43. Ich bin noch hier
Vollkommen überrumpelt taumelte Felice zurück, das Gesicht kreidebleich und der Angstschweiß strömte ihren Rücken hinab, was ihr einen kalten Schauder verursachte.
Immer noch versuchte sie zu begreifen, was Dumbledore da eben gesagt hatte. Dumpf drangen seine Worte an ihr Ohr, aber sie war unfähig sie zu begreifen und aufzunehmen.
>>... wird keinen Unterscheid machen, zwischen dir und... Felice, hörst du mir zu? Felice?<< Sanft rüttelte sie der Professor an den Schultern und versuchte sie wieder zu Sinne bekommen. >>Felice?<<
Mit vor Panik weit aufgerissenen Augen starrte sie den Professor an. >>Sie lügen...<<, hauchte sie panisch. >>Sie lügen! Er hat gesagt, er würde mich und Astor gehen lassen... er würde uns—uns gehen lassen... Ich hab doch bloß—ich hab nur ihn!<<, stammelte Felice den Tränen nah.
Dumbledore sah sie mitleidig an. Mit einem schlenker seines Zauberstabs, entbrannte in dem Kalten Kamin plötzlich ein behagliches Feuer. Und mit einem weiteren Schlenker erschienen dort zwei gemütlich aussehende Sessel, auf einem von ihnen lag eine karierte Wolldecke. Ohne das sich Felice großartig gewehrt hätte, bugsierte der alte Schulleiter sie geradewegs auf den Sessel mit der Decke zu und legte sie ihr um die Schultern.
Dann setzte er sich ihr gegenüber während Felice sich tief in die Decke kuschelte und ins Feuer starrte. Die tanzenden Flammen spiegelten sich in ihren dunkel blauen Augen wieder und reflektierten diese, so dass es fast so aussah, als würden die Flammen in Felice Augen sein. Die Fingerkuppen aneinander gelegt und sich in seinem Sessel zurückgelehnt, ruhte Dumbledores Blick auf ihr. >>Nun?<<
Felice schluckte und starrte weiterhin in die Flammen, natürlich spürte sie sie den Blick von ihm auf sich, doch sie hatte nicht die Kraft oder den Mut ihm in die Augen zu sehen. Zitternd und um Fassung ringend schloss Felice die Augen.
>>Astor ist mein Bruder. Mein Zwillingsbruder... Er wird ihn töten... und ich bin schuld...<<, hauchte sie mit erstickter Stimme, so leise das man es kaum höre konnte.
>>Wenn jemand schuld ist, dann doch wohl ich.<< Stellte Dumbledore fest und lehnte sich angespannt nach vorne. Sein Gesicht war kreidebleich geworden. >>Wenn ich nur schon früher... Ich wusste von Anfang an, dass du nicht ohne Grund hie sein konntest und, dass das alles irgendwie mit deinem Großvater zu tun haben muss... Aber das dein Vater... oder das du... Felice du musst mir glauben ich hatte keine Ahnung, dass du einen Bruder hast.<< Fassungslos fuhr er sich über das Gesicht und wohl das erste mal konnte man Dumbledore sein wahres Alter ansehen.
>>Sie konnten es nicht wissen. Keiner wusste es. Es hätten nie Zwillinge sein sollen... nie...<<
Felice musste schlucken, bei dem Gedanken immer der unerwünschte Nebeneffekt gewesen zu sein. Fragend sah Dumbledore sie an und Felice begann zu erzählen. Von dem, dass sie niemals diese Aufgabe, die ihr Vater auch ihr Erbe nannte, hätte ausführen sollen, sondern das diese Aufgabe Astor zugestanden hatte, bis seine kleine Schwester eine Stunde später nach im auf die Welt kam, als Todgeburt.
Sie berichtete von Jahren der Pein, der Qualen und Folter, die Astor alle ertrug, weil er seine Magie nicht nutzen konnte beziehungsweise wollte. Davon, dass nun alle Hoffnungen auf einen reingewaschenen Namen, auf den Schultern des kleinen schwachen Mädchens ruhten, die ihre eigene Geburt nie hätte überleben dürfen, es aber dennoch getan hatte. Wie ihr Vater zum dunklen Lord stand und die Pläne die er gegen eben diese hegte. Auch ließ Felice in ihren Erzählungen nicht die Details aus, die sie während der Weihnachtsferien erfahren hatte. Dass Alexia Grindelwald zwar die Frau von Corvus war, aber doch nicht die Mutter der Zwillinge. Dass die Mutter von Felice und Astor, Latona gewesen war, die Schwester von Alexia und, dass— Dadurch das Felice es jetzt das erste mal laut aussprach, wurde sie direkt mit der Tatsache konfrontiert, dass sie im Vergangenen Sommer ihre Mutter hatte sterben sehen. Und genau das brach nun alles über sie ein.
Die Tatsache, dass sie nie ein Leben gehabt hatte. Sie mochte ihre Geburt überlebt haben, doch jetzt wünschte sie sich es nicht getan zu haben.
Ihr Leben lang wurde sie gezwungen etwas zu sein, was sie nicht wahr und nie sein wollte, doch ihr Vater hatte nun mal das einzige in seiner Hand, was ihr wirklich etwas bedeutete.
Ihren Bruder.
Astor.
Der all die Jahre die Folter und den Schmerz ertrug, weil er darauf vertraute das seine Schwester ihn retten kommen würde. Und sie hatte versagt. Sie würde Astor nicht retten können...
Dumbledore hatte sich alles schweigend mit angehört und sie kein einziges mal unterbrochen. Als Felice geendet hatte, schwieg er auch weiterhin. Felice starrte auf den Boden. >>Schicken Sie mich jetzt nach Askaban?<<, fragte sie leise und schluckte
>>Merlin, nein natürlich nicht!<<, überrascht sah Felice auf. >>Du bist nicht allein, Felice. Ich und eine Gruppierung der mutigsten Hexen und Zauberer die ich je gesehen habe, haben Mittel und Wege dir und Astor zu helfen. Diese Informationen—<<
>>Nicht das Ministerium! Professor, wenn er rausfindet, dass die Informationen von mir kommen dann—<<
Panisch war Felice aufgesprungen und sah den Professor mit vor schrecken geweiteten Augen an. >>Aber nicht doch, mein Kind. Das Ministerium lassen wir da raus. Der Orden und ich vermuten, dass Spione Voldemorts das Ministerium infiltriert haben und wir wollen denen es doch so schön schwer wie möglich machen...<<, schalkhaft blitzten die Augen des Professors auf.
Erstaunt setzte Felice sich wieder. >>Orden? Welcher Orden?<<
>>Ja, der Orden. Verzeih, aber unsere kleine Gruppierung hat es noch nicht geschafft sich auf einen Namen zu einigen. Einige— nun wie soll ich sagen—unerfreuliche Zwischenfälle mit ein paar Todessern kamen ein wenig dazwischen.<< Er wog den Kopf hin und her, so als würde er immer noch nach einem Namen suchen. Dann sah er sie jedoch mit ernster Miene an.
>>Felice, wir werden deinen Bruder da raus holen. Ich verspreche, nein, ich schwöre es dir. Aber nun...<<, er klatschte einmal in die Hände. >>Genug Aufregung für einen Abend. Gehen Sie zurück in ihren Schlafsaal.<<
Dumbledore erhob sich und hob gleichzeitig den am Boden liegenden Umhang auf.
>>Ganz außergewöhnlich... Den haben Sie bestimmt von Mister Potter.<< Er reichte ihn der überrascht dreinblickenden Felice und schob sie sanft aus seinem Büro.
>>Und Verzeihung nochmal wegen der Sache mit dem Irrwicht. Ich fand ihn in einer meiner Schubladen und wollte eigentlich nur Professor Merrythought holen.<<
Und mit diesen Worten schloss er hinter Felice die Tür. Vollkommen verdutzt starrte sie einige Minuten lang auf das Holz der Tür, bevor sie sich wieder langsam auf den Weg n den Gryffindor-Turm machte.
Kurz bevor sie bei dem Porträt der fetten Dame ankam, schwang es schwungvoll auf und ein gehetzter Remus trat heraus.
Da Felice verborgen unter dem Umhang war, rannte er geradewegs in sie rein und schmiss sie um. Dabei stolperte Felice über den Saum des Umhangs, versuchte sich an Remus festzuhalten und zog ihn stattdessen mit nach unten, wo sie beide ein Stück die Treppe herunter kullerten. Ächzend und mit einem kollektiven >>Autsch.<<, blieben sie am Treppenabsatz liegen.
>>Remus, dein Ellbogen drückt in meine Rippen.<<, keuchte Felice und versuchte sich unter Remus zu befreien. >>Merlins Bart! Tut mir leid ich hab dich nicht gesehen!<<, rief er beinahe schon erleichtert aus.
>>Ich war ja auch nicht irgendwie unter dem Umhang...<<, ein Grinsen konnte sie sich nicht verkneifen und ergriff Remus Hand die er ihr hinhielt um ihr aufzuhelfen.
Wieder auf den Beinen streifte Felice erstmal den Umhang von den Schultern, der sie noch zu Hälfte bedeckt hatte, und umarmte Remus dann stürmisch. Dieser, erst überrascht, umarmte sie ebenfalls und hielt sie einfach fest.
Felice stellte sich auf die Zehenspitzen >>Ich bin noch da.<<, wisperte sie ihm ins Ohr. >>Ich sehe es... Danke.<<
Remus löste sich sanft von ihr. >>Felice es tut mir leid, ich war vorhin—<< >>Nein.<<, unterbrach sie ihn sanft. >>Entschuldige dich nicht. Ich hatte es nicht anders verdient.<< Beharrlich schüttelte er den Kopf. >>Doch, Remus, und du weißt es. Ich stand heute vor einer großen Dummheit, aber... Ich bin noch hier.<<
Zum Ende hin wurde Felice immer leiser und sah ihm in die Augen, ohne sich dabei in Grund und Boden schämen zu müssen für etwas, dass sie heute fast getan hätte.
Remus lächelte sie liebevoll an. >>Ja bist du... Und versprich mir, dass du auch bloß nicht weg gehst.<<
Lächelnd sah Felice ihn an und zupfte eine braune Haarsträhne aus seinem Gesicht. >>Ich verspreche es.<< Als sie ihre Hand wieder zurückziehen wollte, hielt Remus sie fest und sah ihr in die Augen.
Sofort fühlte sich Felice an ihren Geburtstag auf der Brück zurückversetzt, wo Remus sie beinahe geküsst hätte. Sie konnte Remus ansehen, dass auch er daran dachte und dieses mal, so musste Felice es sich endlich eingestehen, würde sie sich nicht abwenden, ihn nicht von sich stoßen. >>Felice?<<, flüsterte Remus kaum hörbar. >>Ja?<<
>>Ich—<<
>>Felice!<< Ein erleichterter Sirius kam die Treppen herunter gestolpert, schon im Pyjama, wobei er auf sein Oberteil verzichtet hatte, was bestimmt dem ein oder andere Mädchen die röte ins Gesicht getrieben hätte, jedoch nicht bei Felice.
Fast sofort ließ Remus sie los und trat mit versteinerter Miene einen Schritt zurück. Innerlich wusste Felice jetzt nicht ob sie Sirius schlagen oder sich freuen sollte, weil er sich scheinbar immer noch Sorgen um sie machte.
>>Sirius.<< Kaum bei ihr angekommen zog auch er sie in eine Umarmung, was Remus scheinbar nicht gefiel, den seine Kiefermuskulatur spannte sich an und seine Hand war zur Faust geballt.
>>Wir haben uns Sorgen gemacht. Bitte rede endlich mit uns!<< Felice schüttelte den Kopf und sah zu Boden. >>Nein. Zumindest noch nicht. Aber ich bin noch da und das ist alles was im Moment wichtig ist.<<
Bei ihren letzten Worten hatte sie zu Remus geblickt und ihn versucht mit ihren Augen darauf hinzuweisen, dass er kurz vor der Ermordung seines besten Freundes stand.
>>Ich bin noch hier.<<
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