Kapitel 10
Faköle starrte Kala an.
Bitte was? Hatte er sie gerade richtig verstanden?
Kala schämt sich.
Er schnaubte. Dessen war er sich durchaus bewusst. Dazu brauchte er seinen Drachen nicht.
Vorsichtig nahm er ihre Hände in seine und betrachtete sie.
Es waren zarte und gepflegte Hände. Faköle war sich sicher, dass sie sich weich an seiner Wange anfühlen würden, dennoch traute er es sich nicht, es auszuprobieren, denn sein Bartschatten würde bestimmt Spuren auf ihrer Haut hinterlassen.
Kala war eine große Frau, aber sie war schmal gebaut und hatte eine Anmut an sich, die ihn auf die Knie zwingen könnte. Doch sie konnte selbst austeilen und auch einstecken, wie er beim Schwertkampf feststellen musste. Kala war einfach eine Frau, mit der er Spaß haben könnte, ohne dass er sich einschränken musste. Das war seine größte Angst gewesen, doch mit Kala konnte er sich ein Leben vorstellen, ohne dass er andauernd feiern musste.
Er gestand sich ein, dass er sie am Anfang auch nicht kannte und jeden Gedanken, dass ausgerechnet sie seine Braut sein sollte, lachend verdrängt hatte. Doch nun...etwas hatte sich verändert. Die ganzen Geschichten seiner Brüder, die sich Hals über Kopf in ihre Bräute verliebten und die er immer als Unfug abgetan hatte, kamen ihm in den Sinn. Ihm erging es auch nicht anders.
Die wenigen Tage, die sie zusammen verbrachten, hatten ihm eine andere Kala gezeigt. Nicht die streng erzogene Tochter eines Landadeligen, die keinen Spaß verstand und ihn immer tadelte. Nein!
Kala war so anders. Sie lachte gerne und das gefiel ihm. Sie hatte ihm eine Lektion mit dem Schwert beigebracht, ohne ihn dabei vor anderen bloß zu stellen. Sie hatte ja nicht wissen können, dass Nielema die beiden beobachtete.
Ohne zu zögern hatte sie sich Tamohans angenommen und war sogar bereit, die Mutterrolle zu übernehmen.
Er hatte sie die Tage vermisst, als er nicht in ihrer Nähe sein konnte und sie hatte sich immer wieder in seine Gedanken eingeschlichen. Besonders in der Nacht, wenn er allein im Bett lag, dachte er an Kala.
Himmel, wie konnte man sich in so eine Frau nicht verlieben?
Sie gab ihm alles, ohne etwas dafür zu verlangen. Das kannte er von den anderen Frauen nicht
Zögerlich fasste er ihre Hand fester und küsste sanft die Fingerspitzen.
Er hörte, wie sie leise keuchte und wagte einen Blick in ihr Gesicht.
"Ich bin derjenige, der nicht gut genug für dich ist, Kala. Das ist der einzige Grund, den ich akzeptieren würde, wenn du gehen wolltest. Zweifle nie daran, ob du gut genug für mich bist. Du bist so viel mehr, auch wenn ich das erst heute erkannte."
Sie starrte ihn mit großen Augen an.
"Aber...aber..."
Er nickte.
"Ich weiß davon. Ich weiß, wie unsere Verbindung entstanden ist und ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich hatte nicht die Kontrolle über mich, also übernahm mein Drache das."
Sie keuchte erneut.
"Was? Kitrinos hat..."
Er nickte.
"Ja, er hat meine Rolle übernommen, weil er wohl alles beschleunigen wollte. Was er nicht dabei bedachte, war, dass ich mich so von Sinnen war und ich nichts mitbekam. Im Gegensatz zu den anderen hast du also Kitrinos geküsst. Nicht mich."
Kala sah ihn verständnislos an.
"Das ist das erste Mal, dass ich davon höre, dass ein Drache die Initiative ergreift."
Faköle nickte.
"Das ist auch ungewöhnlich. Wie ich schon gesagt habe, ging es ihm zu langsam. Er wusste schon vor mir, was er wollte und zwar dich."
Kala nahm die Hände weg und sah dumpf vor sich hin.
Faköle schwieg.
Was sollte er auch sagen?
Nicht nur, dass er ihr gerade bewies, dass es nicht er gewesen war, der sie geküsst hatte, er erklärte ihr auch unverblümt, dass er nie daran gedacht hatte.
Verflucht, konnte man sich noch tiefer in die Scheiße reiten?
"Kala..."
Sie hob die Hand.
"Nein. Ich denke, ich habe verstanden. Kitrinos wollte also etwas, was du nicht wolltest. Du sagst, du seist nicht gut genug für mich und ich muss ehrlich sagen, dass ich das auch glaube. Im Prinzip müsstest du mir eigentlich noch ein schlechtes Gewissen einreden, weil ich daran dachte, dich zu verlassen und damit auch Tamohan. Das würde jetzt noch fehlen in dem ganzen Schauspiel und sie Posse wäre perfekt."
Langsam, beinahe in Zeitlupe, stand sie auf.
"Kala, ich wollte nie..."
Sie schüttelte den Kopf.
"Ich dachte bisher, es wäre mein Fehler gewesen, dass du mich nicht haben willst. Ich war der Meinung, dass ich dir nicht genügen würde, dass ich zu unerfahren sei. Du gibst zu, dass du den Frauen nicht abgeneigt bist, aber bis heute nicht daran dachtest, ich könnte deinen Ansprüchen genügen. Jetzt auf einmal erkennst du es und nun fängst du an, mich zu umwerben und zwar in einem Tempo, dass ich nicht mitkomme. Ich nehme mal an, du wolltest deine besonderen Künste gerade an mir ausprobieren, immerhin schien es bisher immer funktioniert zu haben. Dir scheint nicht bewusst zu sein, dass du mich mit deinen Erklärungen und auch Versuchen in jeglicher Art und Weise gerade beleidigt hast."
Nun war er es, der sie ungläubig anstarrte.
"Ich wollte dich nicht beleidigen. Ich habe Jasminbüsche hier her bringen lassen, weil Nielema meinte, du magst den Duft. Ich habe einen Tee vom grünen Apfel anfertigen lassen, weil du, laut Nielema, auch dieses Aroma bevorzugst. Das siehst du als Beleidigung an?"
Sie lachte bitter.
"Nielema sagte es dir. Merkst du eigentlich, dass du rein gar nichts über mich weißt? Halte mich für arrogant, Faköle, aber ich bin nicht wie deine anderen Affären, bei denen du dich kaum anstrengen musst. Ich soll deine Frau werden. Du nimmst mich für selbstverständlich und das gefällt mir nicht."
Sie holte tief Luft und er hörte, dass sie ihre Tränen unterdrückte. Sie wollte stark bleiben, so lange sie noch vor ihm stand.
"Ich werde nun gehen."
Er sprang auf.
"Das kannst du nicht tun, Kala. Ich brauche dich."
Wieder lachte sie bitter und dieses Mal schien sie nicht verhindern zu können, dass eine Träne über ihre Wange lief.
"Keine Sorge, Faköle. Meriwan wird sich weiter um Tamohan kümmern. Wer weiß, vielleicht stellt sich heraus, dass sie meinen Platz besser besetzen kann als ich."
Faköle stieß seinen Atem aus.
"Das ist nicht dein Ernst. Du siehst das völlig falsch.", flüsterte er. "Ich...es war nie meine Absicht, dich zu beleidigen oder respektlos zu sein."
Wie hatte dieser Abend nur so schief gehen können? Er hatte eigentlich den Eindruck gehabt, dass sie sich endlich näher gekommen waren. Doch nun? Sie waren weit voneinander entfernt und leider musste er ihr Recht geben. Mit seiner Erfahrung Frauen gegenüber schien es nicht weit her zu sein. Zumindest nicht, was das Umwerben betraf. Und bisher musste er sich wirklich kaum anstrengen. Er erkannte nun, dass er es war, der von den Frauen ausgenutzt wurde. Er war ein Prinz, man kannte ihn. Natürlich hatten sich die Frauen etwas von ihm versprochen, wie man an Asa ja gut sehen konnte. Doch Kala war nicht so. Sie hatte nicht ihren Vorteil im Sinn.
Warum war er nu so dumm, das jetzt erst zu erkennen?
Sie schloss die Augen und wieder trat eine Träne hervor, die sie wütend weg wischte.
"Nein, ich sehe so klar wie nie zuvor. Es wird besser sein, wenn wir uns nicht mehr wieder sehen."
Ohne auf seine Antwort zu warten, drehte sie sich um und ging davon.
Faköle starrte auf die Tür.
Was war nur geschehen?
Wie konnte er nur innerhalb von so kurzer Zeit so viel Mist produzieren?
Idiot!
Kitrinos zog sich zurück und ließ Faköle ebenfalls allein..
Ob er ein Idiot war konnte Faköle im Moment nicht beantworten. Aber dass er nun hier saß und die Tür anstarrte, ohne etwas zu unternehmen, das war wirklich idiotisch.
Er stand umständlich auf und ging zu der Tür, die ihn zu verhöhnen schien.
"Versagt bei der eigenen Braut.", schien sie ihm entgegen zu rufen.
Jeder Schritt fiel ihm schwer.
Wie sollte er Kala auch davon überzeugen, dass es alles nicht so war, wie sie annahm. Ihm war es doch selbst vor kurzem erst bewusst geworden, was für einen Schatz ihm der goldene Drache ausgewählt hatte. Und er hatte es von Anfang an verbockt.
Gerade, als er die Klinke in die Hand nehmen wollte, fing Tamohan an zu weinen, aber es war nicht sein übliches Weinen, sondern es klang eher so, als ob der Kleine ahnte, was gerade geschehen war und er Kala schon jetzt vermissen würde.
Einen Moment schloss er die Augen.
Seine eigenen Sorgen mussten nun hinten an stehen. Zuerst musste er sich um seinen Sohn kümmern.
Müde ging er in sein Schlafzimmer und nahm Tamohan aus der Wiege.
Der Kleine schluchzte herzerweichend und legte seinen Kopf an Faköles Schulter.
"Ich weiß, Tamohan. Sie ist weg und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie ich sie wieder zurückgewinnen kann. Aber ich werde mich anstrengen. Das verspreche ich dir."
Eine Weile behielt er seinen Sohn in seinen Armen und summte ihm leise Lieder vor, wie er es auch immer bei Kala beobachten konnte.
Im Moment konnte er wohl nicht viel tun. Kala war zu aufgebracht und sie würde wahrscheinlich denken, dass er ihr nur hinterher lief, weil er sie wirklich nur für Tamohans Erziehung brauchen würde.
Merkst du eigentlich, dass du rein gar nichts von mir weißt?
Oh ja.
Das merkte er nun sehr wohl.
Himmel, warum stellte gerade er sich bei Kala wie ein Dummkopf an? Ihm, dem man nachsagte, dass er nur einer Frau zu blinzeln musste und sie ihm dann willig in die Arme fiel. Er konnte sich noch daran erinnern, dass seine Brüder ihn aufzogen und meinten, gerade er dürfte keinerlei Schwierigkeiten haben. Doch nun...
Er holte tief Atem und legte Tamohan wieder in die Wiege.
Er war nicht nur einer der Letzten, der seine Braut für sich beanspruchen konnte. So wie es aussah, schien er überhaupt keine Braut zu bekommen. Zumindest nicht Kala.
Ihm wurde nun aber auch bewusst, dass er keine andere Frau mehr haben wollte. Diese Sage, dass ein Drache sich vom ersten Augenblick in seine Braut verliebte, hatte er immer als Blödsinn abgetan, doch es stimmte. Er hatte zu Kala nicht nur eine Verbindung, die Liebe hatte sich ganz leise in ihn eingeschlichen.
Und er hatte es vermasselt.
Der Duft von Jasmin stieg ihm in die Nase und er fiel müde in sein Bett, dass selbstverständlich nach Kala roch.
Es war zum Verzweifeln.
Wieder holte er tief Luft und er hörte ein leises Schluchzen.
Doch es kam nicht von Tamohan.
Es kam von ihm selbst.
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