Kapitel 66 - Der Prozess (Teil 1)
Ich wollte General Pryde noch diverse Kraftausdrücke hinterher rufen, aber sollte das stimmen was er eben gesagt hatte, wäre es wohl klüger meine Kräfte zu sparen. Wollte mir Kylo wirklich den Prozess machen? Vor allen hier an Bord?
Dieses offizielle Getue oder die ganze Amtssprache passte doch eher zu Hux als zu Kylo. Bestimmt war Kylo angefressen, dass ich auf ihn geschossen hatte... keine Frage, wer hatte das wohl je schon mal gewagt? Aber ich war ja nicht irgend jemand... Kylo würde mir doch nie etwas antun. Oder doch?
Ich musste leider zugeben, General Prydes Worte hatten mich verunsichert. Und von was für einer Botschaft hatte er gesprochen? Es klang wie eine Bedrohung. Aber wie eine, die nicht von Kylo ausging? Von wem dann? Was war in der Zwischenzeit passiert?
Mir blieb wohl nichts weiter übrig, als abzuwarten. Auf meinen sogenannten „Prozess". Da würde ich Kylo wiedersehen und bestimmt Antworten bekommen. General Pryde hatte übermorgen gesagt...
Und übermorgen war bald! Nicht, dass ich genau wüsste, wann hier unten ein Tag begann und wann dieser endete. Man vegetierte in der Dunkelheit so mehr oder weniger vor sich hin. Die einzigen Unterbrechungen waren die kargen Mahlzeiten, die einem in unregelmäßigen Abständen in die Zelle gestellt wurden. Da es sich dabei aber immer um die selbe wässrige Suppe handelte, konnte man daran auch nicht ablesen, ob dies nun ein Frühstück oder Abendessen darstellen sollte.
Aber das Übermorgen nun heute war, erkannte ich daran, dass nachdem wieder eine meiner Mahlzeiten fast unangetastet weggenommen wurde, ein Soldat mir eine große Schüssel gefüllt mit Wasser in Zelle stellte. Als ich ihn fragend anblickte, nuschelte der Soldat nur verlegen „Zum Waschen...!" und schloss wieder die Zellentür.
War da oben etwa jemand besorgt, wie ich aussehen konnte? Ich wusste nicht, ob ich darüber lachen oder weinen sollte. Ich war kurz davor, die Schüssel wütend an die Wand zu klatschen, besann mich aber eines besseren. Sollte ich wirklich gleich Kylo und wem auch immer gegenüber treten, würde ich mich definitiv wohler fühlen, wenn mein Gesicht nicht vor Dreck starren und ich nicht so erbärmlich stinken würde.
Also streckte ich vorsichtig meine Hände in die Schüssel und fing zögerlich an mein Gesicht mit dem Wasser zu benetzen. Diese kleine Geste fühlte sich einfach nur fantastisch an. Dass das Wasser eisig kalt war, störte mich kein bisschen. Im Gegenteil, ich fühlte mich, nachdem ich Gesicht, Hals, Hände und die Achseln gereinigt hatte, richtig gehend frisch und fit an.
Ich hätte auch noch meine langen Haare gerne gewaschen, aber entschied mich dagegen. Dafür nahm ich mir Zeit meine langen Haare seitlich zu flechten und am Hinterkopf mit einem Haarband zu fixieren. Ich beherrschte das „blind", da ich schon lange daran gewohnt war, nicht immer einen Spiegel bei mir zu haben. Allerdings war ich meistens zu faul den Aufwand zu betreiben. Ich wusste aber, dass es gut aussah, da ich immer Komplimente bekam, wenn ich die Frisur trug...
Überraschend selbstzufrieden fühlte ich mich als nicht wenige Zeit später an meine Zellentür geklopft wurde. „Mitkommen!"
Ja, ich war bereit, was auch immer da kommen sollte. Ich grinste leicht als ich, eingerahmt von zwei Trupplern, den Gang entlang geführt wurde. Ich meine, warum sollte man mir Gelegenheit geben mich zu waschen, wenn ich eh erschossen werden sollte. Pryde war schlichtweg nicht zu trauen... Er hatte gelogen, vielleicht wollte er mich auch nur testen.
...
Allerdings gefror mir das Lächeln im Gesicht, als ich sie alle da so stehen sah! Mehrere Truppler und die finsteren Ritter von Ren standen rechts, General Hux und der neue General Pryde linker Hand und in der Mitte... ja, da saß oder vielmehr thronte Kylo. Ich meine, es war kein richtiger Thron, eher ein überdimensionierter dunkler Sessel, mit hoher Lehne und viel zu breiten Armstützen.
Und wie Pryde es gesagt hatte, Kylo trug auch seine Maske! Ich war mir nicht ganz sicher, aber es sah so aus, wie als würde die Maske an manchen Stellen rötlich glühen. Er hatte sie also wirklich wieder zusammengesetzt. Das dumme Ding!
Die ganze Szenerie wirkte doch grotesk. Wäre ich mit Kylo alleine, bin ich mir sicher, ich hätte laut los gelacht. Das konnte er doch nicht ernst meinen.
Aber mit dem ganzen Publikum hier, war mir nicht zum Lachen. General Pryde fixierte mich mit seinen eisblauen Augen, sobald ich den Raum betreten hatte. Dazu lächelte er hinterhältig. General Hux stand wie immer stock steif da, Rücken im Hohlkreuz und die Arme dahinter verschränkt. Er schaute genauso selbstgefällig drein wie eh und je, aber seine Augen starrten nur leer gerade aus. Hux selbst war gar nicht so klein, aber wie er da so neben General Pryde stand, wirkte er wie kleines Kind, dass kürzlich Prügel bezogen hatte.
„Wow, erwartet ihr noch jemand Wichtigen hier oder habt ihr euch alle wegen meiner Wenigkeit so herausgeputzt? Da könnte man ja glatt ein Foto machen, so fürs Familienalbum...." durchbrach ich als Erste die unangenehme Stille.
„Du stehst hier vor dem 65. großen galaktischen Tribunal. Erkläre dich!" donnerte prompt General Prydes unfreundliche Stimme durch den Raum. Ich zuckte davon etwas zusammen.
„Was soll ich Ihnen denn erklären?" gab ich nur feindselig von mir. Ich bezweifelte ja, dass Kylo den Nerv hatte schon 64 solcher lächerlichen Versammlungen beizuwohnen. Im Zweifel gingen die noch auf Snokes Konto.
Kylo! Was soll das ganze hier?
Richtete ich die Frage daher in meinem Kopf direkt an ihn. Doch ich bekam keine mentale Antwort, da Prydes lautes Organ mich aus meiner Konzentration riss:
„Du weißt warum du hier bist! Du hast schwere Verfehlungen begangen. Bekennst du dich schuldig?" fuhr Pryde unbeirrt weiter fort.
Ich räusperte mich kurz. „Glauben Sie mir, es ist viel unterhaltsamer, wenn meine Missetaten von dem Rothaarigen links neben Ihnen aufgezählt werden. Seine Stimme überschlägt sich dann und er bekommt lauter rote Flecken im Gesicht. Er bringt das immer richtig gut rüber!"
„Erschießt die Aufständische! Sofort!" brüllte wie aus dem Nichts General Hux ungehalten los. Sofort brach eine gewisse Unruhe in dem Raum aus, gepaart mit dem Geräusch, wenn Truppler ihre Blaster laden.
„Ruhe! Ich bin hier der, der das Sagen hat!" polterte Pryde wieder dazwischen.
„Nicht die Person da, die sich lieber hinter einem Stück Metall versteckt?" gab ich ganz unschuldig von mir und nickte in Kylos Richtung. Ich versuchte dabei mit ihm eine Art Blickkontakt aufzubauen, aber mit der scheiß Maske war das schlicht unmöglich.
Tue doch was, Kylo, bitte!
Versuchte ich ihn nochmal per Gedankenübertragung zu erreichen. Er konnte das hier doch nicht wirklich wollen!
Wieder bekam ich keine Antwort, aber mich überfiel eine ungemeine Erleichterung als ich sah wie sich Kylos Kopf langsam zu Pryde drehte und dieser kurz auffällig Luft holen musste. Er griff sich dabei an den Kragen seiner Uniform.
„Selbst..." *hust* „... verständlich!" gab Pryde leicht zerknirscht anschließend von sich. „Natürlich. Ich bin als Allegiant General das ausführende Organ unseres obersten Anführers!" Er rückte kurz demonstrativ seine Uniform zurecht und strafte General Hux mit einem mahnenden Blick ab. Anscheinend war Hux nicht nur nicht oberster Anführer geworden, sondern stand nun auch einen Rang unter diesem Pryde.
„Aber du, junge Dame, Dir scheint der ernst deiner Lage nicht bewusst zu sein." Pryde räusperte sich und hob dazu drohend seinen dummen Offiziersstab in die Luft, sodann fuhr er etwas beherrschter wieder fort:
„Die erste Ordnung ist ein Rechtsstaat. Wir schützen die Galaxie, lassen uns dabei von unseren Prinzipien leiten, wir halten uns an den Codex und erwarten dies auch von jedem einzelnen Individuum. Mit deinen anmaßenden Handlungen hast du gegen mehrere Sektionen des galaktischen Codex verstoßen!"
„Sie sollten sich schämen, das Wort Rechtsstaat überhaupt in den Mund zu nehmen, General! Die erste Ordnung ist ein ekelhaftes Geschwür, was dabei ist die wunderschöne Galaxie zu überwuchern und zu erdrücken. Ihr seid das schlimmste, was...!"
Ich konnte meine Beschimpfungen nicht mehr beenden, da mich plötzlich ein fester Schlag von hinten in die rechte Kniekehle traf. Mein komplettes Bein sackte daraufhin in sich zusammen und schlug ungebremst mit dem Rest von mir dran hart auf den Boden auf. Ich konnte noch irgendwie die Balance halten und mich mit meinen Händen abstützen, so dass ich mich nicht komplett bäuchlings, sondern nur kniend auf dem Boden wieder fand.
„Wow, jetzt lassen Sie schon andere für sich schlagen! Neulich in der Zelle haben Sie das noch selbst getan!" brachte ich noch mit schmerzverzerrten Gesicht über meine Lippen. Kylo sollte durchaus wissen, dass Pryde mir schon mal Gewalt angetan hatte. Zugegebenermaßen hatte das nicht annähernd so weh getan, wie der Schlag eben in die Kniekehle. Ich spürte förmlich wie sich an der Stelle schon ein Hämatom bildete. Aber wegen dieser dummen Hässlichkeit an Maske konnte ich Kylos Reaktion nicht sehen. Allein an seinen Augen konnte man immer viel ablesen. Aber so...
Hätte er vorhin nicht seinen Kopf etwas bewegt, könnte man auch meinen, dass hier nur eine Statue von ihm sitzt. Wieso ließ er diese lächerliche Farce zu?!
Warum, Kylo? Warum lässt du das zu?
Formulierte ich wieder die Frage in meinen Kopf und hasste mich fast dafür, dass es schon einem Flehen fast gleichkam.
„Du gibst also zu, dass du kein Mitglied der ersten Ordnung bist, sondern Teil einer terroristischen Vereinigung, die sich Widerstand nennt, angeführt von einer gewissen Prinzessin Leia!" fuhr derweil Pryde völlig ungerührt fort.
„General Organa!" korrigierte ich ihn, während ich mich von meiner knienden Position wieder erhob und den pochenden Schmerz in meinem Knie ignorierte. Dabei riskierte ich einen kleinen Blick hinter mich und sah dort den Truppler mit Schlagstock stehen, der ungeniert dem Befehl von General Pryde folge geleistet hatte.
„Du bekennst dich also schuldig!" hakte Pryde nach.
„Von was?" brachte ich nur durch meine zusammengebissene Zähne von mir. Mir gefiel das gar nicht in welche Richtung sich das ganze entwickelte. Und Kylo saß einfach nur da...
„Wie wäre es mit geplantem Mord am obersten Anführer als Mitglied einer systemfernen Vereinigung!" verlaß nun General Pryde meine Verfehlung.
„Geplant?" gab ich nur erstaunt wieder. „Du hast die Waffe General Hux entwendet, um sie anschließend im geeigneten Moment gegen den obersten Anführer zu richten..." Erläuterte Pryde weiter.
„Sie waren gar nicht dabei!"
„Unser Kronzeuge General Hux..." setzte Pryde wieder an.
„Hat Ihr super Kronzeuge auch erzählt, dass er bewusstlos war und ich ihn problemlos jederzeit liquidieren hätte können? Habe ich aber nicht. Stattdessen soll ich mir die Waffe geangelt haben, um damit das einzige Lebewesen hier an Bord, das über Superkräfte verfügt und mich nur mit einem Augenblinzeln an die Wand klatschen könnte, umzubringen? Das soll ich geplant haben? Das wäre ein verdammt dummer Plan gewesen! Sie beleidigen meine Intelligenz damit."
„Du kannst nicht abstreiten, dass du die Waffe dir widerrechtlich verschafft und damit auf den obersten Anführer geschossen hast. Knapp hast du sein Herz verfehlt!" entgegnete General Pryde mürrisch. Er war es offensichtlich Leid mit mir zu diskutieren.
„Ja echt? Sind Sie sich auch sicher dass er überhaupt eines hat? Ein Herz?"
„Ein gezielter Schuss in die Brust! Das ist Vorsatz!" brüllte Pryde nur so in den Raum und ich nahm aus den Augenwinkeln war, wie ein Teil der Ritter von Ren zustimmend nickten.
Ren selbst thronte derweil, wie ein Schatten seiner selbst, auf diesem lächerlichen Stuhl!
„Das war ne Kurzschlussreaktion! Ich war so wütend verdammt! Was du gesagt hattest, wie konntest du nur!" schrie ich ihn aus Leibeskräften an!
„Ich habe gar nichts gesagt!" entgegnete General Pryde nur perplex. Ich funkelte daraufhin Pryde nur bitterböse an. „Ich rede auch nicht mit Ihnen, Sie Hirni!" und fuhr fort:
„Ich rede nur mit ihm... oder ich versuche es zumindest!" Ich richtete meine Stimme nun direkt an Kylo:
„Ist das denn wirklich eine Maske oder vielleicht doch mehr ein Maulkorb! Du bist der scheiß Anführer hier, verhalte dich so! Du lässt das einfach so geschehen? Hast du nichts dazu zu sagen!?"
„Wie wäre es zum Beispiel mit einer Entschuldigung!" brüllte ich ihn regelrecht an.
„Schweig! Dir steht es nicht zu deine Stimme gegenüber dem obersten Anführer zu erheben!" rief Pryde ungehalten dazwischen.
Gerade als ich tief Luft holen wollte, um eine neue Salve an Beschimpfungen loszuspucken, reagierte tatsächlich Kylo. Er hob langsam seine rechte Hand. Pryde verstummte augenblicklich... als auch ich hielt inne. Gespannt blickten alle im Raum zu Kylo.
...
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