68. Nur ein Mal
Auf dem Rückweg mussten sie einen anderen Weg nehmen, als den, den sie gekommen waren. Vor allem, weil Felice noch etwas zu erledigen hatte und der Weg über die Haupttreppe auch um einiges kürzer war.
>>Wo führt Miss Felice ihren Bruder und ihre Freunde hin? Miss Felice, dort ist es gefährlich!<<, versuchte Winny immer wieder Felice vor dem Risiko zu warnen, als diese weiter stur den Gang Richtung Haupttreppe nahm. Dass Felice auch die anderen damit in Gefahr brachte, dessen war sie sich nur mehr als bewusst, aber sie hatte nun mal keine andere Wahl. Wenn sie alle dieselbe Treppe nahmen, die sie während der Weihnachtsferien selbst hatte nehmen müssen, konnte Felice noch so lange wie möglich bei den Rumtreibern, Lily und vor allem ihrem Bruder bleiben, bevor sie sich von der Gruppe würde trennen müssen.
>>Winny, wir kommen ab hier alleine klar. Du musst zurück bevor dein Verschwinden auffällt.<< Es war gemein den Hauselfen so direkt anzulügen und loswerden zu wollen, aber dann hatte Felice wenigsten schon einmal den ersten in Sicherheit bringen können. >>Aber Winny will bei seiner Miss–<<
>>Und Miss Felice möchte, dass Winny sich jetzt in Sicherheit bringt.<<, unterbrach sie ihn etwas forsch. >>Ich kenne dieses Haus genauso gut wie du Winny. Vertrau mir und bring dich in Sicherheit, damit ich mir nicht noch um dich Sorgen machen muss.<<, wurde sie dann beschwichtigender und sah den kleinen Hauselfen eindringlich an. Dieser hatte nun keine andere Wahl mehr als den Wünschen Felice zu gehorchen. Mit einem letzten flehenden Blick in Felice Richtung, bei dem sie aber hart bleiben musste, verschwand Winny mit einem leisen Knall.
>>Was hast du vor, Felice?<<, wisperte Remus der nun an Felice Seite getreten war, als sie weiter dem schier endlosen Gang folgten.
Bald würden sie die Treppe erreichen, die sie hoch, direkt in einen langen Seitenflur in der Nähe der Eingangshalle führen würde. Ihre Schritte hallten von den steinernen Wänden und irgendwo tropfte geräuschvoll Wasser von der Decke. Hinter ihnen hörte Felice, wie Lily immer wieder leise mit Astor flüsterte, ihm von Hogwarts erzählte und dass das der schönste Ort wäre denn sie je gesehen hätte. Astor vertraute der jungen Muggelgeborenen, das konnte Felice spüren, genauso wie er James, Sirius und Remus vertraute. Peter wurde aber von ihrem Bruder nur misstrauisch beäugt. Beinahe tat Wurmschwanz ihr schon leid, weil anscheinend jeder in Frage stellte, wieso er hier war, dabei hatte auch er sich entschieden, ihr in die Höhle des Löwen zu folgen.
>>Uns hier alle lebend rausbringen!<<, zischte Felice und riss sich von Remus los, der sie am Arm gepackt hatte. Remus blickte ihr eindringlich ins Gesicht und wusste einfach, dass Felice ihn anlog. Ja, sie wollte alle lebend hier raus bringen, aber irgendetwas sagte ihm, dass sie sich dabei nicht mit dazu zählte.
Nach einer letzten Kurve endete der Gang an der Wendeltreppe die sie hoch ins Haus führen würde. Felice legte einen Finger an ihre Lippen, um den anderen zu vermitteln still zu sein, während sie in die Stille lauschte. Von oben erklangen keine Schritte oder ähnliches, also war die Luft allen Anscheins rein. Nur langsam kamen sie voran, denn die Stufen waren schmal und es war kaum möglich, dass zwei Personen gleichzeitig nebeneinander hergehen konnten. Besonders Problematisch wurde das wegen Astor, denn dieser musste immer wieder Pausen einlegen, da er nach kurzer Zeit bereits an die Grenzen seiner Belastungen kam, trotz dessen, dass er von Sirius und James gestützt wurde. Aber das Astor alleine lief, kam nicht in Frage. Die Gefangenschaft hatte ihn so geschwächt, dass selbst längeres stehen, für ihn zu viel wurde, was vermutlich auch an der immer noch nicht verheilten Wunde an seinem Knöchel lag. Diese war, vermutlich dank Winny, zwar nicht mehr so entzündet, doch glaubte Felice den Schmerz, den ihr Bruder jedesmal beim Auftreten hatte, selbst als Widerhall in ihrem eigenen Knöchel zu spüren.
>>So geht das nicht. Wir sind zu langsam. Sirius, hilf mir, ich werde ihn tragen.<<, bestimmte James irgendwann nach einer weiteren Pause, obwohl sie nur wenige Stufen bisher erklommen hatten. Nur mühsam schafften die Rumtreiber es Astor zu helfen auf James Rücken zu kommen. Lily und Felice blieb nichts anderes als zusehen übrig. Sie beide gingen voran und konnten wegen dem mangelnden Platz nichts tun als nur zu zusehen.
>>Bereit, Kumpel?<<, fragte James fürsorglich bei Astor nach, als dieser endlich es geschafft hatte auf James Rücken Halt zu finden. Trotz seiner Größe, wog Astor nicht mehr als ein kleines Kind, weshalb es für James auch keinen besonderen Kraftakt bedeutete den jungen Grindelwald zu heben. Astor nickte heftig und gab wieder unverständliche Laute von sich, die jedoch als Zustimmung zu verstehen waren.
Beinahe mühelos erhob sich James, als würde die Last auf seinem Rücken, ihn absolut nicht behindern. Astor entkam ein erschrockener Laut und er riss die Augen weit auf. Immer wieder glitt sein Blick suchend zu Felice, als müsse er sich noch einmal vergewissern, dass seine Schwester ihn nicht wieder alleine ließ.
Für seinen verwirrten Geist war das alles so viel was er begreifen und verstehen musste. So viele neue Gesichter, so viele Stimmen und dann die Tatsache, dass er bald dieses Haus verlassen dürfte, seine Schwester die ihn auch nach den ganzen Jahren nicht vergessen hatte. Mit seinen dünnen Armen klammerte er sich an James, um nicht runterzufallen.
Er vertraute ihm, er mochte James und James mochte das nette rothaarige Mädchen aus seiner Zelle das nun vor ihnen lief, das wusste Astor einfach. Und sie? Sie mochte ihn auch, auch wenn sie allen etwas anderes zu zeigen versuchte.
Ungelenk versuchte Astor ihren Namen mit den Lippen zu formen. Sie hatte ihn ihm genannt, als sie zu ihm in die Zelle gesperrt wurde. Lily.
>>Wie die Blume.<<, hatte sie gesagt und ihn dabei freundlich angelächelt. Und dann hatte Astor versucht auch ihr seinen Namen zu nennen. Allerdings war alles was er rausgebracht hatte ein >>A—sto<< gewesen, aber sie hatte nur gelächelt und genickt. Es war das erste Mal seit langem gewesen, dass es jemanden außer dem Hauself gab der nett zu ihm war. Felice war es zwar auch, aber Astor wusste das sie oft wegen ihm weinte, weil er nicht mehr das konnte was andere Zauberer konnten und ihr Vater deshalb böse war. Astor wollte nicht das seine Feli weinte. Feli sollte glücklich sein, aber sie hatte ihn niemals vergessen und ihn gerettet.
Astors Blick glitt nun zu dem Jungen der Felice immer wieder ansah. Er trug viele Narben im Gesicht und hatte schlimmes erlebt, auch das wusste Astor, aber dieser Junge liebte Felice. Woher Astor diese ganzen Sachen wusste, konnte er nicht sagen, er konnte sie ja nicht einmal laut aussprechen! Wenn er es gekonnt hätte, hätte er ihnen vielleicht sogar helfen können, obwohl er sich ziemlich sicher war, dass sie das auch ohne ihn schaffen würden. James und Lily auf jeden Fall und sie würde eine Zeit lang sehr, sehr glücklich sein.
Astor schüttelte den Kopf, als könnte er so dieses Wissen herausschütteln, denn wenn er ehrlich war, mochte er es nicht Dinge zu Wissen die sonst keiner wusste. Vor allem wenn er auch Dinge über seine Schwester wusste. Das war auch der Grund warum er ständig nachsah ob sie noch da wäre. Felice würde gehen, sie würde ihn allein lassen, und dass er nicht wusste ob sie zurückkam, war so schlimm, dass er am liebsten gar nichts mehr wissen wollte.
>>Alles gut, Kumpel?<<, fragte James plötzlich aufrichtig besorgt, weil Astor nicht aufhörte den Kopf hin und her zuwerfen und dabei unverständliche Sachen zu brabbeln.
Erschrocken blieb Felice stehen und wandte sich zu ihrem Bruder um. Die hellblauen Augen Astors trafen auf die dunkelblauen Felice' und augenblicklich wurde er wieder ruhiger, sodass sie ihren Weg fortsetzen konnten. Felice grübelte angestrengt und war froh ihrem Bruder den Rücken zuwenden zu können, auch wenn sie nicht wusste ob das etwas half. Sein Blick gerade eben... Felice wusste genau wie sehr Astors Verstand unter den Jahrelangen Qualen gelitten hatte, aber für einen Moment war er vollkommen klar gewesen und es lag etwas in seinem Blick, als wüsste er genau was Felice vor den anderen verbarg. Ob das nur daran lag, dass sie Zwillinge waren oder ob da noch etwas anderes hinter steckte, konnte sie nicht sagen.
>>Zauberstäbe.<<, wisperte Felice dann auf einmal den leisen Befehl und tatsächlich, nur einige Treppenwindungen später standen sie an einer unscheinbaren, schwarz lackierten Holztür die einen Spaltbreit offen stand. Eisern umklammerte Felice das Holz ihres Zauberstabes und gab ihren Freunden ein Zeichen, kurz zu warten, während sie die Tür weiter aufzog um in denn leeren Seitenflur zu spähen. Durch die hohen Fenster, die eine komplette Seite des Flures säumten, fiel das silberne Licht des Mondes und warf helle Flächen auf den schwarz weiß gekachelten Boden. Eine ohrenbetäubende Stille lag auf dem ganzen. Links entlang würden sie auf direktem Wege in der großen Eingangshalle kommen und rechts entlang lag die Freiheit. An der West Seite des Hauses gab es einen alten Bediensteten Eingang aus der Zeit, da dieses Haus von Muggeln errichtet wurde und dann irgendwann in die Hände Corvus fiel. Diese Tür wäre der Weg in ihre Freiheit, aber vorher würden sie an der Westtreppe des Hauses vorbeikommen. Diese lag auf der genau gegenüberliegenden Seite der Haupttreppe, wenn man das Haus durch das Eingangsportal betrat. Den Zauberstab festumklammert trat Felice raus in den Flur und blickte sich ein letztes Mal nach allen Seiten um ehe sie den anderen ein Zeichen gab ihnen zu folgen. Astor kniff die Augen zusammen und vergrub dann sein Gesicht an James Schulter. Selbst das Licht des Mondes schien zu hell für ihn zu sein oder zu ungewohnt, sodass seine Augen zu schmerzen begannen. Das Mondlicht reichte aus, dass keiner von ihnen seinen Zauberstab entzünden musste, aber für jemanden wie Astor, der Zeit seines Lebens in Dunkelheit gelebt hatte, war das Licht des Mondes schlichtweg zu hell.
>>Wahnsinn...<<, staunte Sirius mit vor erstaunen weit aufgerissenen Augen. >>Reggie hat nicht übertrieben. Euer Haus ist riesig! Also wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er sollte es sich noch mal überlegen mit dem Angebot unserer Mutter.<< Felice schnaubte verächtlich. Sie mochte nicht daran erinnert werden was das für ein Angebot gewesen war, was Sirius Mutter ihrem Vater im Winter unterbreitet hatte. Sie und Regulus die Familien vereinen, sobald sie beide die Volljährigkeit erreicht hätten. Wegen dieses Angebots hatten Felice und Sirius so etwas wie Frieden geschlossen gehabt, damals als sie bei sich ein Abteil im Hogwarts-Express geteilt hatten.
Damals.
Dabei war es kaum drei Monate her, dass sie beide aus den Weihnachtsferien zurück kamen und dennoch fühlte es sich so an als sei seien seitdem Jahre vergangen.
>>Wir müssen uns beeilen. Dumbledore wird bald hier sein und bis dahin— Wir sollten uns beeilen.<< Schon wieder spürte Felice wie Astor sie eindringlich anstarrte, als wüsste er ganz genau was sie plante. Dies jedoch war unmöglich, glaubte sie zumindest. Felice wandte sich ab und setzte sich wieder an die Spitze ihrer kleinen Truppe. James lief ganz als letztes mit Astor immer noch auf seinem Rücken. Ständig spürte Felice den bohrenden Blick ihres Bruders in ihrem Nacken. Ob er ihr je verzeihen würde, war vollkommen egal. Selbst wenn Astor sie hassen würde, wäre er dennoch am Leben.
Dennoch zog sich Felice Herz Schmerzhaft zusammen, als sie knapp vor ihnen bereits die dunkel vertäfelte Tür ausmachte, die zu ihrem Ziel führte. Zügig schritten sie durch den langen Flur der nu erahnen ließ, wie riesig der Rest das komplette Anwesen eigentlich war.
>>Ab hier müsst ihr ohne mich weiter.<<, sprach Felice plötzlich ganz unvermittelt und blieb stehen.
>>Du machst Scherze.<<, kam er ungläubig von Sirius, der ebenfalls innehielt und skeptisch beide Augenbrauen zusammenzog, wobei auf seiner Stirn eine steile Falte entstand.
>>Nein.<< Felice blickte ihm fest in die Augen, sodass Sirius die Ernsthaftigkeit ihrer Worte begreifen konnte. >>Ihr geht weiter. Wenn ihr dem Flur folgt, kommt ihr ganz am Ende an eine weitere Tür. Dahinter befindet sich ein kleiner Korridor. Nehmt die linke Tür, dann gelangt ihr in den Garten. Wo die Pforte in der Mauer ist, wisst ihr noch.<< Ernst blickte Felice in die Runde und machte einen demonstrativen Schritt rückwärts, um ihre Aussage noch einmal mehr zu bekräftigen. Bis hier hin und keinen Schritt weiter.
>>Felice, du–<<
>>Nein, Lily. Du verstehst das nicht. Geht!<<, fuhr Felice ihr schweren Herzens dazwischen und ballte die Hände zu Fäusten.
Peter blickte hilfesuchend zwischen Sirius und James hin und her, als könnten diese beiden ihm erklären was hier gerade vor sich ging, aber selbst die zwei schauten mehr als Fragend drein. >>Ich habe es eben zu Lily gesagt und ich sage es gern noch einmal zu dir, Felice. Wir gehen hier alle raus! Keiner bleibt zurück!<< James Blick verdunkelte sich gefährlich. >>Schon allein, weil du deinen Bruder nicht wieder hängen lassen kannst.<<
Felice schluckte schwer. Sie wusste, dass der junge Potter gerade versuchte sie zu provozieren, damit sie einen Streit begann und sich umstimmen ließ. Aber darauf würde sie nicht eingehen. >>Ich habe meine Entscheidung getroffen. Verschwindet!<< Es missfiel ihr, doch war Felice gezwungen ihre Zauberstab drohend zu heben und auf ihre Freunde zu richten. >>Ich werde es nicht noch einmal sagen.<<, zischte sie und kniff ihre Augen zusammen. Felice bemühte sich ihr Gesicht eisern zu halten, keine Empfindung durften ihre Freunde ihr ansehen, sie musste strak bleiben, keine Schwäche zeigen und erst recht keine Angst. Ihr Blick huschte von einem zum anderen und blieb letzten Endes bei Remus hängen.
>>Warum?<<
Seine Stimme war rau und kehlig, sie klang, als würde es ihn alle Kraft kosten, dieses einzelne Wort zu formen und laut auszusprechen. Es brach Felice kleines Herz in tausend Stücke, zu sehen, wie Remus Schultern kraftlos nach unten gesackt waren. In seinem so sanften und doch vernarbten Gesicht spiegelten sich Unglaube und Verzweiflung wieder. Er wusste es. Remus wusste, wieso sie diese Entscheidung treffen musste und doch, wollte er es nicht wahrhaben. Diese eiserne Maske die Felice trug, begann in sich zusammenzufallen, sodass ihre eigene Verzweiflung ihre Augen trübe erscheinen ließ.
>>Du weißt wieso.<<, war alles was Felice mit brüchiger Stimme hervorbrachte. Die Hand die ihren Zauberstab immer noch erhoben hielt hatte zu zittern begonnen, bis Felice sie schließlich ganz runter nahm. Remus schien nun komplett in sich zusammengefallen zu sein. Er lehnte sich an die Wand und schloss gequält die Augen. Nun schien auch den anderen immer mehr ein Licht aufzugehen.
>>Nein<<, wisperte Lily atemlos und Tränen traten in ihre strahlend grünen Augen, ließen diese noch mehr glänzen. >>Felice, das kannst du nicht bringen! Du kannst nicht—<<
>>Doch, Sirius.<<, unterbrach Felice ihn mit müder Stimme. >>Ich kann und ich werde. Und wenn ich auch nur einem von euch jemals irgendetwas bedeutet habe, dann bringt ihr jetzt meinen Bruder hier raus und versteckt euch bis Dumbledore euch holen kommt.<< Astor verkrampfte sich am ganzen Körper und zappelte auf James Rücken herum damit dieser ihn runterließ.
>>Feli. F—Feli... Nheihn.<<, stammelte er ungelenk und stützte sich auf James als dieser ihn runtergelassen hatte. >>Du wirst mich nicht daran hindern können, großer Bruder.<<
Astor warf wieder seinen Kopf hin und her und ballte seine schmalen Hände zu kraftlosen Fäusten, begann wieder Worte zu Formen, was ihm aber wieder misslang. Astor stieß sich von James ab und taumelte auf Felice zu, wäre wahrscheinlich gestürzt, wenn sie nicht einen Satz nach vorne getan hätte, um ihren Bruder aufzufangen. Kraftlos ließ Astor seinen Kopf hängen und bohrte überraschend kräftig seine Finger in Felice Unterarme. >>Astor?<<
Langsam hob dieser seinen Kopf und etwas hatte sich in seinem Blick verändert. Wirr umrahmte sein dreckiges und verfilztes Haar sein schmales und eingefallenes Gesicht, doch seine Augen leuchteten hell und klar wie nie zuvor Felice entgegen. >>Er hat dich gewarnt.<<, begann Astor klar und vollkommen deutlich zu sprechen.
>>Vor dem Pfad der Dunkelheit und den violetten Flammen. Das eine nicht beachtet, bedeutet des anderen Erfüllung.<<
Mit weit aufgerissenen Augen starrte Felice ihren Bruder an. Dessen Augen verdrehten sich jetzt nach hinten und er brach kraftlos zusammen. Voller Panik schrie Felice auf und sank mit ihrem Bruder zu Boden. >>Astor!<< Felice rüttelte ihn an seiner Schulter und hielt ihn fest in ihrem Armen. >>Astor, bitte! Wach auf!<< Doch Astor rührte sich nicht.
>>Er atmet, beruhige dich. Vielleicht nur ein Schwäche Anfall?<< Remus war neben ihr in die Hocke gegangen und fühlte nach Astors Puls. Merlin sei Dank schlug sein Herz. >>Was war das, Felice?<<, wisperte Remus und sah sie eindringlich an, doch diese schüttelte nur unwissend den Kopf und strich sanft durch Astors Haar. >>Bringt ihn hier raus. Bitte, er muss weg von diesem Ort.<<, flehte Felice und blickte hoch in die Gesichter der Menschen die ihr am meisten etwas bedeuteten. Keiner von ihnen rührte sich. >>Bitte...<<, flehte Felice wieder und merkte gar nicht wie erneut Tränen über ihre Wangen liefen.
Am Ende war es schon wieder James, der die Initiative ergriff. >>Merlins Bart, Grindelwald, wäre die Situation anders, hätte ich dich schon lange selbst erwürgt. Mach mal Platz, Moony.<< James schob seinen besten Freund etwas beiseite, ging in die Hocke und hob dann Felice Bruder sanft hoch in seine Arme. Es schmerzte Felice ihren großen Bruder leblos wie eine Puppe in James Armen liegen zu sehen, ganz so, als wäre er tot.
>>Dich von einer Dummheit abhalten können wir wohl nicht, oder?<< Felice schüttelte schweigend den Kopf und sah James unglaublich dankbar an. Noch vor einem halben Jahr hätte sie niemals erwartet, dass Potter sich so für sie einsetzen würde. Oder das überhaupt jemand, ihr zu dem wohl gefährlichsten Ort überhaupt folgen würde. Lily konnte nicht aufhören zu weinen und schmiss sich in Felice Arme. Mit zitternder Stimme versuchte sie Felice doch noch zu überzeugen, obwohl sie sie gut genug kannte, um zu wissen, dass Felice das Leben ihre Bruder und das ihrer Freunde immer über ihr eigenes stellen würde.
>>Bitte nicht. Felice, dein Bruder braucht dich! Hogwarts braucht dich! Marlene und Alice... Ich brauche dich!<< Aber Felice schüttelte liebevoll lächelnd den Kopf.
>>Du kannst mich nicht umstimmen. Seien wir ehrlich, wir wussten, dass ich im Laufe der Zeit noch irgendeine riesen Dummheit begehen würde und bitte – jetzt habt ihr sie. Wer bin ich denn schon, dass ihr mich bräuchtet?<< Lily schluckte schwer und trat einen Schritt zurück. Die Tränen versiegten nicht, doch blickte die rothaarige Hexe ihr eindringlich in die Augen und Felice kam nicht drum herum Lily wieder einmal für ihre unglaubliche Willenskraft und Stärke zu bewundern, die sie schon sooft bei ihr gesehen hatte.
>>Du bist Felice Astoria Grindelwald. Einer der unglaublichsten und aufopferungsvollsten Menschen die ich kenne. Und – Und meine beste Freundin.<<
Jetzt brachen bei der jungen Hexe alle Dämme und sie schluchzte erneut auf. Mit ihrer Reaktion war Lily nicht allein. Jeder wirkte betroffen.
James, der schwieg.
Sirius, der krampfhaft blinzelte und einen Punkt an der Wand hinter Felice fixierte.
Peter, der endlich das Ausmaß und das Gewicht ihrer Worte begriff.
Remus, der immer noch gegen die Wand gelehnt stand, den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen hatte.
Eine gespenstische Stille legte sich wie ein dunkles Tuch über sie alle, nur Lilys Schniefen unterbrach diese hin und wieder.
>>Es tut mir leid, Felice.<<, kam es plötzlich ruhig von Peter. >>Ich meine das an deinem Geburtstag, das was ich gesagt habe. Ich — es tut mir leid.<< Felice konnte nur ein schwaches Nicken zustande bringen.
>>Komm zu uns zurück, Cousinchen.<<, wisperte Sirius mir kratziger Stimme und zog Felice fest in seine Arme, presste ihren kleinen Körper an seinen. Oft hatte er sich den Kopf zerbrochen ob er Felice nicht aus ihrer Familie einfach hätte raushelfen sollen, so wie er von seiner entkommen war. Damals hatte Sirius aber noch nichts von dem Einfluss Corvus Grindelwalds und Astor gewusst. Zu gerne hätte das schwarze Schaf seiner eigenen Familie dem Lämmchen geholfen, für das er sich irgendwie verantwortlich gefühlt hatte,
>>Sie ist deine was?<<, kam es überrascht von James.
>>Fresse halten, Krone. Ich versuche hier grad möglichst Männlich nicht zu heulen! Über ein paar entfernte Ecken ist sie es.<<, theatralisch fächerte Sirius sich mit seinen Händen Luft zu, nachdem er sie aus der Umarmung entlassen hätte. Für jeden außenstehenden musste es wie ein weiterer Witz des sonst so arroganten Blacks klingen, aber Felice konnte durchaus das Schimmern in seinen Augen sehen das ihn verriet. Sie war dankbar, dass er den Namen Rosier verschwiegen hatte. Das alles zu erklären, hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen. Mehr als jetzt schon der Abschied nahm.
>>Geht jetzt. Ich komme schon klar.<<
Lüge.
Aber die einzige Wahrheit die sie den fünf geben konnte. Vorsichtig strich Felice Astor noch ein letztes Mal durchs Haar und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Stirn.
>>Pass auf ihn auf, Potter.<< Auch James musste schwer schlucken und nickte schlussendlich. >>Werde ich, Grindelwald.<<
Die Lippen fest aufeinander gepresst, trat Felice zurück und nickte kraftlos. Ihre Zeit war gekommen und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hatte sie schon immer gewusst, dass sie wohl kaum lebend aus der Sache rausgekommen wäre. Ob es damals nun um den Plan ihres Vaters ging, Dumbledore durch Felice Hand töten zu lassen, oder als Felice beschlossen hatte, ihr Schicksal selbst zu schreiben. Das hatte sie getan und nun war die Zeit gekommen, den Punkt hinter den letzten Satz zu setzen und die Geschichte enden zu lassen. Ihre Geschichte. Denn obwohl es aus Felice Perspektive immer um ihren Bruder gegangen war, hatte sie gewusst, dass es am Ende nur mit ihr Enden konnte. Astor würde niemals frei sein, solange Corvus Herz schlagen würde. Damit Astor sein längst verdientes Recht auf ein Leben in Freiheit wahrnehmen konnte, würde Corvus sterben müssen.
>>Felice<<
Remus Stimme war nur leise und dennoch schlug sie bei Felice ein, wie das Rollen eines Donners. Der gequälte Ausdruck war nicht aus Remus warmen braunen Augen verschwunden. So gerne hätte er noch vieles mehr gesagt, Felice versucht davon abzuhalten oder jetzt wenigstens einmal den Mut bewiesen, ihr zu sagen, was er ihr schon so lange zu sagen hatte. Felice schloss die Augen und sog zitternd die Luft ein. Das war zu viel. Sie konnte das nicht mit ansehen, aber statt das einzig richtige zu tun, nämlich sich umzudrehen und zu gehen, tat sie das erste Mal etwas aus einem Impuls heraus. Einem Impuls bei dem Felice ihren Verstand ausschaltete und ihrem Herz das Handeln überließ. Längst überfällig. Der Neben ihrer Zweifel und des nicht-sehens wollen hatte sich gelichtet. Felice seknte ihren Zauberstab und blickte Remus dabei fest in die Augen.
>>Remus<<
Ihre Stimme war genauso leise wie die seine und doch wusste Felice das er sie gehört hatte. Felice spürte keine Angst mehr, weder vor dem was sie jetzt und heute noch tun würde. Felice überwand die wenigen Schritte die sie von Remus trennten und steckte dabei ihren Zauberstab kurzzeitig komplett weg. Sie wollte ihm nicht bewaffnet gegenübertreten.
Noch bevor neue Zweifel hätten aufkommen können, griff sie nur zaghaft nach Remus Hand. Dieser verschränkte ebenfalls aus einem Impuls heraus ihre Finger miteinander und schluckte trocken. Felice Hände waren kalt vor Aufregung und Adrenalin jagte durch ihre Venen ließen ihr Herz auf Hochtouren pumpen.
Drei kleine Worte brauchte es noch.
Drei kleine Worte.
>>Nur ein mal.<<, wisperte Felice so leise, dass nur Remus sie verstehen konnte, bevor sie vorsichtig und ganz sanft ihre Lippen auf die von Remus legte.
Kurz schien alles den Atem anzuhalten und für den Bruchteil einer Sekunde geschah gar nichts, als wäre die Zeit stehen geblieben. Dann aber schien es, als würde die gläserne Wand, die Remus und Felice immer voneinander getrennt hatte, zerspringen zu einem feinen Regen aus funkelnden Scherben, die auf sie beide herabregnete und sie einen Moment vergessen ließ. Remus schlang seine Arme um Felice Taille, kaum das er Begriff was sie getan hatte, als hätte er Angst, dass sie ihm sonst entgleiten könnte. Überrascht nach Luft schnappend lösten sich nur wenige Augenblicke beide voneinander und sahen sich immer noch ungläubig was eben geschehen war, in die Augen.
>>Nur ein mal.<<, wisperte Remus atemlos und zog Felice erneut in seine Arme, vergrub sein Gesicht kurz in Felice blonden Haar. Felice erlaubte sich noch diesen einen Moment des Friedens, in dem sie sich an Remus wie an einen Rettungsring klammern konnte. Ähnlich erging es Remus, aber er wusste, dass er sie gehen lassen musste und so löste er sich von Felice in dem er sie ein Stück von sich wegschob. Dabei zerriss es dem Werwolf und der Grindelwald das Herz. Dass die anderen sie dabei beobachteten und Lily deshalb schon wieder zu weinen begonnen hatte, blendeten beide völlig aus. In diesem Moment gab es nur sie beide. Wahrscheinlich das letzte mal.
>>Du musst gehen.<<, flüsterte Remus und strich Felice zärtlich ein letztes mal eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und versuchte dabei, sich jedes Detail davon einzuprägen. Felice sah ihm direkt in die Augen und strich liebevoll über die Narbe die sich quer über sein Gesicht zog, dann jedoch machte sie auf dem Absatz kehrt und riss die Tür zur Westtreppe auf, ehe sie hinter sich zufallen ließ.
Der Knall, der dadurch entstand halte durch den Flur in dem sie ihre Freunde zurückgelassen hatte.
———
Glaubt mir, keinem tut dieses Kapitel so sehr weh, wie mir...
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