Kapitel 4
Saphiras Sicht:
Das Abendessen war vorbei. Levinia hatte mir angeboten, mich in Hogwarts herumzuführen, was ich dankend ablehnte. Ich würde nicht die Rolle der dummen, neuen Schülerin einnehmen, so wie Dumbledore sich es wünschte.
Es wäre die reinste Zeitverschwendung, wenn ich ich mir 100 Dinge erklären lasse, die ich schon längst wusste. Vermutlich auch noch wesentlich besser als meine selbsternannte Babysitterin sie jemals wissen könnte.
Wir machten uns auf den Weg in den Slytherin-Gemeinschaftsraum. Ein blonder Junge, welcher sich selbst als Draco Malfoy vorgestellt hatte, hatte sich uns angeschlossen. Ebenso ein Mädchen namens Pansy Parkinson. Levinia schien sie nicht besonders gut leiden zu können, sagte aber nichts, da sie wohl Dracos Anhängsel war. Er genoss es, wie sie ihn anhimmelt, auch, wenn er selbst keinen Funken Interesse für sie aufzubringen schien.
Ihr Nachname schien für mich mehr als nur passend zu sein. Parkinson war, wie ich wusste, ebenfalls eine Krankheit in deren Verlauf sich die Nervenzellen langsam zurück bildeten. Pansy schien schon seit ihrer Geburt darunter zu leiden. Nur waren es bei ihr nicht die Nervenzellen, die sich langsam in Luft auslösten, sondern die vom Gehirn. Jedes Mal, wenn sie ihren Mund öffnete überkam mich selbst ein Schauer.
Ich konnte dumme Menschen nicht ausstehen. Es machte mich krank, dass sie es ins Haus Slytherin geschafft hatte. Es war eine Schande.
,,Wir sind sozusagen die Elite der Elite.'' sagte Levinia stolz und verzog ihre Lippen zu einem leichten Grinsen.
Ich zog nur eine Augenbraue hoch und warf einen Blick auf Pansy.
,,Unter den hier Anwesend meinte ich Draco und mich.'' fügte sie ergänzend hinzu. Pansy schien sie nicht gehört zu haben. Ihre Aufmerksamkeit galt voll und ganz Draco.
,,Bei dir muss es sich noch herausstellen, aber meine Intuition sagt mir, dass du mich nicht enttäuschen wirst.'' Levinia strich sich eine ihrer Locken hinters Ohr.
,,Und was macht euch zur Elite der Elite? Ich hoffe, du redest nicht bloß von dem Vertrauensschülerabzeichen.'' Mir war mittlerweile schon aufgefallen, dass es ebenso Dracos Brust zierte, wie Levinias.
Levinias Lippen verzogen sich erneut zu einem Grinsen. Diesmal war es nur wesentlich breiter. ,,Natürlich nicht. Es wundert mich eher, dass du noch fragen musst.''
Ich runzelte die Stirn. Natürlich war mir bewusst, dass ihre Großväter damals zu Toms und meinem Gefolge zählten. Ich konnte mir nur nicht vorstellen, dass Tom dazu bereit war seinen Ruhm zu teilen. Es fiel ihm bei mir schon schwer genug. Niemals, würde er es also einem von ihnen erlauben.
Im Slytherin-Gemeinschaftsraum angekommen, liefen wir direkt in unseren Schlafsaal. Levinia hatte recht behalten. Mein Name stand direkt neben dem ihren. Wir teilten uns das Zimmer bedauerlicherweise mit Pansy und einem weiteren Mädchen namens Daphne Greengrass, welche mir allerdings noch völlig unbekannt und auch egal war.
Levinia und ich waren alleine in unserem Schlafsaal. Die anderen Beiden schienen sich noch im Gemeinschaftsraum zu Unterhalten.
,,Meinst du etwa, dass dir deine Überlegenheit ins Gesicht geschrieben steht? Oder warum sollte ich deiner Meinung nach nicht erst nachfragen müssen, warum du die Behauptung aufstellst zur Elite der Elite zugehören?'' Ich setzte mich auf mein Bett und funkelte Levinia herausfordernd an.
Ihre arrogante Art mir gegenüber gefiel mir überhaupt nicht. Ich war es nicht gewohnt, dass man so mit mir redete. Sollte sich das nicht bald von alleine legen, dann würde ich eben dafür sorgen müssen. Ich würde die selbsternannte Prinzessin schon noch von ihrem Thron stoßen.
Verärgert betrachtete sie mich. ,,Mein Nachname. Es ist natürlich mein Nachname. Lestrange, erinnerst du dich? Macht es da bei dir nicht Klick? Oder stammst du aus einem unbekanntem Kuhdorf indem man nichts mitbekommt?''
Instinktiv griff ich nach meinem Zauberstab. Bereit, um ihr eine Lektion zu erteilen. Ich belehrte mich eines Besseren. Noch, war nicht der richtige Zeitpunkt da. Dafür hatte ich einfach zu viele Fragen. Levinia hielt sich gerade für so überlegen, dass sie in ihrer blinden Arroganz jede einzelne bereitwillig beantworten würde.
Dennoch stand ich auf, funkelte sie gefährlich an und machte einige Schritte auf sie zu. ,,Da wo ich herkomme beschäftigt man sich nicht mit bedeutungslosen Namen. Wir legen viel mehr Wert auf die Künste der Magie. Mein Ziel ist es eine große Hexe zu werden und keine bescheuerte Klatschtante.''
Levinia hob abwehrend die Hände. ,,Ganz locker.'' sagte sie nur. ,,Ich hatte nicht vor dich zu beleidigen oder herauszufordern. Ich bin Bellatrix Lestranges Tochter. Sagt dir der Name vielleicht was?''
Ich lächelte zufrieden. Entweder hatte sie bloß eine große Klappe hinter der sich nichts verbarg oder sie hatte nach der kurzen Zeit schon einen gewissen Respekt vor mir.
,,Nein.'' antwortete ich lediglich. ,,Ist deine Mutter berühmt, weil sie tolle Obsttorten backen kann oder sowas?''
Levinia lächelte abfällig. ,,Du hast wirklich keine Ahnung, was hier abgeht, oder? Keine Ahnung, in welche Welt man dich hineingeworfen hat. Hattest du bei dir zuhause überhaupt Kontakt zur Außenwelt?''
,,Nicht besonders viel.''
Levinia ließ sich überrascht auf ihr Bett fallen und bedeutet mir, mich neben sie zusetzten. Anstatt ihrer Aufforderung nach zu kommen, schwenkte ich meinen Zauberstab, damit der Stuhl auf der anderen Seite des Zimmers sich zu mir bewegte und nahm auf ihm Platz.
,,Meine Mutter ist eine der Bekanntesten und wohl gefährlichsten Todesser, die gibt. Die Todesser sind die Anhänger des dunklen Lords. Von dem hast du wohl schon gehört, oder?''
,,Hat man dich als Kind fallen gelassen? Meinst du nicht, ich wäre dazu in der Lage eins und eins zusammen zu zählen? Ich habe absolut gar nichts von alledem gehört. Wie wäre es also, wenn du mal mit einer vernünftigen Erklärung um die Ecke kommst, anstatt weiterhin meine Zeit mit überflüssigen Fragen zu vergeuden.'' Langsam wurde ich ungeduldig. Wieder einmal wollte ich nach meinen Zauberstab greifen, um ihr dabei zu helfen, besser zu verstehen. Ich konnte mich jedoch noch einmal davon abhalten.
Und sie erklärte es mir. Sie berichtete mir ausführlich von dem ersten Aufstieg meines Bruders und seinem Niedergang. Sie berichtete mir davon, dass ihre Eltern (laut ihrer Aussage seine treusten Diener) seitdem in Askaban waren. Sie selbst war bei ihrer Tante aufgewachsen. Draco war also ihr Cousin, aber gefühlt wie ihr Bruder. Ebenfalls erzählte sie mir, dass mein Bruder seit nun fast einem Jahr wieder vollständig da war. Er hatte erst vor kurzem ihre Eltern aus Askaban befreit. Ihr Vater und einige andere Todesser waren wohl in einer Schlacht im Ministerium wieder eingesperrt worden, darunter auch Dracos Vater.
,,-aber ich bin zuversichtlich, dass der dunkle Lord sie schneller wieder befreien wird als Dumbledore sich ein paar Wollsocken stricken kann.'' beendete sie ihren Bericht.
Lord Voldemort. Mein Bruder schien es geschafft zu haben. Er verfolgte seine Ziele und schien zu gewinnen. Tom Riddle war tot. Hat er mich gleich mit ihm begraben?
,,Und der dunkle Lord wurde also tatsächlich von einem Baby namens Harry Potter besiegt?'' hackte ich nach, nur um sicher zu gehen, dass ich mich auch ja nicht verhört hatte.
,,Ja, also die Umstände waren natürlich nicht ganz so einfach, nehme ich an. Viel mehr kann ich dir dazu aber nicht sagen.''
Interessant. Wirklich interessant. Der dunkelste Magier, den es jemals gegeben hatte, besiegt von einem sabbernden Monster, welches noch in die Windeln machte. Ich hatte wirklich gehofft das alles wäre ein Scherz gewesen.
,,Und wo finde ich diesen Lord Voldemort jetzt?''
Levinia zog scharf die Luft ein. ,,Sag niemals seinen Namen.'' ermahnte sie mich. ,,Niemand tut das. Und finden? Warum willst du ihn finden? Ich kann verstehen, dass du dich ihm anschließen willst. Ich selbst möchte mich auch zu seinen Anhängern dazuzählen. Schon alleine, um meine Eltern stolz zu machen. Allerdings wird er sich wohl kaum mit uns unterhalten wollen. Wir sind nur Hogwartsschüler.''
Sie vielleicht. Bei mir sieht die Sache schon anders aus. Mit mir will er sich sicherlich unterhalten.
Nachdenklich betrachtete sie mich. ,,In etwas weniger als einem Monat sind Ferien. Du sagtest du hast keine Familie mehr. Ich kann meiner Tante schreiben und sie fragen, ob du die Ferien bei uns verbringen kannst. Vielleicht haben wir Glück und erhalten die Ehre für eine Audienz bei ihm.''
Die Ehre für eine Audienz? Ich kannte den Typen schon als er noch Hundewelpen im See hinter unserem Waisenhaus ertränkt hat. Und jetzt soll ich ihn um eine Audienz bitten?
,,Das wäre äußerst Aufmerksam von dir. Ich würde die Ferien lieber bei dir verbringen als in einem Muggleheim oder ähnlichem.'' Außerdem war es die perfekte Gelegenheit um so endlich an Tom heranzukommen. Dumbledore ahnte bestimmt nichts. Der würde sich noch wundern.
,,Natürlich würdest du das. Reines Blut ist sehr wertvoll. Meine Familie weiß darum. Sie werden mit Sicherheit ja sagen. Wir Reinblüter müssen zusammen halten, um die Welt endlich zu der unseren zu machen und sie von ihrer Erkrankung zu befreien.'' Levinia hatte offenbar wieder zu ihrer alten Arroganz gefunden.
Die Worte jedoch stammten niemals ursprünglich aus ihrem Mund. Es klang viel zu sehr nach Tom.
Ich nickte nur und stand auf.
,,Ich werde nun zu Bett gehen. Morgen wird ein anstrengender Tag und ich habe vor einige Hauspunkte zusammeln.''
Außerdem würde ich Harry Potter kennen lernen. Den Jungen, dem es einmal gelang meinen Bruder zu besiegen. Das wird nicht nochmal geschehen. Was kann schon so besonders an ihm sein? Wenn ich Glück habe, ergibt sich eine Gelegenheit, um ihn zu beseitigen. Dann würde Tom auch direkt sehen, das ich immer noch von nutzen für ihn bin. Er würde mich mit offenen Armen empfangen und nicht denken, dass ich bloß ein Teenager bin. Genau so unnütz wie beispielsweise Levinia Lestrange.
Ich wartete ihre Antwort nicht ab und ging ins Badezimmer. Ich schaute in den Spiegel und betrachtete mich. Meine dunklen Haare waren im Gegensatz zu Levinias nur leicht gelockt. Je länger ich sie wachsen ließ, desto mehr verlor ich meine Locken. Locken, wie Tom sie auch immer hatte. Wir hatten sogar ähnliche Gesichtszüge und die gleiche blasse Haut, welche uns immer etwas Elfenhaftes verliehen hatte.
Der größte Unterschied zwischen uns beiden waren immer unsere Augen. Meine grün, wie Saphire und seine dunkel, wie die Nacht. Jetzt waren noch 50 Lebensjahre dazu gekommen. Aber tief in meinem Inneren wusste ich, dass wir noch immer zusammengehörten. Das wir immer zusammengehören würden.
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