Kapitel 17
„Hey, Darling", säuselte ich, als meine Lippen auf Cais drückte. Ihm Zuneigung zu zeigen, geling mir mittlerweile spielend leicht. „Danke nochmal für deine Jacke. Sie hat mir gute Dienste erwiesen."
Die anderen Vampire bemühten sich, uns nicht anzustarren, als sie den Kriegssaal verließen. Sollten sie doch gucken. Sollten sie sich doch allesamt überzeugen, dass wir Seelenverwandte waren.
„Na, Honey, wie war dein Tag?", fragte er mich und erhob sich von seinem Stuhl. „Fürchterlich ätzend. Meine Familie hat mich zu irgendeinem Geburtstagsfest geschleppt. Es war grauenhaft." Theatralisch legte ich mir die Hand auf das Dekolletee und ließ den Kopf kreisen. Dabei schielte ich zur steinernen Karte in der Mitte. Die Figuren hatten eine andere Position angenommen. Immer noch waren sie in Pfeilform positioniert, doch der Pfeil weitete sich an den Seiten.
„Wollen wir heute noch was Schönes machen?", fragte er, wie jedes Mal, wenn ich ihn besuchte, und jedes Mal antwortete ich: „Natürlich. Was schwebt dir denn vor?" Dann sagte er etwas, was unglaublich romantisch klang, und ich nickte eifrig und studierte weiterhin die Karte. Und wenn ich in meine Gemächer kam und Rhian Zeit hatte, unternahmen wir dann diese Aktion.
Doch heute unterbrach uns ein Vampir, den ich hier schon des Öfteren gesehen hatte, und auch irgendeine wichtige Position ausübte, doch anscheinend zu unwichtig, dass ich mir seinen Namen hätte merken können. „Mein König, es gibt da noch einige Unklarheiten wegen..."
Ich schaltete ab und schlenderte durch den Kriegssaal, wobei mein Blick immer wieder zur Karte schweifte. Die Werwölfe hatten die Vampire fast gänzlich umzingelt, und einige vampirischen Truppen sollten nun zum südlichsten Punkt geschickt werden, um dort ein Loch in den Kreis zu schlagen. Vorfreude kribbelte in meinen Fingern, als ich mir ausmalte, diese Pläne zunichte zu machen. Ich lächelte in mich hinein. Dann schlenderte ich zu einer Kristallvase gefüllt mit Rosen. Gedankenverloren strich ich über die blassrosa Blüten. Vermutlich stammten sie aus den Gärten, die das ganze Jahr über blühten, dank der Erdhexen.
Die Vase stand auf einem Beistelltisch direkt neben der hölzernen Wand des Saals. Erst jetzt betrachte ich die Maserung des Holzes genauer. Irgendetwas daran störte mich. Es sah so glatt aus, so unberührt. Der Saal wurde seit 60 Jahren mit diesem Holz verkleidet, und die Jahre mussten Spuren hinterlassen haben. Rottende Balken, Löcher von Schädlingen. Mit den Fingern strich über den Balken. Kälte schoss durch meine Haut. Ich zuckte zurück. Das war kein Holz, das war...
„Es ist aufgemalt."
Ich schrak zusammen. Cai stand neben mir, die Hände in den Taschen des Jacketts vergraben, und grinste über meinen Schock.
„Die Maserung wurde nur aufgemalt. Das ist kein echtes Holz, Darling, die ganze Außenwand des Saals besteht aus Beton."
Erst jetzt, als ich so nahe an die Wand herantrat, dass meine Nase sie fast berührte, erkannte ich es. Pinselstrich an Pinselstrich reihten sich aneinander, bis sie die Maserung von Holz imitierten. Ich kniff die Augen zusammen, um die Textur der Striche zu erkennen „Aber warum?"
„Würdest du lieber einen Kriegssaal aus Holz angreifen, oder aus Beton?" Cai grinste. „Außerdem hat man nach dem großen Brand in den Fünfzigern beschlossen, Wolfstein aus festem Material zu errichten."
Das leuchtete ein. Ich drehte einmal im Kreis und ließ die Malereien der Wände auf mich wirken. „Das muss echt lange gedauert haben."
„Sieben Jahre. Jeden Tag treten hier Gestalten ein und aus, und sie alle schauen sich um, aber niemand guckt genauer hin. Und selbst wenn einem auffällt, dass die Wände doch von Maden zerfressen sein müssten, macht sich niemand die Mühe, das zu hinterfragen. Es wird schon einen Grund geben, denken sie sich. Die Wahrheit ist überall, und genau das macht sie unsichtbar. Ein genialer Schachzug."
Ein Blitz zuckte durch meinen Kopf. Ich schrak zusammen, verlor fast das Gleichgewicht. Ich fasste mir an die Stirn.
„Alles in Ordnung?", fragte Cai und hob eine Augenbraue.
„Ja", keuchte ich. „Ich hatte nur einen Einfall. Ich muss los!" Und dann jagte ich durch die Flure, dass die Gardisten mir nur mit Mühe folgen konnten.
Es war, als hätten zwei Chemikalien in meinem Kopf zu einer gewaltigen Explosion reagiert, und das Ergebnis war grandios. Ich musste sofort zu Calliope. In meinen Gemächern erhaschte ich einen Blick auf die Uhr. Ein paar Minuten blieben mir noch. In Windeseile riss ich die Geheimtür auf, flitzte durch den Gang und drückte den richtigen Stein an der Mauer. Die zweite Geheimtür schwang auf. Ich stolperte mehr die Treppen hinunter, als dass ich lief. Den restlichen Weg zu den Katakomben sprintete ich.
Das Glück war auf meiner Seite. Calliope und Leroy lehnten über dem Tisch und stritten wie üblich.
„Ich hab die Lösung!", schrie ich. „Ich weiß, wie wir die Vampire vernichten können." Ich ließ mich auf einen der Stühle fallen, was Leroy mit hochgezogenen Augenbrauen kommentierte.
„Okay, vielleicht nicht vernichten", keuchte ich, „Aber auf jeden Fall ordentlich in die Weichteile treten." Ich lachte trocken. Patricia hätte mich für meine vulgäre Sprache gerügt, Rhian hätte gelacht.
Als sich mein Herzschlag beruhigte, stand ich auf und ordnete die Figuren auf dem Tisch den Figuren auf der steinernen Karte an. Und dann erzählte ich von meiner Idee. Ich untermalte sie mit großen Gesten, und meine Stimme hallte immer lauter in den Katakomben wider. Als ich geendet hatte, keuchte ich immer noch.
Weder Calliope noch Leroy sagten ein Wort. Meine Handflächen begannen zu schwitzen und ich senkte den Blick. Die Frau legte die Stirn in Falten und der Werwolf verschränkte die Arme vor der Brust.
„Das ... ist ein Selbstmordkommando", rief Leroy.
„Das wird niemals funktionieren." Calliope schüttelte den Kopf.
Ich faltete die Hände. „Bitte, denkt nur mal drüber nach! Der Überraschungseffekt wäre auf unserer Seite. Bis jetzt haben wir die meisten Männer verloren, weil die Vampire uns auf dem Waldboden schon von Weitem sehen konnten. Aber so-"
„So würden wir ihnen geradewegs vor die Gewehrmündungen springen. Lijana, du hast eine einzige Aufgabe: Versorge uns mit Informationen über die Strategien der Vampire. Mehr nicht." Seine Stimme ließ mich zusammenzucken.
Ich wollte zustimmen und weggehen, doch etwas in mir widersprach vehement. Etwas, das noch so neu war, dass ich mich jedes Mal überraschte, wenn es sich zu Wort meldete. „Aber ihr habt fast alle meine anderen Pläne umgesetzt. Und schaut euch an, wie weit wir gekommen sind." Ich deutete auf die blauen Soldaten, die die roten fast vollständig eingekreist hatten. „Wir haben es so weit geschafft, und wenn wir es jetzt richtig angehen, werden wir die Vampire in die Flucht schlagen. Dann können wir diesen Krieg beenden."
„Und woher willst du wissen, wie man es richtig angeht?" Leroys Augen sprühten Funken. „Du hast ein, zwei Bücher über Kriegsführung gelesen, und glaubst, du könntest diesen Krieg gewinnen? Was hast du vorzuweisen? Hast du je an der Front gekämpft? Weißt du, wie es in einem Schützengraben aussieht? Nichts weißt du, gar nichts!"
Ich biss die Lippen aufeinander. Etwas in meinem Nacken verhärtete sich, das mich ihm direkt in die Augen schauen ließ.
„Ich weiß nur, dass ich ihr mit meiner Hilfe weiter gekommen seid, als in den vergangenen Jahrzehnten, obwohl ich nie in einem Schützengraben gewesen bin. Und dabei habe ich weit mehr getan, als euch Informationen zu geben." Dann drehte ich mich um und verließ die Katakomben. Ich kam sonst zu spät zu meinem Date.
Als ich im Geheimgang stand und die Tür sich hinter mich schloss, zitterte ich vor Wut. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht zu stampfen, als ich aus meinen Gemächern in die Zimmer meiner Tante schlich. Sie war, zusammen mit Magaret, Celesté und Michael auf irgendeiner Feier, aus der ich mich hatte rausreden können. Noch immer jagten meine Gedanken dem vergangenen Gespräch hinterher. Ich öffnete die Tür, schloss sie, sah auf.
Ich stand in absoluter Dunkelheit.
Mein Herz setzte aus. Angst packte mich. Ich tastete umher, meine Finger suchten die Türklinge. Schweiß rann mir über die Handflächen. Meine Finger umfassten das Metall. Endlich. Ich drückte sie runter. Doch die Klinke klemmte. Scheiße! Ich rüttelte an der Tür, warf mich dagegen. Erfolglos. Panik schoss durch meine Adern. Mein Herz sprang mir fast aus der Brust. Ein Lichtschalter! Hier musste irgendwo ein Lichtschalter sein! Ich tastete mich an der Wand entlang. Blanke Angst jagte durch meine Venen. Wo war dieses verfluchte Ding?
Ein dumpfes Klacken ertönte. Jemand schritt über den Steinboden. Unmittelbar neben mir.
Ich zuckte zusammen. Jetzt warf ich mich gegen die Wand. Meine Finger fuhren auf und ab, ich tastete mich überall entlang. Mein Herz raste. Die Dunkelheit griff mit ihren eiskalten Klauen nach mir. Ich saß in der Falle! Die Schritte kamen näher. Ich sprang zurück, stolperte über etwas und fiel. Bevor ich auf dem Boden auftrat, schlug mein Kopf gegen etwas. Schmerz explodierte in meiner Schädeldecke.
Das Licht traf meine Augen so plötzlich, dass ich sie zukniff und mit der Hand mein Gesicht abschirmte. Meine Augen tränten, dennoch zwang ich mich, sie aufzureißen. Rhian stand unmittelbar vor mir, die Hand am Lichtschalter.
„Bei Skyla, ist alles in Ordnung?" Sie half mir auf die Füße. Ich wischte mir die Tränen weg. Dabei stieß ich gegen meine Schläfe und Sternchen explodierten vor meiner Sicht.
„Komm, setz dich! Lass mal sehen." Ich ließ mich auf dem Bettende sinken. Sie nahm meine Hände beiseite und betastete die Stelle, an der ich mich am Bettpfosten gestoßen hatte. Mein Puls raste immer noch, und letzte Funken meiner Panik rauschten durch meine Blutbahn. Doch als Rhian meine Stirn berührte, fiel die Angst von mir ab und ich entspannte mich. Ich atmete langsam ein und aus.
„Das sieht übel aus", murmelte sie. „Das muss gekühlt werden. Li, es tut mir so leid, ich wollte dich einfach nur erschrecken." Ich nahm ihre Hand von meiner Stirn und verschränkte meine Finger in ihren. „Ist schon okay, wirklich." Von meiner kindischen Angst in der Dunkelheit, die mich auch jene Nacht im Labyrinth ergriffen hatte, konnte sie ja nichts wissen.
„Komm, ich hab was zum Kühlen dabei." Ich folgte ihr in den Ankleideraum meiner Tante. Auf einer kleinen Picknickdecke lagen dort ein Teller mit Gabriels Köstlichkeiten, eine extra kleine Flasche Sekt in einem Eisbottich, etwas Nähzeug sowie eine Schere umringt von brennenden Kerzen.
„Das hast du gemacht?" Tränen traten mir in die Augen und Wärme breitete sich in meinem Herzen aus. Vorsichtig, um auch ja keine Kerze umzuwerfen, ließ ich mich auf den Plüschkissen sinken. Rhian nahm ein Stofftuck aus ihrem Beutel, befüllte es mit Eis und reichte es mir. Dankend hielt ich es mir an die Stirn. Sofort zog ich Energie aus dem gefrorenen Wasser, die mir dabei half, die Schmerzen zu lindern.
Beschämt senkte ich den Kopf. Rhian hatte sich so viel Mühe mit alldem gegeben, und ich hatte es ruiniert, nur wegen meiner Angst vor der Dunkelheit. Und was hatte ich je für Rhian gemacht? Sie war immer für mich da, und ich benahm mich wie der letzte Trampel. In diesem Moment erwachte in mir der Wunsch, meine Liebe für Rhian zu zeigen – der Anfang vom Ende.
Ihre Finger umfassten mein Kinn und hoben es an. „Ist wirklich alles in Ordnung?"
Ich knetete meine freie Hand. „Nein, es ist nur ... du hast dir so viel Mühe mit alldem gegeben, und ich habe es kaputtgemacht." Ich senkte den Blick und spielte mit dem Saum meines Kleides.
Zu meiner Überraschung kicherte Rhian. „Ganz ehrlich, ich find das richtig süß. Aber was haben wir erwartet? Dass wir einmal einen perfekten Abend haben?" Sie lachte, und ich stieg mit ein. Ich würde ihr einen perfekten Abend schenken, nahm ich mir vor.
Dann endlich widmeten wir uns Gabriels heutigen Kreationen. Das Mouse au Chocolat hatte nur einen Löffel, den wir uns teilten. „Heilige Göttinenkacke, jetzt verstehe ich, warum du so auf dieses Zeug abfährst." Ich überließ Rhian den Rest und verköstigte stattdessen eine Praline. „Oh, die hat Eierlikör, die wird dir schmecken, du Schnapsdrossel." Rhian lachte, als sie sich noch einen Löffel in den Mund schob.
Die nächste Praline hatte eine Nougatfüllung. „Oh, die sind lecker. Das sind meine!" Und ich griff mir eine Handvoll. „Warte, lass mir auch was übrig." Rhian fiel fast die Schale aus der Hand, so schnell griff sie nach einer Praline. Ich warf den Kopf in den Nacken und lachte herzhaft, den halben Mund mit Pralinen voll. Wenn es um Schokolade ging, verstand Rhian wirklich keinen Spaß.
Irgendwann köpften wie die Sektflasche. Ich nahm mir vor, mich diesmal zurückzuhalten, was mir nicht wirklich schwerfiel, nachdem ich ihn gekostet hatte. Ich verzog das Gesicht. „Ist das wieder einer dieser Getränke, die besser schmecken, je mehr man davon trinkt?" Ich dachte ernsthaft darüber nach, aus der Blumenvase zu trinken, um den Geschmack loszuwerden.
Auch Rhian verzog das Gesicht, und ich prustete. „Nein, der schmeckt einfach nur scheußlich." Ich stieß auf, und die Kohlensäure kribbelte in meiner Nase. Wir beide lachten. Den Bauch voller Glücksgefühle ließ ich mich gegen Rhian sinken, die vorsichtshalber noch einen Schluck nahm. „Ne, schmeckt immer noch scheußlich."
Für eine Weile schloss ich die Augen und fühlte ihre regelmäßige Atmung und den Herzschlag. Sie war warm - ich hatte schon fast vergessen, dass Wesen Körperwärme hatten – und jetzt konnte ich gar nicht genug davon bekommen. Ich verschränkte meine Finger in ihren und strich ihr mit dem Daumen über den Handrücken. Ihre Haut war rau, und etwas größer als meine, und ihr mahagonifarbener Teint schimmerte im Kerzenlicht. Sie passten perfekt ineinander.
Ich sah auf. Rhians Gesicht war dem meinem nur eine Handbreit entfernt. Ihr warmer Atem strich über meine Haut. Ihre dunklen Augen leuchteten, und ich konnte nicht anders, als sie zu küssen. Da war noch immer dieses Kribbeln, wann immer unsere Lippen aufeinandertrafen, diese Aufregung, die Ungewohntheit. Zusammen mit dem breiten Strom an Wärme flossen sie durch mein Herz, und ich lächelte in den Kuss hinein. Meine freie Hand strich über ihre Wange, den Eisbeutel hatte ich schon längst fallen gelassen.
Viel zu schnell lösten wir und voneinander. Doch ich badete noch in ihrer Nähe und Wärme.
„Na dann", flüsterte ich nach einigen Augenblicken innigen Schweigens. „Wollen wir es tun?" Rhians Augen glühten und sie nickte.
Der eigentliche Grund, warum wir uns im Zimmer meiner Tante trafen, war nicht der, um unsere Affäre geheim zu halten. Nein, für Patricia hatte ich mir etwas Besonderes einfallen lassen. Celesté hatte ich schon aus der Vampirgesellschaft gestoßen, und jeder wohlhabender Junggeselle hielt sich von ihr fern, was für Patricia ein herber Schlag gewesen war. Doch sie wollte ich ganz besonders demütigen.
Rhian und ich öffneten den gewaltigen Kleiderschrank, der einen großen Teil der Wand einnahm. Eine Ladung Kleider und Stoffe kam uns entgegen. Der Schrank quoll nahezu über.
Wie sahen uns an. „Bei Aquamarin! Wie viel kann man in vier Tagen shoppen?", staunte ich.
„Ich glaube, das wird etwas dauern. Meine Güte, ist das viel Tüll."
„Ich hatte heute nichts mehr vor." Und jede Minute, die ich mit Rhian verbrachte, war eine gut verbrachte Minute. Wir griffen uns je ein Kleid, dann hockten wir uns auf den Boden und begannen, Nähte aufzutrennen oder Stoffe enger zu nähen. Beim Auftrennen der Nähte mussten wir besonders vorsichtig sein. Ich wollte nicht, dass Patricia sofort Löcher und lockeren Stellen auffielen. Die Nähte sollten erst nach gewisser Zeit reißen.
Schweigend saßen wir beieinander im Kerzenschein und arbeiteten. Ich schielte immer wieder zu Rhian hinüber. Die Art, wie sie den Faden durch ein Nadelöhr schob oder eine Naht durchschnitt, zeugten von absoluter Präzision und Sorgfalt. Es musste für sie nicht leicht sein, all diese Kleider, diese Stunden an harter Arbeit zu zerstören. Doch immer wieder huschte ein Schatten über ihr Gesicht.
„Alles in Ordnung?", flüsterte ich und ließ die Nadel sinken.
Sie schrak auf, als hätte ich sie tief aus ihren Gedanken geholt. „Was ... ja, nein ... alles gut." Sie senkte den Blick wieder auf das Kleid. Da rutschte sie mit der Schere ab und schnitt ein kleines Loch in den Stoff. Ich nahm ihre die Schere aus der Hand und legte meine auf ihre. „Geht es um deinen Vater?"
„Nein." Sie schüttelte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Nein, es ist nur, ich habe auf dem Weg hierher etwas gesehen, oder jemanden." Dann sah sie mir direkt in die Augen. „Lijana, glaubst du an Geister?"
Ich hätte gelacht, wäre da nicht dieser Ernst in ihrem Blick gewesen. „Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber ich denke nicht. Alle Seelen kommen ins Reich der Ewigkeit."
Rhian murmelte: „Ja, aber was, wenn nicht?" Dann schüttelte sie den Kopf. „Vergiss es. Hab ich mir bestimmt nur eingebildet." Sie lächelte, dann nahm sie ihre Arbeit wieder auf. Ich runzelte die Stirn, dann machte auch ich weiter. Der Gedanke an Geister verflog, sobald ich die Nadel in die Hand nahm, und so hätte ich auch nie im Traum daran gedacht, dass uns in diesem Moment jemand beobachten könnte.
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