Goldene Augen
"Die kleine Alex wird erwachsen.", entgegnet Undertaker und ich ziehe eine Augenbraue hoch. "Das ich klein bin, lass ich dir noch durchgehen, weil ich dich mag. Aber erwachsen werden? Ich bin 20. Erwachsen bin ich schon lang." Ja, ich bin nicht die Größte. Und im Gegensatz zu Undertaker sogar NOCH kleiner! Aber musste er das jetzt erwähnen? Er kann froh sein, dass ich ihn wirklich mag. Ansonsten hätte ich ihn wahrscheinlich umgebracht. Oder zumindest verletzt. Das ist nämlich verdammt nervig, immer als klein und unschuldig abgestempelt zu werden. Wobei mir das eigentlich vor allem im Moment recht sein sollte.
Mit einem lächeln nickt der grauhaarige und seine grünen Augen blitzen auf. "Da kann ich ja wirklich froh sein, dass ich bei dir im positiven Sinne hängen bleibe." Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er mich nicht Ansatzweise ernst nimmt. Doch ich kommentiere das nur mit einem vielsagenden Blick, ehe ich die Semmel zusammen esse und dann den Tee austrinke. Ich bin wirklich gespannt, wie das mit dem Essen und dem Stoffwechsel funktioniert. Beziehungsweise dem nicht vorhanden Stoffwechsel. Denn das, was der Körper dann betreibt, ist an sich Stoffwechsel. Aber ich sollte mir weniger Gedanken darum machen.
Etwas schießt mir durch den Kopf. Eine Erinnerung. Ich stocke. Die Tagebücher. Was ist mit den Tagebüchern passiert? Hat Sebastian diese geklaut? Nein. Eigentlich unwahrscheinlich. Dann wüsste er, dass ich seine Tochter bin. Aber wer hätte sie dann? Konzentriert, gehe ich alles durch. Undertaker kann es nicht sein. Er würde das nicht machen. Und sonst... Stirnrunzelnd fällt mir eine Person ein. "Undertaker?", frage ich und hebe meinen Kopf, da ich den Blick auf den Tisch gesenkt habe. "Zu wem gehört Claude Faustus?" Der grauhaarige sieht mich misstrauisch an. "Wofür möchtest du das wissen?" Ich richte mich auf und lege eine Hand an mein Kinn. "Vielleicht hat er die Tagebücher."
Sein Blick ist fragend. Da muss er nicht einmal sprechend. "Die Tagebücher sind verschwunden. Und dann wollte ich ja zum Anwesen der Phantomhives. Claude hat mich vom Pferd gerissen. Wenn er wusste, wo ich zu dieser Zeit bin, dann ist es nicht schwer heraus zu finden, wo ich wohne und das Haus zu durchwühlen. Besonders, wenn ich drei Tage nicht da bin, obwohl es nur wenige Minuten in dem Büro waren." Ich mache eine Pause und sehe Undertaker dann entschlossen an. "Ich will die Tagebücher wieder zurück. Nenn es sentimental und menschlich. Aber es ist das einzig wirkliche Vermächtnis meiner Mutter."
Die Stille in der er überlegt, ist schon fast zum greifen. Meine Anspannung auch. "Claude Faustus... alles in diesem Umfeld ist gefährlich. Und ich kann mir vorstellen, dass du, wenn ich dir diese Information gebe, sofort aufbrechen und die Tagebücher holen willst." Nickend gebe ich ihm zu verstehen, dass er recht hat. "Wobei du die Möglichkeit zwischen zwei Szenarien hast.", erwidere ich und hebe zwei Finger hoch. "Nummer eins, du sagst es mir nicht und ich finde es trotzdem heraus. Nur bin ich um einiges genervter und werde dich nicht mit einspannen. Zweitens. Du sagst es mir und weißt von allen Zügen bescheid, die ich mache."
Seine Augen werden schmal. Begeisterung sieht anders aus. "Wahrlich ist es kein Spaß, mit dir zu diskutieren, wenn du etwas unbedingt willst." Ich zucke mit den Schultern. "Und ich kann das nicht einmal auf das Teufelsdasein schieben. Das hatte ich damals schon und meine Mutter hasste es." Undertaker sieht mich unschlüssig an. Soll er es mir sagen und wissen, was ich mache? Oder möchte er doch lieber die Variante, in der er ausgeschlossen wird? Es wird interessant, was der liebe Herr wählen wird. Ich hoffe stark, dass er die zweite Variante nimmt. Denn beim letzten mal, als ich Informationen holen wollte... Nun ja.
"Und was bekomme ich dafür?", fragt er und ich schließe kurz die Augen. Das Spiel schon wieder. Als ich die Augen wieder aufmache, lächelt Undertaker leicht. "Was möchtest du denn diesmal...", brumme ich und er tippt sich auf die rechte Wange. Ein wenig verwirrt runzle ich die Stirn. Überlegt er noch? Oder was soll das. Klick. "Ich soll... Dir darauf?", frage ich überrascht und sein stummes lächeln ist alles, was ich als Antwort bekomme. Na danke. Ganz ruhig, Alex. Ist nur ein Kuss auf die Wange. Mehr nicht. Sei nicht so nervös! Das bekommst selbst du hin. "O...kay.", murmle ich und stehe auf.
Langsam und unter dem Blick der grünen Augen, gehe ich zu ihm und stelle mich neben ihn hin. Jetzt sei nicht so nervös! Innerlich bin ich verdammt aufgewühlt. Natürlich. Ich habe so etwas noch nie gemacht. Ist doch klar, oder? Ich beuge mich zu ihm hinunter und lege meine Lippen auf seine Wangen. Sie sind warm... ziemlich weich. Und er riecht gut. Als ich mich wieder löse, richte ich mich auch wieder auf und sehe auf ihn hinunter. "Zufrieden?", frage ich nun und bin mir nicht sicher, ob ich nicht rot werde.
"Deine Seite der Abmachung ist erfüllt. Dann bin wohl ich an der Reihe.", meint er mit einem lächeln und ich setze mich wieder auf den Stuhl gegenüber von ihm. Lehne mich aber neugierig ein wenig vor. "Claude Faustus ist bekanntermaßen ein Teufel. Er steht unter einem Vertrag mit einem gewissen Alois Trancy. Aber BEVOR du jetzt los läufst!" Seine Stimme ist warnend und ich nicke. "Alois hat mehrere Dämonen. Nicht nur Claude, sondern auch eine weitere Seelenverschlingerin und Dämonendrillinge. Sie sind gefährlich und... es tut mir leid wenn ich es so sage. Aber du als Halbteufel hast nicht den Hauch einer Chance."
Ich begegne dieser überaus ernst zu nehmenden Warnung mit einem lächeln. "Ach wie gut, dass du mit kommst!" Undertaker zieht seine Augenbrauen hoch. "Bitte?" Ein wenig entspannt lehne ich mich zurück. "Nun ja. Wenn wir es jetzt einmal von einem logischen Punkt aus sehen, werde ich so oder so abzischen, um diesen Trancy zu finden. Und du würdest dir viel zu viele Sorgen machen, so wie ich dich jetzt kenne. Also würdest du wahrscheinlich eh mitkommen um sicher zu stellen, dass ich nicht allzu sehr verletzt werde. Außerdem wollte Claude mich entführen. Das heißt... ich begebe mich beim diesem Trancy nicht nur auf ganz dünnes Eis, sondern springe als Nichtschwimmer gleich in die reißenden Fluten."
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