DREIZEHN
Als die Dämmerung eintraf, machten wir Rast in einem kleinen Dorf kurz vor Sywentha. Am nächsten Tag mussten wir nur noch zum Tor und die Grenze überqueren. Wir würden morgen Abend im Schloss ankommen und dort drei Tage lang verweilen. Je näher wir unserem Ziel kamen, desto unangenehmer wurde das Gefühl in meiner Brust.
Ich brachte Willow in den Stall, der für die Pferde bereitgestellt wurde und setzte mich zu den Wachen an den Esstisch.
Ildor, Inara und Danielle hatten mich glücklicherweise den gesamten Weg nicht beachtet und waren direkt in ihre Zimmer gegangen. Sie bekamen natürlich die besten Betten, Zimmer unf alles wurde erhaben, pompös für die Königin hergerichtet. Danielle schenkte dem Gasthaus und dessen Mühe keine Aufmerksamkeit, ignorierte jegliche herzliche Begrüßung. Ihr Essen hatten die drei ebenfalls mit auf die Zimmer genommen.
Ich hörte sie in meinen Gedanken, wie sie darüber lästerten, warum ich so dreckig war, mit den Wachen zu essen. Ihre abscheulichen Blicke hatte ich ganz genau im Sinn.
Allerdings war ich froh, um die nette Gesellschaft, vor allem, weil ich Sam bereits auf dem Weg so gut kennengelernt hatte. Das Essen mal in einer unbeschwerten Umgebung genießen zu können, war ein Segen für meine Seele. Auch wenn es bloß einfaches Essen war und wir alle besseres aus dem Schloss kannten, war ich froh hier keine Extrabehandlung, wie die anderen drei, zu bekommen. Ein bisschen Normalität tat jedem gut.
Ich merkte schnell, dass alles, was mir Sam über die Wachen erzählt hatte, stimmte.
Es war eine lustige, laute Gruppe, die gerne über andere tratschte.
Ich war dankbar darüber, dass sie mir keine Fragen stellten, weshalb ich bei ihnen saß, oder warum ich noch nicht in mein Zimmer gegangen war und sie mich einfach, herzlich aufnahmen. Die ein oder anderen neugierigen Blicke entgingen mir natürlich nicht, aber ich redete mir ein, dass mich keiner erkannte. Schließlich hatte Sam es auch nicht getan.
Sie plauderten über andere Wachmänner über neue Geschichten aus Bruchberg und ich lernte die Männer, die ich zuvor schon häufiger gesehen hatte, alle ein Stückchen besser kennen.
Später am Abend gingen wir alle in unsere Zimmer, um die Reise am nächsten Tag gestärkt weiterführen zu können.
Als ich in meinem kleinen Zimmer war, welches allein aus einem kleinen Bett und einem Nachttisch bestand, zog ich aus meiner Tasche das Buch heraus, welches Anton mir gegeben hatte. Der Gedanke an den alten Bibliothekar zauberte direkt ein Lächeln in mein Gesicht.
Ich wusste, dass es besser war, schlafen zu gehen. Aber seitdem ich gestern Abend angefangen hatte die ersten Seiten zu verschlingen, konnte ich nicht anders, als mehr über Avalovien zu erfahren. Es wäre fatal in die Nähe eines Fae zu reisen, ohne jegliches Wissen über diese Wesen.
Ich schlug die Seite auf, bei der ich stehen geblieben war.
Bis jetzt hatte ich etwas über die verschiedenen Länder und dessen Entstehung gelesen. Dass es fünf Faeländer gab, wusste ich bereits aus alten Geschichten. Leider war aber auch in diesem Buch keine vollständige Karte von Avalovien zu finden.
Aber ich hatte von den verschiedenen Abstufungen der Magie gelesen und damit eine ganz neue Information für mich entdeckt. Meine erste brauchbare Information über jene Wesen.
Es gab Fae, die nur eine leichte Magie verspürten. Diese Magie war vergleichbar mit der, die wenige Menschen besaßen. Vergleichbar mit König Janis' Magie.
Andere Fae hingegen erbten eine größere Kraft. Der Großteil der Fae. Wie genau diese Magie aussah, konnte ich nicht herauslesen.
Und die Fae, die im Königshaus geboren wurden, waren die mächtigsten.
In den fünf Ländern der Fae, leben jene uralte Wesen, die von einer unergründlichen Magie durchdrungen sind. Unter ihnen existieren jene von leichtem Zauber, ähnlich den geheimnisvollen Kräften, die einige Menschen durchflutet. Es gibt auch die, deren Erbe eine gewaltige Magie ist, eine Kraft, die in den Geheimnissen der Länder eingewoben ist. Doch selbst diese Magie verblasst im Vergleich zu der Magie, die in den Hallen des Königshauses geboren wird – eine Magie, die von uralten Ahnenlinien herrührt und von keiner Macht Avaloviens übertroffen wird.
Ein kleines Bild von einem menschenähnlichen Wesen war unter der Seite abgebildet. Der Fae, der zu sehen war hatte Spitze Ohren und lange, hellbraune Haare. Sie hatte einen intensiven Blick, obwohl es nur eine Zeichnung war. Wären die spitzen Ohren und die Schönheit nicht auffallend, dann hätte es auch ein Mensch sein können.
Ich versuchte mir das Bild von dem Fae in Sywentha vor Augen zu führen. Auch wenn es noch sehr genau in meinem Kopf geisterte, hatte ich keine Erinnerung an spitze Ohren. Vielleicht war das ein Hinweis. Ich schöpfte Hoffnung, dass der Fae menschenähnlicher war, als seine Gleichgesinnten. Es wäre logisch, würde er über eine ähnliche Magie wie die Menschen verfügen, wenn er auch wie einer aussah.
Interessiert las ich weiter ich Buch. Viele unnütze Informationen strömten in mein Gedächtnis. Wirre Worte, die nicht wirklich sinn ergaben. Bei dem Kapitel über das Faunland wurde ich aufmerksam.
Das Faunland ist ein Land des Zwielichts, wo die Schatten der Bäume sich im Tanz der Blätter wiegen und die Klippen des Gebirges die Geheimnisse der Welt in ihrem Schoß bergen. Es ist ein Ort, an dem die Luft mit der Magie der Natur gesättigt ist und die Wesen, die in diesen heiligen Hallen wandeln, einstimmig das Lied der Schöpfung singen.
Doch die Wege des Faunlands sind verschlungen und undurchdringlich, und selbst die Tapfersten und Mächtigsten verirren sich leicht in den dichten Wäldern und den bis zum Himmel reichenden Bergen. Hier regieren nicht die Gesetze der Menschen oder die Macht der Fae, sondern die unerbittliche Kraft der Natur, die allein über Leben und Tod entscheidet.
Man erzählt sich von Fae, die versuchten über das Faunland zu fliegen und bei dem Flug in die Tiefe des unergründlichen Land stürzten. Denn die Winde gehorchen den alten Geheimnissen, die in den Tiefen der Wälder verborgen liegen, und selbst die mächtigsten Wesen können nicht über die Barriere der Natur hinwegtragen.
Ich kannte das Faunland und keine Information war mir neu, aber es wunderte mich, dass der Fae aus Sywentha es geschafft hatte, das Faunland zu überqueren. Er hatte selbst behauptet über das Faunland geflogen zu sein. Auch in diesem Buch stand, dass es nicht möglich und sehr gefährlich sei, was einfach nicht mit dem zusammenpasste, was ich gesehen hatte.
Wie gebannt las ich Seite für Seite über die magischen Wesen. Fae starben nicht aus Alter. Sie konnten unendlich leben, wenn sie nicht durch andere oder durch Selbstzerstörung starben.
Ich hielt den Atem an, als ich zu dem Abschnitt kam, den ich gesucht hatte.
Es heißt, dass die Fae nur dann endgültig sterben können, wenn ihre Macht vollständig ausgelöscht wird. Diese Tatsache wird seit Anbeginn der Zeit vor den Menschen verborgen gehalten.
Die Methoden, um die Macht der Fae zu vernichten, sind jedoch im Dunkeln der Geschichte verloren gegangen, verschleiert von der Magie der Fae und den Mysterien des Universums. Viele Menschen haben versucht, das Geheimnis zu ergründen, doch die Weisheit und Genauigkeit der Fae ist undurchdringlich.
Es wird jedoch gesagt, dass es einen Weg gibt, die Fae zu töten, eine Methode, die seit Jahrhunderten in den Legenden verschlüsselt ist. Diese Legenden sprechen von Dolchen, die mit uralten Runen beschriftet sind, Symbole von verlorenen Seelen und Schicksal, die das Herz von Fae durchdringen können und sie so ihrer unsterblichen Existenz berauben.
Mit pochendem Herzen schloss ich das Buch, um diese Information zu verarbeiten. Das veränderte einiges.
Es gab eine Möglichkeit jene Wesen zu töten, wenn in diesem Buch die Wahrheit stand.
Ich musste nur irgendwie an ein solchen Dolch gelangen und dann wäre ich diesen Kreaturen nicht mehr hilflos ausgeliefert. Ich hatte nicht wirklich vor, jemanden mit eigenen Händen zu ermorden.
Aber es war gut, dass es immerhin eine Möglichkeit gab. Es war beruhigend, dass ich mein Leben nicht völlig wehrlos verbringen musste. Es war hoffnungsbringend, dass ich im Falle eines Krieges, vorher die Möglichkeit hatte, eine Waffe zu finden.
Die Frage war nur, wie ich eine solche Waffe finden sollte. Einen Dolch, der mit Runen überzogen war. Noch nie hatte ich etwas Derartiges gesehen. Es klang nach einem verborgenen Stück, das sich tief versteckt in Avalovien befand.
Würde dieser Fae auf der Seite von König Janis kämpfen oder allein nur auf der Seite Sywenthas stehen, benötigte ich eine Waffe, um ihn auszuschalten.
Ich wollte ihn nicht töten, aber ich brauchte ein Druckmittel, eine Waffe, mit der ich drohen konnte. Würde ich Danielle nicht von ihrem Plan abhalten können, müsste ich mit König Janis reden, ihm die Wahrheit verraten. Und ohne mein eigenes Leben zu riskieren, ging das nur mit der Hilfe einer Waffe, die ich gegen Fae verwenden konnte. Denn eines war klar: Das Wesen in Sywentha war ein Fae.
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