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Kapitel 9

Als ich ein weiteres Mal zwischen karierten Kissen aufwachte, war ich sofort hellwach und riss meine rechte Hand vors Gesicht: noch immer funkelte mir der Ehering entgegen. Wütend riss ich ihn von meinem Finger und schleuderte ihn in den Raum hinein. Gestern Abend war ich zu müde gewesen, um mehr zu tun als erschöpft ins Bett zu fallen. Ich war auch sofort eingeschlafen. Aber jetzt...

Ich richtete mich auf und vergrub das Gesicht in den Händen. Ich befand mich noch immer in diesem unseligen Jahr 1938. Und wenn auch Herr Manshagen eine überaus interessante Bereicherung dieser Zeitreise darstellte – ich wollte zurück!

Ich fragte mich, wie es meinen Kindern ging. Hatten sie versucht, mich telefonisch zu erreichen? Zum Glück verstanden sie sich gut mit ihrem Vater. Die Anrufe waren eigentlich immer eher von mir ausgegangen – was sich jetzt als Glücksfall erweisen konnte. Ich biss mir auf die Lippen. Würde Noah wie üblich seine Cornflakes mampfen, den Blick auf einen Comic gerichtet? Und würde Emily wie immer den Fußball durch die kleine Küche jonglieren, stets in Gefahr, dabei das Geschirr vom Tisch zu reißen?

Mit zusammengekniffenen Augen unterdrückte ich die aufsteigenden Tränen. Was, wenn ich für immer in dieser furchtbaren Zeit verhaftet blieb? Es schauderte mich unwillkürlich und ich verhakte meine Finger ineinander, bis es schmerzte. Es musste doch verflucht noch mal einen Ausweg geben! Doch mein Gehirn war so leer wie ein Klassenzimmer in den Sommerferien.

Langsam schob ich die Decke von meinen Füßen. Mit schmerzenden Muskeln stand ich auf, um dann mit gesenktem Blick im Zimmer auf und ab zu gehen. Irgendwann in naher Zukunft würde ein Krieg ausbrechen, so viel war klar. Dieses Jahr? Nächstes Jahr? Irgendwann im September, wenn ich mich richtig erinnerte... Hastig schob ich den Gedanken von mir. Denn zu wissen, was alles Schreckliches passieren würde, war noch viel schlimmer, als nur vage irgendein zukünftiges Unheil zu befürchten. Und ich konnte nichts dagegen tun, dass ich dann womöglich mittendrin steckte.

Abrupt blieb ich mitten im Raum stehen. Bedeutungsvolle Worte waren mir soeben durch den Kopf gegangen, aber nun entzogen sie sich jedem Versuch, sie zu greifen. Ich starrte auf die Fensterscheibe, durch das eine gedimmte Helligkeit in den Raum fiel. Heute sangen keine Vögel vor dem Fenster und auch die Sonne schien sich hinter Wolken verzogen zu haben.

Trotz der ungestörten Nacht stolperte ich leicht benommen zum Waschbecken hinüber. Was würde ich für eine Dusche geben! Und für warmes Wasser! Mit einem tiefen Atemzug spritzte ich mir das kalte Wasser ins Gesicht und griff auf einen bereitgelegten Waschlappen zurück. Dann hob ich auf einmal den Kopf. Spürte, wie sich Gänsehaut auf meinen nackten Armen ausbreitete. Zu wissen, was passieren würde, war nicht nur ein Nachteil...

Ich schluckte trocken und starrte in den Spiegel. Ein ängstliches, junges Gesicht starrte zurück. Das ist nicht dein Ernst, Lena, fuhr es mir durch den Kopf. Das wäre Wahnsinn, absoluter Wahnsinn. Ich löste die zerzausten Zöpfe und schüttelte energisch den Kopf, als wollte ich den verrückten Gedanken loswerden, der von mir Besitz ergriffen hatte. Riss eine neue Bluse und ein rotes Dirndl aus dem Schrank und kämpfte dann mit den Knöpfen am Rücken, die meine ganze Aufmerksamkeit forderten.

Als schließlich jeder Knopf die passende Öffnung gefunden hatte, war ich längst schweißgebadet. Dennoch wollte ich nichts lieber, als dieses Zimmer zu verlassen, dass plötzlich etwas Klaustrophobisches an sich hatte. Rasch bürstete ich die offenen Haare durch, riss die Tür auf und polterte trotz Muskelkaters die Treppe hinunter, bis ich schließlich am dem untersten Absatz zum Stehen kam. Mein Fuß schmerzte wieder und mein Atem ging keuchend, aber ich riss mich zusammen. Ich wollte Herrn Manshagen nicht erneut die Gelegenheit geben, meine offenkundige Emotionalität zu kommentieren.

Doch wie gestern Morgen war er auch heute noch nicht am Frühstückstisch. Erleichterung durchströmte mich. Es wurde Zeit, dass ich einen gefassteren Eindruck machte. Verdammt, ich war doch sonst nicht so leicht aus der Bahn zu werfen.

Heute waren die Fensterflügel geschlossen und die Berge im Dunst des Tiefnebels verborgen. Mit einem bewusst heiteren Lächeln im Gesicht begrüßte ich Frau Huber, die gerade mit dem Decken des Tisches beschäftigt war, sich mir jedoch sofort zuwandte.

„Guten Morgen, Frau Köhler. Sie sind aber früh auf. Haben's gut geschlafen?"

Das Strahlen auf ihrem Gesicht machte die fehlende Sonne mehr als wett. Konnte diese Frau überhaupt schlecht gelaunt sein?

„Danke der Nachfrage, ja, ausgezeichnet."

Ich spürte das Schmunzeln in meine Mundwinkel ziehen, als ich mich bei der Auswahl meiner Worte der aktuellen Gegenwart anpasste.

„Das freut mich! Kaffee ist gleich fertig", versprach Frau Huber eilfertig und ich musste anerkennen, dass derjenige, der diese Urlaubsunterkunft ausgesucht hatte, mit Bedacht entschieden hatte. Vermutlich Magdalenas Mann. Wahrscheinlich war er ein ausgesprochen liebevoller Partner und ich hatte ihm gestern Abend zutiefst Unrecht getan.

Mein Schmunzeln verwandelte sich in ein Grinsen. Eigentlich konnte mir das egal sein, schließlich kannte ich diesen Helmut oder wie er hieß, gar nicht. Beherzt griff ich nach einem duftenden Brötchen und schnitt es auf. Dabei fiel mein Blick auf meine rechte Hand und ich stockte. Ich hatte den Ring im Zimmer vergessen.

Bevor ich jedoch Anstalten machen konnte, aufzustehen und ihn zu holen, um Frau Hubers zu erwartenden, neugierigen Fragen zu entgehen, ließ sich Herr Manshagen mit einem fröhlichen Guten Morgen, Frau Köhler! am Tisch nieder. Ohne dass ich es verhindern konnte, machte mein Herz einen kleinen Satz.

Sein Haar glänzte voller Feuchtigkeit, war aber bereits wieder ordentlich frisiert. Wie hatte er das am Waschbecken nur geschafft? Leicht verdrossen schob ich mir meine Haare hinter die Ohren. Sollte ich Frau Huber mal nach einer Dusche fragen? Meine Beine wiesen noch Spuren der gestrigen Wanderung auf. Und gegen den Muskelkater wäre Wasser auch gut, vorausgesetzt, es wäre warm.

Als hätten meine Gedanken sie just gerufen, stand die Wirtin wieder am Tisch und schenkte uns beiden fröhlich plaudernd Kaffee ein. Wir erfuhren, dass spätestens heute Nachmittag noch mit Regen zu rechnen war – wenn man den tieffliegenden Schwalben Glauben schenken durfte – und dass sie plante, eine ihrer Töchter vom Bahnhof abzuholen, die sich für einen Besuch angemeldet hatte.

Heute ließ sich Frau Huber jedoch nicht bei uns am Tisch nieder. Stattdessen entschuldigte sie sich wortreich mit der Arbeit auf dem Hof, die jetzt am Montag auf sie wartete, und verschwand.

Stille trat ein. Ohne aufzublicken widmete ich mich intensiv meinem Brötchen und beobachtete, wie sich die goldgelbe Flüssigkeit des Honigs auf der gebutterten Hälfte verteilte und ein wenig über die Kante des Backstückes hinaus auf den Teller floss.

„Sieht so aus, als wäre eine Wanderung heute nicht empfehlenswert", vernahm ich die mittlerweile wohlbekannte Stimme des Schriftstellers.

Langsam hob ich meinen Kopf. Über die Tasse Kaffee hinweg lächelten mich Herrn Manshagens Augen freundlich an.

„Eine Pause ist nicht das Verkehrteste", gab ich gelassener zurück, als ich mich fühlte. „Mein Muskelkater ist höllisch."

„Das glaube ich Ihnen gerne. Darunter habe ich auch schon das ein oder andere Mal gelitten."

Ich streifte ihn mit einem überraschten Blick. „Haben Sie denn fürs Wandern Zeit?", platzte ich heraus. „Oder meinen Sie beim Schreiben?"

Der Herr vor mir brach in ein tiefes, wohltönendes Lachen aus. Lachfältchen umspielten seine Augen. Dann blickte er in demonstrativer Weise auf seine rechte Hand hinunter und ich kam nicht umhin zu bemerken, dass seine Finger bar jedes Ringes waren.

„Zugegeben, manchmal plagt mich die ein oder andere Belastungserscheinung", gab er zu und runzelte leicht die Stirn. „Dann muss ich mich der Hilfe eines Aufnahmegerätes bedienen."

Ich konnte ein unwillkürliches Schmunzeln nicht unterdrücken, da alles so vorsintflutlich klang. Allein die Vorstellung, das, was man aufschrieb, gegebenenfalls nicht sofort korrigieren zu können. Was hatten Computer das Leben der Menschen doch leichter gemacht!

„Ich versichere Ihnen, dass es wenig Erheiterndes an sich hat", ließ sich Herr Manshagen stoisch vernehmen und griff nach einem Brötchen.

„Es ist einfach die Vorstellung, Wörter, die Sie sonst wahrscheinlich flink schreiben, in ein Gerät sprechen zu müssen", entschuldigte ich mich verlegen und spürte die Wärme in meine Wangen steigen.

„Glauben Sie mir, wenn ich das länger mache, sind zwar die Handschmerzen weg, aber dafür habe ich dann Rückenschmerzen vom krummen Sitzen", erläuterte der Schriftsteller und schmunzelte zu meiner Erleichterung nun selbst ein wenig.

Ich griff nach meiner Tasse, pustete ein wenig und trank dann einen Schluck. Der Kaffee war kräftig und aromatisch und hatte wenig gemein mit der Plörre, die bei uns auf der Arbeit aus der Kaffeemaschine kam. Draußen hatte sich der Hochnebel inzwischen verzogen und ließ wieder die Gipfel der Berge erkennen. Dennoch hatte das Tageslicht, das durch die Fenster hereinschien, etwas Verhaltenes an sich.

„Was Sie bräuchten, wäre eine Maschine, die das Schreiben leichter macht. Vielleicht sogar die Wörter erkennt, die Sie zu schreiben beginnen, und dann selbständig fortsetzt", sinnierte ich. „Und ohne dass das Tippen eine Kraftanstrengung erfordert."

„Das wäre in der Tat hilfreich", gab mir Herr Manshagen Recht und ließ zwei Wurstscheiben auf seine Brötchenhälften gleiten. „Interessanter Gedanke. Vielleicht könnte ich den einbauen..."

In eine der Liebesgeschichten, die er schrieb? Verwirrt wollte ich wissen: „Schreiben Sie wirklich Liebesromane? Oder haben Sie gestern Morgen nur gescherzt?"

„Ich schreibe Bücher über das Leben. Nicht selten kommt darin auch die Liebe vor. Sie spielt ja schließlich eine große Rolle in unserem Dasein", lächelte der Autor.

Ich murmelte Zustimmung. Dachte unweigerlich an Nils, der jahrelang die Nummer eins in meinem Leben gewesen war. Eine Erinnerung, die blieb, obwohl wir seit mehreren Jahren geschieden waren. Was für die Bedeutung der Liebe an sich sprach. Aber galt sein Satz auch für Menschen wie Hitler? Konnte man lieben und gleichzeitig so sehr hassen, dass man einen Massenmord beging oder veranlasste? Es schien schwer vorstellbar. Er hatte gestern auch keinen Anschein von Liebe Eva gegenüber erkennen lassen.

„Ich glaube aber nicht, dass das für alle Menschen zutrifft", fasste ich meine Überlegungen schließlich in Worte. „Also dass Liebe einen hohen Stellenwert im Leben hat."

Herrn Manshagens Lächeln schwand und machte einem mitfühlenden Ausdruck Platz. „Dann hoffe ich, dass Sie nicht aus Bitterkeit sich selbst meinen", kommentierte er in entwaffnender Ehrlichkeit.

„Nein, nein, ich dachte eher an..." Ich biss in mein Brötchen und ließ meinen Blick nach draußen zu den Bergen wandern.

„Den Führer?", wollte der Schriftsteller mit gleichmütiger Stimme wissen.

Er war echt ungemein scharfsinnig. Oder ich verdammt leicht zu lesen. Es schien unsinnig, meinen Gedanken zu leugnen, es war wohl kaum etwas Verfängliches daran. Ich nickte daher knapp. Herr Manshagen neigte den Kopf und nahm sein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger.

„Nun ja, Liebe hat viele Facetten", philosophierte er. „So weit ich weiß, hat er nicht nur einmal betont, dass seine Braut Deutschland sei."

Er schwieg einen Moment und ließ mich derweil darüber nachdenken, welche politische Einstellung mein Gegenüber wohl haben mochte. Hatte es etwas zu sagen, dass er nur das Personalpronomen er benutzt hatte? Gott, das waren Überlegungen, die ich mir noch nie hatte machen müssen, wenn man über einen Politiker sprach. Wie überhaupt die ganze Vorsicht in dem, was man sagte.

Dies tagaus, tagein musste echt anstrengend für die Menschen sein... Da wusste man erst zu schätzen, in einer Zeit zu leben, in dem das Recht auf freie Rede durch ein Gesetz garantiert wurde und man nicht dafür ins Gefängnis kam, dass man Politiker kritisierte oder sich über sie lustigmachte.

Herrn Manshagens nächste Worte rissen mich aus meinen Gedanken. „Da hat man dann vielleicht Liebe einfach nur in einer anderen Ausprägung", fuhr er fort und sah ungemein nachdenklich aus, während er sich nun ebenfalls seinem Frühstück widmete.

Ich betrachtete ihn einen Moment lang schweigend und wusste nicht, was ich ihm wünschen sollte – dass er ein Anhänger Hitlers wäre und später ein böses Erwachen erleben würde? Oder dass er Hitler ablehnte mit der Gefahr, irgendwann durch unbedachte Äußerungen in einem Konzentrationslager zu landen? Klar war nur, was für eine Haltung von ihm ich mir wünschte. Und das ließ mit einem Mal meine inneren Alarmglocken schrillen. Empfand ich etwa mehr als nur sachte Zuneigung zu einem Mann, der mehr als achtzig Jahre früher gelebt hatte?

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