gerne an die Tochter eines Geschäftspartners meines Vaters verheiraten. Sie haben mein ganzes Leben für mich geplant und hassen es, dass ich einen eigenen Kopf habe. Meine Mutter betet jeden Tag dafür, dass ich wieder zu Sinnen komme, und mein Vater versucht mir jedes Mal ein schlechtes Gewissen einzureden, weil ich doch sein einziges Kind bin. Es tut mir leid, dass du diese schrecklichen Dinge mitbekommen hast", erzählt er und greift am Ende nach meinen Händen. Lange sehen wir uns in die Augen, schweigen und genießen diesen Moment der Erkenntnis. Keiner von uns will den jeweils anderen aufgeben, egal welche Bürden er zu tragen hat.
„Glaubst du auch, dass ich dir meine Taubheit nur vorspiele?", frage ich nach einer ganzen Weile dann doch, weil mich diese Aussage doch am meisten getroffen hat. Gibt es denn wirklich Menschen, die solch eine Behinderung vortäuschen können? Allein der Gedanke ist grausam und als Hoseok anfängt zu lachen, weiß ich genau, dass er allein die Vorstellung lächerlich findet.
„Niemals. Auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, dass dir deine Taubheit in die Karten spielt, vor allem wenn du keine Lust mehr hast zu diskutieren oder zu reden."
Ich muss unweigerlich lachen, denn da hat er definitiv recht. Ich wende mich oft einfach um, wenn ich keine Lust mehr habe, weil ich dann sowieso nichts mehr mitbekomme. Das ist in der Tat ein Vorteil meiner Behinderung, den ich tatsächlich mag. Es macht es einfacher und kommt nicht so kindisch, wie sich die Ohren zuzuhalten. Gut kindisch ist es wahrscheinlich trotzdem.
„Ich liebe dich, Jung Hoseok", sage ich, nachdem ich mich beruhigt habe und greife dabei nach seinen Händen. Sofort zieht er mich an sich ran und ich schlinge meine Arme um ihn. Unsere Gesichter sind sich auf einmal so nah, dass ich jede einzelne Pore auf seiner Nase erkennen kann.
„Vielleicht werde ich versuchen doch meinen Traum zu erfüllen. Meinst du, ich soll es versuchen?", fragt er mich, wobei er seine Lippen sehr deutlich und langsam bewegt, sodass ich sie viel lieber küssen will, statt von ihnen die Worte abzulesen.
„Alles, was dich glücklich macht. Meine Unterstützung hast du."
„Danke."
„Verrätst du mir endlich, was dein Traum ist?", frage ich und stupse liebevoll mit meiner Nase gegen die seine.
Er schmunzelt, streicht durch mein Haar und lässt seine Hand in meinen Nacken gleiten.
„Ich möchte Menschen zum Lachen bringen. Zum Nachdenken und Mitfiebern. Ich will ihnen zeigen, wie man mit seinem ganzen Körper sprechen kann, ohne einen Ton zu sagen."
„Du willst Komödiant werden?", frage ich sicherheitshalber nach und er nickt. Irgendwie lässt es mein Herz höherschlagen. „Ich möchte der Erste sein, der dich bejubelt."
„Das bist du doch bereits. Du bist der Einzige, der in mir den Menschen sieht, der ich wirklich bin. Du hast das Licht, die Hoffnung und den Glauben in mir gesehen und das tust du immer noch. Jedes Mal, wenn du mich ansiehst, kann ich in deinen Augen erkennen, wie du mich liest und verstehst, obwohl du nichts hören kannst, und das ist ein unglaublich schönes Gefühl."
Diese Worte machen mich so glücklich, dass ich die Träne nicht verhindern kann, die sich aus meinem Augenwinkel schleicht. Er lacht, strahlt mich an und ich spüre seine warme Hand auf meiner Haut. Den Daumen, der die Träne behutsam wegstreicht und dann küssen wir uns. Innig, voller Liebe und voller Glück. Das Wohnzimmer erstrahlt in einem hellen, aufrichtigen Gelb und ich weiß, dass ich angekommen bin. Ich habe mein Zuhause gefunden und ich will es nie wieder hergeben.
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So. Das war es auch schon wieder. Mal sehen ob die beiden noch einmal Lust haben sich euch mitzuteilen, aber bisher ist nichts in Planung.
Ich hoffe es hat euch gefallen und an dieser Stelle einen riesigen Danke an Enem14, die mich wieder tatkräftig im meinem Wahnsinn unterstützt hat.
Lg eure Nick [Hobi]
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