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51. Aufgeflogen (2)

Gemeinsam klettern wir wieder durch das Weinfass ins Archiv. Die Luft hier ist muffig, so wie es typisch in alten Kellern ist. Die Steinwände sperren die Wärme des Sommertages aus. Zunächst fröstelt es mich ein bisschen, aber schließlich machen Pietro und ich uns an die Arbeit und wir kommen ins Schwitzen. Immer wieder müssen wir husten, weil wir so viel Staub aufwirbeln. „Eigentlich sollten die uns Atemschutzmasken geben", meckere ich, woraufhin Pietro wieder nur mit den Schultern zuckt. Kurzerhand beschließe ich, Gaia nach einem Staubsauger zu fragen, mit dem wir die Unterlagen zumindest grob von den Flusen befreien können.

Außerdem fegen wir den Raum gleich zweimal gründlich durch. Es scheint eine Ewigkeit zu dauern, bis wir endlich beginnen können, die ersten Unterlagen durchzuschauen.

Während wir arbeiten, ist Pietro ziemlich schweigsam. Er sagt kaum ein Wort und spricht lediglich mit mir, wenn ich irgendwelche Kisten aus dem Weg räumen oder ihm helfen soll, ein paar Unterlagen aufeinander zu stapeln. Schließlich halte ich diese angespannte Stille zwischen uns jedoch nicht mehr aus. „Wie sind sie eigentlich darauf gekommen, dass du das Tagebuch hast?", frage ich.

„Meine Mutter hat mein Bett gemacht... da... dabei muss sie das Buch bemerkt haben", nuschelt Pietro.

„Wie bitte? Du bist jetzt fast neunzehn und deine Mama macht immer noch dein Bett?!", rufe ich aus.

„Es war nur das eine Mal...", erwidert Pietro, „und ich glaube, sie hätte uns nicht mal verpfiffen... sondern Giacomo hat sie halt mit dem Tagebuch erwischt und dann musste sie es ihm sagen."

„Große Scheiße", fluche ich, „ich hab dir doch gesagt, dass du dir ein anderes Versteck suchen sollst." Daraufhin zuckt Pietro nur schuldbewusst mit den Schultern, während ich eine Staubwolke inhaliere und nach Luft schnappe. Mit tränenden Augen laufe ich in den Keller. Als ich zurück ins Archiv komme, entfernt Pietro gerade Spinnweben in den Ecken. Ich wusste gar nicht, dass die so dick und klebrig werden können. Er flucht ganz unsittlich und schüttelt sich vor Ekel.

„Ich bin dir trotzdem dankbar, dass du das Tagebuch geklaut hast", meine ich.

„Ja, konntest du mit dem Hinweis was anfangen?"

„Noch nicht so ganz, aber vielleicht bald", antworte ich. Danach wird Pietro wieder sehr schweigsam. Ich frage mich, was eigentlich mit ihm los ist. Erst, als wir die erste der Kisten öffnen und uns die darin liegenden Dokumente anschauen, fragt er: „Du Brionny, was hast du vorhin eigentlich gemeint, als du sagtest, wir müssten jemand anderen gesehen haben?", möchte er wissen. Ist er deshalb so schweigsam? Weiß er, dass ich etwas verberge?

„Ach, nur dass wir das Tagebuch nicht geklaut haben", lüge ich und tue so, als hätte ich heute Morgen nicht besonders ungewöhnlich reagiert. Scheinbar akzeptiert Pietro diese Erklärung, denn er wird nun tatsächlich etwas gesprächiger. Dadurch vergeht die Zeit viel schneller und es fühlt sich gar nicht so an, als würden wir hier eine Strafe verrichten.

Nachdem wir den Staub entfernt haben und die ersten Kisten durchschauen, wird unsere Arbeit in dem Archiv ziemlich spannend. Es sind eine Menge Fotos dabei, die Giacomo und seine Freunde an der Uni zeigen, bevor sie den Geheimbund gegründet haben. „Diese Kleidung", staunt Pietro, „und die Haare erst... Das war ja eine Katastrophe." Als er das sagt, muss ich nur lachen. „Na dann lass uns mal hoffen, dass Schulterpolster und Dauerwelle nie wieder in Mode kommen", entgegne ich darauf nur.

In den Unterlagen finden sich außerdem Briefe, die Giacomo mit den Mitgliedern des Geheimbundes geschrieben hat. Einige davon sind an meinen Vater adressiert. Als ich das sehe, muss ich schlucken. Am liebsten hätte ich mir die Korrespondenz der beiden durchgelesen, aber unsere Aufgabe ist es ja, Ordnung in das Durcheinander zu bringen. Also lege ich die Briefe mit den anderen zusammen in eine Kiste. Vielleicht bekomme ich irgendwann ja mal die Gelegenheit, mir das genauer anzuschauen. Auf jeden Fall werde ich meinen Vater heute Abend darauf ansprechen.

„Ist alles okay?", fragt Pietro, der mein Stocken bemerkt.

„Ja", sage ich. Dabei zieht sich mein Magen zusammen.

„Ist wirklich alles in Ordnung?", fragt Pietro.

„Ja... ja", behaupte ich, „mir ist nur gerade eingefallen, dass ich heute Abend bei meinen Großeltern kellnern muss. Ich kann leider nicht so lange bleiben."

„Oh ach so. Das wird sicherlich kein Problem sein. Du musst nicht so traurig schaun", meint Pietro. Tatsächlich klärt er wenig später mit seiner Mutter ab, dass ich heute früher gehen darf. Gaia holt uns zum Mittagessen und bedankt sich sogar recht herzlich bei uns dafür, dass wir den Keller aufräumen. Fast schon, als würde sie sich schuldig fühlen, weil wir putzen müssen.

„Ich denke, die Arbeit dort wird nach einem Tag nicht getan sein. Da müssen wir in den nächsten Wochen noch mal ran. Vielen Dank, dass ihr jetzt zumindest mal den Anfang macht. Und Brionna, das ist gar kein Problem, wenn du früher gehst", sagt sie, „grüß Rosalinda und Timothy lieb von mir."

Die Stimmung beim Mittagessen ist viel lockerer als noch heute Morgen. Scheinbar haben die Bellucos und die Falcinis uns verziehen, dass wir das Tagebuch geklaut haben. Alessandro macht sogar Witze und Philippe verkündet feierlich, dass er soeben seine Masterthesis fertiggestellt hat. „Jetzt muss ich sie nur noch in den Druck geben. Dann werde ich sie einreichen können", meint er.

„Das ist großartig", sagt Giacomo und legt Philippe eine Hand auf die Schulter. Man kann deutlich erkennen, dass Giacomo stolz auf ihn ist.

„Nun ja. Ich wollte die Arbeit eben vor unserem Ausflug nach Apice fertigstellen", sagt Philippe und lächelt gequält.

„Ach ja", antwortet Giacomo. Dann wendet er sich wieder mir zu. „Du hast dir den morgigen Tag freigehalten, oder?", fragt er.

„Was ist denn Morgen?"

„Wir wollen mit den Elementträgern einen Ausflug nach Apice machen. Dort könnt ihr ein bisschen uneingeschränkter mit euren Kräften experimentieren. Das habe ich dir bestimmt schon drei Mal gesagt", meint Giacomo, „um sieben Uhr geht es hier los. Sei bitte pünktlich!"

Giacomo hat zwar schon öfter über diese geplante Exkursion gesprochen, doch trotzdem war mir nicht bewusst, dass sie schon so bald starten soll. Ich muss dringend meinen Kalender aktualisieren, damit nicht noch mehr Treffen in Vergessenheit geraten. Es ärgert mich, dass ich in letzter Zeit so verpeilt bin. Nur widerwillig nicke ich.

„Wenn du deine Fähigkeit noch nicht entdeckt hast, ist das überhaupt nicht schlimm", fügt Alessia hinzu, „vielleicht gelingt uns das ja morgen. Apice ist ein magischer Ort. Nach einem Erdbeben 1980 wurde die Stadt komplett verlassen. Wir haben keinen Druck und den ganzen Tag Zeit."

„Ja, cool", entgegne ich nur, dabei meine ich das komplette Gegenteil. Zum Glück kreisen meine Gedanken viel zu sehr um das Treffen, dasfür diesen Abend ansteht, so dass ich mich mit dem morgigen Tag nicht allzu sehr beschäftige.

An diesem Nachmittag komme ich an der Villa Belluco ein bisschen später los als ich beabsichtigt habe. Zum Abschied kommt Giacomo extra noch einmal bei mir vorbei. „Morgen früh, sieben Uhr wieder hier", erinnert er mich erneut, „wir fahren mit meinem Auto."

„Alles klar", antworte ich ihm. Hoffentlich bringen wir diesen Tag schnell hinter uns.

Gerade als ich ins Auto steigen will, hält mich Gaia jedoch zurück. „Warte noch kurz, ich will dir etwas mitgeben", sagt sie zu mir.

„Okay", entgegne ich. Beim Blick auf die Uhr werde ich jedoch unruhig. Wenn ich pünktlich um vier am Palazzo sein wollte, hätte ich schon vor einer Viertelstunde hier losfahren müssen. Eigentlich kann ich es mir nicht leisten, noch weitere wertvolle Minuten zu verlieren, doch trotzdem bleibe ich stehen. Dabei trete ich immer wieder von einem Bein aufs andere. Unruhe kocht in meinen Muskeln.

Schließlich erscheint Gaia wieder. Zum Abschied drückt sie mir einen Korb mit Wein und Oliven in die Hand. „Für deine Großeltern", sagt sie, „richte bitte liebe Grüße aus. Wir haben schon lange nichts mehr von ihnen gehört. Sie können gerne mal außerhalb von den Treffen des Geheimbundes vorbei kommen." In ihren Augen liegt Bedauern. Vermutlich findet sie es schade, dass es in letzter Zeit die Angelegenheiten des Geheimbundes im Vordergrund standen und darüber hinaus das beinahe schon freundschaftliche Verhältnis zwischen den Bellucos und meinen Großeltern verloren ging.

„Mach ich!", verspreche ich. Den Präsentkorb verstaue ich auf der Rückbank. Dann setze ich mich ins Auto und fahre los. Ich fahre jedoch nicht nach Castiglione, sondern direkt zum Palazzo, um Lucca abzuholen. Zum Glück war ich an diesem Morgen so geistesgegenwärtig, die Notizen meines Vaters einzupacken, denn sonst hätte ich einen Umweg über Castiglione machen müssen, um sie zu holen und mich dadurch noch mehr verspätet. Auf dem Weg zum Palazzo vibriert mein Handy ein paar Mal in meiner Hosentasche. Vermutlich ist es Lucca, der wissen möchte, wo ich bleibe. Mit einer halben Stunde Verspätung rolle ich über den Kiesweg in die Einfahrt des Palazzos. Dort steht Lucca bereits in voller Motorradmontur, so als wollte er jeden Momentlos fahren.

Als er mich sieht, reißt er sofort die Beifahrertür des Fiats auf. „Wo warst du?!", fragt er, „ich hab mir echt Sorgen um dich gemacht!"

„Der Geheimbund hat mich aufgehalten. Ich erzähle es dir gleich", sage ich.

Lucca schält sich aus seiner Motorradkleidung und verstaut sie auf dem Rücksitz. Er entdeckt Signora Bellucos Präsentkorb und runzelt die Stirn. „Was ist das denn?"

„Ein Geschenk von Signora Belluco für meine Großeltern. Sie vermisst sie scheinbar ziemlich."

„Kann ich verstehen", meint Lucca nur, „mir geht es ähnlich." Mit seinem breiten Lucca-Grinsen gleitet er neben mir auf den Beifahrersitz. „Ich bin fast ein bisschen neidisch auf dich, dass du bei deinen Großeltern kellnern darfst." Er zieht die Autotür zu und gibt mir einen Kuss zur Begrüßung. „Wir können ja tauschen", entgegne ich nur, während ich das Auto wieder auf die Straße steuere. Ich unterstütze meine Großeltern zwar gern, aber das Kellnern gehört nicht gerade zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.

„Navi ist übrigens im Handschuhfach. Kannst du die Adresse da eingeben?", sage ich.

„Klar."

Ich nenne ihm noch einmal Straße und Hausnummer in Siena, die mein Vater mir geschrieben hat und folge dann den Straßenschildern, bis das Navi die schnellste Route zu unserem Ziel gefunden hat.

„Hast du denn alles dabei, was wir brauchen?"

„Ja", antworte ich.

„Und warum hat der Geheimbund dich jetzt aufgehalten?", möchte Lucca wissen.

Seufzend erzähle ich, dass Pietro Marias Tagebuch von seinem Onkel geklaut hat, um Hinweise zu finden. „Giacomo ist vollkommen ausgetickt", erkläre ich, „du weißt gar nicht, wie der ist. Der kann manchmal echt super anstrengend und emotional sein. Er war der Meinung, wir müssten bestraft werden und sein Bruder hat das genauso gesehen. Naja, auf jeden Fall durften wir dann das Archiv des Geheimbundes putzen. Das war ätzend und staubig."

„Ach Mensch, und ich dachte schon, deine Augen sind so rot, weil du weinen musstest", zieht Lucca mich auf.

„Warum wollte ich denn weinen?", frage ich irritiert.

„Weil du mich so sehr vermisst hast", antwortet er und muss wieder grinsen. Da muss ich nun auch lächeln, nehme eine Hand vom Lenkrad und boxe ihm leicht gegen den Arm. Es tut gut, wieder bei ihm zu sein. Erst jetzt wird mir bewusst, wie sehr ich ihn in dieser kurzen Zeit tatsächlich vermisst habe. Ohne ihn wäre mir die Fahrt nach Siena, zu meinem Vater, bestimmt noch viel schwerer gefallen.

Trotzdem bin ich noch immer angespannt und mein Griff um das Lenkrad ist so fest, dass meine Handknöchel weiß unter der Haut hervortreten. Lucca spürt, wie nervös ich bin und verbindet sein Handy mit einer Musikbox. Vermutlich, um die Stimmung wieder etwas aufzulockern.

Wir haben den gleichen Musikgeschmack, weshalb ich mich gut in den nun erklingenden Tönen verlieren kann. Ab und an spielt er jedoch immermal wieder einen grässlichen Schlager ein. „Was soll das?", frage ich lachend, „mach das aus!" Doch daraufhin lacht er nur, dreht die Lautstärke extra ein bisschen auf und singt mit, um mich zu ärgern, bevor er weiter schaltet. „Ich mag diese Musik eben", behauptet er schließlich mit einer Ernsthaftigkeit in der Stimme, die mich erneut zum Lachen bringt.

Je näher wir nach Siena kommen, desto dichter wird der Verkehr. Die meisten Leute fahren wohl gerade von der Arbeit nach Hause. Immer wieder stockt es und wir müssen langsamer fahren. Dabei steigert sich meine innere Unruhe nur noch mehr. Ungeduldig trommele ich mit den Fingern aufs Lenkrad. In der Stadt suchen wir uns einen großen Parkplatz, auf dem man um diese Uhrzeit nichts mehr bezahlen muss. Nachdem wir ausgestiegen sind, sieht sich Lucca um, so als erwarte er fast, dass uns jemand gefolgt wäre.

„Was ist?", will ich wissen.

„Ach nichts, ich hatte nur das Gefühl, dass wir einen Schatten haben", meint er, „da war öfter ein schwarzer Mini im Rückspiegel. Kennst du jemanden, der so ein Auto fährt?"

Ich nicke. Alessia fährt einen schwarzen Mini. Aber dass sie uns folgt, glaube ich kaum. Als ich gegangen bin, hat sie im Garten der Bellucos gemeinsam mit ihrem Bruder ihre Fähigkeiten trainiert und mir nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit geschenkt. „Vielleicht ist es einer von deinen Leuten", merke ich an.

„Ich kann's mir ehrlich gesagt nicht vorstellen", antwortet Lucca, „die sind doch alle gar nicht hier. Außerdem können die sich keine eigenen Autos leisten. Und sie hätten mir Bescheid gegeben, wenn sie dich beschatten. Ich bin immerhin ihr Anführer."

Bei diesen Worten schaudert es mich. Lucca hat Recht. Er ist der Anführer der Cinquenti.

„Bestimmt habe ich mir das nur eingebildet", meint Lucca, der mein Schaudern bemerkt hat, „ist halb so wild. Lass uns gehen." Trotzdem ist mir unwohl zumute. Das Gefühl, verfolgt zu werden, kann ich nicht so ohne Weiteres abschütteln. Ständig spüre ich Blicke im Nacken, so als würde mich jemand beobachten, doch jedes Mal, wenn ich mich umdrehe, kann ich niemanden entdecken, der uns verfolgen könnte. Irgendwann legt Lucca einfach die Hand auf meine Schulter, wodurch ich mich nicht so ohne Weiteres umdrehen kann.

Zu Fuß machen wir uns auf den Weg zu der Adresse, die mein Vater mir genannt hat. Es ist ein warmer Sommerabend. Die Luft ist so stickig und heiß, dass sie vermutlich in der Nacht auch nicht wirklich abkühlen wird. Während wir durch die Gassen Sienas schlendern, komme ich mir unwirklich vor. Zum einen bin ich ziemlich nervös, zum anderen aber auch so entspannt, wie immer, wenn Lucca bei mir ist.

In der Adresse, die mein Vater mir genannt hat, befindet sich ein kleines Restaurant, das um diese Uhrzeit noch nicht geöffnet hat. „Wann wollte sich dein Vater hier nochmal mit uns treffen?", fragt Lucca.

„Um acht. Also haben wir noch gut eine Stunde Zeit", schlussfolgere ich mit einem Blick auf meine Armbanduhr. Wir sind viel zu früh.

„Na dann sollten wir die Zeit Nutzen und uns die Stadt noch ein bisschen anschauen", meint Lucca. Dabei wirkt er schon fast vergnügt, so als würde er sich regelrecht freuen, ein bisschen Zeit mit mir alleine verbringen zu können, bevor wir meinen Vater treffen. Ich stimme ihm zu und so schlendern wir weiter durch die Gassen.

Wir holen uns ein Eis und setzen uns damit auf die Stufen vor einer Kirche. Während ich das süße, cremige Eis auf meiner Zunge zergehen lasse, beobachte ich die Leute um mich herum. Die meisten von ihnen wirken vergnügt und freudig über den lauwarmen Frühsommerabend. Die Atmosphäre ist beinahe mit dem elektrischen Knistern von Vorfreude und Veränderung aufgeladen. Ich sehe Lucca von der Seite an und urplötzlich schießt das unangenehme Gefühl durch meinen Körper, dass wir nun zum letzten Mal so unbeschwert nebeneinander sitzen.

Da bemerkt Lucca, dass ich ihn beobachte. Er wendet sich mir zu und lächelt schüchtern. „Wann willst du Kate eigentlich von deinem Vater erzählen?", fragt er. Ich schlucke nur. Über einen genauen Zeitpunkt habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Alles was ich weiß ist, dass es jetzt, in diesem Moment, noch zu früh wäre.

„Vielleicht, wenn wir ein bisschen mehr wissen", gebe ich zu bedenken. Doch ich frage mich, wann das sein wird. Erst dann, wenn wir Leonardo gefunden haben?

„Aber über uns weiß sie schon Bescheid", gestehe ich.

„Und, was sagt sie?", fragt Lucca.

„Sie hat sich gefreut."

„Ehrlich?" Das schwache Lächeln auf seinem Gesicht wird für einen Moment noch breiter. Er scheint sich wirklich darüber zu freuen, dass ich meiner Schwester von uns erzählt habe. Langsam nimmt er meine Hand und fährt mit dem Zeigefinger über meine Handfläche. Wie muss es für ihn wohl sein, über nichts von alldem, was im Moment passiert, sprechen zu können? Alles muss er mit sich selbst ausmachen.

„Ich bin froh, dass ich dich habe", sagt er in diesem Moment. Fast wie von selbst gleiten wir zu lockeren, unverfänglicheren Themen über. Mit Lucca kann ich tatsächlich über beinahe alles sprechen, ohne dass ich mich dabei komisch fühle. Während wir so reden, kehrt der Abend in die Gassen Sienas ein.

Die Schatten werden länger und der Himmel färbt sich orange. Die Sonne verabschiedet sich mit aller Kraft von dem Tag. Ein warmer Sommerwind streicht um meine Beine und die Kirchturmuhr in meinem Rücken schlägt dreimal. Unter dem Geräusch zucke ich erschrocken zusammen. „Es ist bald acht. Wir sollten los", meint Lucca zu mir.

Darauf nicke ich nur. Auf dem Weg zum Restaurant, in dem wir uns mit meinem Vater treffen wollen, schlendern wir durch eine der Gassen, die bereits vollkommen im Schatten liegt. Die Häuser stehen eng beieinander und außer uns ist kein Mensch hier unterwegs. Noch im Laufen legt Lucca einen Arm um mich und drückt mir einen Kuss auf die Haare. Ich sehe ihn von der Seite an und fast wie automatisch bleibe ich stehen, um ihn näher an mich zu ziehen. Behutsam beugt er sich zu mir hinab, um mich richtig zu küssen.

„Lucca, wie kannst du uns das nur antun?!", höre ich jemanden rufen. Erstaunt löse ich mich von Lucca und drehe mich um. Keine drei Meter von uns entfernt steht sein kleiner Bruder Serafino. Er sieht enttäuscht und verletzt aus. Gleichzeitig liegt ein seltsamer Glanz auf seinem Gesicht. Es ist lange her, dass ich Serafino zum letzten Mal gesehen habe. Seitdem scheint er um Jahre gealtert und erwachsen geworden zu sein. Das schmale Gesicht ist nun noch länger und ausgemergelt. Auf seinem Kinn zeichnet sich der Schatten eines Bartes ab. Genau wie beim letzten Mal, als ich Serafino sah, wirkt er nun ähnlich fiebrig. Serafinos lange Arme hängen schlaff neben seinem Oberkörper. Ein bisschen wirkt er wie eine Marionette, so als müsste man nur an den richtigen Fäden ziehen, damit er sich bewegt.

Hinter Serafino treten Emma, Hector und Luccas anderer Bruder Ludo aus einem dunklen Hauseingang. Sie wirken fast wie Zombies. Ihre Körperhaltungen sind seltsam unnatürlich und die hungrigen Augen liegen tief in den Höhlen. Die Diamanten, die die Cinquenti in ihren Ohren tragen blitzen magisch auf.

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