5. Sich Prioritäten setzen
Für den Rest der Nacht schlossen sich Felice Augen für keine Sekunde mehr. Zu groß war ihre Angst wieder mit ansehen zu müssen wie Astor gefoltert würde.
Schon sieben Jahre hatte sie sich das immer wieder mit ansehen müssen.
Astor wurde nicht nur mit dem Cruciatus-Fluch gefoltert, sondern auch auf die verschiedensten anderen Arten. Einmal wurden in den Keller, in dem Astor seit Jahren eingesperrt war, zehn Dementoren mit eingeschlossen und das für mehrere Stunden. Er hatte keinerlei Möglichkeit sich zu wehren. Ein anderes mal sperrte Felice Vater Astor in eine kleine Kammer mit einem Irrwicht, dort drin musste er zwei Tage lang ausharren. Danach hatte er Wochenlang auf nichts mehr reagiert, hatte sich nur vor und zurück gewogen und unverständliche Dinge vor sich hin gemurmelt. Zwischendurch hatte er sich die Hände auf die Ohren gepresst und so laut geschrien, dass Felice ihn sogar bis hoch in ihr Zimmer im zweiten Stock gehört hatte.
In was genau sich der Irrwicht damals verwandelt hatte, hatte Felice nie erfahren, aber seitdem war Astor nicht mehr derselbe gewesen. Etwas in ihm war zerbrochen. Damals war er zwölf Jahre alt gewesen.
Felice war sich sicher, lange würde Astor das nicht mehr überleben. Seit sie beide acht Jahre alt waren, lebte Astor nun schon in diesem Keller. Während Felice zwei Stockwerke über ihm im goldenen Käfig lebte. Ein halbes Leben.
Sie musste Astor da raus holen! Ihr Vater hatte ihr zugesichert, wenn sie ihren Auftrag ausführte, würde er sie und Astor gehen lassen. Zusätzlich bekämen sie so viel Gold, dass sie wo anders komplett neu anfangen konnten. Das Gold war Felice egal, sie wollte bloß Astor. Und jetzt würde wegen ihr wahrscheinlich auch noch Winny bestraft werden...
Als die Sonne aufzugehen begann und Felice hörte, wie die ersten Schüler sich auf den Weg in die Waschräume machten, saß sie immer noch in dem Sessel. Langsam stand sie auf. Ihre steif gewordenen Glieder knackten als sie sich streckte. Leise, damit niemand sie bemerkte, huschte sie wieder in ihren Schlafsaal. Der einzige der ihr kommen bemerkte war Pum, der sie mit seinen gelben Augen misstrauisch anfunkelte. Seit sie diesen Kater kannte, schien es als würde er ihr Misstrauen. Zu recht.
Kaum hatte sie sich in ihr Bett gelegt wachten auch die anderen auf.
>>Guten morgen.<< gähnte Lily. Felice antwortete nicht, sie hatte die Augen geschlossen und tat so als würde sie immer noch schlafen. Eine knappe halbe Stunde später verließen Lily, Gwenog und Alice den Schlafsaal und gingen runter zum Frühstück in die große Halle. Felice wollte eigentlich nicht runtergehen, aber sie hatte seit gestern morgen nichts mehr gegessen. Also zog sie ihre Schuluniform an und ging ebenfalls runter zum Frühstück.
>>Da bist du ja! Ich dachte schon du lässt das Frühstück ausfallen.<< begrüßte Lily Felice gut gelaunt. >>Hier. Der neue Stundenplan. McGonagall war eben da.<<
Felice nahm die Rolle Pergament entgegen und sah drauf. >>Doppelstunde Verwandlung, direkt nach dem Frühstück.<< stellte Felice fest.
>>Na super... McGonagall wir uns wahrscheinlich super gut auf die ZAGs vorbereiten. Ist ja nicht so das ich noch was anderes zu tun hätte...<< das letzte sagte sie mehr zu sich selbst als zu Lily, aber die hatte eh nicht zugehört. Sie war schon ganz in die Analyse ihres Stundenplans vertieft.
Wenig später saß Felice im Klassenraum für Verwandlung. Professor McGonagall erläuterte gerade eben den Erwartungshorizont für das kommende Halbjahr und verteilte nebenbei Flyer zu den ZAGs. Felice blinzelte müde. Jetzt rächte sich die Schlaflose Nacht. Den Kopf auf die Hand gestützt dämmerte sie immer wieder weg. Plötzlich schreckte sie auf. Professor McGonagall hatte Felice ihren Flyer lautstark auf den Tisch geklatscht.
>>Miss Grindelwald! Man könnte doch meinen, dass die Sommerferien und die letzte Nacht mehr als genug gewesen sein könnten, um ausreichend Schlaf zu bekommen! Also verraten Sie mir bitte, wieso Sie der Auffassung sind, hier besser schlafen zu können als in Ihrem Bett.<< fragte Professor McGonagall in ihrem gewohnt forschen Ton.
>>Entschuldigen Sie bitte Professor. Wird nicht wieder vorkommen.<< antwortete Felice Schuldbewusst. >>Das will ich für Sie hoffen!<<
Den Rest der Stunde gab Felice sich wirklich alle Mühe zuzuhören, aber die Hälfte bekam sie gar nicht mehr mit. Aus dem Augenwinkel bekam Felice mit, dass Lily ihr immer wieder besorgte Blicke von der Seite zuwarf. Stumm versuchte Felice ihr mitzuteilen das bei ihr alles okay war. Doch Lily sah sie bloß skeptisch an und schüttelte den Kopf.
>>Na offensichtlich ist überhaupt nichts in Ordnung! Felice, du bist seit gestern schon so komisch. Du hast kaum was gegessen und du siehst so aus als hättest du die ganze Nacht lang nicht geschlafen! Ich bin nicht dumm.<<
>>Das habe ich auch nie behauptet! Mir geht's gut, okay?!<< versuchte Felice Lily nach der Stunde zu überzeugen, aber sie wusste selbst, dass das nicht stimmte.
Sie machte sich auch immer noch sorgen darum, dass sie gestern offensichtlich eine Halluzination hatte. Denn was sollten diese seltsamen Pferdeähnlichen Wesen sonst gewesen sein?
Beim Hinausgehen wurden die beiden von Professor McGonagall aufgehalten. >>Miss Grindelwald, ich würde ganz gerne noch einige Worte mit Ihnen besprechen.<<
>>Ich warte dann draußen.<< sagte Lily offensichtlich eingeschnappt und verließ den Klassenraum.
Verunsichert ging Felice näher an das Lehrerpult. Die letzten Schüler verließen den Klassenraum und machten sich auf den Weg zu ihren nächsten Unterrichtsstunden. >>Professor? Ist irgendetwas nicht in Ordnung?<<
>>Das wollte ich Sie gerade fragen.<< Fragend sah Felice die Professorin an.
>>Miss Grindelwald, das ist jetzt Ihr fünftes Jahr hier in Hogwarts. Dieses Jahr werden Sie und Ihre Mitschüler ihre ZAGs ablegen, aber ich habe nicht das Gefühl, Sie würden sich großartig dafür interessieren. Sie sind begabt, zweifelslos, aber Sie zeigen keinerlei Ambitionen nach der Schule irgendeinen besonderen Beruf erlernen zu wollen.<<
>>Ich verstehe nicht ganz was Sie meinen Professor.<<
>>Sie sind unkonzentriert und scheinen sich keine Gedanken um Ihre Zukunft zu machen.<< Klar doch... Keine Gedanken um die Zukunft und so. dachte Felice verbittert.
>>Ich bin halt noch unentschlossen...<< versuchte Felice die Kurve zu kratzen. McGonagall schien nicht so als würde sie dieser Ausrede besonderen Glauben schenken.
>>Heute habe ich darüber hinweggesehen, dass Sie im Unterricht eingeschlafen sind, aber das nächstemal bedeutet das Nachsitzen. Haben Sie verstanden?<<
>>Ja, Professor.<< nickte Felice.
>>Und bitte machen Sie sich ein bisschen mehr Gedanken darum, was Sie mit ihrem Leben anfangen wollen. Setzen sie sich Prioritäten.<< Felice nickte stumm.
>>Das wäre dann alles. Haben Sie jetzt nicht Zaubertränke bei Professor Slughorn?<< Und damit scheuchte Professor McGonagall Felice aus dem Unterrichtsraum.
Wie versprochen wartete Lily vor der Tür auf sie.
>>Alles okay? Was wollte McGonagall von dir?<< fragte sie als Felice aus dem Klassenraum kam. >>Nichts Besonderes. Sie hat mich bloß gewarnt ich soll im Unterricht nicht noch einmal einschlafen, sonst gibt es nachsitzen. Gehen wir?<<
Zusammen machten sie sich auf den Weg runter in die Kerker zum Zaubertrankunterricht den sie gemeinsam mit den Slytherins haben würden.
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